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G. Lämmermann Die Konfirmation - ein familien- und ...

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den postfamilialen Familien. <strong>Die</strong>s gilt auch hinsichtlich der Beziehung zwischen den<br />

Generationen, die immer loser werden. Eine Einheit <strong>und</strong> Kontinuität familiärer Bande<br />

wird nur noch selten sichtbar, außer z.B. bei der <strong>Konfirmation</strong>.<br />

Feste <strong>und</strong> Feiern sind mehr als Lustbarkeiten. Sie transzendieren vielmehr den<br />

Alltag; sie relativieren ihn, indem sie ihn aus anderer Perspektive betrachten. So ist<br />

auch die <strong>Konfirmation</strong> <strong>ein</strong> “Familienanlaß, der die Familie zum Nutzen der Familie<br />

transzendiert” (Nüchtern 27). Anders als bei vielen anderen geht die Familie “an <strong>ein</strong>en<br />

anderen Ort” - <strong>ein</strong>en Ort, wo die unmittelbaren Probleme <strong>und</strong> Konflikte für <strong>ein</strong>en<br />

Moment storniert ersch<strong>ein</strong>en. Und zur Zeit der <strong>Konfirmation</strong> potenzieren sich bekanntlich<br />

Familienkonflikte, weil die Familie sich im Prozeß ihrer Auflösung befindet<br />

- <strong>und</strong> zwar heute noch mehr als früher. Seit längerem wird deshalb die <strong>Konfirmation</strong> -<br />

vor allem aber der KU - als kirchliche Begleitung in der pubertären Ablösephase<br />

diskutiert. Damit nimmt man die besondere Familiendynamik in dieser Zeit <strong>und</strong> die<br />

damit verb<strong>und</strong>enen Belastungen der Familienmitglieder in den Blick <strong>und</strong> bestimmt<br />

von daher die Konfirmandenzeit - nicht aber die <strong>Konfirmation</strong> selbst. Wie schon im<br />

katechetischen Modell wird der Kasus sek<strong>und</strong>är. Im Zusammenhang der<br />

Familiendynamik <strong>und</strong> als eigenständiger Kasus betrachtet wird die <strong>Konfirmation</strong> zur<br />

Repräsentation der Ursprungsfamilie <strong>und</strong> der bleibenden Zugehörigkeit des<br />

Jugendlichen zu eben dieser Familie - <strong>und</strong> zwar gerade auch gegen den Augensch<strong>ein</strong><br />

<strong>und</strong> angesichts von Zerfallstendenzen.<br />

Im Kasus verbinden sich “Schmerz <strong>und</strong> Sehnsucht” (H. Luther); der Schmerz<br />

nämlich über den aktuell drohenden Verlust des Kindes <strong>und</strong> über das Ende der bisher<br />

konstituierenden Familiengeschichte. Und die Sehnsucht nach Kontinuität <strong>und</strong><br />

haltender Bindung. Familiar betrachtet ist der Kasus der <strong>Konfirmation</strong> zugleich auch<br />

<strong>ein</strong> Übergangsritus für die Eltern, die jetzt - in der Regel - ihren Status als Eltern<br />

verlieren <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e neue Paarbeziehung aufbauen müssen - <strong>ein</strong>e Krise, die die<br />

Psychologen mit dem Stichwort “empty-nest-Syndrom” belegt haben. Aber das ist -<br />

wie gesagt - nur <strong>ein</strong> Aspekt des Ritus, der soziale. Und dieser tritt schon deshalb in den<br />

Hintergr<strong>und</strong>, weil - im Unterschied zur Gründungsepoche der <strong>Konfirmation</strong> - die<br />

<strong>Konfirmation</strong> immer seltener den tatsächlichen Austritt aus der Ursprungsfamilie<br />

kennzeichnet. Aber sie vergegenwärtigt diesen als <strong>ein</strong>e konkrete Möglichkeit <strong>und</strong><br />

integriert diese als Option in die Familiengeschichte. Eine Option, die auch in der<br />

Gestaltung des Gottesdienstes zum Tragen kommen könnte. <strong>Die</strong> anhaltende <strong>und</strong><br />

aktuelle dramatische Besonderheit dieser Lebensphase “<strong>Konfirmation</strong>” liegt aber wohl<br />

eher auf dem individuellen Moment des Ritus. Ich möchte deshalb kurz dem<br />

entwicklungspsychologischen Aspekt nachgehen <strong>und</strong> fragen, welche Erklärungen sich<br />

für den Kasus <strong>Konfirmation</strong> daraus ergeben.<br />

c) entwicklungspsychologischer Aspekt<br />

<strong>Die</strong> klassische Psychoanalyse sah die besondere psychodynamische Problematik der<br />

Adoleszenz darin, daß durch <strong>ein</strong> Wiedererstarken von Es-Impulsen die in der Latenzperiode<br />

vollzogene Organisation des Ichs neu gestaltet werden muß. Damit leben alle<br />

bisherigen Konflikte <strong>und</strong> die damit zusammenhängenden Ängste wieder auf <strong>und</strong><br />

potenzieren sich durch ihre Gleichzeitigkeit. <strong>Die</strong>se Verstärkung von Ängsten <strong>und</strong>

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