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G. Lämmermann Die Konfirmation - ein familien- und ...

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hat zwei Quellen: Es resultiert <strong>ein</strong>erseits aus <strong>ein</strong>er realistischen Selbst<strong>ein</strong>schätzung<br />

aufgr<strong>und</strong> von reflektierter Selbstbeobachtung <strong>und</strong> zum anderen resultiert es aus<br />

Phantasien über die noch nicht verwirklichten Möglichkeiten der eigenen Person. An<br />

der Schaltstelle zwischen Kindheit <strong>und</strong> Erwachsens<strong>ein</strong> blüht sozusagen <strong>ein</strong>e Hoffnung<br />

auf, die allerdings nicht mehr so wild ins Kraut schießt wie <strong>ein</strong>st die<br />

Omnipotenzvorstellungen der frühen Kindheit. Aber am Beginn der Adoleszenz<br />

vollzieht sich durchaus Vergleichbares. Hier dominiert wieder die Phantasie über die<br />

eigene, offen ersch<strong>ein</strong>ende Zukunft. Aber die parall <strong>ein</strong>setzende Lebensbilanz macht<br />

zunehmend den Kreditrahmen für das zukünftige Leben deutlich. Der/die Jugendliche<br />

bringt sich so zunehmend in die Lage, sagen zu können, wer er/sie wirklich ist <strong>und</strong> wer<br />

er/sie zukünftig s<strong>ein</strong> will.<br />

<strong>Die</strong> Basis dieser Entwicklung <strong>ein</strong>es Selbstkonzepts ist das Selbstwertgefühl.<br />

Das Selbstwertgefühl ist sozusagen der Ort der pubertären Lebensbilanz; es ist die<br />

Summe der im bisherigen Lebenslauf erfahrenen positiven <strong>und</strong> negativen<br />

Umweltreaktionen auf die eigene Person. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, daß das<br />

schulische <strong>und</strong> familiäre Klima in unserer Gesellschaft nicht förderlich für die<br />

Selbstachtung der Heranwachsenden <strong>und</strong> deshalb negativ für die Entwicklung <strong>ein</strong>es<br />

positiven Selbstkonzepts für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche ist. Sie zweifeln an ihrer<br />

Werthaftigkeit <strong>und</strong> am Gelingen ihrer Zukunft. Und deshalb brauchen Sie -<br />

psychodynamisch gesehen, verstärkende positive Erfahrungen; sie brauchen das<br />

Erlebnis unbedingter Akzeptanz; sie brauchen <strong>ein</strong> vorbehaltloses “Ja” zu ihrer Person<br />

in all ihrer Unsicherheit <strong>und</strong> Unvollkommenheit. Darin lag auch die symbolische<br />

Bedeutung der vorhin erwähnten überteuerten Schuhe, der geschlossenen elterlichen<br />

Gaststätte oder des überraschenden Kuchens als <strong>ein</strong> Opfer in dürftiger Hungerszeit.<br />

Und das - so m<strong>ein</strong>e ich - ist auch dasjenige Motiv, das die anhaltende Hochwertung<br />

der <strong>Konfirmation</strong> begründet. Sie ist für die Menschen eben mehr als <strong>ein</strong>e bloße,<br />

inhalts- <strong>und</strong> funktionslose Konvention.<br />

Ich habe bisher versucht, die Vaterschaft zu klären <strong>und</strong> diese dabei als <strong>ein</strong>e<br />

Liturgie des nicht-kirchlichen Lebens interpretiert - <strong>und</strong> zwar <strong>ein</strong>e der individuellen<br />

Lebensgeschichte wie auch <strong>ein</strong>e der sozialen Lebenswelt von Jugendlichen im<br />

Konfirmandenalter. Als solche wird sie von Eltern <strong>und</strong> KonfirmandInnen verstanden.<br />

Betrachtet man - wie geschehen - diese Liturgie genauer, so ist sie gekennzeichnet<br />

durch Ambivalenzen: der Ambivalenz von Schmerz <strong>und</strong> Sehnsucht, der von Angst <strong>und</strong><br />

Hoffnung, der von Identität <strong>und</strong> Diffusion, der von Trennung <strong>und</strong> Bindung. Das sind<br />

zunächst psychologische <strong>und</strong> soziologische Kategorien, die der <strong>Konfirmation</strong><br />

anhaltend anhaften. Ist sie also doch nur <strong>ein</strong> Kuckucksei im Nest der Kirche oder gibt<br />

es theologische Konvergenzpunkte <strong>und</strong> inhaltliche Bezüge zu dieser nichttheologischen<br />

Liturgie? Dazu abschließend - <strong>und</strong> schon außerhalb der Zeit - <strong>ein</strong>ige<br />

wenige Stichpunkte:<br />

2. Perspektiven <strong>ein</strong>er Theologie der <strong>Konfirmation</strong><br />

Auf den liturgiegeschichtlichen Zusammenhang von <strong>Konfirmation</strong> <strong>und</strong> Taufe habe ich<br />

bereits verwiesen. <strong>Die</strong>ser Zusammenhang besteht auch sachlich - <strong>und</strong> das ist ja auch<br />

der Gr<strong>und</strong> für alle Versuche, die <strong>Konfirmation</strong> theologisch zu exkommunizieren. Herr

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