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Zur Einleitung

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Bûcher „Esra<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Einleitung</strong><br />

ufid<br />

in die<br />

25718<br />

Neftemîa".<br />

- Inaugural Dissertation<br />

zur Erlangung<br />

der philos. Doctorwiirde an der Universitât Leipzig<br />

\t%[<br />

( ï*l)l ]<br />

von<br />

Ad. Rosenzweig,<br />

Rabbiner der Syuagogon-Gomoindo zu Paeewalk.<br />

1875.<br />

Dnick der A. Miock'sohen Buchdruckerei in Prenzlau.


25718<br />

1. Name; Theilung in zwei Bûcher und Steilung<br />

im Kanon.<br />

J_Jie Bûcher Esra und Nehemia gehoren zum 3. Haupttheile des<br />

a. T., welcher anfangs mit verschiedenen Namen belegt ward<br />

(Vgl. Jes. Sir. Prol. ; Luc. 24, 44), spater aber die feste Benennung<br />

D",__.;.rD. scripta, Idyiôyçaq a,1) Schriften erhielt, zur Bezeichnung des<br />

Gegensatzes zwischen dieser zum innern und âussern Ausbau der<br />

Theokratie bestimmten Produktion des durch Gesetz und Pro<br />

phétie in Israël erzeugten Lebens und den andern Bûchern, die<br />

entweder als direkte Eingebung des gottlichen Geistes (Thora)<br />

oder als Produkt der prophetischen Thâtigkeit (Nebiim) betrachtet<br />

wurden. Schon im Talmud babli, Baba bathra, 13 b, werden<br />

unsere Bb. als zum 3. Haupttheile gehorig aufgezâhlt.<br />

Von Alters her wurden die beiden Bb. als eines betrachtet,<br />

zu-<br />

was theils in Folge ihrer innern Zusammengehorigkeit, theils<br />

folge der Tradition geschah. Philo legt in seiner Schrift: De<br />

confus, linguarum Opp. T. 1. p. 427 m. p. 341 Esra gottliche Inr<br />

spiration bei, gedenkt aber niemals des Nehemia ; Jos. c. Ap. 1,8<br />

zâhlt nur 22 Bûcher des a. T., sicherlich betrachtet er beide als<br />

eines; Talm. b. Baba batra 14 a zâhlt nur ein Esrab. auf, welches<br />

auch Neh. in sich fasst (Vgl. Tr. Succa 37 a, Sanhédrin 93, b) ;<br />

Melito, Bischof v. Sardes (172 p. Chr.) nennt in einem Briefe<br />

an einen chr. Bruder Onesimus, der Auskunft iiber die Zahl der<br />

h. Schriften wûnscht, nur ein Buch natûrlich muss Esra; Neh.<br />

auch in ihm mitbegrifFen sein (S. Eusebius hist. eccl. IV, 26).<br />

Bei Origenes (254) der 22 Bûcher zâhlt, finden wir wohl eine<br />

Theilung in "Eaâgag 7iç(ôzoç<br />

ein erstes und zweites aber Buch, der Name Nehemia wird nicht<br />

'<br />

xai âeiiiegoç iv ivl Jltgà o éaxi /SoTjflôf, in<br />

>) Die Benennung<br />

1, 122 ed. Petavii, de ponderib. et mensur. c. 4. Opp. 2, 162 (vgl. Sincer. thes^<br />

-eccles. s. h. voce), wobei er auch. bemerkt, dass sie bei andern «yiôygacpa heiasen.<br />

Zu Chr. Zeiten waren auch die Benennungen ai ygaipal (Matth. 22, 29, Apg. 18, 24),<br />

ypa(f>ai Syiai (Kom. 1, 2), hgà ygctfifjazu (2. Tirn. 3, 15), rj ynaipv (Job. 19, 36.<br />

2. Petr. 1, 20) vielfach im Gebrauche (vgl. Eichh. Kepertor. V, S. 241 u. 260 f,<br />

u. Einl. I, S. 126 f. 151 f.)<br />

ta ygaytîa kommt vor bei Epiphan. haeres. 29,7 Opp.


10<br />

Esra habe sein Buch (d. i. Esra u. Neh.) und die Chronik ge-<br />

schrieben; allein wie dièse Angabe aufzufassen erhellt aus<br />

ist,<br />

einer ausdrucklich andern Stelle, Sanhedr. 93 der Satz auf<br />

wo b,<br />

gestellt wird, Nehemia sei der Verfasser seines Bûches, nur habe<br />

er nach R. Jirmija, die Geltendmachung seiner Autorschaft_ yer-<br />

wirkt, weil er in ruhmsûchtiger Weise von seiner Thâtigkeit erzâhle<br />

(er stûtzt seine Verurtheilung auf Neh. 5, 19; 13,31); nach<br />

R. Josef, weil er von seinen Amtsvorgangern Bo'ses berichte (nach<br />

Neh. 5,15). Der Beweis aus der talm. Anschauung fur einen<br />

Autor beiderBb. ist also nicht stichhaltig.<br />

Der letzteren Ansicht des Talm., dass Esra der Verfasser<br />

seines Bûches und Nehemia der des seinigen schlossen sich<br />

sei,<br />

auch die meisten christlichen Theologen an (Vgl. Carpzow I, p. 286);<br />

auch Keil (<strong>Einleitung</strong> S. „will 459) aus der innern Einheit des<br />

Bûches auf die Abfassung<br />

s<br />

des ganzen Bûches Esra in seiner vor<br />

liegenden Gestalt von dem Schriftgelehrten Esra schliessen, da sich<br />

weder Merkmale einer spâtern noch unschickliche Lob-<br />

Zeit,<br />

preisungen des Esra in demselben finden." Ebenso will er die<br />

Abfassung des Bûches Nehemia durch Nehemia festhalten, wenn<br />

auch in 7, 73—10 ein Unterschied in der Schreibart sichtlich ist.<br />

Dieser Meinung trat auch Hâvernik im Allgemeinen nur bei, ist<br />

er mit Kleinert der Ansicht, dass Neh. 7, 73—10 eigentlich von<br />

Esra verfasst und von Nehemia in seine Schrift aufgenommen sei."<br />

Dièse Ansichten hat die vorurtheilsfreie Kritik, deren Urheber<br />

auf diesem Gebiete Spinoza (tract, theol. pol. c. 10) ist, gânzlich<br />

verworfen (Vgl. Oeder, freie Untersuchungen S. 247 f. Berthold<br />

S. 1004 f. Zunz, gottesdienstl. Worte, S. 19 f, Herzfeld, Gesch. I,<br />

302 f.), und fast allgemein angenommen, der Verfasser der Chronik<br />

sei auch der letzte Redaktor von Esra und Nehemia. Auch Bleek<br />

(Einl. S. 404) findet dièses wahnK_heinlich ; Movers (krit. Unter<br />

suchungen ûber die bibl. Chroni<br />

Bonn 1834)<br />

dahin modificirt, dass der Chronik nur das Buch Esra,<br />

hat die Annahme<br />

und zwar<br />

ursprûnglich als ein fortlaufendes Werk mit der Chronik, verfasst<br />

habe,<br />

spater sei es von letzterer getrennt worden.<br />

Dass der Chronist an der Redaktion Theil genommen habe,<br />

lâsst sich kaum verkennen; in wieweit dièses aber geschehen ist,<br />

wollen wir erst dann untersuchen, wenn wir die leitenden Grund-<br />

sâtze, die sich aus der Art der Abfassung der Chronik ergeben,<br />

festgestellt haben. Haben wir den Geist und die Darstellungs-<br />

weise dieser gefunden, dann stellen wir dieser gegenûber den Geist<br />

und die Darstellungsweise unserer Bb., und das beiderseitige Ver<br />

hàltniss zu einander ist gegeben<br />

Doch soll unsere eine Beurtheilung erspiïessliche sein, dann<br />

miissen wir das Eine festhalten: ein jedes Werk, das die. Ge<br />

schichte einer frûheren Zeit darstellt, ist ein Kind seiner Zeit und


11<br />

nicht der, in die es uns fïihft; es nimmt unwiUkûrlich die An<br />

schauungen der Gegenwart, in der es entstanden, auf und trâgt<br />

also das Bild ihrer Zeit mehr oder weniger in die Vergangenheit<br />

hinein. Der Chronist schrieb fur seine Zeit, in ihrem Geiste, der<br />

jedenfalls ein anderer war, als der,<br />

den er in seinem Werke dar<br />

stellen sollj.e — er verjûngte die Vergangenheit in dem Bilde der<br />

Gegenwart, die ihn erfullte, und so ist die Freiheit,<br />

mit der<br />

er dièses that, nicht Willkûr, nicht absichtlicher Betrug oder gemeine<br />

Tâuschung, vielmehr die Folge seiner Zeitverhâltnisse, die<br />

vollkommner und gottgefâlliger, oder der Zeitbedûrfnisse, die<br />

je nothwendiger sie erscheinen, mit desto mehr Ernst als béstehende<br />

xhatsachen in die alte Zeit des Ruhmes hineingetragen werden;<br />

denn die Vergangenheit ist dem glâubigen Herzen stets das vollkommenste<br />

Bild des Idéales, das zu erreichen die Aufgabe der<br />

Gegenwart und Zukunft ist; sie soll daher ein Sporn werden den<br />

Zeitgenossen, fest im Gottvertrauen zu verharren ; soll die Fûhrer<br />

des Volkes aufmuntern, den Musterbïldern reiner Tugend, den<br />

verklârten Helden, die das Geschichtsleben geleitet, nachzustreben;<br />

sie soll dem Volke selbst Achtung einflôssen vor dem Religions -<br />

gebâude, das fur den kindlich glâubigen Sinn, der keine Scheidewand<br />

zwischen Gegenwart und Vergangenheit kennt, seit Jahr-<br />

vom tausenden, ersten Beginne an in der jetzigen Gestalt besteht.<br />

Das ist der Grundzug des theokr. Pragmatismus, der.Geschichtschreibung,<br />

in der Geschichte und heilige Sage in einander fliessen.<br />

Nach diesen Prâmissen wird es uns nicht auffallend erscheinen,<br />

wenn der Chronist, der jedenfalls lange nach Esra lebte, also zu<br />

Juda's und Ben-<br />

einer Zeit, „Feinden<br />

in der der Kampf mit den<br />

jamin's"<br />

schon entbrannt mâchtig war;<br />

1) sichtlich das Bestreben zeigt, Jérusalem in den Vordergrund<br />

zu riicken, seine alleinige Berechtigung als Stâtte des Gotteshauses<br />

hervorzuheben gegenûber den Anspriichen der Samaritaner,<br />

die dasselbe Recht fur ihre Cultusstâtte behaupteten. Daher er<br />

klârt es sich, dass er einen ausfuhrlichen Bericht ûber die Einholung<br />

der Bundeslade nach Jérusalem durch David, wie auch<br />

ûber die von ihm daselbst getroffenen Einrichtungen im Cultus-<br />

'<br />

leben giebt (1 Chr. 15 u. 16); Jérusalem allein ist die „die Stadt,<br />

der Herr erwâhlt hat, seinen. Namen dahin zu legen aus allen<br />

Israels" (2. Chr. 12, 13) ; dahin zogen auch aile Priester<br />

und Leviten selbst aus dem Lande Israël, um daselbst dem Gotte<br />

ihrer~Vâter zu opfern (2. Chr. 11, 13—16).<br />

2) Juda und Benjamin, der Kern der neuen Gemeinde nach<br />

dem Exile, also auch des Gemeindelebens seiner Zeit, erscheinen<br />

die von Alters her zusammenleben und<br />

stets friedlich das Gleiche anstreben; daher vermeidet er, Unan-<br />

ihm als zwei Stamme,<br />

gemessenes von Benjamin zu berichten und verwischt jeden Schein


12<br />

von Eifersucht zwischen den beiden Stâmmen;<br />

er versehweigt die<br />

tief im Stammleben wurzelnden Kampfe zwischen Saul und David<br />

und. betrachtet des Letzteren Regierungsantritt ganz eihfach als<br />

Folge der Ereignisse (1. Chr. 10 u. von seiner siebenjâhrigen<br />

11);<br />

Regierung zu Hebron ûber den Stamm Juda von seinem<br />

allein,<br />

ganzen Verhâltnisse zu Saul und dessen Haus, insbesondere von<br />

seinem Verhalten gegen den von Abner als Gegenkônig aufgestellten<br />

Sohn Sauls, Isboseth (2. Sam. 1—4 u. schweigt er gânzlich<br />

9)<br />

(Vgl. auch 2. Chr. 11, 10); hingegen weiss er schon manches von<br />

derAnh_.nglichkeit des Stammes Benjamin an David noch wâhrend<br />

der Lebzeiten Sauls zu berichten (1. Chr. 12, 1 f. 17) vgl. 2. Chr.<br />

15, 2, 8, 9; 17, 14 f; 25, 5; 34, 9, 32.<br />

3) Aus demselben Grunde,<br />

weil Juda der alleinige Kern des<br />

Volkes gebliebën, Israël aber theils in den heidnischen Vôlkern<br />

gânzlich aufging, theils mit den Samaritanern, die die neue Gemeinde<br />

anfeindeten, vermischt erscheint lebte, ihm Juda von Alters<br />

her als der Kern der wâhrend er Geschichte, des Reiches Israël<br />

kaum erwâhnt.4) Mit besonderer Vorliebe verweilt er daher bei<br />

das fur ihn das einzige und eigentliche Israël<br />

dem alten Judaea,<br />

ist; seine Fûrsten sind zumeist idealisirte, verehrungswûrdige Gestalten,<br />

an denen kein Makel haftet, haften darf. Er versehweigt<br />

daher die Scène zwischen David und Michal (2. Sam. 6, 20— 23),<br />

den Ehebruch mit Bathseba und die fernern Folgen (2. Sam. 11,<br />

2—12, 25), die nach seiner ein Anschauung dûsteres Licht auf<br />

den Charakter Davids werfen wurden; ebenso lâsst er unerwâhnt<br />

den Frevel Amnon's an der Thamar, die Tôdtung Amnon's durch<br />

Absalon, Absalon's gegen Emporung David mit ihren Folgen<br />

—<br />

(2. Sam. 13 20), weil solche Ereignisse eigenthûmliche Vor<br />

stellungen von dem Leben in David's Hause hervorrufen konnten.<br />

In gleich schonender Weise *rfâhrt er auch mit Salomo ; ailes,<br />

was das idéale Licht seiner GrUlse trûben konnte, wird abgewehrt.<br />

Er versehweigt den weisen Richterspruch, aus welchem ailes Volk<br />

seine hohe Weisheit erkannte (1. K. 3, 16 f.), weil es wahrscheinlich<br />

nach seiner Anschauung der Wûrde eines jûd. Konigs nicht ent-<br />

spricht, ûber<br />

solch'<br />

leichtfertige Weiber (vergl. den Ausdruck<br />

nliï D1__>_. das.) zu Gerichte zu sitzen. Nach 1. K. 7, 8 erbaut<br />

er fur die Tôchter Pharao's, seine Gattin, ein Haus,<br />

noch bevor<br />

er den Tempel errichtet hatte; der Chronist abér berichtet, er<br />

habe der Tôchter Pharao's eine andere Wohnung angewiesen,<br />

wohnen"<br />

denn „nicht sollte ein Weib in der Davidstadt (2 Chr. 8, 11).<br />

Den Umstand aber, dass Salomo fremde Weiber aus der heid-<br />

«) Schon Seder hadoroth (Art. Joasch 69) macht die Bemerkung, dass auch in<br />

den Bb. der Kônige die Regierungszeit der iar. Kbnige nur ungenau angegeben ist.


13<br />

nischen Nachbarschaft liebte, welchen zu Liebe er that, was miss-<br />

und fremden Gôtzen diente<br />

fallig war in den Augen Gottes,<br />

(1. K. 11, lf.),<br />

versehweigt er ganz.<br />

4) Priester und Leviten sind nach seiner Auffassung die<br />

einzig berechtigten Diener des Heiligthums, daher duldet er es<br />

,dass nicht, auch Laien gottesdienstliche Handlungen verrichten.<br />

Der Bericht 2. Sam. 8, 18, die Sohne Davids seien Priester ge<br />

wesen, widerstrebt seiner Anschauung; er ândert daher in l.Chr.<br />

18,17 dasDi_n3 in ^bûH "T1? D^t^N*],<br />

nicht Priester waren<br />

sie, nur die Ersten zur Hand des Konigs; Konig Usia râuchert<br />

2. Chr. 26, 16, verrichtet also als Laie eine gottesdienstliche<br />

Handlung, allsogleich wird auch die gerechte Strafe ûber ihn<br />

verhângt; 2. K. 15, 6 wird wol von seinem Aussatze berichtet,<br />

aber davon, dass dieser eine Strafe fur eine gotteslâsterliche That<br />

gewesen wâre, weiss letztere Stelle nichts. Um die Priester wird<br />

ein Glorienschein der Makellosigkeit gezogen, den Dienern Gottes<br />

durfen nicht Fehler anhaften. Dass^ der Hohepriester 2. K. 16,<br />

10—16 so willfâhig war, auf Befehl des Konigs Ahas den Opfer-<br />

altar entfernte und statt dessen einen neuen, nach Muster der<br />

heidnischen anfertigte, wird verschwiegen. 2. K. 12, 5—16 be<br />

richtet von einer Anklage des Konigs Joasch gegen die Priester,<br />

dass sie namlich nicht gewissenhaft genug das Tempelgeld verwalteten<br />

und die Tempelschâden nicht ausbesserten (Vgl. Thenius,<br />

d. Bb. d. Kon. z. St., Movers 314, welche die Stelle so auffassen ;<br />

hingegen leugnet Keil, Einl. 373, vgl. auch den Comment, z. Chr.,<br />

dass hier von einer Anschuldigung die Rede sei). 2. Chr. 24, 4—14<br />

wird die Anklage gemildert; nicht der Untreue gegen das Tempelgufc<br />

machten sie sich schuldig, es war nur eine kleine Saum-<br />

Beligkeit der Leviten. Besonders beachtenswerth ist ferner die<br />

Art, wie der Chronist von den Leviten spricht; sie sind ihm nicht<br />

mehr blos Tiâger der Lade unter Aufsicht der Priester (Num. 4,<br />

sie werden vielmehr auch zu hoheren Dienstverrichtungen<br />

1—21),<br />

verwendet; sie treten jetzt als OM'OO, Aufklârer des Volkes, auf<br />

und bilden nach ihm eine Gelehrtenkàste, die des Volkes geistige<br />

Eihebung anstrebt; er versetzt mithin jene Einrichtung, die wahrseheinlich<br />

erst durch Esra in's Leben gerufen ward, schon in die<br />

frûhere Zeit.5) Vgl. 2. Chr. 35, 3 mit Esra 8, 16, Neh. 8,3, 7, 9.<br />

Die Leviten werden den Priestern beinahe gleichgestellt, denn<br />

„sie sind geraden Herzens"; er nimmt auch Ausschmûckungen<br />

und Erweiterungen vor, wo es sich um den Dienst der Leviten,<br />

B)<br />

In den Bb. d. Kon. werden Leviten nicht als genannt.


14<br />

namentlich um den musikalischen Theil desselben handelt. (Vgl,<br />

unten.am Schlusse des Cap.)<br />

, 5)<br />

Das Streben, dàs Leviten- und Priesterthum zu idealisiren,<br />

clen Staat als theokratischen und Jérusalem als die Stâtte der<br />

wahren glânzen zu erzeugt Gottesverehrung lassen, bei ihm eine<br />

Fûlle von eingehenden Beschreibungen der Opferfeierlichkeiten,<br />

Vgl. 2. Chr. 8, 12 ff. mit 1. K. 9, 25; 2. Chr. 23, 17, 20 mit<br />

2. K. 11, 18; die Passahfeier bei Josia 2. Chr. 29—32; 1. Chr.<br />

29, 21, die Einweihung des Tempels 2. Chr. 5.<br />

Endlich zeigen sich neben dieser Auffassungsweise eigenthûmliche<br />

Redewendungen und Ausdrûcke, die sich als spâtesté<br />

Ausbildung<br />

des Hebraismus kennzeichnen.<br />

Aus dem Bisherigen erhellt fur uns: der Chronist schi-ieb<br />

lie Geschichte der Reichsherrlichkeit Juda's, das unter den ideali-<br />

.irtenFûrsten des Davidischen Hauses eine ruhmreiche Vergan<br />

genheit gehabt; die Geschichte des theokr. Lebens, das sich in<br />

des Gottesdienstes durch den prieater-<br />

Folge der festern Gestaltung<br />

ich-levitischen Stamm in Jérusalem herausbildete.<br />

Das wârén in engem Rahmen die leitenden Grundsâtze der<br />

chronistischen Schreibweise. Fragen wir uns nun: wie verhalten<br />

sich unsere Bb. Esra und Nehemia zur Chronik?<br />

Betrachten wir zuerst die ersten 6 Cap. . des<br />

Bûches Esra, die<br />

Rir sich ein Ganzes bilden und die Zeit Zerubabals oder die Ge<br />

schichte der ersten Sendung aus dem Exile darstellen. Dièse<br />

zeigen einen Verfasser, der einen Gedanken festhâlt, einen besondern<br />

Geist, der ihnen innewohnt, eine Sprachweise, die ihnen<br />

eigerithûmlich ist. Der Verfasser und letzte Ordner dieser Cap.<br />

ist der Chronist,<br />

der verschiedene Dokumente an einander reihtè<br />

und nach hist. Quellen, so weit dièse ihm zu Gebote standen,<br />

die Geschichte dieser Zeit sfihrieb. Er behandelt in Uebereinstimmung<br />

mit der Chronik dp Geschichte Juda's und Benjamin'»,<br />

der Stamme, die nach ihm seit alter Zeit vereint neben einander<br />

gehen und welche die neue Gemeinde ausmachen; weshalb er<br />

auch ihre Namen selbst in gewôhnlichen Listen, wo es sich nur<br />

um den Namen der Gesammtheit handelt, neben einander stellt.<br />

Vgl. Esra 1,5; 4,1; er schreibt die Fortsetzung des geschichtlichen<br />

Lebens Judaea's und seines kôniglichen, Hauses, das in<br />

Zerubabel seinen Vertreter gefunden hatte vgl. 2,2; 3,2,8; 4,2<br />

u. o.;îdes theokratischen Lebens, das durch Josua zu neuem Sein<br />

erwacht war, vgl. 3, 2, 8; 4, 2; 5, 2 u. 6.; der Leviten, die neben<br />

den Priestern in den Vordergrund treten; sie stehen ihrem Dienste<br />

vor (3,8), ihre Musik verherrlicht wieder den Gottesdienst (3, 8),<br />

sie schlachten auch die Festopfer fur die Isr.,<br />

ja selbst fur"<br />

Priester (6, 20). Namentlich behâlt er auch besonders im Auge<br />

die allein berechtigte Cultusstatte Jérusalem; ihre Oertlichkeit<br />

die


15<br />

wird, um allen Zweideutigkeiten, diè jetzt in Folge der Anfeindungen<br />

der Samaritaner leicht rnoglich waren, vorzubeugen,<br />

ge-<br />

besonders hervorgehoben und durch nâhere Bestimmungen .<br />

kennzeichnet. So wird 1, 2 betont: „Jerusalem, das in Judaea<br />

liegt"; es soll damit namlich gesagt sein, das alte Jer., das in<br />

Judaea liegt und nicht ein Jérusalem, das man jetzt dafûr ausgëben<br />

will, sei gemeint; ebenso V. wo ausdrûcklich 3, gesagt<br />

wird} es sei einzig und allein von dem Gotte,<br />

der in Jérusalem<br />

seinen Sitz hat, die Rede, vgl. nach Esr. 1, 4, 5,-7, 11; 2, 1, 8;<br />

5, 1, 2, 15, 16, 17; 6, 2, 5, 12, 18; 7, 15, 16, 17, 19. Mit Aus-<br />

fuhrlichke-t besohreibt er ëndlich die Opferfeierlichkeiten (3 ; 6,<br />

17—19; 8, 35, 36) und die frohe, beglûckte Stimmung<br />

bei den gottesdienstlichen Handlungen (3, 11 ; 6, 22);<br />

des Volkes<br />

denn stets<br />

wurden die Gebote nach der Lehre Mose's, wie vorgeschrieben<br />

ist (3,2,3,4; 6, 18), erfûHt.<br />

Auch aus der Schreibweise erkennen wir in folg. Redewendungen<br />

und Ausdrûcken den Chronisten:<br />

Pin nX -p_tfl Esra 1, 1, 5; sonst 1. Chr. 5, 26; 2. Chr. 21, 16;<br />

Vïp -OJff-'Esr.ï. 1 (Vgl. Esr. 10, 7; Neh. 8, 15, 17; Esr. 16,6);<br />

2. Chr. 3075; 36, 22; rfcnXO h 6; 2. Chr. 21, 3:32, 23; DHÏ_3_?<br />

1, 10 (8, 27); 1. Chr. 20, ïi'iipp'S) ^a 1, 6 (Neh. 12, 36; auch<br />

Ez. 32, 27) ; 1 . Chr. 15, 16 ; 16, 5; Chr! 5, 13; 7, 6; 23, 13; 29, 26;<br />

30, 21; 34, 12, _il_|nn 1, 6; 2, 68; 3, 5; 1. Chr. 29, 5, 6 (sonst<br />

Neh. 11, 2; Richt. 5,~2, 9); T^nb % 68 (9,9 Dan. 11, 14; 1. K.<br />

15,4) 1. Chr. 15, 16; 2. Chr. 8~"D.iO.? '469 (fehlt inNeh.) 1. Chr.<br />

29, 2; t_/hTn 2, 62; (8, 1, 3, Neh.\5, 64); 1. Chr,4, 33; 5, 1,<br />

7, 17; 7, 5,ï, 9, 40; 9, 1, 22; 2. Chr. 12, 15; 31, 16, 17, 19 sonst<br />

nirgends. "TW/D 2, 41, 70; Neh. 7, 1 u. ô. 1. Chr. 6, 18, 9, 33,<br />

15, 19 u. o. Ini Ganzen in Chr. Esra und Neh. 34 mal, sonst<br />

nirgends ;. _tfn_Q 3,<br />

2, 5; 6, 18 (Neh. 8, 14, 15; 10, 35, 37);<br />

23, 18; 30, 5, 1§; 35, 12 ((Tlin_3) 3, 2, 4; 1. Chr. 16, 40;<br />

2. Chr.<br />

2. Chr.<br />

25, 4; 31,,3; yyfr\ ~0h 3, 4; 1. Chr. 16, 40; 2. Chr. 30, 21;<br />

ter?, or W K 5 11, 23) 1. Chr. 9, 28; 23, 31; -©pas<br />

3,5,!8, 34; l! Chr. 9, 28; 23, 31; T12yr\ 3, 8; 1. Chr. 17;<br />

6, 16; 2. Chr. 19, 5, 8 vgl. 1. Chr. 4; 13, 2; 2. Chr. 8, 15;<br />

23, 18 ; 30, 27 ; 31, 2, 4 rOippn r&V 7^ }) 3, 9 ; 1. Chr. 23, 4;<br />

(,-|_5ty andere Schreibart fur VtfJJf 2. Chr. 24, 13; 34, 17; 1. Chr.<br />

23,"24 Neh. 11, 12) DS^'aS 3» 5; 1. Chr. 23, 31; 2. C__^; 4, 20;


16<br />

35, 13; (Neh. 8, 18) rtfSI) ?bn 3, 11; 1. Chr. 16, 4; 23, 30;<br />

2. Chr. 5, 13; 31, 2; dW#0 3, 10; 1. Chr. 13, 8; 15, 16, 19, 28;<br />

16, 5, 42; 25, 16; 2. Chr.'5/l2, 13; 29, 25. îTDtS'a<br />

°d- HlW-_l<br />

nbi"JJ 3, 12; 6, 22; 1. Chr. 15, 25; 2. Chr. 29/30, 36; 30, 21,<br />

26 (Neh. 8, 17; 12, 43). Zu<br />

-py-<br />

*-p ty_ 3,<br />

10 vgl. die Be-<br />

rufungen auf David in 1. Chr. 9, 227_& 6; 2. Chr. 8, 14; 23, 18;<br />

29, 25; 35, 4; 5, 12; 18, 9; 29, 27; &T1 6, 21 (7, 10); 1. Chr.<br />

10, 13; 21, 31; 22, 19; 2. Chr. 12, 14; M, 3; 15, 12 u. o. rtm<br />

6, 16 (Neh. 8, 10) 1. Chr. 16, 27.<br />

Eigenthûmlich ist auch der Gebrauch des Infinit, in substantiv.<br />

Weise; so nhytl 1- Esra 6, 11; 3, 11 vgl. 1. Chr. 5, 20; 23, 31;<br />

25, 3; 2. Chr. 31, 19; 33, 19,<br />

wie auch der Gebrauch zweier<br />

Pluralformen in Verbindung mit einander vgl. 3, 3 (9, 11, 12) mit<br />

1. Chr. 7, 5, 7, 11, 40; 2. Chr. 13, 9; 17, 10.<br />

Bedenklicher sind hinsichtlich der Abfassung die Cap. 7—<br />

die die Geschichte der zweiten Sendung unter Esra enthalten.<br />

Als von Esra's Hand herrûhrend erkenntman leicht 7, 27 —8, 34<br />

und Cap. 9 an der innig religiôsen Sprache und dem lebhaften Gefûhlsausdruck,<br />

der in diesem Theile sich kundgiebt, vgl. 7, 27, 28 ;^<br />

8, 28 s. 9; an dem naiv-kindlichen Sinn, der vorherrschend zum<br />

Ausdrûcke kommt, vgl. 8, 22; an dem individuellen Charakter,<br />

den dièse Stûcke durch den Gebrauch der ersten Person erhalten;<br />

vgl. 7, 28; 8, 1, 15, 16, 17, 18, 21 u. eigen-<br />

endlich an ô.; dem<br />

thûmlichen Sprachgebrauche dem wir<br />

, ôfîters begegnen, wie<br />

*8! ''nbx'n T3 7, 28; 8, 18, 22, 31; auch Esr. 6, 9; Neh.% 8;<br />

vgl. dagegen Esra 5, 5; D^fc-TI 8, 3, 4, 5, 6 u. o. vgl. die ganze<br />

Liste mit Esra, 2. Zu beachten ist ferner das a der Bewegung,<br />

auch bei der ersten Person Plur., hervorgerufen durch das Streben,<br />

die erste Person des Imperf. mit dem Vav consequut. recht kenntlich<br />

zu machen, und durch die Verlângerung und den vocalischen<br />

Auslaut, dem des Vav consequut. wegen nach dem Ende des<br />

Wortes hineilenden Tone eine zu seiner deutlichen Aussprache<br />

geeigneteTonsilbe zu verschaffen (Ew. Lehrbueh 232 g); vel. 7,28;<br />

8,15, 16,17 u. ë.<br />

Wie verhâlt es sich aber mit 7, 1—10? 7, 1 a vermittelt den<br />

zu der zweiten<br />

Uebergang von der Geschichte der ersten Sendung<br />

mit den Worten „und nach diesen Begebenheiten",<br />

10,<br />

welche wahr-<br />

dem Schriftgelehrtën<br />

scheinlich zumeist die Veranlassung gaben,<br />

Esra auch die Abfassung von 1—6 zuzuschreiben; nach unserer<br />

Annahme aber, dass 1—6 dem Chronisten angehôrt, fi0.lt die


________<br />

Moglichkeit der Behauptung, dass dièse Uebergangsformel aus der<br />

— Feder Esra's geflossen sei. 1 b 5<br />

bringt das Geschlechtsregister<br />

Esra's; stammt dièses aus seinem Berichte? Kaum annehmbar,<br />

denn zunâchst mussen wir immer das Eine im Auge behalten,<br />

dass Esra keine Geschichte seiner Person und Zeit, uberhaupt<br />

nicht Geschichte schrieb, wie dièses heute geschieht; er berichtete<br />

vielmehr Einzelnes nur aus seinem Leben und Wirken in der<br />

neuen Gemeinde; denn wâre es seine Absicht gewesen, die Ge<br />

schichte seiner Zeit zu schreiben, dann mussten wir ein viel<br />

klareres Bild von seiner an Ereighissen so reichen Zeit erhalten<br />

haben._. Bleck (<strong>Einleitung</strong> 387) vermuthet auch, dass 1. b—5 von<br />

fronder Hand herrûhre. Nach. seiner Ansicht hart Esra seiner<br />

Schrift eine <strong>Einleitung</strong> gegeben, welche ungefâhr also gelautet<br />

haben mag: nnj_/<br />

-<br />

p x-^<br />

D-_3 -p


18<br />

ebensowenig wie von Leviten vor-<br />

gleich<br />

-und ; hâtte er Nessinim<br />

gefunden, wozu schickte er zu Iddo, dass dieser Diener ru<br />

ihm „<br />

das Gotteshaus" (und als solche wurden ihm Nessinim ges<br />

cMj*y aui- der<br />

senden moge (8, 17)? Ferner, 7, 9 wird angegeben,<br />

brueh von Babel sei am ersten Tage des ersten Monates erioigi,<br />

desselben Monates.<br />

nach 8,31 aber geschah dièses erst am 12.<br />

Dagegen kann wohl eingewendet werden, dass mit den Vorberejtungen<br />

zur Reise viel Zeit verstrjch, wie diesen Widerspruch<br />

konnten-<br />

Berth. a. a. O. z. St. auch zu lô'sen und wir in<br />

sucht,<br />

diesem Falle die in 8, 15 angefûhrten 3 welche zur bamm-<br />

Tage,<br />

lung der Schaar bestimmt weangleich wir dièses<br />

waren, zugeben,<br />

nicht mûssen, da in 7, 9 die Zeitangabe auf den aus Auszug dem<br />

— Reiche Babel uberhaupt zu beziehen ist denn es werden doch<br />

nicht blos Juden aus der Stadt Babel mitgezogen sein —<br />

, und der<br />

Strom Ahawa jedenfalls im L. Babel zu suchen ist. Angenommen<br />

aber, wir wollten die 3 Tage selbst (8, 15) abrechnen,<br />

dann wâre<br />

die Angabe von 7, 9 noch nicht richtig, denn wir mussten<br />

dann fur den Auszug den 9. und nicht den ersten Tag des<br />

ersten Monates ansetzen. Auch die lange Dauer der Reise nach<br />

7,<br />

8 lâsst manchen Zweifel ûber die Genauigkeit und Richtigkeit<br />

.co-<br />

der Angabe auftauchen. Wie sind dièse Fragen zu bearitworten?<br />

Die Erklârer unseres B., welche die Autorschaft Esra's beim<br />

ganzen Werke lâugnen, nehmen bei jenen Stellen, die sich nicjtrt^<br />

als aus Esra's Feder geflossen erkennen lassen, den Chronisten<br />

als letzten Ueberarbeiter an; von diesem, so sagt man, stâmmen<br />

die Ergânzungen nach Esra's Skizzen. In der That lassen auch<br />

die dem Berichte (8) nachhinkenden Vv. 35 u. 36 aùf den Chro<br />

nisten, der gerne von Opferfeierlichkeiten spricht (Vgl. S. 14),<br />

schliessen; doch ist das Ganze wirklich d'as Erzeugniss desselben?<br />

Wollten wir das behauptMp,<br />

dann trâte erst recht die Frage bezuglich<br />

der mangelhaftenl Généalogie, 7, lb—5, an uns heran:<br />

wozu hat der Chronist,<br />

da er das Geschlechtsregister schon einmal<br />

in seinem Werke, 1. Chr. 5,29, gebracht hatte, dièses noch einmal<br />

in demselben Werke Esra (denn als ein Werk mûssen wir Chroir.<br />

Esra u. Neh. betrachten) aufgenommen? und abgesehen von dieser<br />

Frage,<br />

warum gab er es mangelhaft (Vgl. S. 17)? Movers (a. a.<br />

O. p. 23) hilft sich zwar dadurcb, dass er annimmt, der Sammler,<br />

d. i. der Chronist, habe das Geschlechtsregister direkt abgekurzt,<br />

weil er es schon frûher mitgetheilt hatte; _<br />

allein ist es zulâssig,<br />

etwas an einer Stelle nur mangelhaft anzugeben, weil es an einer<br />

andern vollstàudig angegeben ist? musste dann nicht wenigstens<br />

auf dièse vollstândigere Angabe hingewiesen werden?6)<br />

•) Mehr Berechtigung hat Eichhorn's Annahme (<strong>Einleitung</strong> § 479), das<br />

Eehlende sei zufallig weggelasson worden, was bei der Aehnlichkoit der Namen<br />

rnDN und rTHîJ/, leicht môglich war.


19<br />

Untersnchen wir ferner Cap. 10, bei dem sich wieder die<br />

Frage nach dem Verfasser erhebt, da die Sprache entschieden<br />

eine andere ist. Bleek behauptet zwar, es lasse sich nicht be-<br />

stimmt annehmen, dass Esra nicht der Verfasser sei, vielmehr sei<br />

es wahrschéinlich, dass ,auch C. 10 von ihm herrûhre was<br />

, na<br />

mentlich in Folge des so engen Anschlusses an Cap. 9 kaum<br />

zweifelhaft bleibe; allein, das ist kein stichhaltiger Beweis.- Der<br />

enge Anschluss ist nur die Folge der logischen Gedankenreihe<br />

und Verbindung, die sich natûrlich immer enge an das Vorher-<br />

gehénde anschliessen muss, ist aber noch kein Beweis dafûr, dass<br />

die sich eng an einander schliessenden Stûcke wirklich einen,<br />

Verfasser haben, ist namentlich kein Beweis fur unser Cap., da<br />

Esra ûberall, wo er schreibt, die erste Person gebraucht, was in<br />

C. 10 nicht der Fall ist. Schrader-De-Wette <strong>Einleitung</strong> § 235<br />

nimmt an, dass die fraglichen Cap., also auch Cap. 10, in vorliegender<br />

Gestalt von dem Chronisten auf GrUnd schriftlicher<br />

Aufzeichnungen des Esra stâmmen. (Vgl. Ewald, Gesch. I. 258,<br />

Berth. S. 11). Doch,<br />

Chronisten,<br />

wir kennen ja die Anschauungsweise des<br />

dessen Ehrenhaftigkeit als Schriftsteller wir auch nicht<br />

nahe treten wollen, da wir doch auch einen Namen fur die Ge-<br />

in seinem Sinne haben<br />

—<br />

schichtschreibungtische<br />

Pragmatismus der , die Ereignisse des geschichtlichen Le<br />

bens sie aufnimmt, aber nach seinem theokr. Geiste construirt;<br />

fragen wir uns: stimmt der Geist und die Auffassungswèise von<br />

C. 10 mit der des Chronisten ûberein? -Konnte. der Chron. in<br />

seinem Streben, den priesterlich-levitischen Stamm hervorzuheben,<br />

einen Schechanja, einen sonst unbekannten Laien, so eifrig und<br />

hervorràgend fur die Sache Gottes auftreten lassen (10, 2)? Konnte<br />

er von einer Angelegepheit, die mehr das bûrgerliche Privatleben,<br />

es ist der theokra-<br />

die Laienfrommigkeit betrifft und die Sache der Laien-Nibdalim<br />

ist, so viel berichten? Ja konnte er berichten, dass Laien-Fûrsten<br />

und Richter erwahlt wurden, um den Zorn Gottes zu. besânftigen<br />

(10, 14)? Sollten wir nicht vielmehr mit Recht v.on ihm er-<br />

warten, dass er die Priester und Leviten in dièse Angelegénheit,<br />

wo es sich um die der Reinheit Israels han-<br />

-Wiederherstellung<br />

delte, thâtig eingreifen lâsst ? Ist es annehmbar, dass der Chronist<br />

berichten sollte, Leviten hatten sich denen, die sieh verschworen<br />

gegen das strenge Verfahren Esra's angeschlossen,7) ja, dass die<br />

') Nur- das kann der Sinn dièses V. sein; denn *■[}__ hat stets eine ein-<br />

schrankende, entgegensetzende Bedeutung (S. Ewald Ausf. Lehrb. 341 a u. b);<br />

so fasste es schon Easchi und.Lightf. auf; anders J. H. Michaelis nach dem<br />

Vorgange altérer Ausleger, die den Sinn so angaben, „praefecti sunt huicne-<br />

gotio,"<br />

Bedeutung hat.<br />

was aber entschieden unrichtig ist, da "Î]J__ und 7J? "1ÛJ? niemals dièse<br />

2*


20<br />

heidpPriester<br />

und Leviten, die alleinberechtigten sich Gottesdiener, *<br />

schriftstel-<br />

nische Frauen genommen (18—24)? Entspricht das dem<br />

lerischen Geiste des Chronisten, der die Schwâchen und Fehler -der<br />

Priester wenigstens zu verschweigen bestrebt ist? Keineswegs, und<br />

stiege auch nur Bedenken bezûglich V. 18—24 wir mussten<br />

auf,<br />

die<br />

Autorschaft des Chronisten ablehnen. Vergleichen wir noch dazu,<br />

auch nur oberflâchlich die Sprache von 1 —6 mit der der fol<br />

,<br />

genden Cap., und wir werden bald erkennen, dass wir es mit<br />

einer andern Ausdrucksweise zu th'un haben.<br />

Ehe wir aber die aufgeworfenen Fragen bezûglich der eigenthûmlichen<br />

Erscheinungen in dem Bûche Esra beantworten, wollen<br />

wir auch einige prufende Blicke auf den Geist werlen, der sich in<br />

dem Bûche Nehemia ausprâgt, dessen letzte und Zu-<br />

Bearbeitung<br />

sammenstellung<br />

ebenfalls dem Chronisten zugeschrieben wird (S.<br />

Berth. a. a. O. S. 14, Ewald, Dillmann, Zunz, Herzfeld).<br />

Mit Bestimmtheit konnen wir Nehemia selbst als den Ver<br />

fasser von 1 —7 betrachten; die lebendige Schilderung, die sich<br />

in den genauesten Angaben kundgiebt (Vgl. 2, 1 f. 3, lf. u. o,);<br />

der Ausdruck des tiefsten Schmerzes ob der traurigen Lage, -m<br />

der seine Bruder und, die Gottesstadt sich befanden (Vgl. 1, 4;<br />

5, 2, 3, 17; 3, 36 u. o.); das fromme Selbstbewusstsein/das mit<br />

Zufriedenheit auf sein Werk blickt, aber kindlichen Gemiiths der<br />

Hilfe Gottes stets gedenket (vgl. 5, 19; 6, 14; 13, 14, 22 u._o_);.<br />

der durchgângige Gebrauch der ersten Person (vgî. 1, 2, 3, 4, 5<br />

u. 6.) verleihen seinem Berichte einen individuellen Charakter,<br />

der ihm die Autorschaft sichert. Auch einzelne Worte und Redensarten,<br />

die sonst wenig oder gar nicht, bei aber hâufig<br />

gefunden werden, zeigen auf ihn hin ; so : nailû1? Ti^N *h !TDî<br />

5, 19; 13, 14, 22, 29, 30, 3| 'Tfr.N rTOI 6, 14; 13,~29; ïïb$r<br />

rafla} 2, 8, 18; Qnp'X ntft__ __>_ ^2, 3, 4; der<br />

brauch des Hilfszeitwortes HY| in Verbindung mit dern^<br />

Partie.<br />

als lebhafteren Ausdruck der dauernden Gegenwart, so \-|^ 1 4-<br />

2, 11, 13, 15, 16; inp 1, 6, 11; niH 6, 6;<br />

die besondere Ein-<br />

theilung des Volkes in pol. Parteien b^H TIT. D^-Tp CT"1n 4, 8, 13;<br />

2, 16; 5, 7; 7, 5 tf-Upl &t\ 5, 17; 17 -"12, 40; 13, 11<br />

TC1^ ^VO 5' 13> sonst nur nach Jes- 49, 22; i_lb bx VïVn ïn"1"!<br />

% 12; p'| in Verbindung mit nOÏn 3,2,13; 3,35; 4, lV-'chrT<br />

32, 5) rKùty 1, 2 (Esra 9, 8); niTTO als Amtsbezirk 1, 3; 11,3<br />

(Esra 2, 1; 5, 8) nalD 2, 10, 18; 19; 6, 19 u. o. p^yi 3, 4,5,


21<br />

6, 7, 8 f. 4, 10, 11, 15; 5, 16; 6, 9; 10, 36; fr'n_nn 7,5, 64 vgl. bei<br />

Esra; DX'l'ïa 7, 8, nur noch 1. K. 12, 32;<br />

der spâte Gebrauch des<br />

Passiv ypiîO in dieser Art 6, 1, 7; 13, 27, Esther 1, 2 vgl. da<br />

selbst 4, 3; 5, 12; yoVfO 7, 3; 13, 30;<br />

"TE/X. statt. 15 vgl. 2,Y; 4, 6; 5, 18 u. ô.<br />

45—<br />

der haufige Gebrauch des<br />

Fraglich bleiben also in Betreff des Verfassers 8—12, 31 ; 12,<br />

13, 4; denn die ûbrigen Stûcke zeigen mit Bestimmtheit durch<br />

den individuellen Charakter, den sie tragen,<br />

auf Neh. selbst als<br />

auf ihren Verfasser hin; aber auch dièse mûssen, Wenn wir den<br />

Chronisten als letzten Ueberarbeiter betrachten und behaupten,<br />

dass das ganze Buch urspriinglich eine Fortsetzung oder ein Theil<br />

der Bb. der Chronik<br />

gebildet"<br />

hat, dem nach mit letzteren<br />

ûbereinstimmen, der Tendenz des Chronisten etitsprechen. Prûfen<br />

'<br />

'<br />

wir nun, ob dem • so ist: ..-,,.<br />

Nehemia langt zufolge Erlaûbniss des Konigs in Jérusalem<br />

Chronisten"<br />

an 2, vom erwarten wir 11; den Bericht, der glaubige<br />

Sohn Juda's habe feierlich ein Opfer gebracht (Vgl. Esra 3; 8, 32, 33);<br />

wir horen nichts von Aehnlichem. Nehemia sieht die traurige<br />

Lageder Stadt 2, 13; sollte er nicht mit den Pries tern berathen,<br />

wie dieser abzuhelfen sei? Allein aus dem Berichte entnehmen<br />

wir, dass Nehemia ausschliesslich mit den Fûrsten aus der Laien-<br />

welt verkehrt (2, 16; 4, 13; 5, 7; 7, 5u. o/), wâhrend er die Priester<br />

kaum beachtet, ja mit Absicht ihnen seinen Plan verheimlicht<br />

(2, 16); 5, 12 ist neben anderen Berichten ûber das dainalige<br />

Leben und Treiben der Priester eine Rechtfertigung dieser Hand-<br />

lungsweise, Nehemia berichtet uns namlich,<br />

er habe auch die<br />

Priester beschwôren mûssen, das Volk, das sich im trostlosesten<br />

Zustahde. befand, nicht mehr zu bedrûcken ;8) heisst das im Geiste<br />

des Chronisten gesprochen? Ferner, wenn wir annehmen wollten,<br />

der Chronist sei der Verfasser von Esra 1-6 und zugleich von<br />

Nehemia, wie wâre es zu erklaren, dass der Autor eines und<br />

desselben Werkes eine Schrift gleichen Inhalts zweimal mit den-<br />

selben Angaben und auffallehder Weise sogar in verschiedenen<br />

Recensionen anfiihrt,9) wie solches Esra 2 u. Neh. 7, 6 f. geschieht?<br />

Wie konnen wir einem Geschichtschreiber eine solche Ungeschick-<br />

8) Nur das ist der Sinn von 5, 12 b, nicht aber wie Berth. z. St. anninimt,<br />

Nehemia habe, um bei den Fûrsten dem Eide mehr Heiligkeit und bindende<br />

Kraft zuverschaffen^ sie von den Priestern beschwôren lassen; denn fâ0 im<br />

Hifll bedeutet immer, andere beschwôren ("Vgl. Gen. 24, 3, 37; Esr. 10, 5; Jer. 5, 7;<br />

Jos. 2, 17, Hhl. 5, 9).<br />

9><br />

31,089;<br />

Nach Neh. 7 betràgt die Gesammtzahl der unter Zerub. Mitziehenden<br />

nach Esra 2 hingegen nur 29,818 (Vgl. Berth. z. St.).


22<br />

lichkeit zutrauen, dass er auf Grund einer und derselben Urkunde<br />

an zwei vertchiedenen Stellen, bei verschiedenen Gelegenheiten,<br />

zu verschiedenen Zeiten einen und denselben Eingang gebraucht<br />

haben sollte, wodurch er die Wahrheit seines Berichtes je<br />

denfalls wenigstens an einer Stelle zweifelhaft macht (Vgl. Esra<br />

3, 1 f. und Neh. 7, 73 b und 8, 1 f.)? Offenbart sich uns aber nicht<br />

auch positiv ein anderer Geist in Neh. 8, als in Esra 3? Hier ist<br />

von Opferfeierlichkeiten die Rede, wie solche Beschreibungen dem<br />

Chronisten gelâufig sind; dort von der Thâtigkeit der Mébinim,<br />

von Belehrung, wie sie der spâtern soferischen Zeit, durch "Esra<br />

eigen eingeleitet, ist ! Neh. 8 berichtet uns von der Feier des Laubhûttenfestes<br />

; in 8, 17 heisst es ausdrûcklich, dass so nicht geschehen<br />

sei seit Josua, Sohn Nun's ; sollte der Chronist vergessen haben,<br />

dass er in Esra 3, 4 auch von der Feier dièses Festes berichtet<br />

hatte? 10) Sollten wir aber auch mit Berth. (z. St) annehmen wollen,<br />

dass das Hauptgewicht dieser Angabe auf das Wohnen in den<br />

Hûtten falle, so wâre unsere Frage doch noch nicht erledigt ; denn<br />

Esra 3,4 wird ausdrûcklich gesagt, ,,sie feierten<br />

airOS;"<br />

T -<br />

das Hûttenfest<br />

mûssen sie nicht, wenn sein Bericht wahrheitsgetreu ist,<br />

—<br />

—<br />

und als solchen muss er ihn doch angesehen wissen wollen,<br />

nach Levit. 32, 92 in Laubhûtten gewohnt haben in Salomo's wie<br />

—<br />

auch in Zerubabel's Tagen ? Wie hâtte der Chronist von der Zeit_<br />

des Hohenpriesters Josua<br />

solch'<br />

Tadelnswerthes berichtet, dass in<br />

ihr nicht nach dem Gesetze gehandelt worden sei?<br />

Neh. 11, 3 wird uns ein Verzeichniss der Bewohner Jerusalems<br />

geboten ; ein solches , nur wieder in verschiedener Recen-<br />

sion, wird uns auch 1. Chr. 5 .9, mitgetheilt; wozu zweimal und<br />

vvarum mit vîelen Abweichungen, wenn beides von seiner Hand<br />

herrûhrt? n)<br />

A<br />

Neh. 12,23 wird ein Q%>,"| 'H31 ""_© genannt; diesen Na-<br />

men fûhrt auch unsere Chronik. Ist es anzunehmen, dass ein<br />

Verfasser den Namen seines Bûches in diesem selbst angebe,<br />

und also in diesem auf es selbst hinweise? Und wollten wir, ab-<br />

«) Auch 2. Chr. 7 ist der Feier dièses Festos unter Salomo die Rede;<br />

sollte er. Salomo einon solchen Makel anheften wollen, dass er das Fest nicht<br />

gesetzmàssig begangen habe ?<br />

») S. Keil, S. 190, <strong>Einleitung</strong> 919, Welto zu Herbst H, 173 f. laugnen<br />

zwar ganz die Identitiit beider Verzeichnisso; Movers a. a. O. S. 27; Berth z<br />

den St., Graf a. a. O. 230 orkennen eine gemeinschaftl. Quelle an; s. auch<br />

- Schrader De -Wotte, <strong>Einleitung</strong> § 363; daselbst sind auch die Namen, die in<br />

beiden Stucken parallol vorkommen, zusammengeslellt; Ewald I 2 A S 293<br />

Anm., Berth. 216, Graf 229 selion die Fehler als solche des an und<br />

ttndon m ihnen ein Zoichen des gesunkenen Schriftthunies ; wie sie aber donnoch<br />

iur beide btucke einen gemeinsamen Uebcrnrbeiter annehmen konnten, bleibt<br />

unerklàrlich:


23<br />

gesehen von diesem Bedenken, dièses Verzeichniss,<br />

auï welches<br />

bingewiesen wird, suchen, wir fanden es gar nicht in unserer<br />

Chronik. Unser Buch Neh. erhielt uns blos den Namen eines<br />

verloren geganerien Werkes , das chronol. , histor. und genealo-<br />

gische Notizen enthielt, und nach welchem der Chronist, dem môg-<br />

licher Weise noch einzelne Reste dieser alten Chronik zur Hand<br />

waren, die er auch benutzte, sein Werk benannt hat.<br />

dass der Hohepriester Eljasehib dem<br />

Neh. 13, 4 wird erzahlt,<br />

Tobia", einem erklârten Feinde der neuen Gemeinde, eine Zeile<br />

im Heiligthume einrichtete, 13, 10; dass- der Hohepriester Schuld<br />

an dem Verfalle des Gottesdienstes trug; dass Nehemia nur die<br />

Fûrsten fur die Entheiligûng des Tempels verantwortlich machte<br />

(11),<br />

mit den Priestern zu hadern. aber gar nicht der Mahe werth<br />

sondern Laien als Wâchter<br />

hielt; dass nicht Priester und Leviten,<br />

fur die gewissenhafte Sabbatheiligung aufgestellt wurden (19), da<br />

auch den Leviten erst streng eingeschârft werden musste, die<br />

Sabbatgesetze zu halten (22); vertrâgt sich dieser ganze Bericht<br />

mit der Denk- und Auffassungsweise des Chronisten? Wie ist es<br />

zu èrklâren, wenn in V. 26 Salomo, dessen Ehre dem Chronis^n so<br />

hoch steht (Vgl. oben ûb. dieChron. S. 12.) als warnendes Exempel<br />

der Gottvergessenheit, in welche er durch fremde Weiber gerieth,<br />

aufgestellt wird ? Oder, wenn berichtet wird, dass trotz stren- der<br />

gen Massregel, die Nehemia gegen die Verschwâgerung mit den<br />

heidnischen Nachbarvolkern getrofifen hatte, der Sohn des Hohenpriesters<br />

Eljasehib sich mit Sanballat, dem Choroniten, einem<br />

offenkundigen Feinde Nehemia's und der ganzen neuen Gemeinde,<br />

verschwâgerte (28)?<br />

denken,<br />

Die Menge der von uns hervorgehobenen Fragen und Be<br />

die augenscheinliche Beweise gegen den Chronisten als<br />

letzten Bearbeiter des Bûches Nehemia bieten , machen fur uns auch<br />

dièse Annahme unmôglich; das B. Nehemia kann niemals mit<br />

dem B. Esra zusammen einen ergânzenden Theil der Bb. der<br />

Chronik gebildet haben, denn auch gegen die ausschliessliche Redaktion<br />

des ganzen Bûches Esra durch den Chronisten haben wir<br />

gegrûndetes Bedenken erheben wenn auch einzelne mûss.en, Theile<br />

aus seiner Feder geflossen sein mogen; das B. Esra aber konnen<br />

wir uns keineswegs getrennt von dem B. Neh. denken, da letzteres<br />

in das erstere zurûckgreift und es ergânzt ; wie ist nun der<br />

Sachverhalt zu erklaren?<br />

Esra 1—6 stammt ohne Zweifel, wie. wir das im Verlaufe<br />

unserer Betrachtucg erkannt haben, vom Chronisten ; dieser Theil<br />

bildete die Fortsetzung


mit den Wdrten tT}H -"Û^al<br />

die<br />

________<br />

Erzâhlung der Ereignisse nach<br />

der Rûckkehr aus dem Exile in demselben Geiste, wie er sein<br />

Werk, die Chronik begonnen, mit demselben Zwecke, die ge<br />

schichte Juda's, dessen Zerubabel auch jetzt an der<br />

Sprossling<br />

Spitze stand, die Entwickelung der Theokratie, die in Josua ihren<br />

Vertreter gefunden, fortzusetzen. Er verarbeitete in seiner Weise,<br />

die Dokumente aus alter Zeit, die ihm vorlagen und theils ûber<br />

die Rûckkehr (2.),<br />

theils liber das politische u. relig. Leben der<br />

neuen Gemeinde 4, 5; 6; (vielleicht auch 7, 11—26; vgl. 1; 3, 4)<br />

berichteten. Der Schluss von C. 2 ^3#n l-^Tin J?JP1 kam ihm<br />

ganz gelegen , da er an ihn den Bericht von dem Altarbaue u.<br />

der Feier des Laubhûttenfestes passend ansçhliessen konnte. So,<br />

das Vorhandene benutzend, langte er bei Esra an. Auch Esra,<br />

der Priester, der tûchtige Schriftgelehrte u. Forscher im Gesetze<br />

des Herrn (7, 6), der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte,<br />

das Gesetz zu verbreiten (7, 10) gehôrt in den Rahmen seines<br />

Werkes, weshalb er ihn auch in diesen aufnimmt, aber nur so<br />

seine'<br />

und ^o weit, als sein Wirken u. Geschichte ihm und seiner<br />

Tendenz zusagt. Die einleitende u. C. 7 mit 6 verbindende<br />

Formel n?Nn ^"ÛTl "HN! m 7,<br />

la konnte er ganz gut ge<br />

braucht haben, da er doch ein Ganzes bieten Wollte; hingegen<br />

hatte er nicht nôthig die Généalogie noch einmal aafzunehmenjda<br />

dièse sich schon einmal an geeigneter Stelle in seinem Werke<br />

vorfand. Der Anfang unseres C. 7 mag bei ihm ungefâhr so<br />

gelautet haben :<br />

ioj? diû "f» xnD^nmx rcoboa rhxn onain tk\<br />

t :v<br />

t t . . .<br />

::-;-;-<br />

: ~<br />

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* ■<br />

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•<br />

t : ~<br />

u. s. f. nT!D n_JD~XTTl b^|p rrW n^ ja er berichtet von<br />

Esra um so lieber,. dass er ein tûchtiger Schriftgelehrter gewesen<br />

sei, als wahrscheinlich in der Zeit, in der er schrieb, die Priester<br />

sich keines besonderen Rufes als eifrige Forscher im Gesetze des<br />

Herrn erfreuten.<br />

Er berichtet dann kurz und ungenau, um eine runde Zahl<br />

fur die Zeit der Abreise und fur die Dauer der R«ise zu erhalten,<br />

dass er am ersten Tage des ersten Monates Esra mit seinem Zuge,<br />

unter welchen sich gleich Leviten und Nessinim befinden, von<br />

Babel aufbrach und am ersten Tage des fûnften Monats in Jé<br />

rusalem anjangte. Sodann giebt er das eigentliche Streben Esra's<br />

an, das ihn veranlasste, die Rûckkehr nach Jer. anzutreten (7,<br />

9—10); wie die aus dem Exile zurûckkommenden nichts Eiligeres<br />

zu thun hatten, aïs zu opfcin und in welcher Fûlle sie das thaten;<br />

endheh berichtet er zum Schlusse seines Werkes von dem erfreuhclien<br />

Erfolge, der Esra's Streben kronte: die konïgl. Beamten<br />

:


25<br />

nahmen wohlwollend Volk und Gotteshaus in ihren Schutz (8,<br />

35/36). Moglicher Weise hat er auch das Edict<br />

_<br />

7, 11—26 sei<br />

ner Schrift einverleibt, denn auch in diesem zeigen sich Spuren<br />

einer Umarbeitung, vgl. 7, 15, 16,; 17, ,,der<br />

Jerus. seine Wohnung hat"<br />

Gott Israels, der in<br />

; 7, 28, 23 „der Gott des Himmels".<br />

Einen fernern Bericht von Esra zu geben, hielt er nicht fur no-<br />

thig, da er sein Streben und dessen Erfolg schon angegeben hatte;<br />

er verlâsst Judaea mit dem Gedanken: die Satrapen des Konigs behandeln<br />

es gut, wie es einem solchen (theokr.) Staate und einem<br />

1 Streben, wie das eines Esra ist, entspricbt. Hier war das Ende seines<br />

Werkes ; denn hier musste er es auch schon des andern Charakters<br />

wegen, den der folgende Text und die folgende Zeit an sich trâgt,<br />

abbrechen. Bis hierher zieht sich der theokratische Faden ; so weit<br />

liess sich dieGeschichte nach seiner construiren Anschauung ; vonjetzt<br />

an aber beginnt eine neue Epoche, der theokratische Plan verliert<br />

sich .<br />

in's Durftige, die Priester treten immer mehr in den Hinter-<br />

grund und ein neuer Stand macht sich ein geltend, Stand aus<br />

dem Volke, der in das Volk den Gottesdienst einpflanzt, der<br />

Stand der Mebinim_ Schrifterklârer, tritt auf. Jetzt walte# nicht<br />

mehr der ausschliesslich priesterliche Geist, der sich im Opferdienste<br />

ausprâgte, sondern ein neuer, mehr auf die Ausbildung<br />

des Volkes gerichteter Geist, ein bûrgerlich frommer Sinn, der<br />

in aile Kreise zu dringen versuchte machte sich geltend<br />

, ; die<br />

Nibdalim, die ersten Anfânge zu dem spater sich mâchtig entwickelnden<br />

Pharisâerthum, mit( ihren wohlthati _;enEinflûssen auf<br />

Bûrgerthum und Bildung beganrîen iu dem Boden der Geschichte<br />

Wurzel zu schlagen, und schon mit Nehemia tritt die Folge dieser<br />

merwkûrdigen Umwandlùng hervor — die Opposition gegen das<br />

Priesterthum beginnt. Und wie Esra, der Priester, von dessen<br />

Ehrennamen Sofer auf den Geist jener Zeit geschlossen werden<br />

kann, seine Thâtigkeit. mit der Ausscheidung der fremden Elemehte<br />

aus der neuen Gemeinde beginnt (Esra, 9; 10); wie<br />

er den Tempeldienst als Prieèter wohl, erhalten wissen will,<br />

aber getragen von echt religiosem Sinne, der die Tugend<br />

âchtet, wo er sie findet, die Schwâchen und Fehler der Priester<br />

nicht vielmehr auch Laienfrommigkèit zu beachten<br />

schont, ver-<br />

steht (vgl. C. 10): so tritt Nehemia, von demselben Geiste geleitet,<br />

auf den Schauplatz; er sorgt zwar dafûr, dass der Tempeldienst<br />

in Ordnung- erhalten bleibe,(lO, 33), aber in dem Vordergrunde<br />

steht ihm die Erhaltung des jûdischen Geistes in voiler Reinheit<br />

in dem Leben der Gemeinde —<br />

die<br />

Reinheit der Ehen (10, 31;<br />

13, 1, 2), wie auch die Beachtung solcher, Gesetze,<br />

die nicht mit<br />

dem priesterlichen Cultusdienste in Verbindung standen, sondern<br />

deren Ausûbung in der Hand eines jeden Einzelnen lag, wie<br />

Sabbat (10, 32; 13, 15—2.1) und Brachjahr (10, 32). (Bemerkens-


26<br />

nimmi<br />

werth ist es, dass der Chronist Gelegenheit kein einzigés Mal<br />

Ko-<br />

von der Bèobachtung des frommen<br />

Letztern selbst unter den<br />

nigen Juda's zu berichten). Dieselbe Anschauung, die sich uns<br />

aus den authentischen Berichten Esra's u. Nehemia's ergiebt, findet<br />

sich auch in allen jenen Theilen unserer Bb. , die<br />

wir nicht als<br />

solche, welche aus den Federn E. u. N. geflossen sind, erkannten<br />

und aie von den meisten Erklaren dem Chronisten zugescbrieben<br />

werden. Derselbe Geist âussert sich in Esra 7—10 wie im gan<br />

zen B. Nehemia.<br />

Ehe wir nun zur eigentlichen ûber Betrachtung Abfassung.<br />

und Anordnung dieser Theile schreiten bleibt uns noch dié<br />

,<br />

Chronist nichts<br />

Frage zu beantworten: warum theilte uns der<br />

voù der Reise Esra's 8, 1—30 mit, oder lag ihm vielleicht<br />

der Bericht ûber dièse nicht vor?<br />

Wahrscheinlich lag ihm auch 8, 1—30 vor, nur wollte er ihn.<br />

nicht aufnehmen, weil nach diesem Bericht der Levitenstand in ei<br />

nem nicht besonders gûnstigen Lichte erscheint. Esra zieht in die<br />

Heimath, zur Stâtte, wo der Tempel mit ihm zieht eine<br />

stand;<br />

—<br />

Laienmenge, die sich auch dahin sehnt ; wie, und die Leviten,<br />

sollten nicht die Sehn-<br />

die bevorzugten Diener des Heiligthumes,<br />

sucht empfinden, die sogar Laien bekunden? Auch jener auffal-<br />

lende Bericht ûber die Nessinim,<br />

das Verhàltniss derselben zum.<br />

Dienste des Heiligthumes behagt ihm nicht sehr, weshalb er auehden<br />

ganzen Bericht bei Seite lâsst und kurz angiebt, dass gleich<br />

beim Aufbruche nach Jerus. Leviten und Nessinim sich mit im<br />

Zuge befanden (7, 7).<br />

Fassen wir nun unsere Ansicht ûber die schriftstellerische<br />

Thâtigkeit der verschiedenen Autoren zusammen.<br />

Von der Hand des Chronisten rûhrt her: 1, 1—<br />

6, 22; 7, la,<br />

—<br />

6—10 (moglicher Weise auck 11 126); fur sonstige Theile die<br />

seinem Berichte angehoren sojftn, finden wir keine Anhaltspunkte,<br />

*<br />

aus denen man auf seine Theilnahme an der schliessen<br />

Abfassung<br />

sollte. Moge man aus einzelnen Worten, die sich zufâllig in der<br />

Chronik und Esra-Nehemia finden, beweisen wollen, das die ganzen<br />

Abfassung der genannten drei Bb. dem Chronisten angehore, es<br />

bleibt ein Fehlschluss; denn einzelne diesem und jenem Bûche<br />

gemeinsame Worte und Redewendungen konnen unmoglich die<br />

Identitât des Verfassers beider Werke beweisen;<br />

namentlich nicbt<br />

wenn wir, ehe wir von der Sprachweise bei der Feststellung der<br />

Abfassung Gebrauch machen,<br />

den Grundsatz festhalten: die<br />

Sprache hat zwar ihre Entwicklungsphasen und innerhalb einer<br />

jeden solchen etwas Charakteristisches an sich, weshalb auch<br />

jedes Werk in einzelnen Redewendungen den sprachlichen Cha-<br />

rakter der Zeit seines Entstehens an sich trâgt; allein keines-<br />

wegs ist der Gebrauch einzelner Redewendungen ein untrûgliches


27<br />

Mittel fur die Beurtheilung der Zeit und des Verfassers; denn<br />

die Sprache erleidet nicht bei jedem Werke eine Neubildung,<br />

sondern die Trâger derselben nehmen das Produkt der Vergan<br />

genheit auf und verarbeiten dièses wieder, und so kommt es,<br />

dass man gewisse seltene Worter und Wortformen in Werken<br />

verschiedener Zeiten findet. Oder sollten wir allen Ernstes aus<br />

dem Umstande, dass Wortformen, wie nia Chr. 14, 13; 28, 14;<br />

Esra, 9, 7; Neh. 3, 36, sonst nur noch in Esther u. Dan.; oder<br />

bap in 1 Chr. 12, 18; 21, 11; 2 Chr. 29, 16, 22 und Esra 8,<br />

30,<br />

sonst nur 2 mal in Spr. und Hiob und 3 mal in Esther ge-<br />

funden werden —<br />

schliessen , dass die Bb. d. Cbr. und die Bb.<br />

Esra u. Neh. ganz vom Chronisten herrûhren, wenn wir mit dem<br />

selben Rechte denselben Verfasser fur die Bb. Hiob u. Esther<br />

annehmen kônnten, zumal wir gefunden haben , dass gar vieles<br />

uns die Annahme eines Verfassers fur unsere Bb. unmoglich<br />

macht?<br />

Wir haben ein viel zuverlâssigeres Erkenntnissmitel fur die<br />

das die Fest-<br />

Untersuchung —<br />

des Ursprungs zweier Bb. ist,<br />

stellung der Grundsatze, der leitenden Ideen, die den Verfasser<br />

in deren<br />

des einen B. beeinflussten, aie Ermittelung der Tendenz,<br />

Diensten er gestanden hat. Ist dièse gefunden und stimmen nicht<br />

aile Theile des andern Werkes mit den aus der Betrachtung des<br />

erstera erniittelten Grundsâtzen ûberein, wie dies ,bei unsern Bb.<br />

Esra und Neh. der Fall ist, dann konnen auch nicht beide aus<br />

einer Feder geflossen sein.<br />

Fur den zweiten Theil Esra's, 7-^10, abgerechnet die Stûcke,<br />

die wir dem Chronisten zuschreibén, und Nehemia's miissen wir<br />

3 Verfasser annehmen: Zunâchst haben wir Esra selbst als Ver<br />

fasser seines Originalberichtes11) 7,27, 28; 8, 1—34; 9, 1—15;<br />

sodann Nehemia als Verfasser des seinigen 1, 1 b—7, 5 ; 11, 1, 2;<br />

etwa 46;,10; 13, 6, 31; môglicher Weise auch von 13, 1—5.<br />

12, 27 —<br />

Fur die Thâtigkeit des Ueberarbeiters in dem eigentlichen<br />

B. Esra und in Neh. bleibt uns ûbrig: Esra 7, lb— 6a und c.<br />

Der Anfang seines Berichtes mag ungefahr so gelautet haben:<br />

?a my a rrtor a vny<br />

Iv .<br />

t r-*5-: Iv t t : I v t •.:•<br />

npbn ;<br />

ons ~bû xpc&nmR nota<br />

tt Iv v<br />

::-.-.—<br />

er gab die Généalogie und wahrscheinlich gleich mangel<br />

haft, da sie ihm nicht vollstândig vorlagj jedoch ist es auch nicht<br />

unwahrscheinlich<br />

, dass er sie richtig gab und die Fehler sich durch<br />

Unaufmerksamkeit des Abschreibers einschlichen. (S. 18. Anm. 6).<br />

Naph der Généalogie begann er mit V. 6 rhV XT\1V NTI. worauf<br />

T*r TZ*r •<br />

") Vor 7, 27 liost auch Esr. apocr. Nim "IDN'I. t.;- -<br />

v<br />

:<br />

-<br />

:


28<br />

or das Ende des V. in__>'î?a b3 ïb$ rrb&VrTS "f?Sn h '•"•'_■ fQ<br />

tItt*t<br />

t v: :<br />

'<br />

_<br />

gab und dann mit V.J.1 die Anordnung traf, die wir noch heute vor<br />

uns haben, indem er den authentischen Bericht Esra's aufnahm.<br />

Dieser ging bis C. 10;<br />

fur den Inhalt dièses letzten fand er ein<br />

zelne Bemerkungen und Notizen ûber die Verhandlungen wegen<br />

der fremden Frau en, wie auch das Verzeichniss (10, 18—44) der-<br />

jenigen,<br />

welche solche genommen hatten.<br />

Nehemia hatte seinem urspriinglichen Berichte 1, 16—<br />

7, 5 auch<br />

jenes von ihm aus der Zeit Zerubabels gefundene Schriftst. ! 7, 6—73)<br />

einverleibt; diesem schloss er an die Schilderung der Ausfûhrung sei<br />

nes Planes, die Stadt Jerus., die jetzt durch den Bau dér Mauern wohl<br />

befestigt war, der es aber an Bewohnern fehlte, zu bevolkern (wahr-,<br />

ausfûhr-<br />

scheinlich war aber dièse ursprûnglich viel Beschreibung<br />

lichef, als sie uns in Neh. 11, 1 u. 2 vorliegt); darauf berichtete<br />

er von der Feierlichkeit bei der Màuereinweihung 12, 27 etwa<br />

bis 46; hieran reihte er das hôchst intéressante Schriftstûck<br />

10, 1 —<br />

40, als dessen Folge sich 13, 1—3 ergiebt, wie er, nach<br />

dem Jerusal. die nothige Festigkeit durch die neu aufgerichteten<br />

Mauern erhalten mit grôsserer hatte, Strenge die Bahn Esra's betreten<br />

konnte; endlich erzâhlte er in 13, 4—31 seine Reise nach<br />

Persien, die Rûckkehr nach Jerus. und seine folgende Thâtigkeit.<br />

In solcher Ordnung und so weit fand der letzte Ueberarbeiteï<br />

der Bb. Esra und Neh. den Bericht des Nehemia (wahrscheinlich"<br />

nebst dem des Esra in einem Tempel-Archive, vgl. 2. Mak. 2, 13).<br />

So konnte er ihn nicht lassen, da- manches einzuschalten war,<br />

was theils zur Geschichte dieser Zeit gehorte, wie C. 8; 9; 13,47,<br />

theils manches, was mit dieser Zeit gut in Verbindung gebracht<br />

werden konnte, wie C. 11 u. 12. Betrachten wir nun,<br />

wie er<br />

das Gegebene zu einèm Ganzen verarbeitete:<br />

Zunâchst setzte er deiABerichte die Aufschrift Neh. 1, 1 a .<br />

iTbari a iTOrD "Haï vor- *n -hnlicher Weise wie von Esra 10<br />

t : —<br />

• •<br />

•<br />

: I v t : v : :<br />

lag ihm ein Bericht von unserem Cap. 8 vor, der das eigentliche<br />

Wirken Esia's kennzeichnete und eigentlich dessWegen dem Bûche<br />

Esra angehorte; doch da er einmal die Anlage seines Werkes<br />

kannte, land er es geeigneter, von dem Vorlesen des Gesetzbuches,<br />

das im siebenten Monate stattfand (vgl. Deutr. 31, 10 f., naçji<br />

welchem Gesetze die Vorlesung der Thora in diesem Monate<br />

stattfinden musste), in Cap. 8 zu berichten, da ihm der Schlùss<br />

von c. 7 ornja hx"iy; ';ai "'jrattfn t-nrin $F\A trefflichste<br />

Gelegenheit zum Anschlusse bot. Wie der Chronist also in Esra 3<br />

in denselben Schlussworten einen passenden Anknûpfungspunkt<br />

fiir seinen Bericht ûber den Bau des Altars fand, so wurde auch<br />

er von denselben dazu gefuhrt, von dem Vorlesen der Thora und


29<br />

der Feier des Hûttenféstes zu berichten ; er wusste natûrlich<br />

nichts von einem Hûttenfeste, das in der ZeiÇ Zerubabel's „nach<br />

(Esra'<br />

vorgeschriebener Weise"<br />

3, 4) gefeiert ward, und schrieb<br />

also ganz. richtig nach<br />

seinem. Wissen, dass seit den 'Tagen Jo-<br />

sua's, Sohn Nun's,12) so nicht geschehen sei (Neh. 9, 17).<br />

Hierauf liess er den Bericht folgen ûber seine wiederholten<br />

,<br />

Versuche, die fremden Weiber aus der Mitte Israels zu entfornen,<br />

wië auch die Beschreibung des bei dieser Gelegenheit verrichteten<br />

Gottesdienstes, ,<br />

der einem Gebete und Vortrage Esra's14)<br />

endete (Neh. 9). An dièses Gebet, das die ewige Gûte Gottes<br />

in Israël preisen, zugleich aber auch die traurige Lage der Gegen<br />

wart im Vergleiche zu der glanzvollen Vergangenheit, die durch<br />

die Treulosigkeit des Volkes verloren ging, hervorheben sollte,<br />

knupft der Ueberarbeiter C. 10 an, aus welchem der treffliche<br />

Geist der Trager dieser Zeit hervorleuchten solh Sein Gedanken-<br />

gang, der ihn zu dieser Verbindung leitete, mag folgender gewesen<br />

sein: wol sind wir Knechte auf unserem eigenen wol Boden; ist<br />

unser Besitz uns gerauht und unser Leib wird beherrscht von<br />

denen, die Gott gesandt, dass -sie uns unterjochen wol sind wir<br />

;<br />

in der grossten Noth (9, 36, 37) ; dennoch aber sinkt nicht unsere<br />

Hoflhung auf Gott ; dennoch gebricht es uns nicht an Kraft, den<br />

Mângeln und Schaden die sich<br />

, in Israel's Mitte eingeschlichen<br />

"haben, entgegen zu arbeiten und die fremden Elemente, die von<br />

den hôchsten Kreisen zur Begrûndung ihrer Macht eingefiihrt<br />

wurden, auszuscheiden (10, 1 f.).M)<br />

Durch mannigfache Umstande, die ihm geeignete Anknûp-<br />

12) Michaelis z. St. nimmt an, ~es habe ursprùnglich in 8,<br />

JM-y geheissen und Î12 ï_l sei ein spâteres lEinschiebsel,<br />

.;<br />

17 nur ''D^D<br />

denn auch nach<br />

seiner Ansicht widersprechen sich<br />

die"<br />

beiden Berichte liber die Sukotfeier,<br />

und dièse Notiz bezog sich nach seiner Annahme auf Josua den Hohenpriester<br />

zur Zeit'Zerubabels; der Chr. berichtete demnach nach Michaelis Annahme,<br />

dpss seit der Zeit Zerubabel's das Hiittenfest nicht gefeiert ward. Der Wïder-<br />

spuich wâre gelôst; allein in einer Weise,- die wir nicht annehmen konnen;<br />

dnm niemals ward die geschichtliche Période jener'<br />

Zeit nach Josua, dem<br />

Euhenpriester, benannt. Nach unserer Annahme, dass die beiden Berichte von<br />

zwei verschiedenen Verfassern herriihren, ist der Widerspruch erklârt und<br />

ibeseitigt. -.<br />

ls) 9, 6 —37 scheint ein Gebet Esra's zu-sein; die 70 lesen vor V. 6<br />

t.-: v<br />

"<br />

") Nur dieser .Ausdruck des grossen Gegensatzes liegt in nNÎ 73_!l'l<br />

(10, 1), so auch Easchi und Ab. Esra; nicht, wieBertheau z. St. annimmt „bei<br />

ail dein, was wir am 24. (9, 1) beschlossen, haben wir auch dièses zu Stande<br />

gebracht-'.


30<br />

fungspunkte fiir Einschiebungen boten, war er von der eigent-<br />

lichen hinweggekommen. in<br />

Erzâhlung der Zeitereignisse weit<br />

C. 11, 1, 2 nimmt ër die Fortsetzung von 7, 5 wieder auf; er<br />

die in Folge<br />

erzahlt von der neuen Bevôlkerung Jerusalem's,<br />

seiner Wirksamkeit daselbst ihre Wohnsitze "àufschlug. Dièses<br />

bietet ihm Gelegenheit, ein Verzeichniss der Bewohner Jerus'al.,<br />

das er vorfand, natûrlich von<br />

unabhângig<br />

dem im i Chr. 11,<br />

- 3 36, mitzutheilen, und ebenso bestimmte ihn die Ideenassoçiâtion,<br />

in 12, 1 def'<br />

— 26 ein Namenverzeichniss Priester und Leviten zu<br />

Zerubabel's und Nehemia's Zeiten aufzunehmen. Diesem schliesst<br />

er den Bericht Nehem. ûber die Einweihung der Stadtmauern<br />

12, 27 f. an. Jedenfalls ist aber der Zeit nach 12, 27 f. viel<br />

frûher, als C. 10 zu setzen; denn in 12, 27 f. erscheint Esra.<br />

noch in voiler Thatigkeit im Vereine mit Nehemia, wâhrend<br />

dièses in C. 10 nicht mehr der Fall ist. In 10, 3, um auch Esra<br />

in diesem Dokumente figuriren zu lassen, etwa X~IÎJ__ statt rïH_tf.<br />

zu lesen, ist unstatthaft, da Esra vermoge seines Ansehens nicht<br />

so weit zurûckgesetzt werden konnte. Die Annahme, dass bei<br />

der Unterschrift Alter und Familienrang die Reihenfolge be<br />

stimmte, ist auch nicht befriedigend, da Esra jedenfalls Miter als<br />

Nehemia war und auch in keinem geringeren Ansehen aïs dieser<br />

ehrgeizige Nehe<br />

stand; aber auch die Ansicht Herzfeld's, „der<br />

mia habe Esra von jedem thâtigen Miteingreifen ausgeschlossen<br />

und ihn durch Zidkia 13, 13 ersetzt,"<br />

hat nichts fur sich. Am einfachsten<br />

und wahrscheinlichsten ist die Annahme, dass Esra nicht<br />

mehr am Leben war, dass also C. 10 einen (spâtern) Bericht aus<br />

spaterer Zeit enthâlt. C. 13, 1—4 gestattet uns einen tiefen Einblick<br />

in die Verhâltnisse jener Zeit ; die Vermischung mit den<br />

Heiden hatte gar mâchtige Wurzel in dem Volksleben geschlagen<br />

und nur langjâhrige Anstrefcgung vermochte das Uebel auszurotten<br />

; 13, 4—31 bildet den iSchluss des Werkes aus dem Bûche<br />

Nehemia's.<br />

Fassen wir nun das Résultat unserer bisherigen Untersuehung<br />

zusammen: Die eigentlichen Bûcher Esra und Nehemia (Esra<br />

7— 10 u. Neh.) enthielten urspriinglich nur die Geschichte éer<br />

zweiten und dritten Sendung unter Esra und Nehemia. Der<br />

Bericht in diesen Theilen floss aus der Feder Esra's, Nehemia's<br />

und des Ueberarbeiters, der die einzelnen Stûcke der ursprtinglichen<br />

Schriften entweder, wo dièses moglich war, ganz wortgetreu<br />

aufnahm, oder die Berichte in dem Geiste, oft auch in der Sprachweise<br />

Esra's und Nehemia's verarbeitete und dièse in mehr logi-<br />

scher als chronologischer Ordnung zu einem Ganzen verband.<br />

Dièses Werk des letzten Ueberarbeiters erhielt den Namen „Esra",<br />

weil es mit der Geschichte Esra's beginnt ; wie die alttestament-


31<br />

lichen Bûcher uberhaupt ihre Benennung von ihrem Anfang^<br />

oder von der Person, die die Hauptrolle spielt, von der zunâchst<br />

erzahlt wird, mit der sich das Buch zumeist beschâftigt, erhalten<br />

haben. Die Abfassung unserer Bb. war also nicht das Werk<br />

einer Zeit, sondern ging in vier verschiedenen Zeiten vor<br />

sich. Esra fûhrte, wie es scheint, mehr ein Tagebuch<br />

ûber sein Wirken, das, so lange die Begeisterung durch trûbe<br />

Erfahrungen noch nicht gedâmpft war, vollstândiger ist, sobald<br />

aber der Unmuth ûber die traurige Lage der Gemeinde ûberhand<br />

nahra, der Kampf gegen die inneren Feinde derselben<br />

immer mehr Kr.âfte beanspruchte und die Begeisterung erlahmen<br />

. machte, _<br />

unvollstândiger wird. Nehemia schrieb einen Theil sei<br />

nes Berichtes, die Beschreibung seiner Reise, wie auch des Mauerbaues<br />

wol gleich nach den Ereignissen, wâhrend die Abfassung<br />

der Stûcke von C. 5 an wol in die letzte Zeit seines Wirkens<br />

fallt. Vgl. 4, 36 ; 5, 14 und die letzten Cap.<br />

Der letzte Ueberarbeiter lebte nach der Zeit Alexander des<br />

Grossen also etwa um 300 v. Chr. , was durch das Register 12,<br />

10, in dem von Jaddua, dem Zeitgenossen Alexanders (Jos. Ant.<br />

11, 8, 4) und 12, 22, wo von den levitischen Stammhâuptern<br />

zur Zeit Jaddua's gesprochen wird, welche Umstânde deutlich<br />

auf eine Zeit von etwa 150 Jahre nach Nehemia hinweisen, klar er-<br />

sichtlich wird ; denn von Nehemia selbst kann dièses Register kei-<br />

neswegs herriihren , da er in diesem"<br />

Falle ein Alter von etwa<br />

150 Jahre erreicht haben musste<br />

, indem er um 475 nach Jéru<br />

salem kkm und erst um 330 der Sturz des persischen Reiches<br />

durch Alexander erfolgte. Keil (a. a. O. 494) findet zwar frag-<br />

lich, ob in Neh. 13, 11,<br />

12 und 22 Jaddua als amtirender Hohe<br />

priester genannt wird, und sucht durch Wahrscheinlichkei.sgrûnde<br />

zu beweisen, dass blos die Geschlechtsfolge der hohenpriesterlichen<br />

Linie angegeben sei, in welchem Falle dièse Register noch<br />

aus den Tagen_und dem Berichte Nehemia's entnommen sein<br />

konnen;<br />

allein lâsst sich auch wirklich aus V. 11 und 12 nichts<br />

"mehr als die Geschlechtsfolge entnehmen, so bliebe doch unklar,<br />

wozu in V. 22 „die Tage Eljaschib's, Jojada's und Jochanan's<br />

und Jaddua's" erwâhnt sind, wenn nicht von verschiedenen, unter<br />

vier auf einander folgenden (Hobenpriestern aufgenommenen Verzeichnissen<br />

.die Rede wâre. Wozu Namen von vier Mânnern<br />

neben einander aufzâhlen, von denen man mit Bestimmthéit anneh<br />

men kann, dass sie nicht zu gleicher Zeit gewirkt haben, sondern<br />

sich im Amte ablosteh? Dies wiirde den Léser doch nur verwirren.<br />

Und welche Bedeutung haben die Namen Jojada, Jochanan und<br />

Jaddua neben Eljasehib, wenn nui\von einem Verzeichnisse, dass<br />

unter Eljasehib aufgenommen ward^die Rede ist? Kô'nnten wir<br />

nicht mit demselben Rechte aus 12, 47, wo erzahlt wird, Israël


32<br />

entrichtete die priesterliche» und levitischen Abgaben in den<br />

Zeiten Zerubabel's und Josua's , schliessen<br />

, dass Zerubabel<br />

Nehemia zu gleicher Zeit wirkten? Aber wir wissen,<br />

falsch wâre.<br />

Wer der letzte Ueberarbeiter war, lâsst sich<br />

dass dies<br />

und'<br />

nicht mit Be-<br />

stimmtheit angeben. Aus der Betrachtung des Geistes unsere<br />

eigentl. Bûches Esra und des B. Neh, ersaLen wir,<br />

dass des<br />

Ueberarbeiter in seiner schriftstellerischen Thâtigkeit ein getreuer<br />

Nachfolger Esr-a's und Neh. war, und wir glauben mit Recht zù<br />

schliessen, dass er jener bûrgerlich frommen Partei, deren Entstehungsgrund<br />

in den echt vaterlândischen, frommen Bestrebungen<br />

Esra's lag, jener Richtung, die wir unter dem Namen der OTOIT-<br />

1. Makk. 2, 42; 7, 13 ; 2. Makk. 14, 6 angehôrt kennen, habe!<br />

Wie durch Esra in seiner Zeit, so hatte sich auch jetzt das Volksleben<br />

aus der Léthargie, in die es durch langjâhrige Priesterherrschaft<br />

versunken war, aufgerafft ; der Geist Esra's, den Reizen<br />

des fremdlândischen Wesens, das bald sûss verlockte, bald mâchtig<br />

heranstûrmte, mit allen Krâften entgegen zu arbeiten, dem Treiben<br />

der Priester und der Grossen Widerstand zu einen echt<br />

leisten,<br />

nationalen Sinn in das Volksleben zu bringen, régte sich in dem<br />

Herzen „der Frommen"; Ernst und strenge Sitte, Liebe zum<br />

'<br />

Gesetze, das in der ersten Entwicklung zur mûndlichen Lehre<br />

sich befand, Begeisterung fur die hochsten Gûter des Volksbewusstseins<br />

zeichnete Aie Vertreter dieser Richtung aus, durch<br />

die Gott verherrlicht wurde (Ps. 149, 1). Sie hingen zwar mit<br />

Treue und Liebe an dem Tempel, dessen Diener die Priester und<br />

Leviten sein sollen, weshalb auch auf streng die Entrichtung der<br />

Abgaben an dieselben geachtet wurde ; allein die Schwâchen und<br />

Gebrechen derselben werden nicht vielmehr versohwtegen, tritt<br />

auch hier der Geist NehemiaA auf und gerûgt wird ailes, was<br />

sich gegen den Volksgeist aurfehnt.<br />

kâmpfe;<br />

Aber noch schlummern tief im Volksleben die Partei-<br />

noch geht ailes neben einander und man kennt noch<br />

keine Namen fur die Abstufungen in den Richtungen; Pharisâer<br />

und Sadduzâer werden noch nicht genannt und nur die ersten<br />

Anzeichen, die Keime des Gegensatzes und der Trennung, werden<br />

sichtbar; die frommen Elemente beginnen, sich zu concentriren,<br />

einen Wall gegen das Anstûrmen des Fremdlândischen zu bilden,<br />

die Echtheit des Volksbewusstseins zu erhalten (Vgl. Ew. IV.<br />

366). Das ist der Charakter des letzten Ueberarbeiters unserer Bb.<br />

Den ersten Theil Esra's, der die unter Sendung Zerubabel<br />

enthâlt, wie auch den kunzen Bericht ûber Esra's Rûckkehr<br />

neh Jérusalem, erkannten wir als das Werk des Chronisten. Die<br />

Zeit der Abfassung der Chronik (und Esra 1—6) fâllt jedenfalls


33<br />

8Pater, etwa in den Beginn der agyptischen Oberherrschaft<br />

(d50—-200 etw.) Die ausgebildete Polemik gegen die Samaritaner<br />

m Esra 4 (vgl. die Bezeichnung nTTP Hit), die nachdrûckliche<br />

Hervorhebung Jerusalems als einzig^berechtigte Cultusstâtte (vgl.<br />

1, J) lâsst schon auf den offnen Bruch mit den Samaritanern<br />

schliessen, der um so rascher erfolgt sein mag, als Samarien Zuzugler<br />

aus der Schaar derjenigen, die mit der strengen Gesetz-<br />

màssigkeit und mit dem durch Esra's und Nehemia's Streben ûm-<br />

gestalteten Leben unzufrieden waren, gewann. Die Samaritaner<br />

standen im entschiedenen Gegensatze znr neuen Gemeinde und<br />

wurden deswegen auch „die Feinde Juda's und Benjamin's" schlechthin<br />

genannt. Der Hass ward aber auch von beiden Seiten kraftig<br />

genahrt; auf der einen Seite die Samaritaner, ein Volk ohne<br />

Charakter, unredlich im Bekâmpfen des Gegners, ohne ausgepragte<br />

Volksthûmlichkeit, das eben keinen fest ausgeprâgten Cha<br />

rakter haben konnte, weil es ein Mischvolk war (Vgl. Jos. ant.<br />

XI, 7, 2 u. XIII, 9, 1) auf ; der andern Seite eine neue Gemeinde<br />

in Jérusalem, die, im ersten Concentriren der Krâfte begriffen,<br />

,die grosste Strenge in dem national -<br />

religiôsen<br />

Leben festhalten<br />

musste ; angefeindet von allen Seiten, im eignen Herzen Elemente<br />

bergend, die treulos mit dem Feinde liebâugelten mit<br />

, einem<br />

Feinde der um<br />

, so gefâhrlicher war als er sich noch zu den<br />

,<br />

Ihrigen zâhlte; was Wunder also, wenn solcher Ehrlosigkeit nur<br />

Geringschâtznng und Verachtung entgegengestellt wurde, die sich<br />

in dem Gedanken zusammenfasste : „das Volk, das in Sichem<br />

wbhnt, ist kein Volk" (Jes, Sirach 50, 25)! In dieser Zeit des<br />

Ringkampfes in der wechselvollen Geschichte der<br />

vorderasiatischen.Staaten nach dem Tode Alexander's wuchs der<br />

, zweifelhaften<br />

tief wurzelnde Neid immer mâchtiger heran und unversohnlicher<br />

denn je zeigte er sich ôffentlich in dem Streben, sich gegenseitig<br />

bei dem jeweiligen Siéger den Rang abzulaufen ; auf beiden Seiten<br />

rflhmte man sich alter Rechte und wahrer Verheissungen ; jeder<br />

wollte die alleinige Wahrheit im Besitze haben. Durch solche<br />

Umstânde wurden Umschreibungen, wie wir sie in Esra 1, 2, 3,--<br />

4 f. finden hervorgerufen.<br />

Der-Gebrauch des Wortes in Esra 1—6,<br />

die hâufige<br />

von Anwendung Ausdrûcken wie<br />

zeigt uns deutlich<br />

den Charakter der Zeit, aus der die Chronik stammt. Die<br />

D^iai od- PXn ""fe PUD'CQ Viaan sind Mitglieder der'neuen<br />

also Gemeinde, Juden. die sich strenge von den unreinen Sitten der<br />

heidnischen Nachbarvolker, wie auch von denen ihrer Glaubensgenossen,<br />

die sich mit den fremden Volkern vermischten, absonderten;<br />

die Nibdâlim sind nichts anderes als die spâteren Pharisâer<br />

3


_______<br />

-<br />

(Ubi ai = 'D'tî^hS, vgl. die chald. und sepr. Uebersetzung von<br />

TOI = tî^iDnX"; Vgl. auch tyiaglo 9rjfitP an àvxàip in 1 Makk. i,<br />

11)* die in ihrem Eifer fur den Glauben den Umgang<br />

-<br />

■<br />

'<br />

-y<br />

mit jenen<br />

Leichtfertigen, die dem Heidenthume und natnentlich dem mit<br />

Macht und Verlockung anstûrmenden Griechenthume den Weg<br />

bahnten, aufgaben. Der Kampf des Pharisâerthums gegen die<br />

Sadduzâer (vgl. ên,yi 2 Makk. 14, 3, 38) der in der Zeit des<br />

Chron. schon weit gediehen war, wird demnach in die Zeit Ze-<br />

rubabels versetzt. Wer war der Verfasser von Chron. u. Esra.<br />

1—6? Nach Ewald (Gesch. d. V. Isr. I. S. 235) „kann<br />

es nicht<br />

zweifelhaft sein, dass der Verfasser der Chronik zu der Innung<br />

der am Heiligthume zu Jérusalem sesshaften Musiker<br />

gehorte."<br />

Dieser Ansicht tràten auch Dillmann (Art. Chronik in Herzog's<br />

Realencycl.) und Berth. (Einl. zur Chron. 47) nebst a. bei; „denn<br />

das grosse Interesse an den Geschâften der Sânger, an ihrer<br />

Thâtigkeit bei feierlichen Gelegenheiten und die genaue Kennt-<br />

nisé der sie betreffenden Ordnungen und Einrichtungen legen die<br />

nahe."<br />

Annahme Keil, bibl. Cornent. S. 17, von der Annahme<br />

ausgehend, der Priester Esra musse der Verfasser der Chronik<br />

gewesen sein, nimmt die Ansicht de Wette's auf, er sei ein<br />

Priester gewesen, da in allen Stellen, in welchen von den Musikern<br />

und Thorwâchtern die Rede ist, auch die Priester erwâhnt<br />

seien. Wohl ist es richtig, dass dieser Umstand, der nicht gelâugnet<br />

werden kann, die Annahme Keil's môglich macht ; allein<br />

betrachteh wir genauer .<br />

das Interesse , das der Chronist fur die<br />

Musik zeigt, so werden wir uns der Ansicht Ewald's anschliessen<br />

mûssen. Aus der Chronik allein vermôgen wir die Geschichte<br />

der Sângerinnung am Heiligthume zu Schopfen; ein Umstand,<br />

der schon gewichtig in die fifagschale der Kritik fâllt, da sonst<br />

aile BesChâftigiingen der PrSster und Leviten im Pentateuch ge-<br />

nau angegeben sind, hingegen von den Sângern beinahe aile<br />

Quellen schweigen, wenigstens nicht mit der Genauigkeit, wie<br />

wir sie hier finden, berichten. Von dem Chronisten erfahren wir,<br />

dass David die Éintheilung der Sângerfamilien vorgenommen<br />

1 Chr. 6, 16; 2 Chr. 7, 6; 29, 26; Esra 3, 10 (Neh. 12, 36);<br />

mit gewissenhafter Genauigkeit zâhlt er die gebrâuchlichen Gesangsformeln<br />

und Ausdrûcke auf, wie rhinV) V?nb °der die<br />

Aufforderung zum Gesange 7T_) -HF. 1 Chr. 16, 4; 23, 30; 2<br />

Chr. 5, 13 ; 31, 7, auch mit dem Zusâtze : „denn ewig wâhrt seine<br />

Gûte"<br />

1 Chr. 16, 34, 41; 2 Chr. 7,6; 20, 21; Esra 3, 11;<br />

',-| -W oder D^ri^Xn "W 1 Chr. 16, 42; 2 Chr. 29, 27; •fyj.a<br />

Tt./ ï Chr. 15, 16; \6, 42; 2 Chr. 5, 13; 23, 13, 34, 12. Mit


':<br />

-<br />

35<br />

besonderer Vorliebe weilt er auch bei der Beschreibung<br />

der l.eierlichkeit des GotteP-^nstes durch die Musiker ; vel.<br />

i ?/■ h f i; 9,' 14~16' 33î 15> 2l-22> 27 f ; 16><br />

4-42; 23, 5; 25; 2 Chr. 5, 12 f •<br />

7 6- ■<br />

8 14 f 20 19<br />

21; 23 13 80,'2l'<br />

18; 29 25-28, 30; t ;'3l/ 2"il 13. 34,<br />

1__, oo, -15, Esra, 3, 10 f. Beweise genug , dass der Chronist<br />

ein besonderes Interesse fur den Dienst und die Klasse der San-<br />

ger zeigte, wodurch die Ansicht Keil's viel an Wahrscheinlichkeit<br />

verliert. Allein auch die Ansicht Berth. ; „wer beachtet wie der<br />

Verfasser mit Vorliebe und grosserem Interesse bei den Musikern<br />

als bei den Priestern und den nur ganz seiten erw âhnt en<br />

Leviten verweilt, wird sich veranlasst sehen der Ansicht<br />

Ewald's beizustimmen", bedarf einer Modification, denn bei'genauer<br />

Untersuchung zeigt es sich , dass gerade die Leviten entschieden<br />

in den Vordergrund gerûckt werden.<br />

15, 2),<br />

Die Leviten sind von Gott fur die Ewigkeit erkoren (1 Chr.<br />

weshalb besonders Gewicht auf ihre geneal. Tabellen ge<br />

legt wird, 1 Chr. 6, 18; 9, 14 f.; 65, 5-10; 16,5—7; 23,<br />

2 f.<br />

Auch"<br />

die Sôhne des gottlichen Mannes Moses gehoren den Le<br />

viten an 1 Chr. 23, 40. David und Samuel ûbergaben ihnen<br />

das Amt der Tempelbewohnung, weil sie durch besondere Treue,<br />

die stets hervorgehoben wird sich auszeichneten 1 , , Chr. 9, 22 ;<br />

vgl. 2 Chr. 31, 12, 18; 34, 12. Dièses Amt ist nicht nur ein<br />

hôchst wichtiges (1 Chr. 9, 22; 23, 27—32; 24, 19—30; 26 1 f.),<br />

sondern auch ein sehr schwieriges, denn Tag und Nacht nimmt<br />

es sie in Anspruch 1 Chr. 9, 33; f)avid empfiehlt,<br />

nachdem er<br />

Priester nnd Leviten zugleich zum Dienste aufgerufen den Le ,<br />

viten besonders die Heiligung, denn einen Riss hat der Herr in<br />

Israël gemacht, weil sie es nicht von Anfang15) her gewesen sind,<br />

die dieLade trugen 1 Chr. 15, 13 (Vgl. dagegen 2 Sam. 15,24,<br />

wo von besonderer Reinigung der Leviten nicht die Rede ist).<br />

Die Leviten bringen selbst Opfer dar, als unter dem Beistande<br />

Gottes die Lade an ihrer Stelle war 1 Chr. 15, 26; denn sie sind<br />

nicht blos Trâger der heil. Lade, sondern auch dem hôheren<br />

Tempeldienst geweiht; sie sollen deshalb auch Ganz- und Festiopfer<br />

darbringen neben den Sôhnen Ahron's, vgl. 1 Chr. 13, 26,<br />

is) Statt der Lesart n_.itlfyOa.37' *^e Schwierigkeit macht, schlagen<br />

wir die Lesart niit^N".a07<br />

TOr; nïtefyO ist dann ein nom. verb. und<br />

U *__,und *_ sind Prapositionen. Mehrere Prâpositionen bei einem Wtfrte<br />

sind im spâtern Hebraismus nicht seiten; vgl. T)^&'2 Abot 1, 8; Pi^Xji/D/<br />

Ab. 2, 4; rrjmrs? 2, 1.<br />

3*


32 ; sie schlachten auch,<br />

36<br />

was eigentlich nur priesterliche Thâtig-<br />

keit war<br />

, weil sie dessen siud wûrdig ; denn die Leviten sind<br />

geraden Herzens, 2 Chr. 19, 34, und weihen ihre treffliche Einsioht<br />

Gott, 2 Chr. 30, 22. Unter Josia wird das Schlachten der<br />

Festopfer ihnen sogar fur immer als ihre Beschâftigung ange-<br />

wiesen 2 Chr. 35. 6, 11; vgl. Esra 6, 20, wo sie auch fur die<br />

Priester das Passahopfer schlachten. In allen Dingen bekunden<br />

sie einen heiligen Eifer ; sie achten daher auch darauf, dass, wenn<br />

ganz Israël sich dem Herrn beilige<br />

die Festzeiten herannahen,<br />

2 Chr. 30, 17. Auch die Priester sind nichts anderes als Leviten ;<br />

Chiskia lâsst Priester und Leviten zusammenrufen und spricht<br />

aile mit den Worten an: „Hôrt mich Leviten!" 2 Chr. 29, 4 (Vgl.<br />

das ganze Cap., in dem zumeist nur von diesen die Rede ist.).<br />

ihnen,<br />

Aber nicht blos im Dienste des Heiligthumes begegnen wir<br />

sondern auch in allen offentl. Aemtern des religiôsen und<br />

socialen Lebens treten sie als auf. thâtig Nach 2 K. 11, 11 sind<br />

es die Leibwâchter am konigl. Hofe, die Joas -auf den Thron er<br />

heben ; nach 2 Chr. 23, 4 wird den Leviten dièses zugeschrieben<br />

(S. Thenius a. a. O. z. St. u. Berth. Chr. z. St. vgl. ; dagegen<br />

Keil z. d. St.); sie sind die Prâtorianer des Konigs, 2 Chr. 23,<br />

7; auch das Geld fur den Tempelschatz sammeln sie ein und aile<br />

Arbeit beim Tempel geht glûcklich und in ehrlicher Weise vor<br />

sich denn die , Leviten sind die Aufseher 2 Chr. 34 , 9. Das<br />

Richteramt ist in ihren Handen 2 Chr. 19, 8; sie ziehen^ daher<br />

durch ganz Israël mit dem Gesetzbuche einher 2 Chr. 17, 9.<br />

Als hohe Beamte haben sie ihre eignen Diener, die ihnen allenthalben<br />

zur Seite stehen 2 Chr. 23, 6. Auch in dem Propheten-<br />

der Geist Gottes lâsst sich auch<br />

auf die Leviten nieder und Heman und Jeduthun sind die Pro<br />

thume finden wir ihre Vertreter;<br />

pheten16) schlechthin in 1 GÉ\ 25, 1; 2 Chr. 20, 14 wird sogar<br />

eine lângere prophetische Rede einem Leviten in den Mund ge<br />

legt. Auch Soferim und Schrifterklârer finden wir unter ihnen,<br />

Bisherigen'<br />

,1 Chr. 9. Aus dem erkennen wir,<br />

24, 6; 2 Chr. 17,<br />

dass die Leviten nicht seiten erwâhnt . werden wie dies Berth.<br />

,<br />

behauptet, vielmehr, dass der Chronist sich gerade mit den Le<br />

viten eifrig beschâftigt, und wir sind dadurch berechtigt die An<br />

sicht Ewald's und Berth. dahin zu modificiren, dass wir annehmen:<br />

der Verfasser der Chronik war das levitische Oberhaupt einer<br />

") Keil und Berth. z. St. nehmen das Ketib D^aSH<br />

als Schreibfehler<br />

fiir CXaiin an; wahrscheinlich aber ist das Ketib richtig und nur die spâte<br />

ren Punktatoren, irai den Schein zu beseitigon, als ob die Prophétie sich auch<br />

blos in einer durch Musik erzeugtcn Begeisterung darstelle,<br />

anstôssige Lesart.<br />

andorteu die ihnen


Sângerordnung gewesen ist. Vgl. hierzu 1 Chr.<br />

37<br />

15, 16; 16, 7;<br />

??' ferner 1 Chr- 5;.-25,'.V 13> 8; 16, 37, 41, 42; 2 Chr. 34, 12.<br />

Ursprunghch hatte der Chronist sein Werk in 3 Theile getheilt:<br />

IJer erste Ih 1 Chr. 1-29, mit der Vorgeschichte des theo<br />

kratischen Lebens in Tempel und Staat und besonderer Rûck-<br />

sicht aut das David'sche Haus ; der zweite Th. , 2 Chr. 1—36,<br />

21 mit der ubersichtlichen Darstellung der Ausbildung des theokr.<br />

Lebens im Geiste David's und des allmâhlichen Sinkens des"<br />

Tem<br />

pels und Staates.; der dritte Th., 2 Chr. 36,22, 23 u. Esra 1,<br />

36—6 nebst den andern Stiicken in Esra.7 u. 8 mit der Wieder-<br />

aufrichtung des gesetzlichen und staatlichen Lebens.<br />

Lângere Zeit nach der Abfassung der Chronik wurde sie<br />

von ihrem dritten Theile, der Geschichte Zerubabels abgelost,<br />

welcher Theil sodann als ur-<br />

Esra 1-6 mit dem Anfange, der<br />

ein Bestandtheil<br />

sprûnglich auch dahin gehGrt, 2 Chr. 36, 22, 23,<br />

des Bûches ward,<br />

das diesen Namen schon d.'.mals fûhrte<br />

und ihn auch fernerhin behiélt. Ursache zu dieser Einverleibung<br />

fand sich wohl in dem Umstande, dass einzelne Daten in Esra<br />

und Nehemia mit Esra 1—6|in Verbindung stehen, wie Neh. 12,<br />

lf. namentlich aber, weil auch der Chronist Einzelnes von dem<br />

Wirken Esra's berichtete wie Esr. 7, 6 ff. u. a.<br />

Dièse Annahme beantwortet am leichtesten und genûgendsten<br />

die bisher nicht befriedigend erledigte Frage bezûglich der Tren<br />

nung des Esra von der Chronik und des Verhâltnisses von 2<br />

Chr. 36, 22, 23 zu Esra 1, 1— 3a. Die Annahme Bertheau's<br />

S. XII. nach dem Vorgange von Ewald (Gesch. d. V. Isr. I, S.<br />

264 der 2. Aufl): Vielleicht „ fflgte man zunâchst nnr den Theil<br />

des grossen Geschiehtswerkes, welcher die Geschichte der neuen<br />

Gemeinde bis zur Zeit des Esra und Nehemia und die Geschichte<br />

dieser zwei Helden der erneuerten Gemeinde enthâlt, den Bûchera<br />

des a. Testaments weil hinzu, unsere jetzige Chronik ihres mit<br />

dem Inhalte der Bûcher Sam. und Kon. zum grossen Theile ûber-<br />

einstimmenden Inhaltes wegen ihnen hinzuzufiigen unnothig er<br />

scheinen konnte", befriedigt keineswegs, da der Grund der Tren<br />

nung des einen Werkes in zwei nicht erklârt wird ;<br />

war aber<br />

Esra mit der Chron. niemals ein Werk so<br />

, konnen wir auch<br />

solch erkûnstelter Erklârungen entbehren. Die Verse 2 Chr. 36,<br />

22 u. 23 und Esra 1, 1—3a sind an beiden Stellen ursprunglicb,17)<br />

da sie den eines neuen Anfang Theiles im Bûche der Chronik<br />

bi.ldeten ; sie verblieben am Ende der Chronik um<br />

, den gegen-<br />

seitigen Anschluss der beiden Bûcher anzudeuten.<br />

")<br />

Die Differenzen in beiden Eecensionen sind nur als Schreibfohler zu<br />

betrachten; die Lesart TP in Esra 1, 3 ist entschieden die richtigere.


- bestand.<br />

Vita.<br />

Geboren bin ich am 20. Oktober 1850 zu Thurdossin in<br />

Ungarn als Sohn des Ahron und der Joséphine Rosenzweig. Den<br />

ersten Unterricht erhielt ich in meiner Vaterstadt. Ich besuchte<br />

die Gymnasien zu Pest, Neusohl und Pressburg, an welchem<br />

letzteren ich auch die Maturitâtsprûfung im September d. J. 1870<br />

Von da wendete ich mich nach Wien, wo ich mich mit<br />

den philos, und jûd.-theol. Studien beschâftigte endlich ; bezog<br />

woselbst ich namentlich Orientalia<br />

ich die Berliner Universitât,<br />

wâhrend funf Semester studirte.<br />

Die theol. Studien begann ich privatim , setzte sie in Pest<br />

und Pressburg, an der dortigen Rabbinerschule fort,<br />

dièse an der ,,Hôchschule<br />

in Berlin.<br />

und beendigte<br />

fur die Wissenschaft des Judenthumes"<br />

Seit dem 15. Oktober 1874 wirke ich als Rabbiner der Sy-<br />

nagogen-Gemeinde zu Pasei_____à__.<br />

Pasewalk im Oktober 1875<br />

Adolf Rosenzweig.


_^_<br />

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