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<strong>„Rechtliche</strong> <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong><br />

<strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase“<br />

Praxis-Handreichung<br />

erstellt im Rahmen des<br />

Leitvorhabens „Zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement“<br />

durch das Forschungs<strong>in</strong>stitut Betriebliche Bildung (f-bb)<br />

Thomas Freil<strong>in</strong>g, Birgit Schulte<br />

September 2008


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. E<strong>in</strong>leitung .................................................................................................................... 3<br />

2. Beschäftigung <strong>in</strong> der Nacherwerbsphase: Vertragliche <strong>Aspekte</strong>............................ 4<br />

2.1 Vertragsarten................................................................................................4<br />

2.2 Beraterverträge.............................................................................................5<br />

2.3 Altersbefristung des Arbeitsvertrages ..........................................................6<br />

3. Zuverdienstgrenzen für Rentenempfänger............................................................... 7<br />

3.1 Kürzungen der Rente für Rentner unter 65 Jahren ........................................7<br />

3.2 Überschreiten der Zuverdienstgrenzen <strong>und</strong> Änderung<br />

der Höhe des Zuverdienstes .........................................................................8<br />

4. Sozialabgaben <strong>und</strong> Steuern....................................................................................... 8<br />

4.1 Rentner.........................................................................................................9<br />

4.2 Arbeitgeber...................................................................................................9<br />

5. F<strong>in</strong>anzielle Konsequenzen für den Arbeitnehmer<br />

bei vorzeitigem Rentene<strong>in</strong>tritt (vor 65 Jahren) ....................................................... 10<br />

5.1 Rentenabschläge ........................................................................................10<br />

5.2 Vermeidung von Rentenabschlägen............................................................11<br />

6. Zeitwertkonten als Instrument zum flexiblen Ausstieg.......................................... 11<br />

6.1 Störfall........................................................................................................13<br />

6.2 Umwandlung von Zeitguthaben <strong>in</strong> betriebliche Altersvorsorge (bAV)..........13<br />

6.3 Festschreibung der umgesetzten Arbeitszeitkonten<br />

<strong>in</strong> der Betriebsvere<strong>in</strong>barung........................................................................13<br />

7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick............................................................................ 14<br />

Seite 2 von 15


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

1. E<strong>in</strong>leitung: Rechtliche <strong>Aspekte</strong><br />

Die sich abzeichnende demografische Entwicklung stellt die<br />

betriebliche Personalpolitik vor vielfältige Herausforderungen.<br />

Auf dem Arbeitsmarkt stehen künftig weniger qualifizierte<br />

Nachwuchskräfte bereit – gleichzeitig stehen enorme Verrentungswellen<br />

bevor, da die sogenannte Baby-Boomer-Generation<br />

<strong>in</strong> den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen wird.<br />

Die alternden Belegschaften mit ihrem Erfahrungswissen stellen<br />

für Unternehmen e<strong>in</strong>en großen Wert dar. Ältere Mitarbeiter<br />

besitzen Wissen, Fähigkeiten <strong>und</strong> Kompetenzen, die e<strong>in</strong>en<br />

Wettbewerbsvorteil für Unternehmen darstellen. Neben wichtigem<br />

spezifischem Fachwissen verfügen sie über Kenntnisse<br />

zur Unternehmenskultur <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d somit Kenner wichtiger <strong>in</strong>nerbetrieblicher<br />

Abläufe <strong>und</strong> betriebsspezifischer Kommunikationskulturen.<br />

Der Übergang vom Erwerbsleben <strong>in</strong> den Ruhestand ist aktuell<br />

noch durch e<strong>in</strong>en verhältnismäßig starken Bruch gekennzeichnet:<br />

Arbeitnehmer scheiden gr<strong>und</strong>sätzlich zu e<strong>in</strong>em festgelegten<br />

Datum irreversibel aus dem Betrieb aus.<br />

Mit e<strong>in</strong>er Flexibilisierung des Übergangs, davon ist auszugehen,<br />

werden Härten abgeschwächt. Es entstehen zeitliche<br />

Spielräume durch die sowohl im Interesse der Betriebe als<br />

auch der e<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmer passgenaue <strong>und</strong> vom Modell<br />

der Haupt- <strong>und</strong> Vollerwerbstätigkeit abweichende Modelle umgesetzt<br />

werden können. Für Unternehmen gehen so das Wissen<br />

<strong>und</strong> die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter nicht von e<strong>in</strong>em<br />

Tag auf den anderen <strong>in</strong> Rente. Es können so Maßnahmen e<strong>in</strong>geleitet<br />

werden, um das ausscheidende Wissen der Mitarbeiter<br />

zu erfassen, es auf andere Mitarbeiter zu übertragen <strong>und</strong> so<br />

<strong>und</strong> für das Unternehmen zu erhalten. Für den ausscheidenden<br />

Mitarbeiter verliert se<strong>in</strong> Wissen mit dem Rentene<strong>in</strong>tritt<br />

nicht mit e<strong>in</strong>em Schlag an Bedeutung.<br />

Das Forschungs<strong>in</strong>stitut Betriebliche Bildung (f-bb) untersucht<br />

im Leitvorhaben „Zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement“<br />

bereits bestehende Möglichkeiten, den Übergang <strong>in</strong> die<br />

Nacherwerbsphase, <strong>und</strong> auch die Nacherwerbsphase selbst,<br />

flexibel mit e<strong>in</strong>er weiteren Beschäftigung zu gestalten. Die Erkenntnisse<br />

aus diesem Zusammenhang bilden die Basis für<br />

den nachfolgenden Text. Ziel ist es, e<strong>in</strong>en Überblick über relevante<br />

rechtliche <strong>und</strong> steuerliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, sowie<br />

Anregungen für betriebsorganisatorische Gestaltung e<strong>in</strong>es<br />

Übergangs <strong>in</strong> die Rentenphase zu geben. Für Unternehmen<br />

sollen so H<strong>in</strong>weise zu bereits bestehenden Möglichkeiten zur<br />

flexiblen Gestaltung des Übergangs ihrer Mitarbeiter <strong>in</strong> die<br />

Rentenphase gegeben werden.<br />

Seite 3 von 15


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

2. Beschäftigung <strong>in</strong> der Nacherwerbsphase:<br />

Vertragliche <strong>Aspekte</strong><br />

Der Rentene<strong>in</strong>tritt ist durch das Ende der Haupterwerbstätigkeit<br />

gekennzeichnet. Der zentrale Arbeitsvertrag ist beendet<br />

<strong>und</strong> der Arbeitnehmer geht <strong>in</strong> das staatliche Bezugssystem<br />

der Rente über. Die F<strong>in</strong>anzierung des E<strong>in</strong>zelnen wird nun<br />

hauptsächlich aus dieser Quelle geleistet. Um e<strong>in</strong>en Arbeitnehmer<br />

auch nach se<strong>in</strong>em Rentene<strong>in</strong>tritt beschäftigen zu können<br />

<strong>und</strong> diesem so e<strong>in</strong>e zusätzliche F<strong>in</strong>anzierungsquelle zu<br />

ermöglichen, bestehen unterschiedliche Vertragsvere<strong>in</strong>barungen.<br />

Durch e<strong>in</strong>e Beschäftigung wichtiger Mitarbeiter auch nach<br />

ihrem <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Rente besteht für e<strong>in</strong> Unternehmen die<br />

Möglichkeit se<strong>in</strong> spezifisches Wissen zu Rate zu ziehen <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Erfahrungen auch anderen Mitarbeitern zugänglich zu<br />

machen. In Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit, sei es<br />

als selbständiger Berater oder auch <strong>in</strong> abhängiger Beschäftigung,<br />

z.B. als Fahrer für e<strong>in</strong>en Kurierdienst, kommen zur<br />

Beschäftigung von Rentnern <strong>in</strong> der Nacherwerbsphase verschiedene<br />

Vertragsarten <strong>in</strong> Betracht.<br />

2.1 Vertragsarten<br />

Die Vertragsarten, die mit e<strong>in</strong>em Rentner abgeschlossen werden<br />

können, unterscheiden sich nach ihrer Zielsetzung, ihrem<br />

Zeitrahmen sowie der Reichweite der Abhängigkeit des Vertragsnehmers<br />

<strong>und</strong> damit der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers.<br />

Beim Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages gilt es daher, vorab Ziel<br />

<strong>und</strong> Rahmen genau abzustecken, um sich für die adäquate<br />

Vertragsform entscheiden zu können. Die folgende Auflistung<br />

soll dabei e<strong>in</strong>e Hilfestellung geben.<br />

Der Dienstvertrag stellt e<strong>in</strong> Dauerschuldverhältnis dar, bei<br />

dem der Arbeitnehmer über e<strong>in</strong>en Zeitraum an das Unternehmen<br />

geb<strong>und</strong>en wird. Er arbeitet dabei aber selbständig <strong>und</strong> ist<br />

dem Arbeitgeber gegenüber nicht weisungsgeb<strong>und</strong>en.<br />

Der Arbeitsvertrag stellt e<strong>in</strong>e Unterart des Dienstvertrages<br />

dar, bei der der Vertragsnehmer dem Arbeitgeber gegenüber<br />

weisungsgeb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abhängigen Beschäftigungsverhältnis<br />

bef<strong>in</strong>det. Auch dieser Vertrag wird, wie der<br />

Dienstvertrag, über e<strong>in</strong>en Zeitraum abgeschlossen.<br />

Der Werkvertrag wird über die Herstellung e<strong>in</strong>es def<strong>in</strong>ierten<br />

Werkes geschlossen. Der Vertragnehmer arbeitet bei dieser<br />

Vertragsform selbständig <strong>und</strong> ist so nicht weisungsgeb<strong>und</strong>en.<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Vertragsart wie der Werkvertrag, die sich aber<br />

durch die Art der ausgeübten Tätigkeit von diesem unterscheidet,<br />

ist der Geschäftsbesorgungsvertrag. Hierbei wird der<br />

Vertrag über die Besorgung e<strong>in</strong>er Dienstleistung geschlossen.<br />

Seite 4 von 15


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Vertrag Besonderheit Gesetz<br />

Dienstvertrag Dauerschuldverhältnis, aber <strong>in</strong> Abgrenzung zum<br />

Arbeitsvertrag ke<strong>in</strong>e abhängige Beschäftigung;<br />

z.B. Beratervertrag, regelmäßige Fahrertätigkeit<br />

Arbeitsvertrag Unterart des Dienstvertrages:<br />

Persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom<br />

Arbeitgeber, Weisungsrecht des Arbeitgebers;<br />

z.B. Pförtner <strong>in</strong> abhängiger Beschäftigung, Fahrer für<br />

Kurierdienst<br />

Werkvertrag Unternehmer schuldet dem Besteller die Herstellung<br />

e<strong>in</strong>es Werkes, das heißt die Herbeiführung e<strong>in</strong>es<br />

bestimmten Erfolges körperlicher oder nichtkörperlicher<br />

Art <strong>und</strong> der Besteller als Gegenleistung dem<br />

Unternehmer den Werklohn;<br />

z.B. Bauvertrag, Anfertigung e<strong>in</strong>es Möbelstückes<br />

Geschäftsbesorgungsvertrag<br />

Beauftragter verpflichtet sich zur entgeltlichen Besorgung<br />

e<strong>in</strong>es ihm vom Auftraggeber übertragenen<br />

Geschäftes;<br />

z.B. Erstellung e<strong>in</strong>er Steuererklärung, Beaufsichtigung<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des<br />

Abbildung 1: Vertragsverhältnisse nach Rentene<strong>in</strong>tritt<br />

2.2 Beraterverträge<br />

In der Praxis werden verrentete Mitarbeiter häufig über Beraterverträge<br />

für Unternehmen tätig. Die Berater setzen hierbei<br />

ihr fachliches Wissen mit unterschiedlichem Ziel <strong>und</strong> entsprechend<br />

unterschiedlichen Rechtsfolgen e<strong>in</strong>.<br />

Beraterverträge können <strong>in</strong> Form von Dienstverträgen oder<br />

Werkverträgen abgeschlossen werden. Bei e<strong>in</strong>em Dienstvertrag<br />

wird das bloße Wirken, die Arbeitsleistung als solche geschuldet.<br />

Bei e<strong>in</strong>em Werkvertrag wird e<strong>in</strong> bestimmtes Arbeitsergebnis<br />

geschuldet, das <strong>in</strong> der Regel gegenständlich fassbar<br />

ist.<br />

Die Übergänge zwischen den Vertragsformen s<strong>in</strong>d fließend<br />

<strong>und</strong> weisen <strong>in</strong> der Praxis häufig Elemente aus beiden Gr<strong>und</strong>formen<br />

auf. Häufig wird e<strong>in</strong> Beratervertrag aber schon deshalb<br />

e<strong>in</strong> Dienstvertrag se<strong>in</strong>, weil es sich um e<strong>in</strong>en fortlaufenden<br />

Leistungsaustausch (Dauerschuldverhältnis) handelt, während<br />

<strong>beim</strong> Werkvertrag nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger Austausch von Leistung<br />

<strong>und</strong> Gegenleistung stattf<strong>in</strong>det (vgl. Abbildung 1: Vertragsverhältnisse<br />

nach Rentene<strong>in</strong>tritt). Wichtig ist deshalb, dass Art <strong>und</strong><br />

Umfang des Beratungsauftrages e<strong>in</strong>deutig formuliert werden,<br />

um Streit hierüber zu vermeiden.<br />

Seite 5 von 15<br />

§§ 611 ff BGB<br />

§§ 611 ff BGB<br />

i. V. m. Arbeitsvertrag<br />

§§ 631 ff BGB<br />

§ 675 BGB<br />

Dienstvertrag<br />

§ 611 BGB<br />

Werkvertrag<br />

§ 631 BGG


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Zur Veranschaulichung werden hier noch e<strong>in</strong>mal die zentralen<br />

Unterscheidungsmerkmale zwischen beiden Vertragsformen<br />

dargestellt:<br />

Abbildung 2: Beratervertrag<br />

2.3 Altersbefristung des Arbeitsvertrages<br />

Wird e<strong>in</strong> Arbeitsvertrag zwischen Unternehmen <strong>und</strong> dem verrenteten<br />

Mitarbeiter geschlossen durch welchen der Arbeitnehmer<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dauerhaften abhängigen Vertragsverhältnis<br />

steht, so liegt es meist im Interesse beider Seiten, diesen nicht<br />

unbefristet zu gestalten. Da sich die Prioritäten des Arbeitnehmers<br />

<strong>in</strong> der Rentenphase gängigerweise verschieben, liegt die<br />

Erwerbstätigkeit im Regelfall nicht mehr dauerhaft im Zentrum<br />

der Aufmerksamkeit. Die Befristung e<strong>in</strong>es Arbeitsvertrages, als<br />

Ergänzung zu den oben genannten Vertragsformen, sche<strong>in</strong>t<br />

also als willkommene Möglichkeit zur Umsetzung dieser veränderten<br />

Ansprüche.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die befristete Beschäftigung e<strong>in</strong>es Arbeitnehmers,<br />

mit dem zuvor bereits e<strong>in</strong> unbefristetes oder befristetes<br />

Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, nur mit Sachgr<strong>und</strong><br />

möglich. Bis 2006 gab es vom Gesetzgeber für den Abschluss<br />

e<strong>in</strong>es befristeten Arbeitsvertrages ohne Sachgr<strong>und</strong> mit Personen,<br />

die das 52. Lebensjahr vollendet haben, erleichterte Voraussetzungen.<br />

Diese wurden allerd<strong>in</strong>gs geändert, nachdem<br />

der Europäische Gerichtshof diese Regelung als diskrim<strong>in</strong>ierend<br />

e<strong>in</strong>stufte.<br />

Seite 6 von 15<br />

Teilzeit- <strong>und</strong> Befristungsgesetz<br />

§ 14


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

3. Zuverdienstgrenzen für Rentenempfänger<br />

Beim Abschluss e<strong>in</strong>es Arbeitsverhältnisses mit e<strong>in</strong>em verrenteten<br />

Mitarbeiter s<strong>in</strong>d nicht nur Vertragsarten zu berücksichtigen.<br />

Für e<strong>in</strong>en Rentner gelten Zuverdienstgrenzen. Mit dem<br />

Bezug der Rente scheiden Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben<br />

aus, ihr E<strong>in</strong>kommen wird nun nicht mehr über e<strong>in</strong>e Erwerbstätigkeit,<br />

sondern zum Großteil aus der staatlichen Rentenversicherung<br />

f<strong>in</strong>anziert. Der Erhalt der vollen Regelrente bei<br />

Ausübung e<strong>in</strong>er Nebentätigkeit ist dabei vom Alter des Rentenempfängers<br />

<strong>und</strong> der Höhe des Nebenverdienstes abhängig.<br />

Für Personen über 65 Jahren, die das gesetzliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter<br />

erreicht oder überschritten haben, gelten ke<strong>in</strong>e Zuverdienstgrenzen.<br />

E<strong>in</strong> Zuverdienst hat für sie lediglich im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Steuern <strong>und</strong> Sozialabgaben Konsequenzen (vgl.<br />

Punkt 3). Altersrentner, die bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres<br />

e<strong>in</strong>e Rente beziehen, haben die Möglichkeit monatlich<br />

bis zu 400 EUR brutto ohne Rentenkürzung h<strong>in</strong>zuzuverdienen<br />

1 .<br />

3.1 Kürzungen der Rente für Rentner unter 65 Jahren<br />

Vor Erreichen der Regelaltersgrenze ist die Höhe des jeweiligen<br />

Zuverdienstes ohne e<strong>in</strong>e Kürzung des Rentenbezugs von<br />

der jeweiligen Rentenart (Altersrente, Rente wegen verm<strong>in</strong>derter<br />

Erwerbsfähigkeit, H<strong>in</strong>terbliebenenrente) abhängig. Die<br />

Berechnung wird <strong>in</strong>dividuell vorgenommen. Dabei spielt der<br />

versicherten Gehalt der letzten drei Kalenderjahre vor Beg<strong>in</strong>n<br />

der ersten Altersrente (umgerechnet <strong>in</strong> Entgeltpunkte) <strong>und</strong> der<br />

Beschäftigungsort (alte B<strong>und</strong>esländer oder neue B<strong>und</strong>esländer)<br />

e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Ab e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>zuverdienst von 400 EUR monatlich, wird statt<br />

der Vollrente e<strong>in</strong>e Teilrente gezahlt, die je nach der Höhe des<br />

H<strong>in</strong>zuverdienstes als 2/3-Teilrente (= 2/3 der Vollrente), 1/2-<br />

Teilrente (= 1/2 der Vollrente) oder 1/3-Teilrente (= 1/3 der<br />

Vollrente) geleistet wird. Je höher der H<strong>in</strong>zuverdienst ist, desto<br />

niedriger ist die mögliche Teilrente. Wird die H<strong>in</strong>zuverdienstgrenze<br />

für die 1/3-Teilrente überschritten, wird die Rente entzogen.<br />

Exemplarisch werden <strong>in</strong> Abbildung 3 die Zuverdienstgrenzen<br />

für den Durchschnittsverdiener mit e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen von<br />

30.000 EUR <strong>in</strong> den letzten Erwerbsjahren, differenziert nach<br />

alten <strong>und</strong> neuen B<strong>und</strong>esländern, dargestellt.<br />

1 Die Erhöhung von vormals EUR 355 auf EUR 400 gilt rückwirkend zum 1.1.2008 seit<br />

dem 15.02.2008.<br />

Seite 7 von 15<br />

H<strong>in</strong>zuverdienst-<br />

Grenzen<br />

§ 34 SGB VI


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

M<strong>in</strong>desth<strong>in</strong>zuverdienstgrenzen e<strong>in</strong>es Durchschnittverdieners (ca. 30.000 EUR / Jahr)<br />

bei Altersrenten <strong>und</strong> Rente wg. voller Erwerbsm<strong>in</strong>derung seit dem 01.01.2008<br />

Bezeichnung Alte B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> EUR Neue B<strong>und</strong>esländer <strong>in</strong> EUR<br />

Vollrente 400,00 400,00<br />

2/3-Teilrente 969,15 819,00<br />

1/2-Teilrente 1.416,45 1.197,00<br />

1/3-Teilrente 1.863,75 1.575,00<br />

Abbildung 3: M<strong>in</strong>desth<strong>in</strong>zuverdienstgrenzen<br />

Bei e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>zuverdienst von bis zu 969,15 EUR erhält<br />

demnach der Rentner mit e<strong>in</strong>em jährlichen E<strong>in</strong>kommen von<br />

ca. 30.000 EUR während der letzten drei Arbeitsjahre e<strong>in</strong>e<br />

2/3 Teilrente, wenn se<strong>in</strong> Arbeitsort <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>esländern<br />

liegt. Bei e<strong>in</strong>em monatlichen E<strong>in</strong>kommen von bis zu<br />

1.416,45 EUR erhält er e<strong>in</strong>e 1/2 Teilrente <strong>und</strong> ab e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen<br />

von 1.863,75 EUR wird se<strong>in</strong>e Rente gestrichen.<br />

Liegt se<strong>in</strong> Arbeitsort <strong>in</strong> den neuen B<strong>und</strong>esländern erhält der<br />

Rentner bis zu e<strong>in</strong>em Zuverdienst von 819,00 EUR die 2/3<br />

Teilrente. Bei e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen von bis zu von 1.197,00<br />

EUR wird ihm die 1/2-Teilrente ausbezahlt. Übersteigt se<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>kommen die Grenze von 1.575 EUR wird ihm se<strong>in</strong>e<br />

Rente gestrichen.<br />

3.2 Überschreiten der Zuverdienstgrenzen <strong>und</strong> Änderung<br />

der Höhe des Zuverdienstes<br />

Die H<strong>in</strong>zuverdienstgrenzen dürfen zweimal im Kalenderjahr<br />

bis zum Doppelten der jeweiligen H<strong>in</strong>zuverdienst-Grenze<br />

überschritten werden. Davon profitieren Rentner beispielsweise,<br />

wenn der Arbeitgeber Urlaubs- oder Weihnachtsgeld<br />

zahlen möchte oder Überst<strong>und</strong>en vergütet.<br />

Ändert sich die Höhe des Zuverdienstes dauerhaft, so kann<br />

der Rentner e<strong>in</strong>en Antrag auf Neuberechnung se<strong>in</strong>er Rente<br />

stellen. Diese wird dann rückwirkend zum Zeitpunkt ab dem<br />

Erhalt des veränderten E<strong>in</strong>kommens gezahlt.<br />

4. Sozialabgaben <strong>und</strong> Steuern<br />

Im Allgeme<strong>in</strong>en fallen mit e<strong>in</strong>er (abhängigen) Beschäftigung<br />

Beitragsabgaben an die staatlichen Sicherungssysteme der<br />

Renten-, Kranken-, Pflege- <strong>und</strong> Sozialversicherung an. Diese<br />

Beiträge werden <strong>in</strong> der Regel zu gleichen Anteilen vom Arbeitgeber<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmer entrichtet. Mit dem Rentene<strong>in</strong>tritt<br />

wechselt der Arbeitnehmer vom Status her auf die Bezugsseite<br />

der Sicherungssysteme – er enthält Leistungen aus diesen<br />

Systemen. Mit diesem Statuswechsel verändern sich auch die<br />

Beitragspflichten, die im Falle e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit e<strong>in</strong>setzen.<br />

Diese Änderungen wirken sich sowohl auf die Arbeitgeberseite<br />

Seite 8 von 15<br />

H<strong>in</strong>weis: H<strong>in</strong>zuverdienst-grenzen<br />

können<br />

zweimal im Jahr<br />

überschritten werden.<br />

Sozialversicherung bei<br />

Beschäftigung<br />

SGB IV §7<br />

Befreiung von der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung<br />

SGB V §7<br />

Befreiung von der<br />

Gesetzlichen Rentenversicherung<br />

SGB VI §5


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

als auch auf den Rentner aus <strong>und</strong> hängen wiederum vom Alter<br />

des Rentners <strong>und</strong> der Höhe des jeweiligen E<strong>in</strong>kommens ab.<br />

Ist das Vertragsverhältnis als selbstständige Tätigkeit gestaltet<br />

(z.B. als Werkvertrag) fallen außerdem Steuern an, die vom Arbeitnehmer<br />

entrichtet werden müssen, sobald im Jahr e<strong>in</strong>e<br />

Höchstgrenze überschritten wird.<br />

4.1 Rentner<br />

Wenn der Nebenverdienst die 400 EUR-Grenze e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>ijobs<br />

überschreitet, fallen für Altersrentner unter 65 Jahren Sozialversicherungsbeiträge<br />

im vollen Umfang an. Über 65 Jahren<br />

s<strong>in</strong>d vom Rentner lediglich Beiträge zur Kranken ("KV")- <strong>und</strong><br />

Pflegeversicherung ("PV") zu zahlen. Es handelt sich dabei um<br />

e<strong>in</strong>en ermäßigten Beitragssatz.<br />

Zusätzliches E<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong>es Rentners aus e<strong>in</strong>er selbständigen<br />

Tätigkeit muss unabhängig vom Alter versteuert werden,<br />

sobald es den Freibetrag von 7.664 EUR pro Kalenderjahr<br />

übersteigt.<br />

4.2 Arbeitgeber<br />

Für Tätigkeiten, die den Umfang e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>ijobs (400 EUR monatlich)<br />

übersteigen, fallen für den Arbeitgeber (unabhängig<br />

vom Alter des Rentners) die üblichen Sozialversicherungsabgaben<br />

an (jeweils die Hälfte der Rentenversicherung, Sozialversicherung,<br />

Krankenversicherung, Pflegeversicherung).<br />

Abbildung 4: Übersicht Sozialabgaben <strong>und</strong> Zuverdienst<br />

Seite 9 von 15<br />

Steuerfreibetrag<br />

gemäß<br />

§ 32 a EStG<br />

Ger<strong>in</strong>gfügige<br />

Beschäftigung<br />

SGB IV §8<br />

Arbeitgeberanteil bei<br />

Versicherungsfreiheit<br />

SGB IV §172


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Die oben stehende Abbildung fasst die unter Punkt 3 <strong>und</strong> 4<br />

dargestellten <strong>Aspekte</strong> noch e<strong>in</strong>mal zusammen: E<strong>in</strong> monatlicher<br />

Nebenverdienst von bis zu 400 EUR hat für den Rentenbezug<br />

ke<strong>in</strong>erlei Auswirkungen. Ab e<strong>in</strong>em Zuverdienst von 400 EUR<br />

hat der Gesetzgeber nach Alter unterschiedene Regelungen<br />

getroffen:<br />

Vor dem gesetzlichen Rentene<strong>in</strong>trittsalter (aktuell 65 Jahre)<br />

wird dem Rentner entsprechend se<strong>in</strong>es monatlichen Zuverdienstes<br />

e<strong>in</strong>e Teilrente ausbezahlt (vgl. Punkt 3). Zudem ist<br />

se<strong>in</strong>e Tätigkeit <strong>in</strong> vollem Maße sozialversicherungspflichtig –<br />

sowohl für den Rentner als auch den Arbeitgeber. Hat der<br />

Rentner das gesetzliche Rentenalter vollendet, fällt für ihn e<strong>in</strong><br />

ermäßigter Beitragssatz an – der Arbeitgeber zahlt nach wie<br />

vor den allgeme<strong>in</strong>gültigen Satz.<br />

Ab e<strong>in</strong>em Nebenverdienst von 7.665 EUR im Jahr fallen Steuern<br />

für den Rentner an. Diese Steuergrenze ist unabhängig<br />

vom Alter bemessen.<br />

5. F<strong>in</strong>anzielle Konsequenzen für den Arbeitnehmer<br />

bei vorzeitigem Rentene<strong>in</strong>tritt (vor 65 Jahren)<br />

Das gesetzliche Rentenalter liegt <strong>in</strong> Deutschland bei 65 Jahren.<br />

Nur wenige Arbeitnehmer s<strong>in</strong>d jedoch bis zu diesem Alter<br />

beruflich aktiv. Das tatsächliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter lag 2006<br />

für Männer bei 63,3 Jahren, für Frauen lag es e<strong>in</strong> Monat darunter,<br />

bei 63,2 Jahren 2 . Die meisten Menschen treten also vor<br />

dem gesetzlichen Rentenalter aus dem Erwerbsleben aus <strong>und</strong><br />

beziehen Rente. Der vorzeitige Rentenbezug wird vom Gesetzgeber<br />

gegenwärtig mit Abschlägen auf die Rentenhöhe<br />

belegt, das heißt – wer früher <strong>in</strong> Rente geht hat den Rest se<strong>in</strong>es<br />

Lebens weniger Rente. Im S<strong>in</strong>ne der Flexibilisierung des<br />

Ausstiegs ist dies kontraproduktiv.<br />

5.1 Rentenabschläge<br />

Konkret beziehen sich die Rentenabschläge auf alle Formen<br />

des vorgezogenen Rentenbezugs aus der Rentenversicherung.<br />

Das gilt also für Empfänger e<strong>in</strong>er Erwerbsm<strong>in</strong>derungsrente<br />

(z.B. im Falle von Krankheit), Empfänger von Arbeitslosengeld,<br />

die im Anschluss e<strong>in</strong>e vorgezogene Altersrente beziehen,<br />

ebenso wie für Personen ab 63 Jahren, die nach 35<br />

Erwerbsjahren die Möglichkeit haben, vorzeitig <strong>in</strong> Rente zu<br />

gehen. Alle Fälle führen zu e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung der Rentenhöhe,<br />

wodurch der Gesetzgeber versucht, die verkürzte Beitragszeit<br />

<strong>und</strong> die möglicherweise längere Bezugsdauer von Leistungen<br />

aus dem Rentensystem abzufedern. Es gilt dabei zu be-<br />

2 www.sozialpolitik-aktuell.de/bilder/VIII/abb/abbVIII11.gif<br />

Seite 10 von 15<br />

Voraussetzung für<br />

Rentenbezug<br />

SGB IV § 34


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

rücksichtigen, dass die Abschläge auf den bis zum vorzeitigen<br />

Austritt erworbenen Anspruch bezogen werden.<br />

Grob lässt sich die Berechnung der Rentenabschläge <strong>in</strong> der<br />

Formel „pro Monat des vorzeitigen Bezugs e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derung um<br />

0,3 Prozent“ zusammenfassen.<br />

Beispiel<br />

Frau H. geht aus der Arbeitslosigkeit heraus mit 64 Jahren vorzeitig <strong>in</strong><br />

Rente. Ihr Rentenbeitrag s<strong>in</strong>kt dadurch monatlich um 3,6 Prozent (12 x<br />

0,3 Prozent = 3,6 Prozent).<br />

5.2 Vermeidung von Rentenabschlägen<br />

Möchte e<strong>in</strong> Arbeitnehmer vorzeitig <strong>in</strong> Rente gehen, hat er die<br />

Möglichkeit, den Abschlag durch e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Kompensation<br />

an die Rentenkasse zu vermeiden. Der Versicherte entrichtet<br />

vor dem Rentenbeg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>en entsprechenden Zusatzbeitrag,<br />

mit dem er die Rentenabschläge quasi „zurückkauft“. Da dieser<br />

Beitrag aber vergleichsweise hoch ausfällt, wird von dieser<br />

Möglichkeit gegenwärtig relativ selten Gebrauch gemacht. Der<br />

Betrag zur Kompensation berechnet sich nach den oben beschriebenen<br />

Abschlägen. Zur Verdeutlichung dient das folgende<br />

Beispiel e<strong>in</strong>es Durchschnittsverdieners, der vorzeitig <strong>in</strong><br />

Rente gehen möchte:<br />

Beispiel<br />

E<strong>in</strong> Durchschnittsverdiener, der nach 45 Versicherungsjahren fünf Jahre<br />

vor Erreichen der Regelaltersgrenze <strong>in</strong> Rente gehen möchte – <strong>und</strong> damit<br />

nach geltendem Recht e<strong>in</strong>en Rentenabschlag von 18 Prozent h<strong>in</strong>nehmen<br />

müsste – hätte zur Vermeidung dieses Rentenabschlages e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>maligen<br />

Betrag von mehr als 55.000 EUR zu entrichten.<br />

6. Zeitwertkonten als Instrument zum flexiblen Ausstieg<br />

In den vorherigen Abschnitten wurden die Konsequenzen des<br />

vorzeitigen <strong>Übertritt</strong>s <strong>in</strong> die Rente (Punkt 5), rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

wie Vertragsgestaltung <strong>und</strong> Zuverdienstgrenzen<br />

(Punkt 2 <strong>und</strong> 3) <strong>und</strong> steuerliche Konsequenzen<br />

<strong>und</strong> Beitragspflichten (Punkt 4) im Falle der bereits vollzogenen<br />

Verrentung dargestellt. Mit dem H<strong>in</strong>weis auf Zeitwertkonten<br />

verweisen wir nun auf e<strong>in</strong>e Möglichkeit den Übergang <strong>in</strong><br />

den Ruhestand zu vollziehen ohne <strong>in</strong> das Bezugssystem der<br />

Rentenempfänger überzuwechseln.<br />

Bei Zeitwertkonten handelt es sich um Arbeitszeitkonten, <strong>in</strong> die<br />

der Mitarbeiter Arbeitsentgelt oder Arbeitszeit e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen kann,<br />

um damit e<strong>in</strong>e bezahlte Freistellung zu f<strong>in</strong>anzieren. Das<br />

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Zusatzbeitrag zur<br />

Kompensation von<br />

Abschlägen<br />

§ 187 a SGB VI<br />

Flexi-Gesetz<br />

§ 7 Abs.1a SGB IV<br />

Dem versicherungspflichtigen<br />

Entgelt<br />

nicht zuzurechnende<br />

Zuwendungen<br />

z.B. Leistungen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Pensionsfonds<br />

SVeV §1<br />

(Sozialversicherungsentgeltverordnung)


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen<br />

("Flexigesetz") stellt den sozialversicherungsrechtlichen<br />

Rahmen dafür.<br />

In e<strong>in</strong> Zeitwertkonto kann der Mitarbeiter entweder Arbeitszeit<br />

oder Arbeitsentgelt e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen oder beides zusammen. Konkret<br />

können so z.B. Überst<strong>und</strong>envergütungen, Urlaubsabgeltungen,<br />

Weihnachts- <strong>und</strong> Urlaubsgeld, laufende Bezüge <strong>und</strong> Zeit (wie<br />

Urlaubstage oder Überst<strong>und</strong>en) e<strong>in</strong>gebracht werden, wobei tarifvertragliche<br />

Beschränkungen zu beachten s<strong>in</strong>d. Diese Beschränkungen<br />

beziehen sich auf die Höhe des Zeitguthabens,<br />

das e<strong>in</strong>gebracht werden kann <strong>und</strong> auf den Zeitraum, <strong>in</strong> dem<br />

das Konto gegebenenfalls wieder ausgeglichen werden muss.<br />

Das Konto kann <strong>in</strong> Zeit oder <strong>in</strong> Geld geführt werden.<br />

Schematisch lässt sich das Pr<strong>in</strong>zip von Zeitwertkonten folgendermaßen<br />

darstellen (vgl. Abbildung 5):<br />

Abbildung 5: Zeitwertkonto/Arbeitszeitkonto<br />

Laufendes Entgelt, Resturlaubstage, E<strong>in</strong>malzahlungen, Mehrarbeit<br />

<strong>und</strong> Sonderzahlungen werden <strong>in</strong> das Konto e<strong>in</strong>gebracht.<br />

Im Störfall (siehe Punkt 6.1) wird das Guthaben ausbezahlt.<br />

Den Regelfall stellt aber e<strong>in</strong>e Entnahme <strong>in</strong> Form von Freistellung<br />

dar. Dies können e<strong>in</strong> vorzeitiger Ruhestand, die Reduzierung<br />

der Arbeitszeit bei gleichem Gehalt oder e<strong>in</strong>e befristete<br />

Freistellung, beispielsweise <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Sabbaticals se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit besteht dar<strong>in</strong>, das Zeitguthaben durch<br />

die E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> die betriebliche Altersvorsorge (bAV) <strong>in</strong><br />

Entgelt umzuwandeln (siehe Punkt 6.2).<br />

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Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

6.1 Störfall<br />

Ziel e<strong>in</strong>es jeden Zeitwertkontos ist die (bezahlte) Freistellung<br />

von der Arbeit. Der Arbeitnehmer geht dabei <strong>in</strong> früheren Lebensphasen<br />

<strong>in</strong> Vorleistung <strong>und</strong> hat so die Möglichkeit <strong>in</strong> späteren<br />

Lebensphasen die Arbeitszeit bei gleichem Entgelt zu reduzieren.<br />

Es besteht jedoch die Eventualität, dass es nicht zum vere<strong>in</strong>barten<br />

Entnahmemodus kommt – wenn e<strong>in</strong> so genannter<br />

Störfall e<strong>in</strong>tritt. Störfälle s<strong>in</strong>d beispielsweise das vorzeitige<br />

Ende der Arbeitsbeziehung, das vorzeitige Ausscheiden des<br />

Arbeitnehmers aus Altersgründen, Invalidität oder Tod. Das<br />

Wertguthaben wird <strong>in</strong> diesen Fällen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Summe ausgezahlt.<br />

6.2 Umwandlung von Zeitguthaben <strong>in</strong> betriebliche Alters-<br />

vorsorge (bAV)<br />

Neben der e<strong>in</strong>maligen Auszahlung existiert im Störfall die Möglichkeit,<br />

Zeitguthaben <strong>in</strong> betriebliche Altersvorsorge (bAV) umzuwandeln.<br />

S<strong>in</strong>nvoll ist diese Umwandlung von Zeitwertguthaben <strong>in</strong> die<br />

bAV dann, wenn ke<strong>in</strong>e Sozialversicherungsbeiträge auf das<br />

Guthaben entrichtet werden müssen. Um dies zu vermeiden,<br />

muss zum e<strong>in</strong>en die Umwandlungsmöglichkeit bereits <strong>beim</strong><br />

Abschluss der Zeitwertkontenvere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong> diese aufgenommen<br />

werden. Zum anderen darf die Umwandlung erst<br />

dann erfolgen, wenn das Arbeitsverhältnis wegen e<strong>in</strong>es Versorgungsfalls<br />

beendet wird oder es sich um ohneh<strong>in</strong> beitragsfreies<br />

Wertguthaben handelt.<br />

Zur Umwandlung kann auf e<strong>in</strong> bereits e<strong>in</strong>gerichtetes Entgeltumwandlungsmodell<br />

der betrieblichen Altersversorgung zurückgegriffen<br />

werden. Dieses muss die E<strong>in</strong>zahlungen selbst,<br />

sowie die Höhe der E<strong>in</strong>zahlungen flexibel zulassen. Sollten<br />

diese Gegebenheiten nicht vorhanden se<strong>in</strong>, muss e<strong>in</strong> neues<br />

Versorgungsmodell speziell für diese Umwandlungsmöglichkeit<br />

<strong>in</strong> der betrieblichen Altersversorgung geschaffen werden. Damit<br />

wird das Modell Zeitwertkonto mit dem der betrieblichen<br />

Altersversorgung aufe<strong>in</strong>ander zugeschnitten.<br />

6.3 Festschreibung der umgesetzten Arbeitszeitkonten<br />

<strong>in</strong> der Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />

Für Zeitwertkontenmodelle gibt es nur gesetzliche Rahmenregelungen<br />

auf allgeme<strong>in</strong>er Ebene. Die konkrete Ausgestaltung<br />

mit Regelungen über die Art des Guthabens, welches e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden kann <strong>und</strong> Ober- <strong>und</strong> Untergrenzen des Kontos<br />

sowie die Entnahmeregelungen, wird gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barung festgelegt. E<strong>in</strong>e Betriebsvere<strong>in</strong>ba-<br />

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Auszahlung<br />

<strong>in</strong> Störfällen<br />

Verknüpfung<br />

von<br />

Zeitwertguthaben<br />

mit bAV<br />

Sicherung<br />

durch<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barungen


Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

rung ist e<strong>in</strong> Vertrag zwischen Arbeitgeber <strong>und</strong> Betriebsrat über<br />

die Rechte <strong>und</strong> Pflichten sowie verb<strong>in</strong>dliche Normen für alle<br />

Arbeitnehmer e<strong>in</strong>es Betriebes.<br />

7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Der Übergang vom Erwerbsleben <strong>in</strong> den Ruhestand stellt Arbeitnehmer<br />

<strong>und</strong> das Unternehmen vor Herausforderungen, die<br />

längerfristig organisiert <strong>und</strong> bewältigt werden müssen. Die Flexibilisierung<br />

des Übergangs durch flexibel nutzbare Arbeitszeitkonten<br />

oder die Möglichkeit auch nach dem Rentene<strong>in</strong>tritt<br />

zu arbeiten, kann dabei e<strong>in</strong>e Hilfestellung geben. In rechtlicher<br />

H<strong>in</strong>sicht existieren bereits Möglichkeiten der Überlappung von<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Ruhestandsphase. Die zentralen H<strong>in</strong>weise der<br />

vorliegenden Handreichung werden hier noch e<strong>in</strong>mal zusammengefasst<br />

dargestellt.<br />

In der Rentenphase kann e<strong>in</strong> Unternehmen e<strong>in</strong>en Rentner weiterh<strong>in</strong><br />

beschäftigen. Es existieren dabei verschiedene Vertragsformen,<br />

die unter Punkt 2 dargestellt wurden. Sie unterscheiden<br />

sich nach der Weisungsgeb<strong>und</strong>enheit des Vertragsnehmers<br />

sowie den konkreten Arbeits<strong>in</strong>halten des abgeschlossenen<br />

Vertrags. Es ist daher <strong>in</strong> jedem Falle ratsam, vor Abschluss<br />

des Vertrages Ziel, Umfang <strong>und</strong> Inhalt genau zu<br />

bestimmen um sich dann für die adäquate Vertragsart zu entscheiden<br />

<strong>und</strong> Missverständnisse zu vermeiden. Befristete (abhängige)<br />

Vertragsverhältnisse mit ehemaligen Beschäftigten<br />

können nur geschlossen werden, wenn e<strong>in</strong> Sachgr<strong>und</strong> vorliegt.<br />

Geht e<strong>in</strong> Rentner e<strong>in</strong>er weiteren Beschäftigung nach, so gelten<br />

für ihn, bis er das gesetzliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter vollendet hat<br />

(65 Jahre) Zuverdienstgrenzen (vgl. Punkt 3). Diese berechnen<br />

sich nach Lage des Beschäftigungsortes im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

West oder Ost <strong>und</strong> dem monatlichem E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> den letzten<br />

drei Erwerbsjahren vor Rentene<strong>in</strong>tritt. Je nach Höhe des<br />

Zuverdienstes wird die Rente als entsprechende Teilrente ausbezahlt.<br />

Die Zuverdienstgrenzen dürfen zwei Mal im Jahr um<br />

das Doppelte überschritten werden.<br />

Mit e<strong>in</strong>er Beschäftigung, die das Volumen e<strong>in</strong>es monatlichen<br />

E<strong>in</strong>kommen über 400 EUR überschreitet, fallen Abgaben an<br />

die Sozialversicherungssysteme <strong>und</strong> den Staat an (vgl. Punkt<br />

4). Bis der Arbeitnehmer das gesetzliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter<br />

vollendet hat, werden Abgaben mit dem vollen Satz zu gleichen<br />

Teilen vom Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer entrichtet. Ab<br />

e<strong>in</strong>em Alter von 65. Jahren zahlt der Arbeitnehmer nur noch<br />

reduzierte Beiträge <strong>in</strong> die Renten- <strong>und</strong> Pflegeversicherung.<br />

Steuern fallen ab e<strong>in</strong>em jährlichen E<strong>in</strong>kommen von 7.665 EUR<br />

an.<br />

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Rechtliche <strong>Aspekte</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltungsmöglichkeiten</strong> <strong>beim</strong> <strong>Übertritt</strong> <strong>in</strong> die Nacherwerbsphase<br />

Arbeitnehmer, die Rente vor dem Erreichen des gesetzlichen<br />

Rentene<strong>in</strong>trittsalter Rente beziehen, müssen Rentenabschläge<br />

<strong>in</strong> Kauf nehmen. Sie können die Abschläge durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige<br />

Zahlung e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>anziellen Kompensation an die Rentenkasse<br />

vermeiden (vgl. Punkt 5).<br />

Arbeitszeitkonten stellen e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, noch vor dem<br />

Rentene<strong>in</strong>tritt bei vollem Gehalt Arbeitsst<strong>und</strong>en zu reduzieren<br />

(Vgl. Punkt 6). Dabei br<strong>in</strong>gt der Arbeitnehmer Zeit- oder Entgeltwerte<br />

auf e<strong>in</strong>em betrieblichen Konto e<strong>in</strong>, die er zu e<strong>in</strong>em<br />

späteren Zeitpunkt <strong>in</strong> Form von Freistellung entnehmen kann.<br />

Konkrete Entnahme- <strong>und</strong> E<strong>in</strong>zahlregelungen werden dazu <strong>in</strong><br />

der Betriebsvere<strong>in</strong>barung von Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretern<br />

festgelegt. Wichtig ist es <strong>in</strong> diesem Zusammenhang,<br />

konkrete Regelungen zur Entnahme im Falle e<strong>in</strong>es Störfalls<br />

festzulegen.<br />

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