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GEMEINDE<br />

GEMEINDE<br />

LORENZ REITHMEIER (HAMBURG) und Helmut kautz (brück)<br />

Brück(en) bauen!<br />

Der kle<strong>in</strong>e Ort Brück <strong>in</strong> Brandenburg hat rund 3500 E<strong>in</strong>wohner – und<br />

<strong>in</strong>sgesamt fünf Kirchengeme<strong>in</strong>den. Seit 2008 leben Almut und Helmut Kautz<br />

mit ihren vier K<strong>in</strong><strong>der</strong>n im Pfarrhaus <strong>in</strong> Brück. Helmut ist Pastor und Almut<br />

leitet e<strong>in</strong>e evangelische K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte. Lorenz Reithmeier hat mit ihnen<br />

über ihre Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er postsozialistischen Kle<strong>in</strong>stadt gesprochen.<br />

Brück<br />

Der Ort und die Menschen<br />

Der Pfarrbereich Brück umfasst das<br />

Stadtgebiet Brück mit se<strong>in</strong>en fünf Ortsteilen<br />

Gömnigk, Trebitz, Rottstock,<br />

Brück Stadt und Neuendorf. Die Ortsteile<br />

s<strong>in</strong>d eigene Kirchengeme<strong>in</strong>den.<br />

Hier leben stark bäuerlich und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Tradition verwurzelte Familienclans,<br />

Arbeiterfamilien, zugezogene „Berl<strong>in</strong>er“,<br />

ehemalige DDR-Intelligenzler<br />

und NVA-Offiziersfamilien zusammen<br />

und prägen auf ihre eigene Art das öffentliche<br />

und kulturelle Leben. Die<br />

„E<strong>in</strong>heimischen“ haben meist e<strong>in</strong>e Verbundenheit<br />

mit dem Kirchengebäude<br />

und dem dazugehörigen Friedhof durch<br />

ihre Verwurzelung im Ort.<br />

Die missionarische Situation<br />

Die DDR-Zeit war geprägt von e<strong>in</strong>em<br />

Rückzug <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>en Kreis <strong>der</strong><br />

Getreuen, die öffentlich nicht wahrgenommen<br />

wurden. Alte<strong>in</strong>gesessene<br />

Familien hielten still <strong>der</strong> Kirche die<br />

Treue. Während <strong>der</strong> Wende g<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong>e<br />

wahrnehmbaren Impulse von den<br />

<strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>n für die Stadt aus. Die vielen<br />

Chancen <strong>der</strong> letzten zwanzig Jahre<br />

wurden außer beim Kirchenbau nicht<br />

genutzt. Selbst da g<strong>in</strong>g die Initiative<br />

eher von <strong>der</strong> Kommune und dem kirchlichen<br />

Bauamt <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> aus, als von den<br />

Kirchengeme<strong>in</strong>den.<br />

Unglückliche Umstände führten <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>den und <strong>der</strong><br />

Bürgergeme<strong>in</strong>de zu e<strong>in</strong>em Vertrauensverlust<br />

gegenüber dem Pfarrer und <strong>der</strong><br />

„Kirche“. Das Ansehen <strong>der</strong> Kirche und<br />

die missionarische Strahlkraft waren an<br />

e<strong>in</strong>em Tiefpunkt angekommen. E<strong>in</strong>e<br />

<strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>analyse brachte im Juni 2007<br />

nie<strong>der</strong>schmetternde Ergebnisse: Bei<br />

allen acht Qualitätsmerkmalen lag <strong>der</strong><br />

<strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>bereich unterhalb <strong>der</strong> niedrigsten<br />

messbaren Werte.<br />

Der Neuanfang<br />

In dieser depressiven Situation wagten<br />

die <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>n 2008 e<strong>in</strong>en Neuanfang<br />

mit Pastor Helmut Kautz. Die Kirchenältesten<br />

formulierten ihren Wunsch so:<br />

„Wir wollen wie<strong>der</strong> stolz darauf se<strong>in</strong>,<br />

Kirchenälteste zu se<strong>in</strong> und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt<br />

positiv wahrgenommen werden.“ Unter<br />

dieser Prämisse „ertastete“ die <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>leitung<br />

Schritt für Schritt, zusammen<br />

mit e<strong>in</strong>em <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>berater, e<strong>in</strong>e Strategie,<br />

um das <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>leben neu zu entwickeln.<br />

Beson<strong>der</strong>es Augenmerk wurde<br />

dabei auf den M<strong>in</strong>imumfaktor „Bedürfnisorientierte<br />

Evangelisation“ gelegt.<br />

Die <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong>arbeit<br />

Der Grundsatz heißt: Wir beten für<br />

unsere Stadt und se<strong>in</strong>e Bewohner. Wir<br />

haben den Wunsch, dass die Bewohner<br />

Christen werden. Wir nutzen jede Gelegenheit<br />

zum E<strong>in</strong>laden <strong>in</strong> die <strong>Geme<strong>in</strong>de</strong><br />

und zum Leben mit Jesus Christus.<br />

In allen Bereichen des geme<strong>in</strong>dlichen<br />

und gesellschaftlichen Lebens unserer<br />

Stadt engagieren wir uns erkennbar<br />

als Christen. Wir setzen uns für das<br />

Wohl <strong>der</strong> Stadt Brück und <strong>der</strong> Menschen<br />

e<strong>in</strong>. Wir bieten Kontaktpunkte<br />

zum christlichen und kirchlichen Leben.<br />

Die Christengeme<strong>in</strong>de öffnet sich<br />

für Nichtchristen und bietet <strong>in</strong> allen<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong>n die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Interaktion, ohne dass die Menschen<br />

Mitglie<strong>der</strong> se<strong>in</strong> müssen. Wir zeigen<br />

gleichzeitig e<strong>in</strong>en Weg auf, mehr von<br />

Jesus Christus zu erfahren und bieten<br />

Möglichkeiten an, den Glauben an ihn<br />

zu lernen und zu leben.<br />

„Oft waren Anfragen mit e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Frage verbunden: ‚Was<br />

dürfen wir denn <strong>in</strong> ihrer Kirche machen?‘ Me<strong>in</strong>e Antwort lautete:<br />

‚Das IST nicht me<strong>in</strong>e Kirche, das ist eure Kirche.‘“<br />

Almut und Helmut, ihr habt euch im<br />

Rahmen <strong>der</strong> von Astrid Eichler gegründeten<br />

Arbeit für Theologiestudenten<br />

kennen gelernt. Wie kamt ihr<br />

zu <strong>der</strong> Entscheidung, Theologie zu<br />

studieren und wie seid ihr <strong>in</strong> Brück<br />

gelandet?<br />

Gott hat mich, Helmut, mit 16 Jahren<br />

berufen, se<strong>in</strong> Wort zu verkündigen.<br />

Deshalb habe ich <strong>in</strong> Halle Theologie<br />

studiert. Dort habe ich dann Almut getroffen.<br />

Ihre Vorfahren mütterlicherseits<br />

kamen aus Leipzig und das brachte sie<br />

dazu, <strong>in</strong> Halle zu studieren.<br />

Geme<strong>in</strong>sam haben wir dort während<br />

des Studiums bei Campus für<br />

Christus gearbeitet und uns <strong>in</strong> Gebetskreisen<br />

engagiert. Durch viele Umwege<br />

und e<strong>in</strong>ige Menschen hier vor Ort <strong>in</strong><br />

Brück haben wir zuerst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendarbeit<br />

angefangen. Später wurde ich dann<br />

hier Pfarrer.<br />

Brück hat fünf Kirchen, drei Pfarrhäuser<br />

und etwa 85 Quadratkilometer<br />

Fläche. Wie sahen die ersten Schritte<br />

eurer Arbeit aus?<br />

Helmut: Ich habe zuallererst e<strong>in</strong>mal gebetet.<br />

Damals hatte ich den E<strong>in</strong>druck,<br />

dass Gott zu mir sagt: „Helmut, umrunde<br />

das ganze Gebiet barfuß und<br />

bete“. Da hatte ich so gar ke<strong>in</strong>e Lust<br />

drauf. Dann hab ich davon geträumt und<br />

schließlich habe ich gesagt: „Ok Herr, ich<br />

mach es.“ Daraufh<strong>in</strong> hab ich das gesamte<br />

Gebiet betend umrundet – barfuß, über<br />

Stock und Ste<strong>in</strong>. Dabei hab ich gebetet:<br />

„Herr, dieses Land gehört uns! Dieses<br />

Land soll heiliges Land se<strong>in</strong>!“<br />

All diese Pfarrhäuser und Kirchen<br />

stellten für mich Kontaktflächen dar<br />

für e<strong>in</strong>e Gesellschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Kirche<br />

ke<strong>in</strong>e Rolle mehr spielt. Brück ist<br />

e<strong>in</strong> postsozialistischer Ort. Es gibt hier<br />

kaum Menschen, für die Gott irgende<strong>in</strong>e<br />

Relevanz <strong>in</strong> ihrem täglichen Leben hat.<br />

Das war unser Ausgangspunkt. Die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

war, zu diesen Menschen<br />

Kontakt herzustellen und sie mit Gott<br />

<strong>in</strong> Berührung zu br<strong>in</strong>gen. Der Vorteil<br />

e<strong>in</strong>er Kirchengeme<strong>in</strong>de ist, dass es Gebäude<br />

gibt, die man zum Kontaktaufbau<br />

Almut und Helmut Kautz mit ihren vier K<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

sehr gut nutzen kann.<br />

Die meisten Leute <strong>in</strong>teressieren<br />

sich, obwohl sie nicht gläubig s<strong>in</strong>d, für<br />

ihren Ort und ihre Herkunft und somit<br />

auch für ihre Kirche. Es kamen Menschen<br />

bei mir vorbei, die sagten: „Wir<br />

wollen die Kirche sanieren!“. Da hab ich<br />

sofort gesagt: „Könnt ihr machen.“ E<strong>in</strong>ige<br />

an<strong>der</strong>e wollten die Uhr am Kirchturm<br />

wie<strong>der</strong> zum Laufen br<strong>in</strong>gen. Die<br />

stand auf fünf nach zwölf. Oft waren<br />

solche Anfragen mit e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Frage<br />

verbunden: „Was dürfen wir denn <strong>in</strong><br />

ihrer Kirche machen?“ Me<strong>in</strong>e Antwort<br />

lautete: „Das ist nicht me<strong>in</strong>e Kirche, das<br />

ist eure Kirche.“ Wir haben dann die<br />

Kirche saniert und für Besucher geöffnet.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Beispiel ist <strong>der</strong> Friedhof.<br />

Die Friedhofsmauer war e<strong>in</strong>gefallen,<br />

und mit e<strong>in</strong>em Mal sagt das ganze<br />

Dorf: „Da muss die Mauer wie<strong>der</strong> aufgebaut<br />

werden. Wir kommen ja alle mal<br />

hier her.Und deshalb wollen wir auch,<br />

dass es hier schön aussieht.“ Und sofort<br />

war wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Thema da, worüber man<br />

mit den Menschen gut <strong>in</strong> Kontakt<br />

kommen konnte. à<br />

Brück<br />

Lk. Potsdam-Mittelmark<br />

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