Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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trennen, da sie verschiedenen Beschreibungssystemen entstammen <strong>und</strong> daher<br />
keine sinnvolle Beziehung zwischen beiden innerhalb eines Systems herstellbar ist.<br />
Dass der Begriff der Rückkoppelung nur nützlich ist bei der Beschreibung<br />
zielgerichteten Verhaltens (Hill 1963) ist genau dann gültig, wenn die Rückkoppelung<br />
auf den Organismus als ganzes bezogen wird. Rückkoppelung kann aber nicht nur<br />
für ein System als Ganzes betrachtet werden, sondern ebenso für beliebig kleine<br />
Subsysteme, wie hier ebenfalls gezeigt werden soll. Es wird sich vielmehr zeigen,<br />
dass erst die Aufschlüsselung des „Rückkoppelungssystem“ Organismus bzw. in<br />
unserem eingeschränkten Modell des Nervensystems in Einzelelementen mit<br />
Rückkoppelungseigenschaften die komplexeren Phänomene verständlich macht.<br />
Schreiben etwa MILLER, GALANTER <strong>und</strong> PRIBAM (1960) von ihrem „TOTE-unit“,<br />
einer Prüf-Aktions-Kombination, so kann dies nur als fiktives Modell für irgendwelche<br />
Prozesse im Nervensystem verstanden werden, von denen niemand weiß, wie sie<br />
physikalisch realisiert sind. Damit ist auch unklar, in welchen Größenordnungen<br />
diese Einheit auffindbar ist – sicher jedenfalls nicht in der Größenordnung der<br />
Einzelelemente. Es wurde hier willkürlich eine bestimmte Funktion des gesamten<br />
Organismus herausgegriffen <strong>und</strong> als Prinzip des ganzen Nervensystems verstanden.<br />
Ähnliches gilt auch für aufwendige kybernetische Modelle wie das GRAY-SMITHsche<br />
Modell (GRAY 1973, p.107), das jede Funktion des Nervensystems von allen übrigen<br />
trennt, um aus diesen ein Blockdiagramm zusammenzustellen, dessen Elemente<br />
dann wieder im Nervensystem gesucht werden. Dabei wird völlig übersehen, dass im<br />
Nervensystem praktisch nur gleichartige Elemente vorhanden sind, die schon alle<br />
wesentlichen Funktionen des Nervensystems je einzeln in sich vereinen. Ein solches<br />
Modell hat logischerweise wenig wissenschaftlichen Wert, weil es Phänomene in<br />
Kategorien umsetzt, <strong>und</strong> Funktionen zu Elementen macht, die natürlich im<br />
Nervensystem höchstwahrscheinlich nicht existieren. Tatsächlich zeigt sich, dass im<br />
Nervensystem jede einzelne <strong>Nervenzelle</strong> einen komplexen Funktionsapparat<br />
darstellt, der alle Funktionen, die von GRAY <strong>und</strong> SMITH postuliert werden, schon als<br />
Einzelelement praktisch darstellen kann, andererseits aber durchaus nicht in der<br />
Lage ist, spezifische Funktionen (wie etwa „Entscheidung“ oder „Vergleich“) einzeln<br />
zu erfüllen. Das ist prinzipiell nicht möglich, wie sich aus den einfachsten<br />
Informationen, die wir über die <strong>Nervenzelle</strong> längst haben, zeigen wird. Wir kommen<br />
darauf zurück.<br />
2.3. Der Aufbau der Arbeit<br />
Eine wissenschaftliche Arbeit sollte versuchen, nach Möglichkeit auch ihren<br />
Relevanzbereich zu reflektieren. Zu diesem Zweck soll hier der Aufbau dieser Arbeit<br />
beschrieben werden. Wenn es der Fall ist, dass sich für jeden Vorgang der „Psyche“<br />
(ein Wort, dessen Inhalt zu definieren bis heute nicht zufrieden stellend gelungen ist)<br />
ein physiologisches Korrelat finden lässt, <strong>und</strong> wenn außerdem angenommen wird,<br />
dass die Naturwissenschaften ein vollständiges System bilden, d.h. wenn keine<br />
Phänomene naturwissenschaftlich fassbar sind, dann lässt sich eine Art<br />
Schachtelsystem aufzeigen, das alle Ebenen von Phänomenen umfasst (Bild 1).<br />
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