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Nervenzelle und Tiefenpsychologie

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gekennzeichnet ist, bis zur Halluzination zu wiederholen, wenn die Funktion<br />

des Apparates darin besteht, jede Spannungsvermehrung zu vermeiden?“<br />

(LAPLANCHE <strong>und</strong> PONTALIS 1972, p. 28),<br />

so haben wir nach unserem neuen Konzept keine Schwierigkeiten, dieses Problem<br />

zu lösen: ist doch der Schmerz ebenso Auslöser für eine Reaktion, wie jeder andere<br />

Reiz; <strong>und</strong> insofern auf Schmerz immer Ausweichreaktionen eingesetzt werden<br />

müssen, kann nach der Lernphase beliebiger Schmerz halluziniert werden, nur um<br />

diesem auszuweichen bzw. in verschiedenen Formen darauf zu reagieren. Das<br />

Resultat wird, solange auf den „Schmerz“-Reiz reagiert wird, eine Verstärkung der<br />

Tendenz sein, Schmerz zu halluzinieren <strong>und</strong> auf diesen zu reagieren. So erklärt sich<br />

auch das so genannte „Angstsignal“, das die Abwehr auslöst: Ein in der<br />

Lerngeschichte erfahrener Reiz, der eine Ausweichreaktion auslöste, wird an den<br />

Prozess, mit dem er gleichzeitig auftrat, konditioniert, das Nervensystem reagiert<br />

später an dieser Stelle eines ähnlichen Prozesses so, als wäre der fluchtauslösende<br />

Reiz ebenfalls vorhanden. Das ist Konditionierung, das ist Abwehr, Projektion <strong>und</strong><br />

Halluzination, Übertragung <strong>und</strong> Widerstand. Damit liegt nun der Ursprung der<br />

Abwehr wieder im ES: Dieses stellt die Reize, die eine Ausweichaktion auslösen. Die<br />

Konditionierung verlegt FREUD ins Ich: Die Verknüpfung, die bewirkt, dass ich auf<br />

einen Reiz so reagiere, als wäre er ein anderer, ist Funktion des Ich. Dieses<br />

Abwehrsystem ist der Teil, der in der Therapie bearbeitet werden muss. Wir werden<br />

uns daher damit noch genauer beschäftigen.<br />

5.5. Primärvorgang / Sek<strong>und</strong>ärvorgang<br />

Wir fassen nocheinmal zusammen: eine Verbindung innerhalb des Nervensystems<br />

(eine Reaktionsbahn) wird verstärkt, wenn sie<br />

verwendet wird, d. h. wenn Erregung durchfließt,<br />

wenn diese Erregung innerhalb eines gewissen Zeitraumes wieder reduziert wird.<br />

Das kann durch zwei Möglichkeiten geschehen: Eine ist, dass der auslösende Reiz<br />

reduziert wird, also Befriedigung. Die andere ist, dass durch zusätzliche Außenreize<br />

oder Assoziationen eine andere Reaktionsbahn aktualisiert wird. diese zieht durch<br />

Bahnung Erregungsimpulse an sich <strong>und</strong> entlastet so die erste Reaktionsbahn.<br />

Also: Eine mögliche Reaktion auf Hunger ist, nach dem Brot am Tisch zu greifen.<br />

Erreiche ich das Brot <strong>und</strong> stille damit meinen Hunger, so werde ich in Zukunft bei<br />

Hunger sicherer nach dem Brot am Tisch greifen. Erreiche ich das Brot nicht,<br />

sondern bekomme seine Ohrfeige, so werde ich bei Hunger ebenfalls sicherer nach<br />

dem Brot greifen wollen – nur wird mich nach der Lernphase die durch die Ohrfeige<br />

konditionierte Ausweichreaktion daran hindern, das Brot tatsächlich zu nehmen.<br />

Eine solche Reaktionsbahn ist im Gr<strong>und</strong>e nicht mehr als ein Haufen von<br />

<strong>Nervenzelle</strong>n, die zu gleicher zeit erregt werden, die gleiche Verstärkung erfahren.<br />

Dieser Haufen hat eine gewisse Zahl von Eingängen, wo er mit Erregung geschickt<br />

wird, <strong>und</strong> eine zahl von Ausgängen, wo er Erregung weitergibt. die Eingänge werden<br />

beschickt mit Erregung von der Peripherie, mit Erregung, die über spezielle Systeme<br />

als unspezifische Erregung ankommt <strong>und</strong> durch Bahnung in die Reaktionsbahn<br />

miteinbezogen wird, sowie Erregung aus Assoziationsverbindungen innerhalb des<br />

Nervensystems. Von einer Reaktionsbahn zur anderen können sich Verbindungen<br />

herstellen <strong>und</strong> aufbauen, wenn beide gleichzeitig aktiv sind.<br />

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