Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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Das Erleben von Hunger löst Angst aus. Oder: Das Reagieren auf Hunger löst Angst<br />
aus. Oder etwas Ähnliches. Dieser Zusammenhang ist auf jeden Fall Teil des Ich.<br />
Tritt die Angstreaktion auf, bevor der Hunger bewusst wird, d. h., bevor die Reaktion<br />
„Hunger denken2 ablaufen kann, so ist der Hunger verdrängt <strong>und</strong> unbewußt.<br />
Das Ich hat eine Verdrängungsleistung vollbracht. Wir verweisen auf unsere<br />
Ausführungen über Sexualität im Kapitel über das Es (Kap. 5.3.1.). Wird die<br />
Angstreaktion – dank geeigneter Konditionierungen – wieder abgelöst durch eine<br />
andere Reaktion, so kann auch die Angst unbewußt werden: Im Ich finden dann<br />
unbewußte Verdrängungen statt.<br />
Natürlich sind auch die appetenten Konditionierungen Teil des Ich. Auch die<br />
Möglichkeit „Hunger löst Essen aus“ ist Teil des Ich. Diese Konditionierungen sind<br />
unter Umständen vorbewußt, sobald sie soweit automatisiert sind, dass der<br />
Denkvorgang nicht mehr gleichzeitig mit ihrem Ablauf beschickt wird (Denken ist hier<br />
immer verstanden als rudimentäres Sprechen). Sie werden bewusst, sobald die<br />
Umwelt den automatischen Ablauf unterbricht, sobald sie also nicht genau die<br />
erwarteten Veränderungen zeigt.<br />
Die Unterscheidung zwischen Ich <strong>und</strong> Es schein bei FREUD nicht ganz einwandfrei,<br />
weil FREUD alle Bedürfnisse, die ja zum Teil erst durch die Konditionierung<br />
entwickelt werden (wenn sie auch ursprünglich aus den Es-Bedürfnissen stammen),<br />
dem Es zuzählt. Die Trennung zwischen Ich <strong>und</strong> Es ist für uns klarer, wenn nur die<br />
Bedürfnisse aus den nichtphantasierten Reizen dem Es zugezählt werden. Welche<br />
Unterscheidung der therapeutischen Praxis nützlicher ist, scheint nicht ganz klar.<br />
Einerseits ist es für die Arbeit an Widerstand <strong>und</strong> Übertragung zunächst nicht<br />
wesentlich, ob ein Reiz, auf den mit Abwehr reagiert wird, echt oder phantasiert ist,<br />
denn sobald er bewusst wird, kann die Phantasie überprüft werden. Andererseits<br />
aber scheint es dort wesentlich, zwischen echten, nicht mehr hinterfragbaren<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> phantasierten zu unterscheiden.<br />
5.3.4. Das Über-Ich<br />
FREUD fand im „Gewissen, der Selbstbeobachtung, der Idealbildung Funktionen des<br />
Über-Ichs“, „es bildet sich durch Verinnerlichung der elterlichen Forderungen <strong>und</strong><br />
Gebote.“ (LAPLANCHE & PONTALIS 1972, p. 540)<br />
„Wir sehen bei ihm, wie sich ein Teil des Ichs dem anderen gegenüberstellt, es<br />
kritisch wertet, es gleichsam zum Objekt nimmt. „ (FREUD 1946 c, p. 433).<br />
Der Ausdruck „Über-Ich“ wurde 1923 in „Das Ich <strong>und</strong> das Es“ (FREUD 1940 b)<br />
eingeführt. Es ist aus dem Ich entwickelt, <strong>und</strong> damit ebenfalls ein Es-Derivat. Nun,<br />
wir haben dazu nicht viel zu sagen. Das Über-Ich stellt jenen Teil der Erfahrungen,<br />
der Konditionierungen dar, der von den Eltern in der frühen Kindheit übernommen<br />
wurde. Nach FREUD etabliert sich das Über-Ich mit dem Untergang de Ödipus-<br />
Komplexes, wenn das Kind die Ansprüche an die Eltern teilweise aufgibt, uns sich<br />
intern eine Instanz schafft, die die Eltern ersetzt. Diese These lässt direkte<br />
Verbindung sehen zu der Annahme der transaktionalen Analyse von BERNE, dass<br />
das Kind, das ständig nach Befriedigung in allen formen sucht, eines Tages elterliche<br />
Erwartungen <strong>und</strong> Forderungen annimmt, als einzige weiterhin bleibende Möglichkeit,<br />
Befriedigung zu erfahren (BERNE 1972). Wir würden vermuten, dass es sich hier um<br />
den Abschluss der ersten Lernphase handelt, in der sich das Kind zum ersten Mal<br />
ein geschlossenes Bild seiner „Welt“ (d. h. meist seiner Familie) erarbeitet, <strong>und</strong> für<br />
alle auftretenden Situationen eine vorgebahnte Reaktionsmöglichkeit zur Verfügung<br />
hat, die zwar durchaus nicht unbedingt zu Befriedigung führen muss, jedenfalls aber<br />
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