Gesundheitszustand von wohnungslosen Menschen ... - neunerHAUS
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Ergebnisse<br />
nicht ermittelt werden, müssen die Krankenhäuser für die Ausgaben selbst<br />
aufkommen [89] oder sie müssen versuchen, über die Sozialämter einen Teil<br />
der Kosten rückerstattet zu bekommen.<br />
Aus dieser Verpflichtung heraus bieten sich Möglichkeiten, Behandlung<br />
auch über den akuten Notfall hinaus durchzuführen, die als Paradoxiemanagement<br />
beschrieben wurden [90]. Medizinisches Personal kann sich zum<br />
Beispiel auf einem Auge blind stellen oder einer breiteren Definition <strong>von</strong><br />
Notfall zustimmen, und somit Dienste trotz dem Wissen, das sie nicht bezahlt<br />
werden, bereitstellen oder es kann falsche Identitäten akzeptieren [89].<br />
In diesem Fall ist die Versorgung immer willkürlich, da sie da<strong>von</strong> abhängt,<br />
in welcher Region eine Einrichtung zu welcher Tageszeit/an welchem Wochentag<br />
aufgesucht wird oder welches Team gerade Dienst hat.<br />
Insgesamt ist das Angebot an medizinischer Versorgung für PatientInnen<br />
ohne Versicherungsschutz oder ohne finanzielle Mittel, dafür selbst aufzukommen,<br />
jedoch sehr eingeschränkt. Die verbleibenden Möglichkeiten umfassen<br />
Krankenhäuser mit einem übergeordneten karitativem Auftrag oder<br />
Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), die als Vermittler fungieren oder<br />
selbst Leistungen anbieten [90]. Eine Übersicht zu solchen Angeboten in<br />
Österreich ist in einer rezenten Dissertation nachzulesen [17].<br />
Ein Beispiel für erstere ist das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in<br />
Wien, ein privates Ordenskrankenhaus mit konfessionellem Hintergrund,<br />
das jedes Jahr 20.000 bis 30.000 PatientInnen ohne Krankenversicherung<br />
behandelt, <strong>von</strong> denen 1.000 bis 1.500 stationär versorgt werden [89]. Bei den<br />
NGOs, die direkt Leistungen anbieten, sind die Marienambulanz in Graz –<br />
eine <strong>von</strong> der Caritas geleitete Einrichtung – und AmberMed in Wien, eine<br />
gemeinsame Einrichtung des „Flüchtlingsdiensts Diakonie Evangelisches<br />
Hilfswerk“ und des österreichischen Roten Kreuzes, bekannte Beispiele [91,<br />
92]. Andere – wie der Verein Neunerhaus – bieten im Rahmen der Wohnungslosenhilfe<br />
medizinische Leistungen gezielt für wohnungslose <strong>Menschen</strong><br />
an [17]. Zusätzlich existieren einige mobile Versorgungsangebote, die<br />
niederschwellige Leistungen anbieten, wie etwa der „Luise-Bus“ oder die<br />
„Rollende Marienambulanz“ [84]. Ergänzend sind noch kostenlose Diagnose-<br />
und Behandlungsmöglichkeiten für spezifische Krankheiten (z.B. AIDS-<br />
Hilfe) zu nennen. Die Versorgung mit kostenlosen Medikamenten wird zusätzlich<br />
durch das Medikamentendepot des Roten Kreuzes Wien unterstützt,<br />
das mit den genannten Einrichtungen kooperiert [84, 93]. Alle der<br />
angeführten Einrichtungen betreuen unter anderem – wenn auch nicht ausschließlich<br />
– wohnungslose Personen.<br />
Notfalldefinition <strong>von</strong><br />
Anbietern tlw.<br />
ausgeweitet, um Nicht-<br />
Versicherte zu<br />
behandeln<br />
letzte Mo¨glichkeit: NGO<br />
oder einzelne<br />
Krankenha¨user<br />
Beispiele: Barmherzige<br />
Bru¨der Wien,<br />
Marienambulanz,<br />
AmberMed<br />
Organisatorische Barrieren<br />
Neben den genannten Aspekten des prinzipiellen Leistungsanspruchs und<br />
den damit verbundenen finanziellen Barrieren, wird in einer österreichischen<br />
Quelle auf die systemimmanente Fragmentierung des österreichischen<br />
Gesundheitssystems hingewiesen, die bereits generell eine adäquate<br />
Versorgung erschwert, besonders aber für wohnungslose <strong>Menschen</strong> eine zusätzliche<br />
Hürde für die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Leistungen darstellt [16].<br />
Zum einen behindert die auf unterschiedliche Kostenträger und Gebietskörperschaften<br />
aufgeteilte Versorgungsstruktur eine integrierte Versorgung,<br />
etwa wenn es um die Nachbetreuung nach stationärem Krankenhausaufenthalt<br />
geht. Die Problematik ist besonders bei chronischen Erkrankungen, die<br />
einer kontinuierliche Betreuung und Versorgung auf verschiedenen Versorgungsstufen<br />
(stationär, spitalsambulant, niedergelassener Bereich) bedür-<br />
Fragmentierung des<br />
Systems erschwert<br />
Versorgungsablauf<br />
Barrieren fu¨r<br />
Versorgungskontinuita¨t<br />
und ausserstationa¨re<br />
Leistungen<br />
LBI-HTA | 2012 51