Gesundheitszustand von wohnungslosen Menschen ... - neunerHAUS
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Diskussion<br />
ten Vergleichsgruppen gezeigt, dass wohnungslose <strong>Menschen</strong> tatsächlich gesundheitlich<br />
benachteiligter sind, als <strong>von</strong> Armut betroffene nicht wohnungslose<br />
<strong>Menschen</strong>, sodass der Faktor „Wohnungslosigkeit“ an sich zumindest<br />
für einen Teil der gesundheitlichen Ungleichheit verantwortlich sein dürfte<br />
[z. B. 45].<br />
Die überraschend große Anzahl vorhandener Studien, im Rahmen derer an<br />
zahlreichen Orten der Welt der <strong>Gesundheitszustand</strong> <strong>von</strong> <strong>wohnungslosen</strong><br />
<strong>Menschen</strong> erhoben wurde, ist aus wissenschaftlicher und gesundheitsplanerischer<br />
Sicht prinzipiell erfreulich, es drängt sich aber die gesellschaftspolitische<br />
Frage auf, welche Interessen diesen Wissensbedarf zum <strong>Gesundheitszustand</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>wohnungslosen</strong> Personen steuern. Dies umso mehr, zumal soziale<br />
Randgruppen sonst selten im Fokus medizinischer Forschung stehen.<br />
Geht es hier darum, Gerechtigkeitsthemen im Sinne eines ungleichen Zugangs<br />
zu Gesundheitsleistung oder gesundheitlicher Ungleichheit (Ergebnisgerechtigkeit)<br />
zu adressieren, oder geht es (auch) um die medizinische<br />
Kontrolle und Überwachung einer gesellschaftlichen Randgruppe inklusive<br />
einer impliziten Zuschreibung, diese Gruppe stelle eine Gesundheitsbedrohung<br />
für die Mehrheitsgesellschaft (z.B. durch Infektionskrankheiten wie<br />
Tuberkulose, HIV/AIDS, Hepatitis) oder zumindest einen Störfaktor (z.B.<br />
durch sichtbare psychische Erkrankung in der Öffentlichkeit) dar?<br />
Die Studie weist mehrere Limitationen auf:<br />
Die große Anzahl an über die Handsuche gefundenen Publikationen zum<br />
<strong>Gesundheitszustand</strong> zeigt, dass die systematische Literatursuche zu diesem<br />
Thema keine vollständige Referenzliste liefert. Gründe dafür sind unzureichende<br />
Indexierung der Publikationen, große Variationsbreite bei der Definition<br />
<strong>von</strong> Wohnungslosigkeit und ein sehr umfangreiches Krankheits- bzw.<br />
Diagnosespektrum, das mit der Literatursuche abgedeckt werden musste.<br />
Trotz ergänzender Handsuche ist zu vermuten, dass nicht alle publizierten<br />
Artikel identifiziert wurden und in der vorliegenden Studie daher nicht <strong>von</strong><br />
einer kompletten Vollständigkeit der beschriebenen Literatur ausgegangen<br />
werden kann. Am umfassendsten sind sicherlich die Bereiche der psychischen<br />
Erkrankungen und der Infektionskrankheiten beschrieben, da hierzu<br />
zusätzlich zu den Einzelstudien gut recherchierte und rezente Übersichtsarbeiten<br />
vorliegen.<br />
Die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf Österreich im Allgemeinen<br />
und auf österreichische Großstädte im Besonderen ist in mehrerer Hinsicht<br />
eingeschränkt. Zum einen stammt eine hohe Anzahl <strong>von</strong> Studien aus Ländern<br />
mit anderen Gesundheitssystemen hinsichtlich Leistungsanspruch und<br />
Finanzierungssystem. Vor allem Zugangsbarrieren können sich in anderen<br />
Ländern <strong>von</strong> österreichischen unterscheiden, wodurch wiederum das Inanspruchnahmeverhalten<br />
und der <strong>Gesundheitszustand</strong> beeinflusst werden.<br />
Zudem ist die ethnische Zusammensetzung <strong>von</strong> <strong>wohnungslosen</strong> Personen in<br />
anderen Ländern und Städten (z.B. New York) eine andere als in Österreich.<br />
Das kann beispielsweise zu unterschiedlichen ethnienspezifischen Erkrankungsmustern<br />
oder kulturell bedingten Wahrnehmungen des <strong>Gesundheitszustand</strong>es<br />
führen. Schließlich spielen bei Infektionskrankheiten geographische<br />
Begebenheiten eine wichtige Rolle, sodass z.B. Ergebnisse zu Infektionskrankheiten<br />
aus Mittelmeerländern nicht automatisch für Österreich<br />
gültig sind. Von einer direkten Übertragung genannter Häufigkeitsangaben<br />
ist daher zu warnen, die generellen Krankheitscharakteristika, Zugangsbarrieren<br />
und Inanspruchnahmemuster bieten dennoch eine gute Orientierung.<br />
warum so viele Studien?<br />
steht dahinter<br />
gesundheitliche<br />
Ungleichheit oder<br />
medizinische Kontrolle?<br />
Limitationen:<br />
Literatur wahrscheinlich<br />
unvollsta¨ndig<br />
psychische<br />
Erkrankungen,<br />
Infektionskrankheiten<br />
vollsta¨ndig<br />
U¨bertragung konkreter<br />
Zahlen auf O¨sterreich<br />
eingeschra¨nkt:<br />
andere<br />
Gesundheitssysteme,<br />
andere Ethnien,<br />
geographische Lage<br />
begu¨nstigt andere<br />
Erkrankungen<br />
dennoch gute<br />
Planungsgrundlage<br />
LBI-HTA | 2012 63