Die Katze* GERTRUD BLASCHITZ 1.Methode Die ... - Historicum.net
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italienischen Tugend- und Lasterspiegels “Fiore di virtù”. Das 1411 vollendete<br />
Werk erfreute sich großer Beliebtheit, es wurden fünf Handschriften<br />
überliefert, zwei davon befinden sich als Codex S. n. 12819 und Codex<br />
13567 in der Österreichischen Nationalbibliothek. Der Laie Vintler schuf das<br />
Werk zum Zwecke der Belehrung und Besserung seiner adeligen<br />
Standesgenossen (v. 90 ff.) 105 . 1486 wurde es schon gedruckt. <strong>Die</strong><br />
Frühdrucke zielten nach der Beschaffenheit der Holzschnitte auf die Belehrung<br />
des gehobenen Bürgertums, das sich das vergleichsweise günstige<br />
“Massenprodukt” leisten konnte 106 . Kaufleute und Handwerker erkannten die<br />
in den Holzschnitten dargestellte Umgebung als die ihnen vertraute, die<br />
dargestellten Personen sind bürgerlich gekleidet. Der Aufbau des zehntausend<br />
Verse umfassenden Buches ist bestimmt von der meist paarweisen Anordnung<br />
von Tugend- und Lasterkapiteln. Den Tugenden und Lastern werden die aus<br />
der Tradition bekannten Tiere zugeord<strong>net</strong>. Auch die Katze kommt in dieser<br />
christlichen Lebenslehre zweimal vor. Im Kapitel über die “Mäßigkeit”<br />
kritisiert Vintler heftig unadeliges Verhalten mancher adeliger Zeitgenossen (v.<br />
6755-6791). <strong>Die</strong>se pisedelleut (v. 6698) vergleicht er nicht mit ,schwarzen<br />
Schafen’, sondern mit einer Katze. Es ist die bekannte Geschichte von<br />
Salomons Katze. ,<strong>Die</strong> Katze lässt das Mausen nicht’, besagt in der geistlichen<br />
Auslegung, dass angeborene (negative) Eigenschaften immer existent sind, so<br />
wie der Teufel ständig anwesend ist und den Menschen zur Sünde lockt. <strong>Die</strong><br />
(teuflische) Katze, die von den Hauptsünden ,Ira’ und ,Luxuria’ getrieben den<br />
(armen) Mäusen (Seelen) auflauert, beim Revierkampf gegen die Hauptsünde<br />
,Invidia’ verstößt und eventuell schließlich von ,Gula’ getrieben mehrere<br />
Mäuse erlegt, wird in der mittelhochdeutschen Literatur häufig beschrieben.<br />
Der Kontext der zweiten Katzennennung dagegen ist überraschend. In v.<br />
7949-55 ist sie die Epiphanie der Hexe. In diesem Abschnitt, der völlig frei<br />
von der Vorlage gestaltet ist 107 , nimmt er gegen den Aberglauben seiner Zeit<br />
Stellung. Er wettert gegen den verbreiteten Glauben an die Epiphanie von<br />
105 Zingerle, Pluemen, siehe auch Einleitung 27 f.<br />
106 Leibbrand, Speculum 220.<br />
107 Zingerle, Pluemen, Einleitung 27.<br />
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