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Die Darstellung der sozialen Schichten in Diderots "Jacques le ...

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<strong>Die</strong> junge Nonne <strong>le</strong>rnt <strong>in</strong> drei verschiedenen Klöstern "Höl<strong>le</strong>n kennen,<br />

die Menschen an<strong>der</strong>en Menschen schaffen." 56 Sie muss e<strong>in</strong>sehen,<br />

dass es "zwischen Wahns<strong>in</strong>n o<strong>der</strong> Mystizismus e<strong>in</strong>erseits und <strong>der</strong><br />

Perversion (als die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nonne auch weibliche Homosexualität gilt)<br />

an<strong>der</strong>erseits ke<strong>in</strong>en Mittelweg gibt." 57<br />

Bereits das Ab<strong>le</strong>gen <strong>der</strong><br />

norma<strong>le</strong>n K<strong>le</strong>idung beim Ordense<strong>in</strong>tritt er<strong>in</strong>nert an die Abgabe <strong>der</strong><br />

K<strong>le</strong>i<strong>der</strong> beim Inhaftieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gefängnis. In <strong>der</strong> Tat gestaltet sich<br />

Suzannes Aufenthalt <strong>in</strong> den Klöstern schlimmer als es <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gefängnis jemals se<strong>in</strong> könnte. Folterungen, Qua<strong>le</strong>n, immer neue<br />

Formen des Missbrauches und die Gewissheit um e<strong>in</strong>e trostlose und<br />

unverän<strong>der</strong>te Zukunft ohne die Aussicht auf e<strong>in</strong>en möglichen Austritt<br />

setzen den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Orden mit e<strong>in</strong>em versch<strong>le</strong>ierten Selbstmord<br />

g<strong>le</strong>ich. 58 Ähnlich e<strong>in</strong>er Gefängniszel<strong>le</strong> ist die e<strong>in</strong>er Ordensschwester<br />

im Kloster dürftig und ohne Spiegel, denn al<strong>le</strong><strong>in</strong> Rosenkranz und<br />

Gebetbuch geben das Abbild e<strong>in</strong>er Nonne wie<strong>der</strong>. 59<br />

Auch die<br />

K<strong>le</strong>idung "hat aus den Händen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Empfang<br />

genommen zu werden, und die Geme<strong>in</strong>schaft duldet we<strong>der</strong><br />

Eigenheiten noch Eigenmächtigkeiten." 60<br />

Schon Freud greift <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Verg<strong>le</strong>ich zwischen Militär und Kirche die uniformierte Tracht<br />

auf. In dieser Vere<strong>in</strong>heitlichung wird die Individualität des E<strong>in</strong>zelnen<br />

aufgehoben, denn<br />

die Uniform e<strong>in</strong>es Heeres schaltet die Soldaten e<strong>in</strong>er Truppe<br />

g<strong>le</strong>ich, ordnet sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu und markiert durch<br />

entsprechende Rangabzeichen die Stufen <strong>der</strong><br />

Befehlspyramide; das Zusammengehörigkeitsgefühl, <strong>der</strong><br />

Korpsgeist, die Pflicht zu unverbrüchlicher Kameradschaft, vor<br />

al<strong>le</strong>m aber: die nicht weiter mehr zu diskutierende Tatsache,<br />

unwi<strong>der</strong>ruflich, durch Eid verpflichtet, dieser bestimmten<br />

Institution anzugehören, f<strong>in</strong>den ihren sichtbaren Ausdruck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Uniform. 61<br />

Ebenso ist die Tracht e<strong>in</strong>er Ordensschwester ke<strong>in</strong>e bloße<br />

Berufsk<strong>le</strong>idung, son<strong>der</strong>n Ausdruck ihrer Berufung vor Gott.<br />

In se<strong>in</strong>em Roman „La Religieuse“ klagt Di<strong>der</strong>ot al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs an, dass es<br />

e<strong>in</strong>e wirkliche Berufung sche<strong>in</strong>bar nicht gibt. Statt dem Aus<strong>le</strong>ben<br />

56 Borek (2000), S.94<br />

57 Ibid.<br />

58 Drewermann (1989), S. 173<br />

59 Drewermann (1989), S. 175<br />

60 Ibid.<br />

61 Ibid.<br />

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