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Die Darstellung der sozialen Schichten in Diderots "Jacques le ...

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<strong>Die</strong> <strong>Darstellung</strong> <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> <strong>Schichten</strong><br />

<strong>in</strong> Di<strong>der</strong>ots<br />

"<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste et son maître"<br />

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~<br />

September 2001<br />

Hauptsem<strong>in</strong>ar: "Di<strong>der</strong>ot, <strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste"<br />

Leitung: Prof. Dr. J. Leeker<br />

Sommersemester 2001


Inhalt<br />

1. E<strong>in</strong><strong>le</strong>itung...........................................................................................1<br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Darstellung</strong> <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> <strong>Schichten</strong> <strong>in</strong> Di<strong>der</strong>ots<br />

"<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste et son maître"...................................................3<br />

2.1. Sozia<strong>le</strong> Schicht – Der Versuch e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition und die Struktur<br />

<strong>der</strong> französischen Gesellschaft im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t...................3<br />

2.2. Der Adel bei Di<strong>der</strong>ot – Zunehmen<strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong> contenance?..6<br />

2.3. Der dritte Stand – Chacun a son chien......................................10<br />

2.4. Der K<strong>le</strong>rus – E<strong>in</strong> Stand zwischen christlicher Überzeugung<br />

und e<strong>in</strong>em Leben contre la nature.............................................16<br />

3. Di<strong>der</strong>ots "La Religieuse" – Klostersatire o<strong>der</strong> obszönes Werk<br />

e<strong>in</strong>es Antik<strong>le</strong>rikers?.........................................................................21<br />

4. Schlussbetrachtung.........................................................................25<br />

5. Bibliographie....................................................................................27<br />

5.1. Primärliteratur............................................................................27<br />

5.2. Sekundärliteratur.......................................................................27<br />

5.3. Internetquel<strong>le</strong>n..........................................................................28


1. E<strong>in</strong><strong>le</strong>itung<br />

Je<strong>der</strong> Franzose gehörte durch Geburt o<strong>der</strong> Beruf e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Stand an. Nach <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Standeszugehörigkeit richten sich die Lebensbed<strong>in</strong>gungen,<br />

Pflichten und Rechte jedes e<strong>in</strong>zelnen. Daher kann man e<strong>in</strong>e<br />

G<strong>le</strong>ichberechtigung <strong>der</strong> Menschen ausschließen. 1<br />

In unserer heutigen Zeit ist dieses Zitat sicherlich überholt und die<br />

G<strong>le</strong>ichberechtigung des Menschen weitestgehend sichergestellt. Im<br />

Frankreich vor <strong>der</strong> Revolution jedoch herrschte e<strong>in</strong>e<br />

Ständegesellschaft wie sie so ausgeprägt <strong>in</strong> kaum e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Land Europas vorzuf<strong>in</strong>den war. <strong>Die</strong> Bevölkerung unterteilte sich <strong>in</strong><br />

Adel, K<strong>le</strong>rus und dritten Stand. Der Adel hatte die obersten<br />

Stellungen <strong>in</strong> den Gerichten, im Heer und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verwaltung <strong>in</strong>ne. 2<br />

An se<strong>in</strong>er Spitze stand <strong>der</strong> König, <strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong> maßlosem<br />

Luxus <strong>in</strong> Versail<strong>le</strong>s <strong>le</strong>bte. E<strong>in</strong> ebenso unbeschwertes Leben führte<br />

<strong>der</strong> K<strong>le</strong>rus, welcher kaum Steuern zah<strong>le</strong>n musste, <strong>der</strong> staatlichen<br />

Rechtsprechung nicht unterworfen war und zu dieser Zeit viel Grund<br />

und Boden <strong>in</strong> Frankreich besaß. Im dritten Stand fanden sich 98%<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung wie<strong>der</strong>. Er setzte sich aus e<strong>in</strong>er Mittelschicht mit<br />

Handwerkern und K<strong>le</strong><strong>in</strong>händ<strong>le</strong>rn, e<strong>in</strong>er wohlhabenden Oberschicht<br />

mit reichen Händ<strong>le</strong>rn und Bürgern und schließlich den Ärmsten, den<br />

Bauern und Tagelöhner, zusammen. 3<br />

Zu al<strong>le</strong>n Zeiten beschäftigten sich Schriftstel<strong>le</strong>r und Philosophen mit<br />

den Missständen <strong>der</strong> Gesellschaft und prangerten die<br />

Ungerechtigkeiten ihrer Epoche auf mehr o<strong>der</strong> weniger deutliche Art<br />

und Weise an. Zur Zeit <strong>der</strong> Aufklärung jedoch kam es zu e<strong>in</strong>er<br />

allgeme<strong>in</strong>en Liberalisierung: Erziehungsbestrebungen dehnten sich<br />

auf al<strong>le</strong> Volksschichten aus, Kritik wurde so deutlich wie nie zuvor<br />

geübt, die bürgerliche Kultur trat mehr und mehr <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund,<br />

man <strong>in</strong>teressierte sich zunehmend für die nie<strong>der</strong>en <strong>Schichten</strong> und<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>nutz stand dem natürlichen Eigennutz voraus.<br />

Schriftstel<strong>le</strong>r stellten e<strong>in</strong>en Priesterersatz dar und sollten das<br />

1 http://www.rudihaase.de/Projekt/<strong>Die</strong>%20<strong>in</strong>nenpolitische%20Situation%20<strong>in</strong>%20<br />

Frankreich<br />

2 http://www.rudihaase.de/Projekt/<strong>Die</strong>%20<strong>in</strong>nenpolitische%20Situation%20<strong>in</strong>%20<br />

Frankreich<br />

1


Publikum durch ihre Literatur zu e<strong>in</strong>er besseren Menschheit<br />

erziehen. 4<br />

<strong>Die</strong> französischen Intel<strong>le</strong>ktuel<strong>le</strong>n ließen sich von <strong>der</strong><br />

englischen Verfassung <strong>in</strong>spirieren und nannten sich philosophes. 5 Im<br />

Sprachgebrauch <strong>der</strong> Aufklärung war damit je<strong>der</strong> "homme de <strong>le</strong>ttre"<br />

geme<strong>in</strong>t, also je<strong>der</strong> Philosoph, Schriftstel<strong>le</strong>r und auch<br />

Naturwissenschaft<strong>le</strong>r, <strong>der</strong> "mit dem Licht <strong>der</strong> Vernunft auf empirische,<br />

<strong>der</strong> Metaphysik abholde Weise Zusammenhänge aufzudecken,<br />

überkommende angebliche Gesetzmäßigkeiten zu falsifizieren, die<br />

Vernunft zu för<strong>der</strong>n beabsichtigt." 6<br />

d'Holbach, Voltaire und Di<strong>der</strong>ot waren<br />

Schriftstel<strong>le</strong>r wie d'A<strong>le</strong>mbert,<br />

ohne Loyalität, es sei denn gegenüber ihrer eigenen Vernunft,<br />

kritisch gegenüber etablierten Autoritäten, am kritischsten<br />

gegenüber den Mächtigen, spöttisch und satirisch und im<br />

po<strong>le</strong>mischen Gestus demaskierend. [...] Sie kümmerten sich um<br />

die uns<strong>in</strong>nigen Taten <strong>der</strong> Regierung und die Mißstände <strong>der</strong><br />

Gesellschaft. 7<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Arbeit wird Di<strong>der</strong>ots Kritik an den Missständen se<strong>in</strong>er<br />

Zeit näher untersuchen. Auf <strong>der</strong> Grundlage se<strong>in</strong>es Romans "<strong>Jacques</strong><br />

<strong>le</strong> fataliste et son maître" soll zunächst die <strong>Darstellung</strong> <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong><br />

<strong>Schichten</strong> näher be<strong>le</strong>uchtet und anhand zahlreicher Beispie<strong>le</strong> die<br />

typischen und weniger typischen Vertreter des jeweiligen Standes<br />

untersucht und charakterisiert werden. Nach dem Versuch e<strong>in</strong>er<br />

Def<strong>in</strong>ition des Begriffes "sozia<strong>le</strong> Schicht" soll es im E<strong>in</strong>zelnen um den<br />

Adel, den dritten Stand und den K<strong>le</strong>rus gehen. Letzterem wird e<strong>in</strong><br />

beson<strong>der</strong>es Augenmerk gelten. Wie schon erwähnt genoss dieser<br />

Stand e<strong>in</strong>e bevorzugte Behandlung seitens <strong>der</strong> Regierung und nutzte<br />

diese Freiheiten und Privi<strong>le</strong>gien nicht immer zum Vorteil se<strong>in</strong>er<br />

Anhänger. In beson<strong>der</strong>er Kritik standen hierbei die Klöster. Aufgrund<br />

dessen soll unter Zuhilfenahme des Romans "La Religieuse" auf die<br />

dortigen Zustände <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geson<strong>der</strong>ten Abschnitt näher<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

3 Ibid.<br />

4 Grimm (1991), S. 184f.<br />

5 http://www.rudihaase.de/Projekt/<strong>Die</strong>%20<strong>in</strong>nenpolitische%20Situation%20<strong>in</strong>%20<br />

Frankreich<br />

6 Grimm (1991), S. 184<br />

7 Ibid.<br />

2


2. <strong>Die</strong> <strong>Darstellung</strong> <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> <strong>Schichten</strong> <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong><br />

fataliste et son maître"<br />

Wie bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong><strong>le</strong>itung erwähnt bestand die französische<br />

Gesellschaft im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t aus drei <strong>Schichten</strong>. Während e<strong>in</strong><br />

paar wenige e<strong>in</strong> unbeschwertes Leben führten kämpfte <strong>der</strong> größte<br />

Teil <strong>der</strong> Bevölkerung, also die Bauern, Handwerker und Händ<strong>le</strong>r,<br />

gegen zu schwere Steuerlasten, den Kirchenzehnt 8<br />

und auch <strong>in</strong><br />

zunehmendem Maße gegen die immer deutlicher sichtbaren<br />

Vorrechte von Adel und K<strong>le</strong>rus.<br />

Im vorliegenden Kapitel soll zunächst geklärt werden, was e<strong>in</strong>e<br />

sozia<strong>le</strong> Schicht ausmacht und <strong>in</strong>wiefern sie sich von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

unterscheidet. Anhand dieser Def<strong>in</strong>ition wird Di<strong>der</strong>ots "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong><br />

fataliste et son maître" näher untersucht und die auftretenden<br />

Personen charakterisiert und e<strong>in</strong>geordnet.<br />

2.1. Sozia<strong>le</strong> Schicht – Der Versuch e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition und die<br />

Struktur <strong>der</strong> französischen Gesellschaft im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

Jede Gesellschaft besteht aus verschiedenen <strong>Schichten</strong>. Unter e<strong>in</strong>er<br />

solchen Schicht versteht man im Allgeme<strong>in</strong>en die<br />

Unterglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesellschaftsmitglie<strong>der</strong> nach bestimmten<br />

Statusmerkma<strong>le</strong>n, wie E<strong>in</strong>kommen, Beruf, Bildung (auch<br />

Prestige), wobei die Mitglie<strong>der</strong> je<strong>der</strong> Schicht e<strong>in</strong>en g<strong>le</strong>ich o<strong>der</strong><br />

ähnlich hohen Status besitzen und von den Mitglie<strong>der</strong>n höher<br />

o<strong>der</strong> tiefer gelagerter <strong>Schichten</strong> [...] getrennt s<strong>in</strong>d. 9<br />

Zwischen den <strong>Schichten</strong> besteht e<strong>in</strong>e sogenannte "sozia<strong>le</strong> Distanz".<br />

Aufgrund <strong>der</strong> ung<strong>le</strong>ichen Verteilung von ökonomischen Ressourcen,<br />

<strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Positionen und <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Rängen kommt es zu e<strong>in</strong>er <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong><br />

Ungerechtigkeit. Während Aristote<strong>le</strong>s diese Ungerechtigkeit als<br />

gottgewollt h<strong>in</strong>nahm waren die Sozialdarw<strong>in</strong>isten <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass<br />

sie naturgegeben sei. 10 Das bedeutet, dass die Geburt im Voraus<br />

den Lebensstil bestimmt. Nicht ausgeschlossen s<strong>in</strong>d trotz al<strong>le</strong>dem<br />

sowohl <strong>der</strong> sozia<strong>le</strong> Auf- als auch Abstieg. Im Allgeme<strong>in</strong>en jedoch<br />

b<strong>le</strong>ibt man <strong>in</strong> "se<strong>in</strong>er" <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Klasse. Natürlich bed<strong>in</strong>gen die<br />

8 <strong>Die</strong> Bauern waren verpflichtet den zehnten Teil ihrer Ernte <strong>der</strong> Kirche abzutreten.<br />

9 http://www.ruhr-uni-bochum.de/staresoz/ws99/991220_vl_soz1.htm<br />

10 Ibid.<br />

3


Unterschiede zwischen den <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Lagen auch unterschiedliche<br />

Denk- und Verhaltensweisen. Darauf wird im weiteren Verlauf <strong>der</strong><br />

Kapitel an konkreten Beispie<strong>le</strong>n noch e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

<strong>Die</strong> Struktur <strong>der</strong> französischen Gesellschaft im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t war<br />

von e<strong>in</strong>er relativ starren Hierarchie geprägt – es gab nicht nur die<br />

drei Stände, son<strong>der</strong>n auch noch e<strong>in</strong>e Abstufung <strong>in</strong>nerhalb dieser<br />

Bevölkerungsgruppen.<br />

Der erste Stand war <strong>der</strong> K<strong>le</strong>rus. <strong>Die</strong>ser katholischen Geistlichkeit<br />

gehörten Priester, Nonnen, Mönche und an<strong>der</strong>e Gläubige an. Das<br />

Wort K<strong>le</strong>rus kommt vom late<strong>in</strong>ischen c<strong>le</strong>rus und bedeutet soviel wie<br />

"die ausgewählte Schicht" 11 . <strong>Die</strong> Priesterschaft bezeichnete sich<br />

auch als "erste Körperschaft des Königreiches". 12 Sie hatten wichtige<br />

politische, juristische und fiskalische Privi<strong>le</strong>gien, eigene Gerichte<br />

sowie e<strong>in</strong>e eigene Verwaltung und ihre wirtschaftliche Macht beruhte<br />

auf <strong>der</strong> Erhebung des Kirchenzehnt. Obwohl <strong>der</strong> K<strong>le</strong>rus e<strong>in</strong>en Stand<br />

darstellte, g<strong>in</strong>gen hoher und nie<strong>der</strong>er K<strong>le</strong>rus dennoch nicht konform:<br />

Bischöfe, Äbte und Domherren teilten nicht die Me<strong>in</strong>ung von Pfarrern<br />

und Vikaren, die zum größten Teil bürgerlicher Herkunft waren und<br />

demzufolge an<strong>der</strong>e Ansichten hatten. <strong>Die</strong>se Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

zwischen Adligen und Nichtadligen gipfelten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spaltung des<br />

K<strong>le</strong>rus. 13<br />

Der Adel, auch als zweiter Stand bezeichnet, setzte sich aus dem<br />

König an <strong>der</strong> Spitze und an<strong>der</strong>en mehr o<strong>der</strong> weniger wohlhabenden<br />

Mitglie<strong>der</strong>n zusammen. Man unterschied zwischen Schwert-, Hof-,<br />

Geld- und Amtsadel. Der Hofadel waren die am königlichen Hof<br />

e<strong>in</strong>geführten Adligen, die sich diese Stellung erkauft hatten. Sie<br />

<strong>le</strong>bten von gut bezahlten Amtsstel<strong>le</strong>n, die sie beim König <strong>in</strong>nehatten<br />

und von ihren großen Län<strong>der</strong>eien, die durch die Feudalabgaben <strong>der</strong><br />

Bauern viel e<strong>in</strong>brachten. Der Landadel <strong>le</strong>bte zusammen mit den<br />

Bauern und <strong>le</strong>diglich von <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>nahmen aus den Feudalabgaben<br />

– unter Androhung des Verlustes ihres Standes war es diesen<br />

11 Wahrig / Wahrig-Buhrfe<strong>in</strong>d (1999)<br />

12 http://www.hh.shutt<strong>le</strong>.de/hh/h10/Parfum/os/adel.htm<br />

13 Ibid.<br />

4


Adligen verboten auf dem Feld zu arbeiten. Der Amtsadel saß an <strong>der</strong><br />

Spitze des Justiz- und Verwaltungsapparates, kontrollierte die<br />

königliche Regierung und nahm an <strong>der</strong> Staatsverwaltung teil. 14<br />

K<strong>le</strong>rus und Adel zusammen machten nur 2% <strong>der</strong> Bevölkerung aus,<br />

besaßen aber 35% des Landes. 15 Wenn man bedenkt, dass<br />

Frankreich zu dieser Zeit nur etwa 25 Millionen E<strong>in</strong>wohner 16 hatte,<br />

ersche<strong>in</strong>t die Macht dieser oberen 500.000 um so bedeuten<strong>der</strong>. Sie<br />

zahlten ke<strong>in</strong>e Steuern und genossen zudem vie<strong>le</strong> Privi<strong>le</strong>gien, die sie<br />

auch im Zeitalter <strong>der</strong> Aufklärung zunächst verteidigen konnten. Durch<br />

die Restituierung <strong>der</strong> Rechte des Schwert- und Amtsadels unter<br />

Kard<strong>in</strong>al F<strong>le</strong>ury wird das Sozialprestige des Adels aufgefrischt. 17<br />

Dank dem Anstieg <strong>der</strong> Grundrente kann er sich "mehr denn je [...]<br />

jetzt <strong>in</strong> Versail<strong>le</strong>s o<strong>der</strong> Paris dem divertissement verschreiben". 18<br />

Der Name "dritter Stand" wurde während <strong>der</strong> Zeit des Ancien<br />

Régime an diejenigen vergeben, die we<strong>der</strong> reich noch kirchlich<br />

waren, die sogenannten "roturiers laïques" 19 , die nicht gläubigen<br />

Besitzlosen. Sie formten 98% <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung und setzten<br />

sich aus <strong>der</strong> Großbourgeoisie (Vertreter, Ree<strong>der</strong>, F<strong>in</strong>anziers,<br />

Bankiers), <strong>der</strong> K<strong>le</strong><strong>in</strong>bourgeoisie (Handwerker, Kauf<strong>le</strong>ute), <strong>der</strong><br />

Mittelschicht (Rechtsanwälte, Notare, Lehrer, Ärzte), den<br />

Lohnempfängern ohne Anstellung (Tagelöhner, Gärtner,<br />

Laufburschen, Hauspersonal) und den Bauern zusammen. 20<br />

Letztere stellten immerh<strong>in</strong> 82% des dritten Standes dar. 21 Zur Zeit<br />

<strong>der</strong> Aufklärung <strong>in</strong>teressierte man sich erstmals für diese Schicht, sie<br />

war "un tout qui n'est rien mais qui aspire à devenir quelque<br />

chose". 22 Neben <strong>der</strong> höfischen Literatur fand sich mehr und mehr die<br />

bürgerliche Kultur. Dem Leser sollten moralische und realistische<br />

Szenen geboten werden. Das Leben <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>en <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong><br />

<strong>Schichten</strong> rückte damit mehr und mehr <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund des<br />

14 http://www.hh.shutt<strong>le</strong>.de/hh/h10/Parfum/os/adel.htm<br />

15 Fischer / Renaud (1996), S. 33<br />

16 http://www.perso.club-<strong>in</strong>ternet.fr/erra/MALLET/Europe17-18.html<br />

17 Grimm (1991), S. 181<br />

18 Ibid.<br />

19 http://www.hystoriae.com/corps_tiersjpm.html<br />

20 http://www.hh.shutt<strong>le</strong>.de/hh/h10/Parfum/os/3_stand.htm<br />

21 Fischer / Renaud (1996), S. 33<br />

5


Interesses. Der k<strong>le</strong><strong>in</strong>e Mann wurde dargestellt wie er war – e<strong>in</strong><br />

Mensch mit ganz norma<strong>le</strong>n Bedürfnissen, ehrlich, vol<strong>le</strong>r Ideen und<br />

Träume und doch im Endeffekt nur benachteiligt. 23<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> gefundenen Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>er <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Schicht und dem<br />

Überblick über die französische Gesellschaft im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t soll<br />

im Folgenden untersucht werden, <strong>in</strong>wiefern sich bei Di<strong>der</strong>ot die <strong>in</strong><br />

"<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste et son maître" auftretenden Personen e<strong>in</strong>ordnen<br />

und charakterisieren lassen. Dabei muss beachtet werden, dass sich<br />

vor al<strong>le</strong>m Adel und dritter Stand nicht absolut getrennt vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

betrachten lassen und so kommt bei <strong>der</strong> folgenden Untersuchung<br />

aufgrund <strong>der</strong> Abhängigkeit zwischen diesen beiden Gruppen<br />

zwangsweise zu e<strong>in</strong>er Vermischung.<br />

2.2. Der Adel bei Di<strong>der</strong>ot – Zunehmen<strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong><br />

contenance?<br />

Der wohl augensche<strong>in</strong>lichste Vertreter dieses Standes ist <strong>in</strong> Di<strong>der</strong>ots<br />

Werk <strong>Jacques</strong>' Herr. Man kann ihn eigentlich gar nicht isoliert von<br />

<strong>Jacques</strong> charakterisieren. Schon beim Lesen des Titels – <strong>Jacques</strong><br />

<strong>der</strong> Fatalist und se<strong>in</strong> Herr – fällt auf, dass Di<strong>der</strong>ot ganz offensichtlich<br />

die "natürliche Ordnung" umkehrt 24<br />

und dem Herrn nicht die<br />

Aufmerksamkeit widmen möchte, die ihm se<strong>in</strong>es Standes wegen<br />

gebührt hätte. <strong>Die</strong>ser erste E<strong>in</strong>druck festigt sich beim Lesen des<br />

Romans. Der Herr b<strong>le</strong>ibt ohne Namen und tritt träge, passiv und<br />

ohne <strong>Jacques</strong> eher hilflos auf. Nachdem se<strong>in</strong>e Uhr gestoh<strong>le</strong>n wurde<br />

und <strong>Jacques</strong> von ihm geht um sie zurückzuho<strong>le</strong>n "geriet er vol<strong>le</strong>nds<br />

<strong>in</strong> Verzweiflung, denn er wusste nicht, was er ohne se<strong>in</strong>e Uhr, se<strong>in</strong>e<br />

Tabakdose und ohne <strong>Jacques</strong> anfangen sollte". (Di<strong>der</strong>ot 1972: 30)<br />

<strong>Die</strong> Reise durch Frankreich ist für ihn e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Vergnügen. E<strong>in</strong>e<br />

Paral<strong>le</strong><strong>le</strong> zum Ancien Régime liegt auf <strong>der</strong> Hand – <strong>der</strong> Adel, von<br />

Kriegen im wesentlichen unbelastet, widmet sich mehr und mehr<br />

dem divertissement 25 , vernachlässigt die Ausübung <strong>der</strong> obersten<br />

22 http://www.hystoriae.com/corps_tiersjpm.html<br />

23 Grimm (1991), S. 192<br />

24 Jüttner (1990), S. 275<br />

25 Grimm (1991), S. 181<br />

6


Stellungen <strong>in</strong> den Gerichten, im Heer und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verwaltung und hält<br />

sich zunehmend <strong>in</strong> <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>en Gesellschaft am Hof zu Versail<strong>le</strong>s<br />

auf. 26 <strong>Die</strong> Aktivitäten des Herrn beschränken sich auf das Zuhören<br />

bei <strong>Jacques</strong>' Geschichten, das Öffnen se<strong>in</strong>er Tabakdose und das<br />

Schauen auf se<strong>in</strong>e Uhr. Letztere sche<strong>in</strong>t <strong>le</strong>diglich als "évidence de<br />

temps" 27 zu dienen, denn bereits beim Zuklappen <strong>der</strong> Taschenuhr<br />

hat <strong>der</strong> Herr die Uhrzeit vergessen, <strong>Jacques</strong> und damit auch <strong>der</strong><br />

Leser erfahren sie zu ke<strong>in</strong>em Zeitpunkt. Betrachtet man die<br />

Entwicklung des Verhältnisses zwischen <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong>em Herrn,<br />

so gew<strong>in</strong>nt man den E<strong>in</strong>druck, dass <strong>le</strong>tzterer sich mit Hilfe <strong>der</strong> Uhr –<br />

e<strong>in</strong>em Luxusartikel, den e<strong>in</strong>fache Bauern nicht besaßen – se<strong>in</strong>en<br />

aristokratischen Stand immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> rufen muss.<br />

Mit se<strong>in</strong>em schattenhaften Charakter ist <strong>der</strong> Herr mit Entschiedenheit<br />

nichts. 28 Er wird <strong>in</strong> Theorie und Praxis von se<strong>in</strong>em <strong>Die</strong>ner geführt. In<br />

dieser "Abhängigkeit des Herrn vom Knecht enthüllt Di<strong>der</strong>ot die<br />

gesellschaftliche Unproduktivität und Wertlosigkeit des<br />

Herrentums". 29 <strong>Die</strong>se Lebensabhängigkeit <strong>der</strong> Herrenschicht von<br />

ihren Knechten als "Gesellschaftskritik großen Stils" 30 wurde im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> europäischen Literatur mit al<strong>le</strong>r<br />

Konsequenz vorgetragen.<br />

Di<strong>der</strong>ot kehrt mit dem Verhältnis zwischen <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong>em<br />

Herrn die politische Ordnung des Ancien Régime um. Dar<strong>in</strong> sollte<br />

sowohl <strong>der</strong> Knecht se<strong>in</strong>em Herrn dienen als auch die Frau ihrem<br />

Mann. In <strong>der</strong> Anekdote <strong>der</strong> Madame de la Pommeraye bietet <strong>der</strong><br />

Autor auch für das zweitgenannte Verhältnis e<strong>in</strong> "Gegenbeispiel".<br />

Der Leser <strong>le</strong>rnt Madame de la Pommeraye als e<strong>in</strong>e "sittenstrenge<br />

Witwe von sehr guter Herkunft, vermögend und stolz" (Di<strong>der</strong>ot<br />

1972:123) kennen. Von ihrem ersten Mann enttäuscht lässt sie sich<br />

von e<strong>in</strong>em neuen Verehrer, dem Marquis des Arcis, erst e<strong>in</strong>ige<br />

Monate auf die ehrenhafteste Weise umwerben, bevor sie ihn<br />

26 http://www.rudihaase.de/Projekt/<strong>Die</strong>%20<strong>in</strong>nenpolitische%20Situation%20<strong>in</strong>%20<br />

Frankreich<br />

27 Didier (1998), S. 77<br />

28 Mayer (1955), S. 228<br />

29 Mayer (1955), S. 230<br />

30 Ibid.<br />

7


heiratet. Nach e<strong>in</strong>igen Jahren bemerkt sie se<strong>in</strong>e G<strong>le</strong>ichgültigkeit und<br />

Langewei<strong>le</strong>. Während e<strong>in</strong>er Aussprache gibt sie vor, ihm se<strong>in</strong>e<br />

Freiheit zurückzugeben. Als <strong>der</strong> Marquis e<strong>in</strong>willigt und sich damit ihre<br />

Vermutung als richtig erweist ist sie tief ver<strong>le</strong>tzt und wütend. Sie<br />

beschließt, sich "auf grausame Weise zu rächen, auf e<strong>in</strong>e Weise, die<br />

al<strong>le</strong> abschreckte, die <strong>in</strong> Zukunft versucht se<strong>in</strong> sollten, e<strong>in</strong>e<br />

anständige Frau zu verführen und zu betrügen." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 141)<br />

Entgegen den gesellschaftlichen Konventionen <strong>le</strong>hnt sich diese Frau<br />

gegen ihren Mann auf. Dank ihres Vermögens kann sie ihre<br />

Rachegefüh<strong>le</strong> <strong>in</strong> die Tat umsetzen, denn es gel<strong>in</strong>gt ihr, zwei verarmte<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen für ihre Intrige zu gew<strong>in</strong>nen. Dadurch gerät sie <strong>in</strong> die<br />

Abhängigkeit dieser beiden Frauen, die für ihre Hilfe und ihr<br />

Stillschweigen bezahlt werden. Hier<strong>in</strong> zeigt sich e<strong>in</strong>mal mehr<br />

Di<strong>der</strong>ots Verständnis von <strong>der</strong> gegenseitigen Abhängigkeit <strong>der</strong><br />

verschiedenen <strong>Schichten</strong>.<br />

Er zeigt zug<strong>le</strong>ich, dass nach dem Bekanntwerden des Racheaktes<br />

ihr Ansehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft s<strong>in</strong>kt, denn sie hat sich "auf das<br />

allgeme<strong>in</strong>e Niveau h<strong>in</strong>abgeschraubt." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 186) Mit dieser<br />

E<strong>in</strong>schätzung wird deutlich gemacht, dass es <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>e Kodex<br />

e<strong>in</strong>er Dame ihres Standes und ihrer Herkunft verwehrte, ihre wahren<br />

Gefüh<strong>le</strong> auszu<strong>le</strong>ben, da von Frauen ihres Ranges contenance<br />

verlangt wird.<br />

F<strong>in</strong>a<strong>le</strong>ment cette anecdote prouverait plutôt l'<strong>in</strong>capacité des<br />

femmes, si <strong>in</strong>telligentes et perverses soient-el<strong>le</strong>s, à se venger,<br />

et conclurait à la suprématie mascul<strong>in</strong>e. Mais la discussion qui<br />

suit permet d'avancer des thèses fém<strong>in</strong>istes [...]cependant que<br />

d'autres voix dans la discussion semb<strong>le</strong>nt prôner l'ordre établi.<br />

[...] On pourrait voir dans cette <strong>in</strong>capacité ou ce refus de clore<br />

une discussion à la fois vieil<strong>le</strong> comme <strong>le</strong> monde et bien située<br />

socia<strong>le</strong>ment, historiquement, une image de cette seconde<br />

moitié du XVIII e sièc<strong>le</strong> où coexistent la liberté, l'audace des<br />

propos, <strong>le</strong> désir de changement et la stabilité des <strong>in</strong>stitutions. 31<br />

In dieser Zeit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Liberalisierung des geistigen Klimas<br />

prangerte man auch immer wie<strong>der</strong> das Stillschweigen an, zu dem die<br />

<strong>Die</strong>nerschaft verurteilt war. In "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste" wird dieser<br />

Vorwurf nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anekdote <strong>der</strong> Madame de la Pommeraye<br />

aufgegriffen. Der Ironiker Di<strong>der</strong>ot kehrt die sozia<strong>le</strong> Ordnung e<strong>in</strong>mal<br />

31 Didier (1998), S. 95f.<br />

8


mehr um und lässt <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong>en Herrn auch <strong>in</strong> dieser<br />

Beziehung die Rol<strong>le</strong>n tauschen. Während <strong>Jacques</strong> ohne Unterlass<br />

berichtet, philosophiert und auch kritisiert hat <strong>der</strong> Herr nichts bzw.<br />

nichts von Bedeutung zu sagen o<strong>der</strong> wird kurzerhand von se<strong>in</strong>em<br />

<strong>Die</strong>ner berichtigt o<strong>der</strong> gar zum Stillschweigen gebracht. Auf die<br />

Frage nach <strong>der</strong> Vielzahl se<strong>in</strong>er früheren Herren erklärt <strong>Jacques</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Entlassungen mit <strong>der</strong> Tatsache, dass er "e<strong>in</strong> geborenes<br />

Schwatzmaul" ist und "diese Leute wollten, daß man stumm sei."<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 193) Norma<strong>le</strong>rweise will e<strong>in</strong> Herr "se<strong>in</strong>en <strong>Die</strong>ner<br />

unterbrechen, ihn unterbrechen, sooft es ihm beliebt, und nicht von<br />

ihm unterbrochen werden." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 281) In e<strong>in</strong>er Mischung<br />

aus Triumph und Er<strong>le</strong>ichterung stellt <strong>Jacques</strong> gegenüber se<strong>in</strong>em<br />

Herrn fest: "Es ist nicht so wie bei Ihnen, <strong>der</strong> Sie mich morgen<br />

entlassen würden, wenn ich schwiege. Ich hab genau das Laster,<br />

das Ihnen behagt." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 193)<br />

E<strong>in</strong> weiterer Vorwurf an den Adel, <strong>der</strong> im Zeitalter <strong>der</strong> Aufklärung <strong>der</strong><br />

breiten Bevölkerung immer wie<strong>der</strong> vor Augen geführt wurde war <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> unrechtmäßigen Inbesitznahme von Län<strong>der</strong>eien und Gebäuden.<br />

Wie bereits e<strong>in</strong>gangs erwähnt besaßen Adel und K<strong>le</strong>rus 35% <strong>der</strong><br />

Gebiete, ob sie diese al<strong>le</strong> auf <strong>le</strong>ga<strong>le</strong> Art und Weise erworben haben<br />

b<strong>le</strong>ibt zu bezweifeln.<br />

Am dritten Tag ihrer Reise werden <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong> Herr von e<strong>in</strong>em<br />

Gewitter überrascht und müssen sich vorzeitig e<strong>in</strong>e Unterkunft für die<br />

Nacht suchen. Unter den drei Möglichkeiten, die <strong>der</strong> Erzäh<strong>le</strong>r <strong>in</strong><br />

Betracht zieht, f<strong>in</strong>det sich auch die e<strong>in</strong>es "riesengroßen Schlo[sses],<br />

an dessen Fassade zu <strong>le</strong>sen stand: 'Ich gehöre niemandem und ich<br />

gehöre al<strong>le</strong>r Welt.'" (Di<strong>der</strong>ot 1972: 26) <strong>Die</strong>ner und Herr treten e<strong>in</strong> und<br />

f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e gemischte Gesellschaft.<br />

Was <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong>en Herrn am meisten abstieß, war <strong>der</strong><br />

Umstand, dort an die zwanzig Vermessene vorzuf<strong>in</strong>den, die<br />

sich <strong>der</strong> prächtigsten Räume bemächtigt hatten, wo es ihnen<br />

jedoch stets zu eng vorkam; die gegen das allgeme<strong>in</strong>e Recht<br />

und den wahren S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Inschrift behaupteten, das Schloß sei<br />

ihnen als unbeschränktes Eigentum vermacht worden.<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 27)<br />

Neben dieser offenen Anklage wird hier erstmals aufgegriffen, was <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Anekdote <strong>der</strong> Madame de la Pommeraye vertieft wird: dank<br />

9


Vermögen, Privi<strong>le</strong>gien und une<strong>in</strong>geschränkter Macht kann sich <strong>der</strong><br />

Adel des dritten Standes bedienen, ihn zum Stillschweigen zw<strong>in</strong>gen<br />

und bei Zuwi<strong>der</strong>handlungen ungestraft die ihm als richtig<br />

ersche<strong>in</strong>enden Maßnahmen ergreifen; das al<strong>le</strong>s<br />

mit Hilfe e<strong>in</strong>er großen Anzahl Taugenichtsen <strong>in</strong> ihrem Sold [...],<br />

die samt und son<strong>der</strong>s dazu bereit waren, gegen e<strong>in</strong> k<strong>le</strong><strong>in</strong>es<br />

Geldstück den ersten besten zu hängen o<strong>der</strong> umzubr<strong>in</strong>gen, <strong>der</strong><br />

es gewagt hätte, ihnen zu wi<strong>der</strong>sprechen. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 27)<br />

Der Adel führt e<strong>in</strong> angenehmes und ausschweifendes Leben, wo es<br />

"an al<strong>le</strong>m fehlte, was notwendig , und zwar <strong>in</strong>mitten von al<strong>le</strong>m, was<br />

überflüssig" war. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 28) Vor al<strong>le</strong>m <strong>der</strong> Hofadel, dessen<br />

Län<strong>der</strong>eien durch die Abgaben <strong>der</strong> Bauern viel Geld e<strong>in</strong>brachten,<br />

<strong>le</strong>bte <strong>in</strong> verschwen<strong>der</strong>ischem Luxus. Dagegen hatte <strong>der</strong> ländliche<br />

Adel, <strong>der</strong> mit weit weniger Geld auskommen musste, e<strong>in</strong> weitaus<br />

glanzloseres Schicksal. Durch die steigende Inflation war das<br />

E<strong>in</strong>kommen mager und so vegetierte <strong>der</strong> Landadel <strong>in</strong> zerfal<strong>le</strong>nen<br />

Herrenhäusern dah<strong>in</strong>. 32<br />

Der verschwen<strong>der</strong>ische Hofadel ru<strong>in</strong>ierte<br />

nicht nur se<strong>in</strong>en Stand, son<strong>der</strong>n stürzte den gesamten Staat bis zur<br />

Revolution <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e tiefe Schuldenlast. Dennoch war man nicht bereit<br />

zu Reformen o<strong>der</strong> gar Steuerzahlungen, was natürlich den Unmut im<br />

dritten Stand noch verstärkte.<br />

Im folgenden Kapitel soll untersucht werden, <strong>in</strong>wiefern sich diese<br />

Reaktionen bei Di<strong>der</strong>ot wi<strong>der</strong>spiegeln.<br />

2.3. Der dritte Stand – Chacun a son chien<br />

Wie schon im vorangegangenen Kapitel erwähnt ist <strong>der</strong> <strong>Die</strong>ner<br />

<strong>Jacques</strong> als Protagonist des Werkes e<strong>in</strong> Vertreter des dritten<br />

Standes. Beim Lesen des Romans fällt auf, dass die Personen<br />

bereits durch ihren Namen e<strong>in</strong>geordnet werden können. Dabei s<strong>in</strong>d<br />

die <strong>der</strong> Adligen, wie z.B. Madame de la Pommeraye, weitaus<br />

klangvol<strong>le</strong>r als diejenigen <strong>der</strong> Vertreter des dritten Standes. So lässt<br />

beispielsweise <strong>der</strong> Name des Monsieur Bigre Paral<strong>le</strong><strong>le</strong>n zum<br />

französischen birgrement (wahns<strong>in</strong>nig, verdammt) ziehen.<br />

10


L'onomastique correspond bien à cel<strong>le</strong> de l'univers romanesque<br />

de l'époque: <strong>le</strong>s noms roturiers ne sonnent pas de la même<br />

façon que <strong>le</strong>s noms nob<strong>le</strong>s et la particu<strong>le</strong> n'est pas <strong>le</strong> seul signe<br />

dist<strong>in</strong>ctif: un nom comme "Bigre" ne saurait désigner un<br />

aristocrate, même si on lui adjoignait une particu<strong>le</strong> qui ne ferait<br />

que mieux sentir <strong>le</strong> ridicu<strong>le</strong> du nom. 33<br />

Als <strong>Jacques</strong> wurde zur damaligen Zeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fache Bauer<br />

bezeichnet. Di<strong>der</strong>ot zeigt also bereits mit <strong>der</strong> Namensgebung<br />

Herkunft und Stand se<strong>in</strong>es Helden an. So er<strong>in</strong>nert <strong>Jacques</strong>' gesamte<br />

Art und Weise im Verlauf des Romans auch an die sogenannte<br />

jacquerie, den Aufstand <strong>der</strong> Bauern <strong>der</strong> Î<strong>le</strong>-de-France im Jahre 1538.<br />

Er lässt sich mit "Monsieur" anreden und ist e<strong>in</strong> so ganz und gar<br />

ungewöhnlicher <strong>Die</strong>ner. Als die Wirt<strong>in</strong> des Gasthauses "Grand Cerf"<br />

nur den Herrn <strong>in</strong> ihre Anrede e<strong>in</strong>schließt, protestiert <strong>Jacques</strong> mit <strong>der</strong><br />

Begründung:<br />

Weil wir bis jetzt mit jener Höflichkeitsformel angeredet worden<br />

s<strong>in</strong>d und ich daran gewöhnt b<strong>in</strong>. Me<strong>in</strong> Herr nennt mich <strong>Jacques</strong>,<br />

die an<strong>der</strong>en sagen Monsieur <strong>Jacques</strong>. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 123)<br />

Am darauffolgenden Tag kommt es gar zu e<strong>in</strong>er<br />

Befehlsverweigerung gegenüber se<strong>in</strong>em Herrn. Der <strong>Die</strong>ner<br />

begründet diese mit <strong>der</strong> Tatsache, dass <strong>der</strong> Herr ihm "zehn Jahre<br />

lang daran gewöhnt [hat] auf g<strong>le</strong>ich und g<strong>le</strong>ich mit [ihm] zu <strong>le</strong>ben."<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 195) <strong>Die</strong> Wirt<strong>in</strong> fällt e<strong>in</strong>en Schiedsspruch <strong>in</strong> diesem<br />

Aufstand, <strong>der</strong> an die Rebellion des Parlamentes gegen ihren König<br />

er<strong>in</strong>nert. 34 Es kommt zu e<strong>in</strong>er Art neuem Sozialvertrag, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong><br />

Herr se<strong>in</strong>em <strong>Die</strong>ner al<strong>le</strong> Unverschämtheiten nachsehen und dessen<br />

Unentbehrlichkeit anerkennen soll (cf. Di<strong>der</strong>ot 1972: 199f.). Auf<br />

dessen E<strong>in</strong>wand, dass er bei dieser Rechnung g<strong>le</strong>ich <strong>Jacques</strong>' Platz<br />

e<strong>in</strong>nehmen kann, entgegnet se<strong>in</strong> Knecht:<br />

Wissen Sie was dann geschehen würde? Sie würden dabei den<br />

Titel verlieren und dennoch nicht die Sache haben. Lassen Sie<br />

uns verb<strong>le</strong>iben, wie wir s<strong>in</strong>d, wir stehen uns beide dabei<br />

außerordentlich gut; und <strong>der</strong> Rest unseres Lebens möge dazu<br />

benutzt werden, e<strong>in</strong>e Sprichwortkomödie zu spie<strong>le</strong>n.<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 200)<br />

Der Zwischenfall hat al<strong>le</strong>s geklärt und die Ursache al<strong>le</strong>r Streitigkeiten<br />

aus dem Weg geräumt, die <strong>Jacques</strong> dar<strong>in</strong> sieht, dass sie sich noch<br />

nie unverblümt gesagt hatten, dass <strong>der</strong> Herr sich als solcher<br />

32 http://www.hh.shutt<strong>le</strong>.de/hh/h10/Parfum/os/adel.htm<br />

33 Didier (1998), S. 77<br />

11


ezeichnet, jedoch <strong>Jacques</strong> die Position <strong>in</strong>nehat. Nun, da die<br />

Verhältnisse geklärt s<strong>in</strong>d, sche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Knecht se<strong>in</strong>e untergeordnete<br />

Rol<strong>le</strong> anzunehmen, <strong>der</strong> Herr hat wie<strong>der</strong> mehr Autorität. Di<strong>der</strong>ot zeigt<br />

<strong>in</strong> dieser Haltung <strong>der</strong> beiden Protagonisten, dass das Ende <strong>der</strong> Reise<br />

<strong>le</strong>diglich e<strong>in</strong>e "retour à l'ordre social" ist. 35 Auf <strong>der</strong> <strong>le</strong>tzten Seite des<br />

Romans offenbart <strong>der</strong> Erzäh<strong>le</strong>r, dass <strong>Jacques</strong> glücklich verheiratet<br />

und <strong>der</strong> Pförtner e<strong>in</strong>es Schlosses ist. So außergewöhnlich dieser<br />

<strong>Die</strong>ner auch gewesen ist und so sehr er auch eher Herr se<strong>in</strong>es<br />

maître gewesen war als umgekehrt, er b<strong>le</strong>ibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Stand – an<br />

<strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Ordnung hat sich nichts geän<strong>der</strong>t. Dennoch ist er<br />

während <strong>der</strong> gesamten Reise se<strong>in</strong>em Herrn über<strong>le</strong>gen. Zwar ist<br />

dieser e<strong>in</strong> Anhänger <strong>der</strong> Wil<strong>le</strong>nsfreiheit und <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass "je<strong>der</strong><br />

durch se<strong>in</strong> eigenes Tun den Ereignissen e<strong>in</strong>e ke<strong>in</strong>eswegs<br />

vorhergesehene o<strong>der</strong> vorhersehbare Wendung zu geben<br />

vermöchte" 36 , doch von dieser Erkenntnis macht er zu ke<strong>in</strong>em<br />

Zeitpunkt Gebrauch. Der schicksalsgläubige <strong>Jacques</strong> dagegen ist<br />

<strong>der</strong> festen Überzeugung, dass es "im Himmel [...] e<strong>in</strong>e gewaltige<br />

Rol<strong>le</strong> [gibt], und auf <strong>der</strong> seien al<strong>le</strong> künftigen Taten und Schicksa<strong>le</strong><br />

e<strong>in</strong>es jeden Menschen sorgfältig aufgeschrieben." 37 Dennoch b<strong>le</strong>ibt<br />

er energisch, entschlossen und tatbereit und hilft dem Lauf <strong>der</strong><br />

Fatalität sozusagen etwas nach. 38 Ganz bewusst stellt Di<strong>der</strong>ot den<br />

Herrn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>baren Freiheit als dah<strong>in</strong><strong>le</strong>bend dar und<br />

po<strong>le</strong>misiert damit gegen das kirchliche Dogma e<strong>in</strong>er kirchlichen<br />

Welt<strong>le</strong>nkung. 39 Darauf soll im nachfolgenden Kapitel näher<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

Mit <strong>der</strong> offensichtlichen Über<strong>le</strong>genheit des <strong>Die</strong>ners macht <strong>der</strong> Autor<br />

deutlich, dass sozia<strong>le</strong> Hierarchien ke<strong>in</strong>esfalls auf e<strong>in</strong>er natürlichen<br />

Über<strong>le</strong>genheit basieren, son<strong>der</strong>n die Geburt den <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Stand<br />

fest<strong>le</strong>gt. Trotzdem bestimmt dieser nicht über Verhaltens- und<br />

Denkweisen des Individuums. An <strong>Jacques</strong>' Beispiel sieht man, dass<br />

34 Didier (1998), S. 78<br />

35 Didier (1998), S. 79<br />

36 Mayer (1955), S. 229<br />

37 Ibid.<br />

38 Ibid.<br />

39 Ibid.<br />

12


Selbstbewusstse<strong>in</strong> und Aufmüpfigkeit, das H<strong>in</strong>terfragen des<br />

Schicksals und das Anzweifeln <strong>der</strong> bestehenden <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Ordnung<br />

e<strong>in</strong>e Fül<strong>le</strong> an Freiheiten br<strong>in</strong>gen kann.<br />

Ce n'est pas <strong>le</strong> rang qu'il occupe dans la hiérarchie socia<strong>le</strong> qui<br />

fait l'homme libre[...] [Di<strong>der</strong>ot] n'hésite pas à en renverser<br />

hardiment la hiérarchie: c'est <strong>le</strong> va<strong>le</strong>t qui devient <strong>le</strong> héros. 40<br />

In diesem Rol<strong>le</strong>ntausch spiegeln sich Grundhaltungen <strong>der</strong><br />

menschlichen Natur wi<strong>der</strong>. Zum e<strong>in</strong>en liegt dar<strong>in</strong> begründet, dass <strong>in</strong><br />

je<strong>der</strong> Gesellschaftsform Führer und Geführte <strong>le</strong>ben, zum an<strong>der</strong>en<br />

schließt sich wie<strong>der</strong>um daraus, dass je<strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />

befehligen möchte. Lebt e<strong>in</strong>e Gruppe von Menschen zusammen,<br />

bilden sich gewisse Strukturen von ganz al<strong>le</strong><strong>in</strong>. Ob aus Gründen des<br />

Reichtums o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stärke – sowohl körperliche als auch geistig /<br />

psychologische –, auf ganz natürliche Art und Weise übernimmt<br />

e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehrere das Kommando über die an<strong>der</strong>en. <strong>Jacques</strong> ist<br />

se<strong>in</strong>em Herrn <strong>in</strong>tel<strong>le</strong>ktuell über<strong>le</strong>gen und aus diesem Grund auch<br />

mehr <strong>der</strong> Herr als es <strong>der</strong> eigentliche Träger dieses Titels darstellt.<br />

Di<strong>der</strong>ot nimmt diesen Gedanken des Führungs- und<br />

Befehlsanspruches auf se<strong>in</strong>e gewohnt philosophische Art und Weise<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Parabel des Hundes als Gefährte des Menschen auf. In dem<br />

bereits angesprochenen Gasthof Grand Cerf treffen <strong>Jacques</strong> und<br />

se<strong>in</strong> Herr auf die Wirt<strong>in</strong>, die gerade e<strong>in</strong>en Streit mit e<strong>in</strong> paar Gästen<br />

austrägt. <strong>Die</strong>se hatten Nico<strong>le</strong> misshandelt, erst später stellt sich<br />

heraus, dass die verme<strong>in</strong>tliche Tochter e<strong>in</strong>e Hünd<strong>in</strong> ist. <strong>Die</strong> Wirt<strong>in</strong><br />

kümmert sich um das Tier wie um ihr eigenes K<strong>in</strong>d und gesteht, dass<br />

die Hunde "mehr wert [s<strong>in</strong>d] als Vater, Mutter, Brü<strong>der</strong>, Schwestern,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>Die</strong>ner und Ehemänner." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 121) Ihre Liebe<br />

begründet sie mit <strong>der</strong> absoluten und une<strong>in</strong>geschränkten Treue des<br />

Tieres: "So was ist unschuldig, so was ist e<strong>in</strong>em treu, so was tut<br />

niemals Böses an." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 121) Auch <strong>der</strong> Henker, den<br />

<strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong> Herr zuvor kennenge<strong>le</strong>rnt hatten, "g<strong>in</strong>g al<strong>le</strong><strong>in</strong>,<br />

wenn man die großen Hunde, die vor ihm herliefen, außer acht<br />

lässt." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 83) Er wird von <strong>der</strong> Gesellschaft gemieden,<br />

denn se<strong>in</strong> Beruf hat ke<strong>in</strong> großes Ansehen. Und doch ist er dank<br />

40 May (1961), S. 242<br />

13


se<strong>in</strong>er Hunde nicht al<strong>le</strong><strong>in</strong>. Der Hund sche<strong>in</strong>t demnach <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige<br />

wirkliche Gefährte des Menschen zu se<strong>in</strong>. Bekräftigend stellt die<br />

Wirt<strong>in</strong> fest: "Wenn es etwas Vollkommeneres gibt, dann ist es<br />

wenigstens nicht <strong>der</strong> Mensch." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 121)<br />

C'est donc la fidélité du chien pour son maître qui explique<br />

d'abord, selon Di<strong>der</strong>ot, l'attachement du maître à son chien: par<br />

cette fidélité, <strong>le</strong> chien, en effet, sacrifie sa liberté pour en faire<br />

hommage à son maître. 41<br />

Auch <strong>Jacques</strong> macht sich diesbezüglich se<strong>in</strong>e Gedanken und fragt<br />

den Herrn, "ob ihm nicht aufgefal<strong>le</strong>n sei, daß, wie groß das E<strong>le</strong>nd <strong>der</strong><br />

k<strong>le</strong><strong>in</strong>en Leute auch se<strong>in</strong> möge und obwohl es ihnen an Brot mange<strong>le</strong>,<br />

sie doch samt und son<strong>der</strong>s Hunde hätten." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 203) <strong>Die</strong>se<br />

Tiere können auch stets k<strong>le</strong><strong>in</strong>e Kunststücke und s<strong>in</strong>d mehr o<strong>der</strong><br />

weniger gut erzogen. <strong>Jacques</strong> kommt zu dem Schluß, dass "je<strong>der</strong><br />

Mensch e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en befeh<strong>le</strong>n wol<strong>le</strong>." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 203) Dabei<br />

kommandiert man den <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Hierarchie unter sich<br />

stehenden, <strong>der</strong> König die Adligen und diese wie<strong>der</strong>um den dritten<br />

Stand. Der logische Schluss ist nun, dass die sogenannten k<strong>le</strong><strong>in</strong>en<br />

Leute e<strong>in</strong>en Hund besitzen, "da das Tier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

unmittelbar nach <strong>der</strong> <strong>le</strong>tzten Klasse <strong>der</strong> <strong>le</strong>tzten, von al<strong>le</strong>n übrigen<br />

Klassen kommandierten Bürger komme." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 203)<br />

Zusammenfassend stellt <strong>Jacques</strong> fest, dass je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Hund hat.<br />

Der M<strong>in</strong>ister ist <strong>der</strong> Hund des Königs, <strong>der</strong> oberste<br />

Staatssekretär ist <strong>der</strong> Hund des M<strong>in</strong>isters, die Frau ist <strong>der</strong> Hund<br />

des Ehemanns o<strong>der</strong> Ehemann ist <strong>der</strong> Hund <strong>der</strong> Frau; [...]<br />

Schwache Menschen s<strong>in</strong>d die Hunde entschlossener<br />

Menschen. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 203)<br />

Während e<strong>in</strong> Hund zunächst wirklich frei und auch unschuldig ist (cf.<br />

Di<strong>der</strong>ot 1972: 121), unterliegt <strong>der</strong> Mensch von Geburt an gewissen<br />

Regeln und auch Zwängen. Für ihn bedeutet Freiheit, se<strong>in</strong> Tier o<strong>der</strong><br />

auch e<strong>in</strong>en Menschen zu kommandieren. 42<br />

<strong>Jacques</strong> jedoch beschränkt sich nicht darauf, se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Freiheit<br />

im Kommandieren von an<strong>der</strong>en Menschen zu sehen. Er möchte sich<br />

vollkommen zum Herrn se<strong>in</strong>er selbst machen (cf. Di<strong>der</strong>ot 1972: 96)<br />

und steht <strong>in</strong> Di<strong>der</strong>ots Roman somit für das aufstrebende Bürgertum<br />

41 May (1961), S. 239<br />

42 May (1961), S. 240<br />

14


des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Mehr und mehr über die Machenschaften von<br />

Adel und K<strong>le</strong>rus aufgeklärt, fand sich die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft am<br />

niedrigsten angesiedelte Schicht nicht mehr damit ab, ihren Stand als<br />

gottgegeben h<strong>in</strong>zunehmen. Mit zunehmenden, auch f<strong>in</strong>anziel<strong>le</strong>n,<br />

Mitteln entwickelte sie sich zu e<strong>in</strong>er "classe bourgeoise en p<strong>le</strong><strong>in</strong>e<br />

évolution qui participera largement à la révolution de 1789." 43 Doch<br />

zum Zeitpunkt des Ersche<strong>in</strong>ens von Di<strong>der</strong>ots Roman, also 45 Jahre<br />

vor <strong>der</strong> Revolution, was das Aufbegehren des Bürgertums noch <strong>in</strong><br />

den Anfängen. Auch <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste et son maître" spiegelt<br />

sich dies wi<strong>der</strong>. So ist e<strong>in</strong>zig <strong>der</strong> <strong>Die</strong>ner selbstbewusst genug, um<br />

zum<strong>in</strong>dest zeitweise e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung se<strong>in</strong>es <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Status' zu<br />

erwirken. Zwar treffen <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong> Herr zu Beg<strong>in</strong>n ihrer Reise<br />

e<strong>in</strong>en "f<strong>le</strong>gelhaften Wundarzt" (Di<strong>der</strong>ot 1972: 7), <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> ihr<br />

Gespräch e<strong>in</strong>mischt und sich nicht das Wort verbieten lässt, doch<br />

wird <strong>der</strong> Leser kaum an<strong>der</strong>e Vertreter des sche<strong>in</strong>bar erstarkten<br />

Bürgertums f<strong>in</strong>den. Vielmehr führt <strong>der</strong> Erzäh<strong>le</strong>r Beispie<strong>le</strong> für den<br />

<strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Abstieg auf, bei denen die e<strong>in</strong>zelnen Personen ihre neue<br />

Rol<strong>le</strong> im dritten Stand bestmöglich <strong>le</strong>ben o<strong>der</strong> aber als<br />

Schicksalsfügung h<strong>in</strong>nehmen.<br />

Neben Monsieur Le Pel<strong>le</strong>tier, <strong>der</strong> aus Mit<strong>le</strong>id für die Armen al<strong>le</strong>s<br />

verkaufte, bis er selbst nicht mehr <strong>le</strong>bensfähig war und betteln g<strong>in</strong>g<br />

(cf. Di<strong>der</strong>ot 1972: 63), <strong>le</strong>rnt <strong>der</strong> Leser die schon mehrmals<br />

angesprochene Wirt<strong>in</strong> des Gasthauses Grand Cerf kennen. Ihrem<br />

Leben als Bürgerliche g<strong>in</strong>g das e<strong>in</strong>es adligen Mädchens voraus. Auf<br />

die Vermutung von <strong>Jacques</strong>' Herrn, "Daß [s]ie aus e<strong>in</strong>em höheren<br />

Stand durch außergewöhnliche Umstände hierher versetzt worden"<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 149) war, entgegnet sie:<br />

Sie sol<strong>le</strong>n bloß wissen, daß ich <strong>in</strong> Sa<strong>in</strong>t-Cyr 44 erzogen worden<br />

b<strong>in</strong>; dort habe ich e<strong>in</strong> wenig vom Evangelium, aber vie<strong>le</strong> Romane<br />

ge<strong>le</strong>sen. Von <strong>der</strong> königlichen Abtei bis zu dem Gasthof, den ich<br />

führe, ist es e<strong>in</strong> langer Weg. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 149)<br />

In ihrem neuen Leben, das sie höchstwahrsche<strong>in</strong>lich ihres Mannes<br />

wegen <strong>in</strong> dieser Weise führt, fügt sie sich dem Schicksal und macht<br />

das Beste aus ihrer Situation.<br />

43 http://lastrolabe.free.fr/critiquesoc.html<br />

15


Di<strong>der</strong>ot zeigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk aber nicht nur, dass es neben Adel und<br />

K<strong>le</strong>rus auch noch das Bürgertum gibt, er beschreibt und benennt<br />

sogar e<strong>in</strong>zelne Berufsgruppen und geht damit e<strong>in</strong>en neuen Weg. Vor<br />

<strong>der</strong> Aufklärung <strong>in</strong>teressiert man sich überhaupt nicht für den dritten<br />

Stand, Di<strong>der</strong>ot dagegen zeigt sogar offene Sympathie für diese<br />

benachteiligte Schicht und möchte vor Vorverurteilungen warnen. So<br />

lässt er beispielsweise den von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft gemiedenen<br />

Henker <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Verhalten nobel ersche<strong>in</strong>en, als er von <strong>Jacques</strong><br />

das Pferd zurückkaufte, das diesem nur Unglück gebracht hatte.<br />

Dank dem Zeitalter <strong>der</strong> Aufklärung kann Di<strong>der</strong>ot auch offen von den<br />

Frauen sprechen, die gegen Geld den Herren Gefälligkeiten<br />

erwiesen. Es ist e<strong>in</strong> "gefährliches, schimpfliches, wenig e<strong>in</strong>trägliches<br />

Gewerbe [...], aber Not kennt ke<strong>in</strong> Gebot." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 142) Auch<br />

beschreibt er Ungerechtigkeiten, gegen die sich f<strong>in</strong>anziell<br />

Benachteiligte wegen <strong>der</strong> enormen Gerichtskosten (cf. Di<strong>der</strong>ot 1972:<br />

271) nicht wehren konnten, und er spricht damit auch die größtenteils<br />

dem Bürgertum aufgebürdeten Steuerlasten an.<br />

Di<strong>der</strong>ot übt offene Gesellschaftskritik und deckt die Missstände<br />

se<strong>in</strong>er Zeit auf. Er beschreibt die Umstände "dans un sièc<strong>le</strong> qui voit<br />

l'émergence d'une classe bourgeoise soucieuse de rompre avec <strong>le</strong>s<br />

privilèges de la nob<strong>le</strong>sse." 45<br />

Doch nicht nur <strong>der</strong> Adel besaß die<br />

angesprochenen Privi<strong>le</strong>gien, auch <strong>der</strong> K<strong>le</strong>rus genoss vie<strong>le</strong> Vorzüge.<br />

Im nachstehenden Kapitel werden die auftretenden Charaktere<br />

dieser Schicht e<strong>in</strong>geordnet und die Kritik Di<strong>der</strong>ots an diesem Stand<br />

untersucht.<br />

2.4. Der K<strong>le</strong>rus – E<strong>in</strong> Stand zwischen christlicher Überzeugung<br />

und e<strong>in</strong>em Leben contre la nature<br />

Bereits unter 2.1. wurde angesprochen, dass <strong>der</strong> Ursprung des<br />

Wortes K<strong>le</strong>rus im Late<strong>in</strong>ischen liegt und soviel wie "ausgewählter<br />

Stand" bedeutet. Geht man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Etymologie noch weiter zurück,<br />

gelangt man zum griechischen k<strong>le</strong>rikôs. Ursprünglich bedeutet<br />

44 In diesem Dorf <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von Versail<strong>le</strong>s gründete Ludwig XIV. 1686 e<strong>in</strong>e<br />

Anstalt für die Erziehung armer adliger Mädchen. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 337)<br />

45 http://lastrolabe.free.fr/critiquesoc.html<br />

16


dieses Wort etwa "Gew<strong>in</strong>n" o<strong>der</strong> "Preis", später bezeichnete man<br />

damit die Christen, "qui avaient choisi la bonne religion, qui <strong>Die</strong>u<br />

avait choisi de sauver." 46 Zunächst wurde damit e<strong>in</strong>e Opposition zu<br />

den Nichtgläubigen hergestellt, später jedoch verwendete man den<br />

Begriff nur noch für Priester. Im 10. Jahrhun<strong>der</strong>t kam er nach<br />

Frankreich und galt für "l'ensemb<strong>le</strong> des ecclésiastiques d'une église,<br />

d'un pays, d'une vil<strong>le</strong>." 47<br />

Neben <strong>der</strong> bereits angesprochenen Unterteilung <strong>in</strong> den reichen<br />

hohen und den armen nie<strong>der</strong>en K<strong>le</strong>rus existiert auch noch diejenige<br />

<strong>in</strong> den regulierten und den weltlichen K<strong>le</strong>rus – c<strong>le</strong>rgé régulier und<br />

c<strong>le</strong>rgé séculier. 48<br />

Ersteren stellte die Geme<strong>in</strong>schaft al<strong>le</strong>r Äbte,<br />

Mönche und Religiösen dar, die unter strenger Ordnung und<br />

abgeschnitten von <strong>der</strong> Welt <strong>in</strong> Klöstern <strong>le</strong>bt. Der weltliche K<strong>le</strong>rus<br />

dagegen s<strong>in</strong>d al<strong>le</strong> Bischöfe, Pfarrer und Gläubigen, die im Kontakt<br />

mit ihren Mitmenschen stehen und e<strong>in</strong> "norma<strong>le</strong>s Leben" führen.<br />

Während die im Kloster <strong>le</strong>benden Geistlichen geson<strong>der</strong>t <strong>in</strong> Kapitel 3<br />

untersucht werden sol<strong>le</strong>n, geht es im Folgenden vor al<strong>le</strong>m um die<br />

Säkulark<strong>le</strong>riker und ihre Rol<strong>le</strong> <strong>in</strong> Di<strong>der</strong>ots "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste".<br />

Innerhalb dieser Gruppe von Geistlichen existiert e<strong>in</strong>e Hierarchie, auf<br />

die <strong>der</strong> Erzäh<strong>le</strong>r e<strong>in</strong>geht, als er am zweiten Tag die verschiedenen<br />

Übernachtungsmöglichkeiten für <strong>Jacques</strong> und se<strong>in</strong>en Herrn aufzählt:<br />

[S]ei es, daß sie sich zu den Bettelmönchen geflüchtet hätten,<br />

wo sie um <strong>der</strong> Liebe Gottes wil<strong>le</strong>n sch<strong>le</strong>cht untergebracht und<br />

sch<strong>le</strong>cht verpf<strong>le</strong>gt wurden; [...] daß sie die Gastfreundschaft<br />

e<strong>in</strong>es Dorfpfarrers genossen hätten, <strong>der</strong> auf das Jahresgeld<br />

angewiesen war, das <strong>der</strong> Pfründenbesitzer se<strong>in</strong>em<br />

Stellvertreter auszahlte, und <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Geflügelhöfe se<strong>in</strong>er<br />

Pfarrk<strong>in</strong><strong>der</strong> bedienen mußte, um den beiden e<strong>in</strong>e Ome<strong>le</strong>tte und<br />

e<strong>in</strong> Hühnerfrikassee vorsetzen zu können; o<strong>der</strong> daß sie sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er reichen Bernhard<strong>in</strong>erabtei an herrlichen We<strong>in</strong> bezecht,<br />

üppig gespeist und sich gehörig den Magen verdorben hätten[.]<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 27f.)<br />

Sehr deutlich wird hierbei die Abstufung von den Abteien, die e<strong>in</strong><br />

angenehmes Leben auf Kosten ihrer Gläubigen führen, über die<br />

Dorfpfarrer, die relativ arm s<strong>in</strong>d und sich ihrer Pfarrgeme<strong>in</strong>de<br />

bedienen, bis h<strong>in</strong> zu den Bettelmönchen, die noch idealistisch s<strong>in</strong>d<br />

und "um <strong>der</strong> Liebe Gottes Wil<strong>le</strong>n" (Di<strong>der</strong>ot 1972: 28) <strong>in</strong> größter Armut<br />

46 http://www.ac-or<strong>le</strong>ans-tours.fr/<strong>le</strong>ttres/co<strong>in</strong>_e<strong>le</strong>ve/etymon/hist/c<strong>le</strong>rge.html<br />

47 Ibid.<br />

17


<strong>le</strong>ben. Wie bereits angesprochen besaß <strong>der</strong> K<strong>le</strong>rus unter vie<strong>le</strong>n<br />

an<strong>der</strong>en Privi<strong>le</strong>gien auch das des Steuererlasses. <strong>Die</strong>s verschaffte<br />

ihm Reichtum, <strong>der</strong> jedoch – wie im obigen Beispiel zu sehen – nicht<br />

al<strong>le</strong>n zugute kam. Vor al<strong>le</strong>m die Klostervorsteher nutznießten von <strong>der</strong><br />

f<strong>in</strong>anziel<strong>le</strong>n Macht und wussten diese auch für sich zu gebrauchen,<br />

wie das Beispiel des Pater Hudson zeigt.<br />

[Er] war von höchst anziehen<strong>der</strong> Ersche<strong>in</strong>ung [...]; er hatte<br />

Geist, Kenntnisse, frohen S<strong>in</strong>n, besaß Anstand <strong>in</strong> Rede und<br />

Benehmen sowie Liebe zur Ordnung und zur Arbeit; aber auch<br />

die wütendsten Leidenschaften, den zügellosesten Hang zur<br />

Liebeslust und zu den Frauen, e<strong>in</strong>e bis zur <strong>le</strong>tzten Möglichkeit<br />

entwickelte Begabung für Intrigen, die lockersten Sitten und den<br />

une<strong>in</strong>geschränkten Despotismus über se<strong>in</strong> Kloster.<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1972: 210)<br />

Nachdem er se<strong>in</strong> vom Jansenismus 49 befal<strong>le</strong>nes Kloster <strong>in</strong> Ordnung<br />

gebracht, die Ärgernis erregenden Kostgänger h<strong>in</strong>ausgeworfen und<br />

die Ordensregeln wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geführt hatte, herrschte e<strong>in</strong>e strenge<br />

Zucht, <strong>der</strong> er sich selbst jedoch entband. Se<strong>in</strong>e nächtlichen<br />

Ausschweifungen blieben nicht unentdeckt und das eiserne Joch,<br />

das se<strong>in</strong>e Unterstellten trugen, rief e<strong>in</strong>e gefährliche Wut hervor.<br />

Unter se<strong>in</strong>en Beichtk<strong>in</strong><strong>der</strong>n hatte er al<strong>le</strong> verführt, "die sich <strong>der</strong> Mühe<br />

lohnten" (Di<strong>der</strong>ot 1972: 211), e<strong>in</strong>e k<strong>le</strong><strong>in</strong>e Zuckerbäcker<strong>in</strong> schloss er<br />

gar <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Serail e<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>se Entführung flog auf und hätte jeden<br />

an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>s Ver<strong>der</strong>ben gestürzt, "aber Pater Hudson war e<strong>in</strong> Mann<br />

von Kopf, und dieser Vorfall gewann ihm das Wohlwol<strong>le</strong>n und die<br />

Gönnerschaft des Polizeirichters." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 212) Anhand<br />

dieses Beispiels zeigt Di<strong>der</strong>ot, dass die Gesetze für die Armen, nicht<br />

aber für je<strong>der</strong>mann galten. Pater Hudson war e<strong>in</strong> bekannter Mann<br />

und kam aufgrund dessen ungestraft davon: "Der Richter empfahl<br />

ihm, <strong>in</strong> Zukunft vorsichtiger zu se<strong>in</strong>, versprach ihm Stillschweigen<br />

über dieses Abenteuer und bezeugte den Wunsch, ihn näher<br />

kennenzu<strong>le</strong>rnen." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 212)<br />

Weiter unten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hierarchie trifft <strong>der</strong> Leser <strong>Jacques</strong>' Bru<strong>der</strong> und<br />

den Sekretär des Marquis des Arcis. Beide treten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Orden e<strong>in</strong>,<br />

48 Ibid.<br />

49 E<strong>in</strong>e fanatische katholische Sekte im Frankreich des 17./18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, die<br />

glaubten, daß man nur durch die Gnade Gottes <strong>in</strong> das Paradies kommt und dies<br />

schon vor <strong>der</strong> Geburt festge<strong>le</strong>gt wird. Da es unabhängig davon ist, was man auf<br />

18


Bru<strong>der</strong> Jean wurde Karmeliter 50 und Richard Prämonstratenser 51 .<br />

Beide waren <strong>der</strong> Welt überdrüssig, erhofften sich e<strong>in</strong> geordnetes<br />

Leben und beide <strong>le</strong>rnten statt dessen Ungerechtigkeit und<br />

Demütigung kennen. Während <strong>der</strong> Sekretär Richard Zeuge des<br />

beschriebenen Abenteuers von Pater Hudson wurde, musste<br />

<strong>Jacques</strong>' Bru<strong>der</strong> Jean, nachdem er selbst aufgrund se<strong>in</strong>es Ehrgeizes<br />

degradiert und gegeißelt worden war, mit ansehen, wie <strong>der</strong> junge<br />

Pater Ange gedemütigt wurde. Er war beliebt und<br />

an den Abenden vor den Sonntagen und den hohen Festtagen ist<br />

Pater Anges Beichtstuhl von Büßern und Büßer<strong>in</strong>nen umlagert,<br />

und die alten Patres warteten vergebens <strong>in</strong> ihren gemiedenen<br />

Beichtstüh<strong>le</strong>n auf Praktizierende. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 49)<br />

<strong>Die</strong> alten Mönche konnten dies nicht verw<strong>in</strong>den und beschlossen,<br />

den jungen Pater aus dem Wege zu schaffen. Sie bestachen<br />

zunächst e<strong>in</strong>en Pförtner, <strong>der</strong> unter Eid aussagte, Pater Ange "habe<br />

sich im Sprechzimmer mit e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Betschwestern Freiheiten<br />

herausgenommen." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 51) Nach weiteren<br />

Ver<strong>le</strong>umdungen und üb<strong>le</strong>n Nachreden ließen diese unversöhnlichen<br />

Mönche (Di<strong>der</strong>ot 1972: 49) "e<strong>in</strong>en Arzt kommen, <strong>der</strong> bestochen<br />

wurde und besche<strong>in</strong>igte, jener Mönch sei verrückt und müsse<br />

dr<strong>in</strong>gend Heimatluft atmen." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 51f.)<br />

Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite stellt Di<strong>der</strong>ot die obere Schicht des K<strong>le</strong>rus als<br />

despotisch, unversöhnlich und ausnutzend dar, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite macht er jedoch deutlich, dass die Religion gerade für die<br />

Ärmeren etwas sehr Wichtiges war. Vie<strong>le</strong> verirrte See<strong>le</strong>n fanden dort<br />

e<strong>in</strong>en neuen Lebenss<strong>in</strong>n; für vie<strong>le</strong> junge Frauen und auch Männer<br />

war <strong>der</strong> E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kloster die <strong>le</strong>tzte Rettung und e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit, <strong>der</strong> Armut zu entfliehen.<br />

Armut zu ertragen, [und] sich damit zu begnügen, dar<strong>in</strong><br />

Beglückendes zu f<strong>in</strong>den, [...] da sieht man, wozu die Religion<br />

dienlich ist. Unsere Philosophen mögen sagen was sie wol<strong>le</strong>n,<br />

die Religion ist e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e Sache. – Vor al<strong>le</strong>m für die<br />

Unglücklichen. (Di<strong>der</strong>ot 1972: 154)<br />

Erden Gutes o<strong>der</strong> Sch<strong>le</strong>chtes getan hat, führten die Jansenisten e<strong>in</strong><br />

entsprechend nachlässiges Leben. (H<strong>in</strong>richs 1984: 214)<br />

50 Im 12. Jh. <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a gegründeter Orden, <strong>der</strong> Armut, E<strong>in</strong>samkeit und Verzicht<br />

von F<strong>le</strong>isch vorschrieb. (http://www.heiligen<strong>le</strong>xikon.de/Orden/Karmeliter.html)<br />

51 1120 <strong>in</strong> Prémontre durch Norbert von Prémontre gegründet, <strong>le</strong>bten sie nach <strong>der</strong><br />

August<strong>in</strong>erregel. (http://www.heiligen<strong>le</strong>xikon.de/Orden/Praemonstratenser.html)<br />

19


Al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs zeigen Pater Hudson und die unversöhnlichen Mönche<br />

des Karmeliterordens, wieviel Macht von <strong>der</strong> Religion ausgeht.<br />

<strong>Jacques</strong> stellt dazu sehr treffend fest, dass al<strong>le</strong> Predigten den<br />

Präambeln <strong>der</strong> königlichen Edikte ähneln, denn "al<strong>le</strong> Prediger<br />

möchten, daß man ihre Lehren befolgt, weil wir uns dabei viel<strong>le</strong>icht<br />

besser stehen würden". (Di<strong>der</strong>ot 1972: 103) Es lassen sich<br />

dah<strong>in</strong>gehend Paral<strong>le</strong><strong>le</strong>n zwischen <strong>der</strong> katholischen Aus<strong>le</strong>gung von<br />

Religion und e<strong>in</strong>em totalitären politischen System ziehen, als dass<br />

beide ihre Mitglie<strong>der</strong> unterdrücken und bis <strong>in</strong> ihre Gefüh<strong>le</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

dirigieren möchten. Doch nur <strong>der</strong> Macht e<strong>in</strong>er Religion gel<strong>in</strong>gt dies.<br />

[M]it welcher Energie <strong>der</strong> Katholizismus wil<strong>le</strong>ns war und ist,<br />

über Menschen zu regieren, zeigt sich erschreckend deutlich <strong>in</strong><br />

den Bestimmungen, mit denen er glaubt, sogar den<br />

Gefühlsbereich <strong>der</strong> ihm untergebenen K<strong>le</strong>riker bis <strong>in</strong>s Detail<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> kontrollieren zu können und zu müssen. [...] <strong>Die</strong><br />

katholische Kirche darf une<strong>in</strong>geschränkt als dasjenige System<br />

gelten, das am konsequentesten, am dauerhaftesten und am<br />

erfahrungsreichsten [...] die psychische Entfremdung se<strong>in</strong>er<br />

Mitglie<strong>der</strong> vorangetrieben und ausgebaut hat. 52<br />

<strong>Die</strong>se psychischen Entfremdungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den bereits angeführten<br />

Abenteuern deutlich geworden. Di<strong>der</strong>ot al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs begründet und<br />

entschuldigt diese Verfehlungen mit <strong>der</strong> Tatsache, dass die K<strong>le</strong>riker<br />

– vor al<strong>le</strong>m die regulierten – e<strong>in</strong>e Lebensweise gewählt haben, "die<br />

dem Gebot <strong>der</strong> Natur entgegengesetzt ist." (Di<strong>der</strong>ot 1972: 209)<br />

Wahns<strong>in</strong>n und Verzweiflung waren ke<strong>in</strong>e seltenen Folgen und e<strong>in</strong><br />

recht vertrautes Phänomen <strong>in</strong> den Klostermauern.<br />

Di<strong>der</strong>ots E<strong>in</strong>stellung zum K<strong>le</strong>rus ist also we<strong>der</strong> positiv noch negativ.<br />

Er zeigt den gutmütigen Pater Ange, dessen Name sicherlich<br />

bewusst auf se<strong>in</strong> "engelhaftes" Wesen h<strong>in</strong>weisen soll (cf. S. 10<br />

dieser Arbeit), und <strong>in</strong> Opposition zu ihm den despotischen Pater<br />

Hudson. Beide s<strong>in</strong>d Opfer – <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ist das Opfer <strong>der</strong><br />

unversöhnlichen Mönche, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e das <strong>der</strong> Religion und des<br />

Lebens contre la nature. <strong>Die</strong> <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste" noch zögerlich<br />

ankl<strong>in</strong>gende Kritik wird <strong>in</strong> "La Religieuse" sehr viel deutlicher. Im<br />

folgenden Kapitel sol<strong>le</strong>n deshalb die dar<strong>in</strong> beschriebenen Zustände<br />

<strong>in</strong> den Klöstern näher untersucht, Gründe für den Schritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Leben<br />

gegen die Natur gesucht und dessen Folgen aufgezeigt werden.<br />

52 Drewermann (1989), S. 188<br />

20


3. Di<strong>der</strong>ots "La Religieuse" – Klostersatire o<strong>der</strong> obszönes Werk<br />

e<strong>in</strong>es Antik<strong>le</strong>rikers?<br />

<strong>Die</strong> Nonne ist e<strong>in</strong>e beißende Anklage auf die Institution des<br />

Klosters, e<strong>in</strong>e Anklage im Namen <strong>der</strong> Gesellschaft (<strong>der</strong> sie<br />

nichts nützt, <strong>der</strong> es vielmehr menschliche Ressourcen entzieht),<br />

<strong>der</strong> Individuen (die es unglücklich macht) und <strong>der</strong> Natur, die es<br />

vergewaltigt, verstümmelt, pervertiert. 53<br />

Di<strong>der</strong>ots Roman ist die autobiographische Geschichte <strong>der</strong> jungen<br />

Suzanne, die von ihren Eltern <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kloster geschickt wird. <strong>Die</strong><br />

Gründe für ihren E<strong>in</strong>tritt waren also nicht Berufung o<strong>der</strong> die Flucht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e sche<strong>in</strong>bar bessere Welt, vielmehr sollte sie für e<strong>in</strong>e Sünde <strong>der</strong><br />

Mutter büßen und <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziel<strong>le</strong>n Versorgung ihrer Stiefschwestern<br />

nicht im Wege stehen. Der Autor wendet sich damit gegen e<strong>in</strong>en zur<br />

damaligen Zeit weitverbreiteten Missstand, nämlich den auf Grund<br />

re<strong>in</strong> weltlicher Interessen erzwungenen E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Kloster. <strong>Die</strong>se<br />

Stätten wurden zu Zwecken missbraucht, die ganz und gar nicht<br />

göttlich s<strong>in</strong>d. Di<strong>der</strong>ots Zorn entlädt sich gegen das "heimliche<br />

E<strong>in</strong>verständnis zwischen <strong>der</strong> Kirche und <strong>der</strong> Welt, zwischen e<strong>in</strong>er<br />

vorgeblich geheiligten Institution und den profansten Anliegen, dem<br />

schmutzigsten Haß." 54<br />

Tatsächlich boten die Klöster zur damaligen<br />

Zeit den Familien des Adels und des gehobenen Bürgertums die<br />

Möglichkeit, ihre unwürdigen K<strong>in</strong><strong>der</strong> h<strong>in</strong>ter Klostermauern<br />

verschw<strong>in</strong>den zu lassen, und wurden damit zu e<strong>in</strong>er Art sozia<strong>le</strong>m<br />

Ärgernis. 55<br />

Unschuldig und unfreiwillig wurde auch Suzanne erst<br />

Christ<strong>in</strong> und später Nonne. Zwar will sie sich gegen Heuche<strong>le</strong>i und<br />

Repressionen auf<strong>le</strong>hnen und die unter Zwang abge<strong>le</strong>gten Gelübde<br />

für ungültig erklären lassen, doch sie verliert diesen ung<strong>le</strong>ichen<br />

Kampf gegen e<strong>in</strong>e so mächtige Institution. Sie wünscht, "es sollte<br />

schwer se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> das Kloster, und <strong>le</strong>icht se<strong>in</strong>, h<strong>in</strong>aus zu gehen"<br />

(Di<strong>der</strong>ot 1966; 124) und fragt anklagend:<br />

Wo stören Seufzer die Ruhe <strong>der</strong> Nacht, und wo vergießt man am<br />

hel<strong>le</strong>n Tage Tränen, ohne zu wissen warum.[...] Wo empört sich<br />

die Natur gegen e<strong>in</strong>en Zwang, für den sie nicht geschaffen ist<br />

[...]? Wo f<strong>in</strong>det man we<strong>der</strong> Vater noch Bru<strong>der</strong>, noch Schwester,<br />

noch Verwandte, noch Freunde? [...] Wo ist <strong>der</strong> Sitz des Hasses,<br />

des Mißvergnügens, <strong>der</strong> Hysterie? Wo haben Sklaverei und<br />

Despotismus ihre Heimstatt? (Di<strong>der</strong>ot 1966: 125)<br />

53 Borek (2000), S. 94<br />

54 Mauzi (1966), S. 312<br />

55 Ibid.<br />

21


<strong>Die</strong> junge Nonne <strong>le</strong>rnt <strong>in</strong> drei verschiedenen Klöstern "Höl<strong>le</strong>n kennen,<br />

die Menschen an<strong>der</strong>en Menschen schaffen." 56 Sie muss e<strong>in</strong>sehen,<br />

dass es "zwischen Wahns<strong>in</strong>n o<strong>der</strong> Mystizismus e<strong>in</strong>erseits und <strong>der</strong><br />

Perversion (als die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nonne auch weibliche Homosexualität gilt)<br />

an<strong>der</strong>erseits ke<strong>in</strong>en Mittelweg gibt." 57<br />

Bereits das Ab<strong>le</strong>gen <strong>der</strong><br />

norma<strong>le</strong>n K<strong>le</strong>idung beim Ordense<strong>in</strong>tritt er<strong>in</strong>nert an die Abgabe <strong>der</strong><br />

K<strong>le</strong>i<strong>der</strong> beim Inhaftieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gefängnis. In <strong>der</strong> Tat gestaltet sich<br />

Suzannes Aufenthalt <strong>in</strong> den Klöstern schlimmer als es <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gefängnis jemals se<strong>in</strong> könnte. Folterungen, Qua<strong>le</strong>n, immer neue<br />

Formen des Missbrauches und die Gewissheit um e<strong>in</strong>e trostlose und<br />

unverän<strong>der</strong>te Zukunft ohne die Aussicht auf e<strong>in</strong>en möglichen Austritt<br />

setzen den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Orden mit e<strong>in</strong>em versch<strong>le</strong>ierten Selbstmord<br />

g<strong>le</strong>ich. 58 Ähnlich e<strong>in</strong>er Gefängniszel<strong>le</strong> ist die e<strong>in</strong>er Ordensschwester<br />

im Kloster dürftig und ohne Spiegel, denn al<strong>le</strong><strong>in</strong> Rosenkranz und<br />

Gebetbuch geben das Abbild e<strong>in</strong>er Nonne wie<strong>der</strong>. 59<br />

Auch die<br />

K<strong>le</strong>idung "hat aus den Händen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Empfang<br />

genommen zu werden, und die Geme<strong>in</strong>schaft duldet we<strong>der</strong><br />

Eigenheiten noch Eigenmächtigkeiten." 60<br />

Schon Freud greift <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Verg<strong>le</strong>ich zwischen Militär und Kirche die uniformierte Tracht<br />

auf. In dieser Vere<strong>in</strong>heitlichung wird die Individualität des E<strong>in</strong>zelnen<br />

aufgehoben, denn<br />

die Uniform e<strong>in</strong>es Heeres schaltet die Soldaten e<strong>in</strong>er Truppe<br />

g<strong>le</strong>ich, ordnet sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu und markiert durch<br />

entsprechende Rangabzeichen die Stufen <strong>der</strong><br />

Befehlspyramide; das Zusammengehörigkeitsgefühl, <strong>der</strong><br />

Korpsgeist, die Pflicht zu unverbrüchlicher Kameradschaft, vor<br />

al<strong>le</strong>m aber: die nicht weiter mehr zu diskutierende Tatsache,<br />

unwi<strong>der</strong>ruflich, durch Eid verpflichtet, dieser bestimmten<br />

Institution anzugehören, f<strong>in</strong>den ihren sichtbaren Ausdruck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Uniform. 61<br />

Ebenso ist die Tracht e<strong>in</strong>er Ordensschwester ke<strong>in</strong>e bloße<br />

Berufsk<strong>le</strong>idung, son<strong>der</strong>n Ausdruck ihrer Berufung vor Gott.<br />

In se<strong>in</strong>em Roman „La Religieuse“ klagt Di<strong>der</strong>ot al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs an, dass es<br />

e<strong>in</strong>e wirkliche Berufung sche<strong>in</strong>bar nicht gibt. Statt dem Aus<strong>le</strong>ben<br />

56 Borek (2000), S.94<br />

57 Ibid.<br />

58 Drewermann (1989), S. 173<br />

59 Drewermann (1989), S. 175<br />

60 Ibid.<br />

61 Ibid.<br />

22


e<strong>in</strong>er Religion werden die Klöster dafür genutzt, "e<strong>in</strong>e Vorhöl<strong>le</strong> <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Ordnung e<strong>in</strong>zurichten." 62 Dennoch hütet sich <strong>der</strong><br />

Autor vor e<strong>in</strong>er allzu vere<strong>in</strong>fachenden Gegenüberstellung von Kirche<br />

und "norma<strong>le</strong>r" Welt. Vielmehr zeigen die Stationen <strong>der</strong> Schwester<br />

Suzanne, dass die wahre Grenze "zwischen <strong>der</strong> morbiden Welt <strong>der</strong><br />

Klöster und <strong>der</strong> weltverbundenen Kirche, die wohltätig zu se<strong>in</strong><br />

vermag" 63 , verläuft. Und ob nun folternde und pe<strong>in</strong>igende Ober<strong>in</strong>nen<br />

o<strong>der</strong> gerechte und gutmütige Priester, Suzanne hat statt e<strong>in</strong>er<br />

Berufung ihren Glauben, <strong>der</strong> sie am Leben erhält und den Kampf<br />

gegen al<strong>le</strong> Ungerechtigkeiten weiterführen lässt. Di<strong>der</strong>ots Roman<br />

galt als obszön, antik<strong>le</strong>rikal und deshalb verabscheuungswürdig.<br />

Al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs wird e<strong>in</strong>e gewisse Obszönität nur unterschwellig<br />

angesprochen und auch <strong>der</strong> Antik<strong>le</strong>rikalismus ist nur sekundär, denn<br />

trotz all ihrer Er<strong>le</strong>bnisse ist Schwester Suzanne "Weit davon entfernt,<br />

<strong>der</strong> Religion selbst die Schuld zu geben an den Verfolgungen, denen<br />

sie ausgesetzt ist, [vielmehr] erwartet sie Trost <strong>in</strong> dieser Religion." 64<br />

Di<strong>der</strong>ots Angriff beschränkt sich auf die Klöster, von e<strong>in</strong>em<br />

antichristlichen Werk kann also nicht pauschal die Rede se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong> ideologische Kritik <strong>der</strong> "Nonne" beschränkt sich im großen<br />

und ganzen auf zwei Themen, nämlich Berufung und das<br />

Sichzurückziehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e abgeschlossene Welt. Bei <strong>der</strong><br />

Behandlung des ersteren packt Di<strong>der</strong>ot e<strong>in</strong> vor al<strong>le</strong>m sozia<strong>le</strong>s,<br />

ja sogar politisches Prob<strong>le</strong>m an. Das zweite ist e<strong>in</strong> fast<br />

physiologisches Thema, bei dem nur die Natur <strong>in</strong>teressiert [...] 65<br />

Wie schon <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste" thematisiert Di<strong>der</strong>ot, dass das<br />

Kloster<strong>le</strong>ben die natürlichen Gefüh<strong>le</strong> zerstört und die animalischen<br />

Funktionen aufhebt. (Di<strong>der</strong>ot 1966: 124f.) Frustrationen und<br />

physische Störungen denaturieren jedes menschliche Empf<strong>in</strong>den<br />

und verwandeln die Menschen <strong>in</strong> Klöstern zu wi<strong>der</strong>natürlich<br />

Geschöpfen.<br />

<strong>Die</strong> Korruption <strong>der</strong> natürlichen Empf<strong>in</strong>dungen läuft auf ziemlich<br />

e<strong>in</strong>fache und im großen und ganzen konventionel<strong>le</strong> Antithesen<br />

h<strong>in</strong>aus: Liebe verwandelt sich <strong>in</strong> Haß, Autorität <strong>in</strong> Despotismus,<br />

See<strong>le</strong>nverwandtschaft <strong>in</strong> Eifersucht. 66<br />

62 Mauzi (1966), S. 314<br />

63 Mauzi (1966), S. 307<br />

64 Mauzi (1989), S. 311<br />

65 Ibid.<br />

66 Mauzi (1989), S. 322<br />

23


Di<strong>der</strong>ots Nonne kann e<strong>in</strong>erseits als "e<strong>in</strong> Katalog <strong>der</strong> vom morbiden<br />

Milieu <strong>der</strong> Klöster hervorgerufenen 'Neurosen' angesehen werden" 67 ,<br />

doch richtet sich se<strong>in</strong>e Kritik nicht al<strong>le</strong><strong>in</strong> gegen diese Art <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Ordnung, se<strong>in</strong> Werk ist zudem e<strong>in</strong> "Protest gegen<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Konzeption des Menschen." 68<br />

Di<strong>der</strong>ots Nonne wi<strong>der</strong> Wil<strong>le</strong>n ist <strong>der</strong> natürliche Mensch, <strong>der</strong>, nur<br />

auf sich al<strong>le</strong><strong>in</strong> gestellt, gegen e<strong>in</strong> durch Konvention und<br />

Gewohnheit sanktioniertes, faktisch unangreifbares System<br />

se<strong>in</strong>e Freiheit zurückzugew<strong>in</strong>nen sucht. 69<br />

An Schwester Suzanne zeigt <strong>der</strong> Autor zum e<strong>in</strong>en, dass <strong>der</strong> Glaube<br />

nicht nur sprichwörtlich Berge versetzen kann, er po<strong>le</strong>misiert zum<br />

an<strong>der</strong>en auch gegen die Kirche mit ihren Dogmen und vor al<strong>le</strong>m<br />

gegen die Klöster mit ihrer Lebensweise gegen die Gesetze <strong>der</strong><br />

Natur. Und so schwebt über dem Roman die anklagende Frage, ob<br />

man für den wahren Glauben die Institution Kirche benötigt.<br />

67 Mauzi (1989), S. 325<br />

68 Mauzi (1989), S. 331<br />

69 Di<strong>der</strong>ot (1966), S. 2<br />

24


4. Schlussbetrachtung<br />

Sowohl bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> <strong>Schichten</strong> <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong><br />

fataliste" als auch bei <strong>der</strong> Untersuchung des Kloster<strong>le</strong>bens <strong>in</strong> "La<br />

Religieuse" fällt e<strong>in</strong>e Hauptaussage Di<strong>der</strong>ots auf: es s<strong>in</strong>d nicht <strong>der</strong><br />

Rang o<strong>der</strong> die Stellung, die für den Menschen wirklich wichtig s<strong>in</strong>d<br />

und etwas über se<strong>in</strong>e Freiheit aussagen.<br />

In je<strong>der</strong> Schicht zeigt <strong>der</strong> Autor Personen, die sich an<strong>der</strong>s verhalten<br />

als man es von ihnen aufgrund ihrer <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Position erwartet. Pater<br />

Hudson verstrickt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Abenteuer, das man von e<strong>in</strong>em<br />

Geistlichen nicht erwarten würde, <strong>der</strong> Henker Monsieur Bigre ist zwar<br />

e<strong>in</strong> Vertreter des dritten Standes, zeigt sich al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Verhalten äußerst nobel und Madame de la Pommeraye wie<strong>der</strong>um<br />

deklassiert sich durch ihre Machenschaften und Intrigen.<br />

Es f<strong>in</strong>den sich psychologischen Novel<strong>le</strong>n (Mme de la<br />

Pommeraye), Pariser Sittenbil<strong>der</strong> (Liebesgeschichte des<br />

Herrn), Bil<strong>der</strong> aus dem Bauern- und Mönchs<strong>le</strong>ben, sehr<br />

freimütige Geschichten, e<strong>in</strong>fache Anekdoten, Beschwörungen<br />

bizarrer Gestalten [...], wie diejenige des Gousse o<strong>der</strong> von<br />

<strong>Jacques</strong>' Hauptmann. Darauf werden philosophische<br />

Diskussionen und Ref<strong>le</strong>xionen des Autors gepfropft[...] 70<br />

Mit Hilfe dieser Ref<strong>le</strong>xionen und dem vorab erwähnten Vertauschen<br />

<strong>der</strong> Rol<strong>le</strong>n hebt Di<strong>der</strong>ot die Tatsache hervor, dass <strong>der</strong> Rang schon<br />

bei <strong>der</strong> Geburt festge<strong>le</strong>gt wird und zu diesem Zeitpunkt eigentlich<br />

nichts über den Charakter e<strong>in</strong>es Menschen ausgesagt werden kann.<br />

Vielmehr formen später das Umfeld und <strong>der</strong> Umgang den Menschen.<br />

Sehr deutlich wird dies an <strong>der</strong> <strong>Darstellung</strong> des K<strong>le</strong>rus'. Von dessen<br />

Vertretern – vor al<strong>le</strong>m denen <strong>der</strong> regulierten Geistlichkeit – wird e<strong>in</strong><br />

unmenschliches und despotisches Bild entworfen. Der Autor<br />

unterstreicht al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> beiden untersuchten Werken, dass das<br />

Leben gegen die Gesetze <strong>der</strong> Natur die Menschen dieses Standes<br />

zu <strong>der</strong>art wi<strong>der</strong>natürlichen Geschöpfen macht.<br />

Di<strong>der</strong>ot deckt die <strong>sozia<strong>le</strong>n</strong> Missstände se<strong>in</strong>er Zeit auf und rückt dabei<br />

den dritten Stand <strong>in</strong> den Mittelpunkt des Interesses. Erstmalig wird<br />

Armut <strong>der</strong>artig hervorgehoben. Der Autor betont <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang, dass gerade für die Armen und Unglücklichen die<br />

25


Religion e<strong>in</strong> Trost se<strong>in</strong> sollte. Se<strong>in</strong>e ankl<strong>in</strong>gende Kritik an <strong>der</strong>en<br />

Aus<strong>le</strong>gung beschränkt sich al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs im Großen und Ganzen auf die<br />

Klöster. G<strong>le</strong>ichzeitig sucht er das Verhalten <strong>der</strong> Geistlichkeit zu<br />

erklären und zu entschuldigen. E<strong>in</strong>zig für den Adel lassen sich ke<strong>in</strong>e<br />

Sündenvergebungen f<strong>in</strong>den. Gegenüber den Mächtigsten waren die<br />

Schriftstel<strong>le</strong>r se<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maße spöttisch, satirisch und<br />

demaskierend. (cf. S. 2 <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit) Auch Di<strong>der</strong>ot macht<br />

dabei ke<strong>in</strong>e Ausnahme.<br />

Al<strong>le</strong>rd<strong>in</strong>gs kommt er <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste" zu <strong>der</strong> Ansicht, dass Gut<br />

und Böse <strong>le</strong>diglich re<strong>in</strong>e Illusionen s<strong>in</strong>d. 71 Bereits <strong>in</strong> früheren<br />

wissenschaftlichen Studien wirft sich bei ihm die Frage auf, was aus<br />

<strong>der</strong> Freiheit wird, "wenn die ganze Welt von Kräften dom<strong>in</strong>iert wird,<br />

auf die wir ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auszuüben vermögen." 72 <strong>Die</strong>se<br />

Philosophie vertritt <strong>Jacques</strong> und kämpft damit als Fatalist "<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Determ<strong>in</strong>ismus, den durch die Erfahrung festzustel<strong>le</strong>n er sich<br />

beschränkt." 73 Di<strong>der</strong>ot wirft sowohl <strong>in</strong> "<strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste" als auch<br />

<strong>in</strong> "La Religieuse" den Aspekt <strong>der</strong> menschlichen Entfremdung auf –<br />

Suzanne durch<strong>le</strong>bt die physische und <strong>Jacques</strong> die metaphysische<br />

Entfremdung. In beiden Werken trifft <strong>der</strong> Leser auf den se<strong>in</strong>er<br />

Freiheit beraubten Helden. 74<br />

70 San<strong>der</strong> (1972), S. 348<br />

71 San<strong>der</strong> (1972), S. 349<br />

72 Ibid.<br />

73 Ibid.<br />

74 Mauzi (1989), S. 325f.<br />

26


5. Bibliographie<br />

5.1. Primärliteratur<br />

Di<strong>der</strong>ot, Denis (1966). <strong>Die</strong> Nonne. Insel Verlag: Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />

Di<strong>der</strong>ot, Denis (1970). <strong>Jacques</strong> <strong>le</strong> fataliste et son maître. Garnier-<br />

Flammarion: Paris<br />

Di<strong>der</strong>ot, Denis (1972). <strong>Jacques</strong> <strong>der</strong> Fatalist und se<strong>in</strong> Herr. Verlag<br />

Philipp Reclam Junior GmbH & Co.: Stuttgart<br />

5.2. Sekundärliteratur<br />

Beisel, Inge (1991). Ästhetischer Anspruch und narrative Praxis: Zur<br />

Koautorenschaft des Lesers <strong>in</strong> französischen Romanen des<br />

18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Stauffenberg Verlag Brigitte Narr GmbH:<br />

Tüb<strong>in</strong>gen<br />

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