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Jahresbericht 2010 / 2011 Goutte d'eau - Gouttedeau.org

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Die Entwicklung von <strong>Goutte</strong> d’eau Kambodscha in den letzten 15 Jahren<br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>Goutte</strong> d‘eau <strong>2010</strong> / <strong>2011</strong><br />

1. Schritt: Der Anfang 1996<br />

<strong>Goutte</strong> d’eau Neak Loeung<br />

Rückblick von Veronika Leu und Christoph Jakob (in Neak Loeung von 1996 – 2000)<br />

Vor 15 Jahren waren wir, Peter, Veronika, Christoph<br />

und weitere Freunde 30 Jahre alt. Wir hatten<br />

während unseren Semesterferien in Fabriken gearbeitet<br />

und waren dann für mehrere Wochen auf<br />

Reisen gegangen und hatten dabei zuerst Europa,<br />

dann Südamerika, Asien und Afrika entdeckt.<br />

Jedesmal waren wir beeindruckt, verändert und<br />

nach unseren Ueberseereisen auch schockiert<br />

zurückgekommen. Schockiert über die Armut, das<br />

Leiden, aber vor allem über die Gleichgültigkeit<br />

der industrialisierten Welt diesen Menschen<br />

gegenüber. Wir gehören zur Generation, die<br />

unsere Eltern gefragt hatten, wie sie während des<br />

zweiten Weltkriegs in der Schweiz leben konnten,<br />

ohne etwas zu unternehmen. Während unserer<br />

Jugend fand vor allem in Deutschland die Diskussion<br />

über die kollektive Schuld statt und man<br />

stellte die Frage, wie man da Zeuge sein konnte,<br />

ohne etwas zu unternehmen.<br />

Zurück in der Schweiz haben wir nächtelang<br />

philosophiert, über unsere Rolle, über unsere<br />

Mitschuld; wir wollten nicht, dass unsere Kinder<br />

uns irgendwann mal die gleichen Fragen stellten.<br />

Wir waren jung, wollten etwas zu einer „besseren<br />

Welt“ beitragen; die Idee eines Projektes für<br />

Strassenkinder reifte während vieler Jahre, aber<br />

wir gingen nach jeder Reise wieder in unsere<br />

Normalität, unsere Bequemlichkeit zurück. Bis<br />

eines Tages Peter aus Südostasien zurückkam, in<br />

der festen Überzeugung, diesmal wirklich etwas<br />

unternehmen zu wollen. Er habe in Kambodscha<br />

schockierende Verhältnisse v<strong>org</strong>efunden, hunderte<br />

von Kindern müssten in den Strassen von<br />

Phnom Penh zu überleben versuchen. Deshalb sei<br />

er in Kambodscha mit UNICEF und dem Sozialministerium<br />

in Kontakt getreten und sie würden<br />

es begrüssen, wenn eine neue Organisation im<br />

Bereich Strassenkinder aktiv würde.<br />

Warum ein Zentrum in Neak Loeung?<br />

Nachdem wir gegenüber dem Sozialministerium<br />

und UNICEF unser Interesse bekundet hatten,<br />

führten diese eine Studie über die Herkunft der<br />

Strassenkinder in Phnom Penh durch. Daraus<br />

ging hervor, dass ein Grossteil der Strassenkinder<br />

aus den armen, ländlichen Provinzen im Südosten<br />

Kambodschas stammte. Diese müssen in<br />

der Hafenstadt Neak Loeung mit der Fähre den<br />

Mekong überqueren. Um die Kinder vor den<br />

Gefahren eines Strassenlebens in Phnom Penh zu<br />

schützen, bat uns das Sozialministerium in Neak<br />

Loeung ein Projekt aufzubauen, als Alternative zur<br />

Weiterreise in die Grossstadt.<br />

Im August 1996 wurde die im Handelsregister<br />

von Bern eingetragene Stiftung <strong>Goutte</strong> d’eau<br />

gegründet. Im September 1996 haben wir mit dem<br />

kambodschanischen Sozialministerium das MOU<br />

(Memorandum of Understanding) unterzeichnet,<br />

den Vertrag, der es uns erlaubte, in Neak Loeung<br />

ein Projekt für Strassenkinder aufzubauen.<br />

Das Drop-In und Residential Center<br />

Geplant war ein kleines Projekt, eine Anlaufstelle<br />

(Drop-in) im Hafen und ein kleines Heim<br />

am Rande der Stadt. Unser Gedanke war immer,<br />

nicht mit einem ausgereiften Projekt nach Kambodscha<br />

zu kommen, sondern auf die Bedürfnisse<br />

der ärmsten Bevölkerung und im Speziellen der<br />

Kinder, einzugehen und das Projekt an Ort und<br />

Stelle, zusammen mit der einheimischen Bevölkerung<br />

und der Situation angepasst, auszuarbeiten.<br />

Im Herbst 1996 gingen Peter, Veronika und Christoph<br />

nach Kambodscha, mieteten im Hafen ein<br />

kleines Häuschen, das für das zukünftige Drop-in<br />

bestimmt war und eine ausgediente, am Mekong<br />

gelegene Lagerhalle am Stadtrand. Die Lagerhalle<br />

wurde umgebaut, um 3 Wohngruppen mit je 10<br />

Kindern empfangen zu können. Im Januar 1997<br />

nahmen wir die ersten Kinder im Wohnheim auf.<br />

Die zwei Buben Ramon und Rotar wurden uns<br />

von einer Strassenkinder<strong>org</strong>anisation in Phnom<br />

Penh überwiesen. Ramon lebt heute mit seiner<br />

Frau in Phnom Penh.<br />

Gleichzeitig eröffneten wir im Hafen ein<br />

Drop-in. Dort konnten Strassenkinder übernachten<br />

und erhielten eine warme Mahlzeit. Dies<br />

schützte die Kinder vor Kriminalität und gleichzeitig<br />

verfolgten wir das Ziel, ihnen eine Alternative<br />

zu bieten, damit sie ihren Weg in die Hauptstadt<br />

nicht fortsetzten. Es erfolgten von Fall zu Fall<br />

Abklärungen mit dem Kind und wenn vorhanden<br />

mit seiner Familie, ob es für eine gewisse Zeit ins<br />

Residential Center eintreten möchte.<br />

Als einzige Hilfs<strong>org</strong>anisation in Neak Loeung<br />

wurden wir von Hilferufen aus der Bevölkerung<br />

überrannt. Nach einem Monat in Neak Loeung<br />

mussten wir uns fragen: Geben wir auf angesichts<br />

der Armut, der fehlenden medizinischen<br />

Vers<strong>org</strong>ung, der Menschenrechtsverletzungen<br />

und kehren in die Schweiz zurück, versuchen zu<br />

vergessen? Oder aber bauen wir ein Projekt auf,<br />

das den örtlichen Verhältnissen und den Bedürfnissen<br />

der Bevölkerung entspricht. Wir entschieden<br />

uns für Letzeres.<br />

Medizinische Klinik<br />

Da wir nicht in einer armen Gegend Kinder aufnehmen<br />

konnten, ohne medizinische Vers<strong>org</strong>ung<br />

bereitzustellen, bauten wir auch eine kleine medizinische<br />

Station auf. Die Klinik kümmert sich auch<br />

heute noch um <strong>Goutte</strong> d’eau Kinder und unser Arzt<br />

gewährleistet die medizinische Grundvers<strong>org</strong>ung<br />

der Kinder in Neak Loeung und der umliegenden<br />

Dörfer gegen einen minimalen finanziellen Beitrag.<br />

Jede Woche wird ein Krankentransport nach<br />

Phnom Penh ins Kantha Bopha Spital <strong>org</strong>anisiert,<br />

wo die Kinder die in Kambodscha einzig gute<br />

Spitalpflege erhalten .<br />

Tagesstätte und Ausbildungszentrum<br />

Wir realisierten auch, dass wir keine Kinder aufnehmen<br />

können, ohne ihnen Schulbildung und<br />

berufliche Ausbildungen zu ermöglichen. Deshalb<br />

eröffneten wir eine Tagesstätte und ein Ausbildungszentrum.<br />

Da uns wichtig war, dass Kinder von<br />

<strong>Goutte</strong> d’eau gegenüber den Kindern in den umliegenden<br />

Slums nicht bevorteilt werden, waren unsere<br />

Angebote von Anfang an auch für Kinder der Umgebung<br />

offen. In der Tagesstätte erhalten die Kinder<br />

eine schulische Grundausbildung, mit dem Ziel, sie<br />

später in die öffentliche Schule zu integrieren.<br />

Wir bauten auch eine berufliche Ausbildungsstätte<br />

auf, wo ältere Kinder eine Lehre absolvieren<br />

können (Schreiner, Schneiderinnen, Velo- und<br />

Motorradmechaniker, Coiffeur). Das Angebot hat<br />

sich über die Jahre verändert. Nach der Ausbildung<br />

hilft <strong>Goutte</strong> d’eau den Absolventen eine Stelle<br />

zu finden oder mittels Mikrokredit sich selbständig<br />

zu machen.<br />

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