Nanofasern und Nanoröhrchen - Max-Planck-Institut für ...
Nanofasern und Nanoröhrchen - Max-Planck-Institut für ...
Nanofasern und Nanoröhrchen - Max-Planck-Institut für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
POLYMERFASERN<br />
| NANOTECHNOLOGIE<br />
kombinieren. Je nach angestrebter Anwendung können solche<br />
Strukturen aus Kunststoffen, Metallen, Keramiken oder<br />
Gläsern aufgebaut <strong>und</strong> ihre Architektur einfach (kompakte<br />
Faser, Hohlfaser) oder komplex (Multischichtaufbau aus<br />
unterschiedlichen Materialien) sein.<br />
Benötigt werden somit Herstellungsmethoden <strong>für</strong> eindimensionale<br />
Nanostrukturen, die es ermöglichen<br />
– nanostrukturierte Systeme <strong>für</strong> eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Materialien zu realisieren,<br />
–komplexe Architekturen zu erzeugen, z.B. nanoskalige<br />
Gradientenstrukturen,<br />
–komplexe Topologien zu erzeugen, um beispielsweise<br />
spezifische Absorption zu erreichen oder zu vermeiden,<br />
– Funktionen in Nanoobjekte zu integrieren,<br />
– unterschiedliche Texturen (parallel, als Filz,<br />
als Gewebe) zu erzeugen,<br />
– eine Integration in größere Systeme vornehmen zu<br />
können,<br />
– möglichst hohe Umsätze zu erreichen.<br />
Zugeschnitten auf diese Anforderungen wurden in<br />
jüngster Zeit, aufbauend auf der Verwendung organischer<br />
Polymere, eine Reihe von Verfahren entwickelt, die die Herstellung<br />
nanostrukturierter Funktionseinheiten wie Fasern,<br />
Stäbe, Röhrchen <strong>und</strong> Kabel mit hoher Komplexität aus den<br />
unterschiedlichsten Materialien (anorganische Gläser, Metalle,<br />
synthetische <strong>und</strong> natürliche Polymere) erlauben. Auch<br />
IN DER AKTUELLEN DISKUSSION<br />
|<br />
Nanowissenschaft <strong>und</strong> Nanotechnologie werden derzeit nicht nur unter Wissenschaftlern<br />
heiß diskutiert [1]. Dieses Thema fasziniert, ruft aber auch unterschwellige Ängste<br />
hervor. Der Gr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> dürfte sein, dass Nanoobjekte so unvorstellbar klein sind, dass<br />
man sie weder mit dem Auge noch mit dem Lichtmikroskop erkennen kann. Vermehrt<br />
treten Personen <strong>und</strong> Organisationen auf, die vor der Nanotechnologie im Allgemeinen<br />
warnen. Diese Sorgen müssen von den Wissenschaftlern ernst genommen <strong>und</strong><br />
glaubwürdig diskutiert werden, auch hinsichtlich toxikologischer Fragen, will man nicht<br />
ähnliche Akzeptanz-Probleme wie bei der Gentechnologie bekommen [2].<br />
Jedoch werden auch die großen Chancen gesehen, welche die Nanowissenschaft eröffnet.<br />
Von dem Nobelpreisträger Heinrich Rohrer stammt folgender, anlässlich der Eröffnung<br />
der Messe Nanofair 2003 in der Schweiz getätigte Ausspruch:<br />
„Die Nanotechnologie wird unser Leben in nicht geringerem Maße revolutionieren, als es<br />
die Mikroelektronik im vergangenen halben Jahrh<strong>und</strong>ert getan hat. Nur die, die sich jetzt<br />
engagieren, werden diejenigen sein, die die Zukunft gestalten. Lasst uns die Gelegenheit<br />
ergreifen.“<br />
Gegenwärtig werden hohe Summen in die Weiterentwicklung der Nanotechnologie<br />
investiert, wobei nicht nur Länder wie USA, Europa oder Japan, sondern auch China,<br />
Südkorea <strong>und</strong> Australien eine bedeutende Rolle spielen. Die Markterwartungen <strong>für</strong> die<br />
nächsten Jahre liegen im Bereich vieler 100 Milliarden bis hin zu Billionen US-Dollar.<br />
Dabei werden segensreiche Fortschritte nicht nur bei der Veredelung von unterschiedlichsten<br />
Oberflächen erwartet, sondern beispielsweise auch in der Umwelttechnik, Optik<br />
oder Medizin [3].<br />
EINE QUERSCHNITTSTECHNOLOGIE<br />
Die Reduktion der Abmessungen von Objekten in den Bereich von Nanometern ist ein<br />
faszinierender <strong>und</strong> universeller Ansatz zur Erzeugung neuer Eigenschaften <strong>und</strong> Funktionen<br />
bei unverändertem chemischen Aufbau des Materials. Die Nanotechnologie ist daher<br />
eine Querschnittstechnologie, mit Auswirkungen auf so unterschiedliche Gebiete wie die<br />
Medizin oder Pharmazie, die Elektronik, Optik, Sensorik, Informationstechnologie <strong>und</strong><br />
die Katalyse.<br />
Die makroskopische Welt wird durch die klassische Physik beschrieben, die mikroskopische<br />
Welt einzelner Atome <strong>und</strong> Moleküle durch die Quantenchemie. Die Anzahl der<br />
Atome oder Moleküle, die das Nanoobjekt bilden, verringert sich dabei von einer Größenordnung<br />
von 10 21 <strong>für</strong> makroskopische Systeme auf bis zu einige 100. In diesem mesoskopischen<br />
Größenbereich (Abbildung 1) treten neuartige physikalische Phänomene auf.<br />
Dies hat eine Fülle von Konsequenzen, die bei Materialien wie Halbleitern oder Metallen<br />
besonders ausgeprägt sind: Bei Halbleiter-Nanopartikeln treten Quanteneffekte auf, die<br />
sich in stark veränderten elektronischen <strong>und</strong> optischen Eigenschaften widerspiegeln [4].<br />
Man spricht von Quantentrögen (zweidimensionale Strukturen, dünne Filme), Quantendrähten<br />
(eindimensionale Strukturen) oder Quantenpunkten (nulldimensionale Strukturen).<br />
Mit den Quantenpunkten <strong>und</strong> ihren möglichen Anwendungen beschäftigt sich der<br />
Aufsatz von Prof. Schmid in diesem Heft.<br />
Dieser Beitrag befasst sich vorrangig mit synthetischen Polymeren. Wegen der im<br />
Vergleich beispielsweise zu anorganischen Halbleitern wesentlich größeren Lokalisierung<br />
der Elektronen an einzelnen Atomen darf man hier keine ausgeprägten Quanteneffekte<br />
erwarten. Da<strong>für</strong> treten bei organischen Materialien beim Übergang von makroskopischen<br />
Objekten zu solchen mit Abmessungen im Nanometer-Bereich andere interessante<br />
Veränderungen auf: So nimmt bei Fasern <strong>und</strong> Filmen das Verhältnis von Oberfläche zu<br />
Volumen sehr stark zu. Oberflächen/Massen-Verhältnisse von vielen 100 m 2 /g, wie sie<br />
mit nanostrukturierten Materialien problemlos erreicht werden können, haben <strong>für</strong><br />
Anwendungen in den Bereichen Adsorption, Aktivfilterung <strong>und</strong> heterogene Katalyse<br />
entscheidende Vorteile, da die Effizienz derartiger Prozesse von der Größe der zur Verfügung<br />
stehenden Oberfläche abhängt.<br />
|<br />
Abb. 1 Nanotechnologie findet am Übergang von der makroskopischen<br />
zur mikroskopischen Welt statt, im mesoskopischen<br />
Bereich. Dieser ist sowohl über eine zunehmende<br />
Miniaturisierung (Top-down) als auch über Konstruktionen<br />
ausgehend von einzelnen Molekülen (Bottom-up) zugänglich.<br />
Chem. Unserer Zeit, 2005, 39, 26 – 35 www.chiuz.de © 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim<br />
| 27