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14/2447 - Landtag Rheinland-Pfalz

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Drucksache <strong>14</strong>/<strong>2447</strong><br />

<strong>Landtag</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> – <strong>14</strong>. Wahlperiode<br />

oben unter a) und b)) wurden zu Regelbeispielen herabgestuft. Gemäß einem neu eingefügten § 67 Abs. 2 Satz 3 FGG kann in diesen<br />

Regelfällen (Nichtanhörung des Betroffenen wegen seiner Äußerungsunfähigkeit, Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers<br />

zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen) von einer Verfahrenspflegschaft abgesehen werden, wenn ein Interesse<br />

des Betroffenen an der Bestellung einer Verfahrenspflegerin oder eines Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die<br />

Nichtbestellung hat das Gericht zu begründen (§ 67 Abs. 1 Satz 4 FGG).<br />

Auch in dieser Neufassung ist das Institut der Verfahrenspflegerin beziehungsweise des Verfahrenspflegers noch Gegenstand kritischer<br />

Meinungsäußerungen. Im Schrifttum wird die Frage gestellt, ob nicht durch die Eröffnung der Möglichkeit, in den Regelfällen<br />

von der Bestellung einer Pflegerin oder eines Pflegers abzusehen, der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG)<br />

bereits tangiert werde. Gerade wenn der Betroffene sich nicht äußern und somit seine Verfahrensrechte nicht selbst wahrnehmen<br />

könne, sei die Bestellung einer Verfahrenspflegerin oder eines Verfahrenspflegers zur Wahrung des rechtlichen Gehörs geboten. In<br />

den Verfahren auf Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers für alle Angelegenheiten spreche zumindest eine Vermutung<br />

dafür, dass der Betroffene auch hier sein Recht auf Gehör nicht mehr ausreichend selbst wahrnehmen könne. Fälle solcher Art, in<br />

denen gleichwohl ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung einer Verfahrenspflegerin oder eines Verfahrenspflegers offensichtlich<br />

nicht gegeben sei, seien kaum denkbar. Demgegenüber wird von Seiten der Gerichte zum Teil eine noch weitergehende<br />

Einschränkung der Verfahrenspflegschaft etwa in Form einer Kann-Regelung gefordert. Hierzu wird über die von der Praxis früher<br />

bereits erhobenen Einwände hinaus geltend gemacht, dass es auf Grund der Tätigkeit einer Verfahrenspflegerin oder eines Verfahrenspflegers<br />

zu keiner anderen Entscheidung komme, als sie vom Gericht ohnehin getroffen worden wäre. Zum Verfahrenspfleger<br />

geeignete Personen seien oft schwer zu finden. Demgegenüber sei die Bestellung von Verfahrenspflegerinnen und -pflegern<br />

häufig mit einer höheren Arbeitsbelastung, einer Verzögerung des Verfahrens und vor allem mit zusätzlichen Kosten verbunden.<br />

Nach Auffassung der Landesregierung erfüllt das Institut der Verfahrenspflegschaft in Betreuungssachen in seiner jetzigen Ausgestaltung<br />

die ihm vom Gesetzgeber zugedachten Funktionen, nämlich den Betroffenen als eigenständigen Verfahrensbeteiligten und<br />

nicht als „Verfahrensobjekt“ zu behandeln, in diesem Sinne seine verfahrensrechtliche Position zu stärken und, soweit Art. 103<br />

Abs. 1 GG hierzu die Errichtung einer Verfahrenspflegschaft erfordert, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör abzusichern. Der<br />

Einwand, dass Verfahrenspflegerinnen und -pfleger auf den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung kaum Einfluss nehmen und dass<br />

geeignete Personen hierfür schwer zu finden seien, steht dieser Bewertung nicht grundsätzlich entgegen. Die Stärke einer verfahrensrechtlichen<br />

Position kann nicht ohne weiteres am Grad einer erkennbaren Einflussnahme auf das Verfahrensergebnis abgelesen<br />

werden. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör hängt nicht davon ab, wie sich die Wahrnehmung des<br />

Gehörs im konkreten Fall auswirkt. Gemessen an den gesetzgeberischen Zielsetzungen kann somit die Regelung der Verfahrenspflegschaft<br />

als bewährt angesehen werden.<br />

8. Wie oft wurden in den Jahren 2000 bis 2002 Rechtsanwälte als Verfahrenspfleger eingesetzt?<br />

Nach der bei der Justiz geführten Statistik ergeben sich die Verfahrenspflegschaften in Betreuungssachen und seit dem Jahr 2002<br />

auch die Zahl der zu Verfahrenspflegern bestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus der nachstehenden Übersicht:<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Anhängige Betreuungen 39 566 42 655 43 879 47 788 50 867 54 797<br />

bestellte Verfahrenspflegerinnen/-pfleger 2 129 2 087 1 716 2 313 2 377 2 717<br />

davon Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte 1 130<br />

9. Welche Qualifikationen sind dazu nötig?<br />

Das Gesetz gibt bestimmte Qualifikationen für Verfahrenspflegerinnen und -pfleger in Betreuungssachen nicht vor. Die Auswahl<br />

der Verfahrenspflegerin oder des Verfahrenspflegers steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Sie hat sich am konkreten<br />

Fall zu orientieren. Soweit es auf besondere Sachkunde auf dem Gebiet des materiellen oder formellen Rechts ankommt, wird das<br />

Gericht eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger zu bestellen haben. In anderen Fällen kann es mit<br />

Blick auf den Zustand und die Verhältnisse des Betroffenen angebracht sein, eine im Umgang mit psychisch Kranken besonders erfahrene<br />

Person zu bestellen. Im Übrigen kommen Personen in Betracht, die die Lebensverhältnisse des Betroffenen kennen und<br />

sein Vertrauen genießen.<br />

10. Finden für die haupt- und ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer Fortbildungen statt? Wenn ja, welche?<br />

Die erfolgreiche Umsetzung des Betreuungsrechts in der Praxis, die notwendigen Grundkenntnisse und auch die unterschiedlichen<br />

Anforderungen an eine jede einzelne Betreuerin und einen jeden einzelnen Betreuer erforderten von Anfang an die Schaffung und<br />

Vorhaltung adäquater Fortbildungsangebote. So geben bereits die gesetzlichen Regelungen des Betreuungsbehördengesetzes (BtBG)<br />

vor, dass die örtlichen Betreuungsbehörden in ihrem Bezirk für ein ausreichendes Angebot zur Einführung der Betreuerinnen und<br />

Betreuer in ihre Aufgaben und zur ihrer Fortbildung zu sorgen haben. Nach § 1908 f BGB obliegt den anerkannten Betreuungsvereinen<br />

neben den planmäßigen Bemühungen um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer, deren Aufgabeneinführung<br />

und Beratung auch deren Fortbildung.<br />

Für Betreuerinnen und Betreuer werden in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> regelmäßig unterschiedliche und vielschichtige Fortbildungen angeboten<br />

und durchgeführt:<br />

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