14/2447 - Landtag Rheinland-Pfalz
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Drucksache <strong>14</strong>/<strong>2447</strong><br />
<strong>Landtag</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> – <strong>14</strong>. Wahlperiode<br />
ziehungsweise wer keinesfalls als Betreuerin oder Betreuer eingesetzt werden sollte. Ferner kann durch Niederschreiben von<br />
Wünschen für die künftige Lebensgestaltung festgelegt werden, wie der spätere Betreuer die ihm übertragenen Angelegenheiten erledigen<br />
soll.<br />
Mit einer Vorsorgevollmacht überträgt jemand die Erledigung aller oder einzelner Aufgaben einer Vertrauensperson. Wegen des<br />
Grundsatzes der Erforderlichkeit, wonach eine Betreuung nicht erforderlich ist, soweit die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten<br />
ebenso gut wie durch eine Betreuerin oder einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB), wird<br />
durch eine Vorsorgevollmacht ein Betreuungsverfahren in der Regel überflüssig.<br />
Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten sind nach Auffassung der Landesregierung sinnvolle Instrumentarien zur Wahrung<br />
des Selbstbestimmungsrechts. Mit ihnen kann jeder „in gesunden Tagen“ sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und die<br />
Weichen für die Zukunft stellen. Die Landesregierung wirbt deshalb seit In-Kraft-Treten des Betreuungsgesetzes dafür, diese Vorsorgeinstrumentarien<br />
zu nutzen. Die vom Ministerium der Justiz herausgegebene Broschüre „Wer hilft mir, wenn . . . “ bietet nach<br />
Auffassung der Landesregierung eine gute Hilfestellung für die Abfassung derartiger Verfügungen.<br />
Vorsorgevollmachten sind nicht nur für den Vollmachtgeber von Nutzen. Sie sind zudem als Alternative zu Betreuungsverfahren<br />
eine Möglichkeit, die Zahl der Verfahren zu reduzieren und so Kosten zu sparen. Bei allen Überlegungen, die die Zukunft des Betreuungsrechts<br />
betreffen, spielt deshalb die Vorsorgevollmacht eine wichtige Rolle.<br />
Allerdings haben sich in der Vergangenheit die Erwartungen, dass von dem Instrument der Vorsorgevollmacht in einer Vielzahl<br />
von Fällen Gebrauch gemacht wird, nicht erfüllt. Trotz ausreichender Information können sich viele Menschen nicht dazu durchringen,<br />
eine Vollmacht zu erteilen. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe: Gedankenlosigkeit, Bequemlichkeit, ein Hinausschieben dessen,<br />
was man eigentlich zu tun entschlossen ist, Scheu vor Beschäftigung mit dem Thema überhaupt. Die Landesregierung wird<br />
ihre Informationspolitik zu Vorsorgevollmachten deshalb fortsetzen.<br />
Vorsorgevollmachten sind nicht frei von Risiken. Sie sollten nicht unter einer Bedingung erteilt werden, also nicht „für den Fall<br />
der eigenen Handlungsunfähigkeit“. Derartige Vollmachten sind für den Rechtsverkehr schwer zu handhaben, weil nicht überprüft<br />
werden kann, ob die Bedingung eingetreten ist. Eine unbeschränkte Außenvollmacht hat allerdings zur Folge, dass der Bevollmächtigte<br />
vor dem eigentlich ihm genannten Zeitpunkt in missbräuchlicher Weise von der Vollmacht Gebrauch machen kann.<br />
Dieses Risiko kann minimiert werden, indem der Vollmachtgeber die schriftliche Vollmachterklärung nicht sofort dem Bevollmächtigten<br />
aushändigt, sondern sie in der eigenen Wohnung sicher aufbewahrt und dem Bevollmächtigten lediglich mitteilt, wo<br />
er sie im Bedarfsfalle finden kann. Ein absoluter Schutz ist aber auch dadurch nicht erreichbar. Die Vollmacht ist deshalb Vertrauenssache.<br />
Die Missbrauchsgefahr sollte allerdings auch nicht überbewertet werden. Der Vollmachtgeber wird ohnehin nur eine<br />
Person seines absoluten Vertrauens zum Bevollmächtigten auswählen.<br />
8. Die Justizministerkonferenz hat im Juni 2001 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Vorsitz Nordrhein-Westfalens eingesetzt, die<br />
sich mit verschiedenen Aspekten des Themas schwerpunktmäßig befasst. Welche Ergebnisse lieferte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe in<br />
ihrem Zwischenbericht, der zur 73. Konferenz der Justizministerinnen und -minister am 10. bis 12. Juni 2002 in Weimar vorgelegt<br />
wurde?<br />
Die im Frühjahr 2001 von der Justizministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, Vorschläge zu erarbeiten, die<br />
dazu beitragen, die Zahl der Betreuungsfälle zu reduzieren, fehlgeleitete Ressourcen im Interesse der eigentlichen Betreuungsarbeit<br />
zu bündeln und die Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf das Notwendige zu beschränken. Der im Frühjahr<br />
2002 vorgelegte Zwischenbericht enthielt im Wesentlichen folgende Ergebnisse:<br />
– Das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht soll gestärkt werden. Die Frage der eventuellen Reformbedürftigkeit muss noch eingehend<br />
geprüft werden. Es muss sichergestellt sein, dass der Rechtsverkehr Vorsorgevollmachten akzeptiert. Die Hinterlegung<br />
der Vorsorgevollmacht bei einer bundeszentralen Datei erscheint wünschenswert. Ein bundeseinheitliches Muster wird für sinnvoll<br />
erachtet.<br />
– Es muss noch näher geprüft werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine gesetzliche Vertretungsmacht naher Angehöriger<br />
eingeführt werden soll. Angedacht ist eine mit der Eheschließung eintretende gesetzliche Vertretung für weite Bereiche.<br />
– Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit soll näher konkretisiert werden. Es muss noch deutlicher herausgestellt werden,<br />
dass eine Betreuerin oder ein Betreuer nur bestellt werden darf, um Defizite bei Maßnahmen mit rechtlichem Bezug auszugleichen.<br />
– Das jetzige Vergütungssystem für Berufsbetreuungen bindet erhebliche Arbeitszeit bei Berufsbetreuerinnen und -betreuern und<br />
Gerichten. Eine effektive Prüfung der Vergütungsabrechnung ist gleichwohl nicht möglich, ebenso wenig eine Inhalts- und Qualitätskontrolle.<br />
Deshalb wird empfohlen, Vergütungspauschalen einzuführen. Für eine Bezifferung der Pauschalen fehlen derzeit<br />
noch die erforderlichen Tatsachengrundlagen.<br />
– Im Verfahrensrecht gibt es keinen nennenswerten Änderungsbedarf.<br />
– Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, alle Aufgaben, die heute den Vormundschaftsgerichten obliegen, bei<br />
diesen zu belassen. Die Möglichkeit einer Verlagerung von Aufgaben der Vormundschaftsgerichte auf die Betreuungsbehörden<br />
soll geprüft werden.<br />
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