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Der Gesetzgeber redet mit - Springer GuP

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B e t r i e b s f ü h r u n g U r l a u b s r e g e l u n g<br />

U r l a u b s r e g e l u n g B e t r i e b s f ü h r u n g<br />

Auch die schönste Zeit des Jahres,<br />

der Urlaub, zwängt sehr viel mehr<br />

gesetzliche Vorgaben in ein Korsett<br />

aus Regeln, als sich das so mancher<br />

Arbeitnehmer vorstellen kann.<br />

Ansprüche nicht ganzjährig Beschäftigter<br />

Unter bestimmten Bedingungen hat der Mitarbeiter ein<br />

Anrecht auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs:<br />

Infobox 3<br />

Foto: iStockphoto<br />

jahr sowie die Erholungsbedürftigkeit seines Mitarbeiters, beispielsweise<br />

nach einer schwerwiegenden Erkrankung. Zwingend<br />

verpflichtet, Urlaub zu gewähren, ist der Arbeitgeber, wenn der<br />

Arbeitnehmer ihn im Anschluss an eine Kur verlangt (§ 7 Abs. 1<br />

BUrlG).<br />

Aufgrund der zeitweise auftretenden Kollision mehrerer Urlaubsgesuche<br />

ist zu empfehlen, die Urlaubswünsche der Mitarbeiter<br />

zunächst in einer Urlaubsliste festzuhalten und dann zu<br />

entscheiden, ob dringende betriebliche Belange oder die Urlaubswünsche<br />

anderer Arbeitnehmer dem individuellen Urlaubswunsch<br />

entgegenstehen.<br />

Fallbeispiel: Welcher Wunsch ist sozial<br />

schutzwürdig?<br />

Die PTA Frau Schulze und Frau Müller wollen beide in den Osterferien<br />

Urlaub nehmen. Frau Schulze ist verheiratet und hat<br />

drei schulpflichtige Kinder, Frau Müller ist ledig. Kann der Arbeitgeber<br />

aus dringenden betrieblichen Gründen nur einer PTA<br />

Urlaub geben, müssen seine sozialen Abwägungen in folgende<br />

Richtung gehen: Da Frau Schulze auf die Schulferien angewiesen<br />

ist, ist sie auch sozial schutzwürdiger.<br />

Grundsätzlich ist der Urlaub zusammenhängend zu gewähren.<br />

Wird aus dringenden betrieblichen Gründen eine Aufteilung<br />

des Urlaubs nötig, muss nach § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG einer der<br />

Urlaubsteile mindestens zwölf Werktage (zwei Wochen) umfassen.<br />

<strong>Der</strong> Urlaub von Berufsschülern unter 18 Jahren soll möglichst<br />

in der Zeit der Berufsschulferien gegeben werden.<br />

Wurde der Urlaub durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer erst<br />

einmal festgelegt, ist keine der Parteien berechtigt, eine einseitige<br />

Änderung dieser zeitlichen Festlegung vorzunehmen. Lediglich<br />

in betrieblichen Notfällen oder bei ganz unvorhergesehenen<br />

Ereignissen ist ein Widerruf vor dem Urlaubsantritt möglich.<br />

In besonderen Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber den<br />

Arbeitnehmer sogar aus dem Urlaub zurückrufen.<br />

Fallbeispiel: Rückruf aus dem Urlaub<br />

Die Elbe-Apotheke wird vom gleichnamigen Fluss überschwemmt.<br />

<strong>Der</strong> Inhaber braucht alle verfügbaren Arbeitskräfte,<br />

um das Warenlager in Sicherheit zu bringen. In dieser Situation<br />

darf er unter Umständen auch Arbeitnehmer, die sich in Urlaub<br />

befinden, zurückrufen.<br />

Arbeitnehmer haben kein Selbstbeurlaubungsrecht. Kommt<br />

der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, ohne dass der Urlaub vom<br />

Arbeitgeber gewährt wurde, bleibt er unentschuldigt der Arbeit<br />

fern. Ein solch eigenmächtiger Urlaubsantritt stellt normalerweise<br />

einen wichtigen Grund dar, aufgrund dessen der Arbeitgeber<br />

fristlos kündigen kann. Auch wenn der Arbeitgeber grundlos<br />

und rechtswidrig die Gewährung des Urlaubs verweigert,<br />

sollte der Arbeitnehmer auf keinen Fall unentschuldigt fernbleiben,<br />

sondern den Urlaubsanspruch notfalls <strong>mit</strong> gerichtlicher<br />

Hilfe durchsetzen.<br />

Die Dauer des Urlaubs<br />

Jeder Arbeitnehmer hat gemäß Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)<br />

einen jährlichen Mindestanspruch auf 24 Werktage Erholungsurlaub.<br />

Als Werktage gelten grundsätzlich alle Kalendertage, die<br />

keine Sonn- oder gesetzlichen Feiertage sind (§ 3 BUrlG). Ist<br />

sowohl der Apothekeninhaber als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden,<br />

beziehungsweise wurde im Arbeitsvertrag die Anwendung<br />

des Bundesrahmentarifs (BRTV) vereinbart, gelten<br />

die tariflichen Urlaubsvorschriften. Dabei beträgt der Urlaub für<br />

Mitarbeiter, die am 1. Januar des Kalenderjahres das 18. Lebensjahr<br />

bereits vollendet haben bis zur Vollendung des 29. Lebensjahres<br />

31 Werktage, ab dem 30. Lebensjahr 34 Werktage (§ 11<br />

Nr. 12 BRTV).<br />

Hinzu kommen die so genannten Treuetage, die in den Bundesrahmentarifverträgen<br />

älterer Fassung (vor dem 1. Januar<br />

2005) durch länger beschäftigte Mitarbeiter erworben werden<br />

konnten. Diese günstigeren Regelungen bleiben den Mitarbeitern<br />

erhalten, sofern diese am 1. Januar 2005 das 45. Lebensjahr<br />

bereits vollendet hatten. Eine Besonderheit besteht für Jugendliche<br />

(unter 18 Jahren). Für sie wird der Urlaub nach der gestaffelten<br />

Regelung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) berechnet<br />

(§ 19 JArbSchG). Dafür gelten bestimmte Mindesturlaubsansprüche<br />

(siehe Infobox 2).<br />

Urlaubsansprüche Jugendlicher<br />

Urlaub für 15-Jährige:<br />

Urlaub für 16-Jährige:<br />

Urlaub für 17-Jährige:<br />

30 Werktage<br />

27 Werktage<br />

25 Werktage<br />

Maßgebend für die Berechnung ist das Alter der Jugendlichen zu<br />

Beginn des Kalenderjahres.<br />

Infobox 2<br />

Foto: iStockphoto<br />

<strong>Der</strong> Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht für alle Arbeitsverhältnisse<br />

erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Zuviel<br />

gewährter Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht zurückgefordert<br />

werden.<br />

Urlaubsansprüche von Teilzeit<strong>mit</strong>arbeitern<br />

Im Teilzeitarbeitsverhältnis ergeben sich bei der Berechnung<br />

von Urlaubsansprüchen einige Besonderheiten. Grundsätzlich<br />

steht Teilzeitarbeitskräften anteilig derselbe Urlaub zu wie Vollzeitarbeitskräften.<br />

Sowohl der gesetzliche als auch der tarifliche<br />

Urlaub bemisst sich nach Kalenderwerktagen (Montag bis Samstag).<br />

<strong>Der</strong> <strong>Gesetzgeber</strong> hat deshalb Kalenderwerktage angegeben,<br />

um da<strong>mit</strong> jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch<br />

von vier Wochen bieten zu können. So beträgt der gesetzliche<br />

Mindesturlaubsanspruch 24 Werktage (vier Wochen à sechs<br />

Kalenderwerktage).<br />

Bei Arbeitnehmern, die weniger als sechs Kalendertage pro<br />

Woche beschäftigt werden, muss der Urlaubsanspruch folglich<br />

in Arbeitstage umgerechnet werden. Insbesondere Teilzeitbeschäftigte<br />

arbeiten in der Regel nur an bestimmten Wochentagen.<br />

In diesen Fällen muss der in Werktagen festgesetzte Urlaubsanspruch<br />

errechnet werden, wobei die tatsächlich geleisteten<br />

Arbeitstage pro Woche maßgeblich sind.<br />

Beispiel 1: PKA K steht ein tariflicher Urlaub von 34 Werktagen<br />

zu. Sie arbeitet durchgängig von montags bis samstags.<br />

<strong>Der</strong> tatsächliche Urlaubsanspruch von K muss so<strong>mit</strong> nicht<br />

nochmals umgerechnet werden und beträgt 34 Werktage =<br />

34 Arbeitstage.<br />

Beispiel 2: PTA P arbeitet lediglich montags, <strong>mit</strong>twochs<br />

und freitags und so<strong>mit</strong> in einer Drei-Tage-Woche. Ihr<br />

tatsächlicher Urlaubsanspruch beträgt 34 Werktage / 6 x 3 =<br />

17 Arbeitstage.<br />

Beispiel 3: Reinigungskraft R arbeitet lediglich <strong>mit</strong>twochs<br />

und samstags. Ihr steht ein gesetzlicher Urlaub von<br />

24 Werktagen zu. Ihr tatsächlicher Urlaubsanspruch beträgt 24 /<br />

6 x 2 = 8 Arbeitstage.<br />

wenn er im laufenden Kalenderjahr die Wartezeit von<br />

sechs Monaten nicht erfüllt (Arbeitsverhältnis beginnt<br />

z. B. am 1. Dezember),<br />

wenn das Arbeitsverhältnis vor Erfüllung der Wartezeit<br />

von sechs Monaten endet (z. B. nur zwei Monate besteht<br />

= 2/12),<br />

wenn er in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres<br />

(aber nach Erfüllen der Wartezeit) ausscheidet.<br />

Durch diese Umrechung in Arbeitstage wird vermieden, dass<br />

Teilzeitkräften ein längerer Urlaubsanspruch zusteht als Vollzeitkräften.<br />

Da Reinigungskraft R in Beispiel drei sich pro Urlaubswoche<br />

lediglich zwei Arbeitstage frei nehmen muss (nämlich<br />

<strong>mit</strong>twochs und samstags), stehen ihr insgesamt vier Wochen<br />

Jahresurlaub zu. Vollzeitkräften <strong>mit</strong> 24 Werktagen gesetzlichem<br />

Urlaub stehen ebenfalls vier Wochen Jahresurlaub zu.<br />

In vielen Apotheken wird die Umrechnung von Werktagen in<br />

Arbeitstage nicht praktiziert. Dies ist jedoch unbedingt anzuraten,<br />

da diese Umrechnung vom <strong>Gesetzgeber</strong> vorgeschrieben<br />

wird und in zahlreichen anderen Normen des Bundesurlaubsgesetzes<br />

hieran angeknüpft wird. Eine Umrechnung des Urlaubs in<br />

Stunden oder die Gewährung halber Urlaubstage kann so<strong>mit</strong> zu<br />

arbeitsrechtlichen Problemen führen.<br />

<strong>Der</strong> Ein- und Austritt im Kalenderjahr<br />

Bei Ein- und Austritt im Kalenderjahr muss der Urlaub im Einzelfall<br />

genau berechnet werden. Nach der gesetzlichen Regelung<br />

hat der Arbeitnehmer laut § 5 BUrlG in bestimmten Fällen Anspruch<br />

auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat der<br />

Beschäftigung (siehe dazu Infobox 3).<br />

In diesen Fällen erhält der Arbeitnehmer nach dem Zwölftelungsprinzip<br />

den anteiligen Jahresurlaub. Hier ist insbesondere<br />

auf die gesetzliche Regelung des § 4 BUrlG zu achten. <strong>Der</strong> Arbeitnehmer<br />

erhält dann den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch<br />

(24 Werktage), wenn er in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet.<br />

Diese Regelung erscheint zunächst verwirrend, ist aber<br />

vom <strong>Gesetzgeber</strong> klar vorgegeben.<br />

Nach der tariflichen Regelung des § 11 Ziff. 3 BRTV erwirbt<br />

der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat der Betriebszugehörigkeit<br />

einen Anspruch auf ein Zwölftel des tariflichen Jahresurlaubs.<br />

Hieraus ergibt sich folgendes Problem:<br />

Frau Müller wird zum 31. Juli 2006 gekündigt. Sie hat einen<br />

Jahresurlaub von 31 Werktagen. Nach § 11 BRTV steht ihr ein<br />

Zwölftel des tariflichen Jahresurlaubs pro vollem Monat der Betriebszugehörigkeit<br />

zu, also 31 / 12 x 7 = 18 Tage. Gemäß den gesetzlichen<br />

Regelungen in § 4 und § 5 BUrlG hat sie jedoch Anspruch<br />

auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub (24 Werktage)<br />

bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte.<br />

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat hier<br />

die Zwölftelung des tariflichen Urlaubs „jedenfalls insoweit ausgeschlossen,<br />

als hierdurch der gesetzliche Urlaubsanspruch unterschritten<br />

wird“. Insofern hat Frau Müller in diesem Fall mindestens<br />

24 Werktage Urlaub erworben.<br />

32 apotheke+marketing 05.2007 apotheke+marketing 05.2007 33

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