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Der Gesetzgeber redet mit - Springer GuP

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R u b r i k U n t e r r u b r i k<br />

U r l a u b s r e g e l u n g B e t r i e b s f ü h r u n g<br />

Geht es darum, die Urlaubszeiten unter den Mitarbeitern festzulegen,<br />

kann dies zu Interessenkonflikten führen. Um Streitigkeiten zu vermeiden,<br />

hat der <strong>Gesetzgeber</strong> einige Regeln aufgestellt, die der Apothekeninhaber<br />

kennen sollte. Unser Experte erklärt die wichtigsten Bestimmungen.<br />

Urlaubsregelung<br />

<strong>Der</strong> <strong>Gesetzgeber</strong> <strong>redet</strong> <strong>mit</strong><br />

Welche besondere Problematik <strong>mit</strong> dem Urlaubsanspruch<br />

in kleineren und <strong>mit</strong>tleren Betrieben verbunden<br />

ist, macht eine typische Situation deutlich: PKA Frau<br />

Müller möchte vier Wochen Sommerurlaub nehmen und beantragt<br />

dies frühzeitig. <strong>Der</strong> Inhaber der Apotheke, Herr Meier,<br />

plant in der Sommerpause die Installation eines neuen Warenwirtschaftssystems.<br />

<strong>Der</strong> EDV-Anbieter möchte direkt nach der<br />

Installation Schulungen für das Apothekenpersonal durchführen.<br />

Ausweichtermine kann er nicht anbieten. Darf der Arbeitgeber<br />

den Urlaub verweigern, da dringende betriebliche Belange<br />

Vorrang haben?<br />

Fallbeispiel: Betriebliche Belange<br />

wichtiger als Urlaubsgesuch?<br />

Einerseits gilt es als gesicherte Erkenntnis, dass der Arbeitnehmer<br />

außer Pausen in den Arbeitszeiten und Ruhezeiten zwischen<br />

den Arbeitszeiten auch eine zusammenhängende Zeit von<br />

mindestens zwei bis drei Wochen im Jahr zur Erholung und zur<br />

Erhaltung seiner Arbeitskraft benötigt. Auf der anderen Seite<br />

kann eine Apotheke nicht wie ein Großbetrieb Ersatzkräfte und<br />

<strong>Springer</strong> bereithalten, die Engpässe in der Personalbesetzung<br />

ausgleichen könnten. Hier entstehen häufig Reibungspunkte<br />

und arbeitsrechtliche Streitigkeiten, die schwer zu lösen sind.<br />

Betrieb wegen eines besonders hohen Krankenstandes oder wegen<br />

Kündigung anderer Mitarbeiter sein. Auch besonders arbeitsintensive<br />

Zeiten, die aufgrund der Eigenart der Branche<br />

(beispielsweise Weihnachten oder Grippewelle) unvermeidbar<br />

sind oder die Notwendigkeit eines Betriebsurlaubs – etwa wegen<br />

der Abhängigkeit der Mitarbeiter von der Anwesenheit des Arbeitgebers<br />

– gelten als betriebliche Belange.<br />

Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer rechtfertigen eine<br />

Ablehnung nur dann, wenn nicht zugleich jeder Urlaubswunsch<br />

aller Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen erfüllt werden kann.<br />

Muss der Arbeitgeber in so einem Fall aus betrieblichen Gründen<br />

einen von mehreren Urlaubswünschen zurückweisen, ist er<br />

gehalten, dabei abzuwägen, wessen Wunsch unter sozialen Gesichtspunkten<br />

den Vorzug verdient. Dies lässt sich nicht allein<br />

nach urlaubsrechtlichen Gesichtspunkten beurteilen. So muss<br />

der Apothekenleiter in seine Abwägung etwa die Urlaubsmöglichkeiten<br />

des Partners und der Kinder (Schulferien) seiner Mitarbeiter<br />

<strong>mit</strong> einbeziehen. Zudem muss er die bisherige Urlaubsgewährung<br />

in besonders beliebten Zeiten berücksichtigen, außerdem<br />

das Alter und die Betriebszugehörigkeit der Angestellten,<br />

den erstmaligen oder wiederholten Urlaub in diesem Kalender-<br />

Infobox 1<br />

Foto: iStockphoto<br />

Den Urlaub geltend machen<br />

Die Frage, wer den Urlaubszeitpunkt bestimmt, ist ein vielschichtiger<br />

Diskussionspunkt. Grundsätzlich legt der Arbeitgeber<br />

die zeitliche Lage des Urlaubs fest. Allerdings muss er dabei<br />

die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, sofern<br />

dem nicht dringende betriebliche Belange oder die Urlaubswünsche<br />

anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Ein dringendes betriebliches<br />

Anliegen kann beispielsweise die Unterbesetzung im<br />

Definition von Urlaub<br />

Nimmt der Arbeitnehmer Urlaub, wird er unter Fortzahlung seiner<br />

Vergütung zu Erholungszwecken von der Arbeit freigestellt. Die gesetzlichen<br />

Grundlagen für den Anspruch und die Gewährung von<br />

Erholungsurlaub finden sich in § 11 des Bundesrahmentarifvertrages<br />

für Apotheken<strong>mit</strong>arbeiter (BRTV) sowie im Bundesurlaubsgesetz<br />

(BUrlG).<br />

30 apotheke+marketing 05.2007 apotheke+marketing 05.2007 31


B e t r i e b s f ü h r u n g U r l a u b s r e g e l u n g<br />

U r l a u b s r e g e l u n g B e t r i e b s f ü h r u n g<br />

Auch die schönste Zeit des Jahres,<br />

der Urlaub, zwängt sehr viel mehr<br />

gesetzliche Vorgaben in ein Korsett<br />

aus Regeln, als sich das so mancher<br />

Arbeitnehmer vorstellen kann.<br />

Ansprüche nicht ganzjährig Beschäftigter<br />

Unter bestimmten Bedingungen hat der Mitarbeiter ein<br />

Anrecht auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs:<br />

Infobox 3<br />

Foto: iStockphoto<br />

jahr sowie die Erholungsbedürftigkeit seines Mitarbeiters, beispielsweise<br />

nach einer schwerwiegenden Erkrankung. Zwingend<br />

verpflichtet, Urlaub zu gewähren, ist der Arbeitgeber, wenn der<br />

Arbeitnehmer ihn im Anschluss an eine Kur verlangt (§ 7 Abs. 1<br />

BUrlG).<br />

Aufgrund der zeitweise auftretenden Kollision mehrerer Urlaubsgesuche<br />

ist zu empfehlen, die Urlaubswünsche der Mitarbeiter<br />

zunächst in einer Urlaubsliste festzuhalten und dann zu<br />

entscheiden, ob dringende betriebliche Belange oder die Urlaubswünsche<br />

anderer Arbeitnehmer dem individuellen Urlaubswunsch<br />

entgegenstehen.<br />

Fallbeispiel: Welcher Wunsch ist sozial<br />

schutzwürdig?<br />

Die PTA Frau Schulze und Frau Müller wollen beide in den Osterferien<br />

Urlaub nehmen. Frau Schulze ist verheiratet und hat<br />

drei schulpflichtige Kinder, Frau Müller ist ledig. Kann der Arbeitgeber<br />

aus dringenden betrieblichen Gründen nur einer PTA<br />

Urlaub geben, müssen seine sozialen Abwägungen in folgende<br />

Richtung gehen: Da Frau Schulze auf die Schulferien angewiesen<br />

ist, ist sie auch sozial schutzwürdiger.<br />

Grundsätzlich ist der Urlaub zusammenhängend zu gewähren.<br />

Wird aus dringenden betrieblichen Gründen eine Aufteilung<br />

des Urlaubs nötig, muss nach § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG einer der<br />

Urlaubsteile mindestens zwölf Werktage (zwei Wochen) umfassen.<br />

<strong>Der</strong> Urlaub von Berufsschülern unter 18 Jahren soll möglichst<br />

in der Zeit der Berufsschulferien gegeben werden.<br />

Wurde der Urlaub durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer erst<br />

einmal festgelegt, ist keine der Parteien berechtigt, eine einseitige<br />

Änderung dieser zeitlichen Festlegung vorzunehmen. Lediglich<br />

in betrieblichen Notfällen oder bei ganz unvorhergesehenen<br />

Ereignissen ist ein Widerruf vor dem Urlaubsantritt möglich.<br />

In besonderen Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber den<br />

Arbeitnehmer sogar aus dem Urlaub zurückrufen.<br />

Fallbeispiel: Rückruf aus dem Urlaub<br />

Die Elbe-Apotheke wird vom gleichnamigen Fluss überschwemmt.<br />

<strong>Der</strong> Inhaber braucht alle verfügbaren Arbeitskräfte,<br />

um das Warenlager in Sicherheit zu bringen. In dieser Situation<br />

darf er unter Umständen auch Arbeitnehmer, die sich in Urlaub<br />

befinden, zurückrufen.<br />

Arbeitnehmer haben kein Selbstbeurlaubungsrecht. Kommt<br />

der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, ohne dass der Urlaub vom<br />

Arbeitgeber gewährt wurde, bleibt er unentschuldigt der Arbeit<br />

fern. Ein solch eigenmächtiger Urlaubsantritt stellt normalerweise<br />

einen wichtigen Grund dar, aufgrund dessen der Arbeitgeber<br />

fristlos kündigen kann. Auch wenn der Arbeitgeber grundlos<br />

und rechtswidrig die Gewährung des Urlaubs verweigert,<br />

sollte der Arbeitnehmer auf keinen Fall unentschuldigt fernbleiben,<br />

sondern den Urlaubsanspruch notfalls <strong>mit</strong> gerichtlicher<br />

Hilfe durchsetzen.<br />

Die Dauer des Urlaubs<br />

Jeder Arbeitnehmer hat gemäß Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)<br />

einen jährlichen Mindestanspruch auf 24 Werktage Erholungsurlaub.<br />

Als Werktage gelten grundsätzlich alle Kalendertage, die<br />

keine Sonn- oder gesetzlichen Feiertage sind (§ 3 BUrlG). Ist<br />

sowohl der Apothekeninhaber als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden,<br />

beziehungsweise wurde im Arbeitsvertrag die Anwendung<br />

des Bundesrahmentarifs (BRTV) vereinbart, gelten<br />

die tariflichen Urlaubsvorschriften. Dabei beträgt der Urlaub für<br />

Mitarbeiter, die am 1. Januar des Kalenderjahres das 18. Lebensjahr<br />

bereits vollendet haben bis zur Vollendung des 29. Lebensjahres<br />

31 Werktage, ab dem 30. Lebensjahr 34 Werktage (§ 11<br />

Nr. 12 BRTV).<br />

Hinzu kommen die so genannten Treuetage, die in den Bundesrahmentarifverträgen<br />

älterer Fassung (vor dem 1. Januar<br />

2005) durch länger beschäftigte Mitarbeiter erworben werden<br />

konnten. Diese günstigeren Regelungen bleiben den Mitarbeitern<br />

erhalten, sofern diese am 1. Januar 2005 das 45. Lebensjahr<br />

bereits vollendet hatten. Eine Besonderheit besteht für Jugendliche<br />

(unter 18 Jahren). Für sie wird der Urlaub nach der gestaffelten<br />

Regelung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) berechnet<br />

(§ 19 JArbSchG). Dafür gelten bestimmte Mindesturlaubsansprüche<br />

(siehe Infobox 2).<br />

Urlaubsansprüche Jugendlicher<br />

Urlaub für 15-Jährige:<br />

Urlaub für 16-Jährige:<br />

Urlaub für 17-Jährige:<br />

30 Werktage<br />

27 Werktage<br />

25 Werktage<br />

Maßgebend für die Berechnung ist das Alter der Jugendlichen zu<br />

Beginn des Kalenderjahres.<br />

Infobox 2<br />

Foto: iStockphoto<br />

<strong>Der</strong> Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht für alle Arbeitsverhältnisse<br />

erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Zuviel<br />

gewährter Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht zurückgefordert<br />

werden.<br />

Urlaubsansprüche von Teilzeit<strong>mit</strong>arbeitern<br />

Im Teilzeitarbeitsverhältnis ergeben sich bei der Berechnung<br />

von Urlaubsansprüchen einige Besonderheiten. Grundsätzlich<br />

steht Teilzeitarbeitskräften anteilig derselbe Urlaub zu wie Vollzeitarbeitskräften.<br />

Sowohl der gesetzliche als auch der tarifliche<br />

Urlaub bemisst sich nach Kalenderwerktagen (Montag bis Samstag).<br />

<strong>Der</strong> <strong>Gesetzgeber</strong> hat deshalb Kalenderwerktage angegeben,<br />

um da<strong>mit</strong> jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch<br />

von vier Wochen bieten zu können. So beträgt der gesetzliche<br />

Mindesturlaubsanspruch 24 Werktage (vier Wochen à sechs<br />

Kalenderwerktage).<br />

Bei Arbeitnehmern, die weniger als sechs Kalendertage pro<br />

Woche beschäftigt werden, muss der Urlaubsanspruch folglich<br />

in Arbeitstage umgerechnet werden. Insbesondere Teilzeitbeschäftigte<br />

arbeiten in der Regel nur an bestimmten Wochentagen.<br />

In diesen Fällen muss der in Werktagen festgesetzte Urlaubsanspruch<br />

errechnet werden, wobei die tatsächlich geleisteten<br />

Arbeitstage pro Woche maßgeblich sind.<br />

Beispiel 1: PKA K steht ein tariflicher Urlaub von 34 Werktagen<br />

zu. Sie arbeitet durchgängig von montags bis samstags.<br />

<strong>Der</strong> tatsächliche Urlaubsanspruch von K muss so<strong>mit</strong> nicht<br />

nochmals umgerechnet werden und beträgt 34 Werktage =<br />

34 Arbeitstage.<br />

Beispiel 2: PTA P arbeitet lediglich montags, <strong>mit</strong>twochs<br />

und freitags und so<strong>mit</strong> in einer Drei-Tage-Woche. Ihr<br />

tatsächlicher Urlaubsanspruch beträgt 34 Werktage / 6 x 3 =<br />

17 Arbeitstage.<br />

Beispiel 3: Reinigungskraft R arbeitet lediglich <strong>mit</strong>twochs<br />

und samstags. Ihr steht ein gesetzlicher Urlaub von<br />

24 Werktagen zu. Ihr tatsächlicher Urlaubsanspruch beträgt 24 /<br />

6 x 2 = 8 Arbeitstage.<br />

wenn er im laufenden Kalenderjahr die Wartezeit von<br />

sechs Monaten nicht erfüllt (Arbeitsverhältnis beginnt<br />

z. B. am 1. Dezember),<br />

wenn das Arbeitsverhältnis vor Erfüllung der Wartezeit<br />

von sechs Monaten endet (z. B. nur zwei Monate besteht<br />

= 2/12),<br />

wenn er in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres<br />

(aber nach Erfüllen der Wartezeit) ausscheidet.<br />

Durch diese Umrechung in Arbeitstage wird vermieden, dass<br />

Teilzeitkräften ein längerer Urlaubsanspruch zusteht als Vollzeitkräften.<br />

Da Reinigungskraft R in Beispiel drei sich pro Urlaubswoche<br />

lediglich zwei Arbeitstage frei nehmen muss (nämlich<br />

<strong>mit</strong>twochs und samstags), stehen ihr insgesamt vier Wochen<br />

Jahresurlaub zu. Vollzeitkräften <strong>mit</strong> 24 Werktagen gesetzlichem<br />

Urlaub stehen ebenfalls vier Wochen Jahresurlaub zu.<br />

In vielen Apotheken wird die Umrechnung von Werktagen in<br />

Arbeitstage nicht praktiziert. Dies ist jedoch unbedingt anzuraten,<br />

da diese Umrechnung vom <strong>Gesetzgeber</strong> vorgeschrieben<br />

wird und in zahlreichen anderen Normen des Bundesurlaubsgesetzes<br />

hieran angeknüpft wird. Eine Umrechnung des Urlaubs in<br />

Stunden oder die Gewährung halber Urlaubstage kann so<strong>mit</strong> zu<br />

arbeitsrechtlichen Problemen führen.<br />

<strong>Der</strong> Ein- und Austritt im Kalenderjahr<br />

Bei Ein- und Austritt im Kalenderjahr muss der Urlaub im Einzelfall<br />

genau berechnet werden. Nach der gesetzlichen Regelung<br />

hat der Arbeitnehmer laut § 5 BUrlG in bestimmten Fällen Anspruch<br />

auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat der<br />

Beschäftigung (siehe dazu Infobox 3).<br />

In diesen Fällen erhält der Arbeitnehmer nach dem Zwölftelungsprinzip<br />

den anteiligen Jahresurlaub. Hier ist insbesondere<br />

auf die gesetzliche Regelung des § 4 BUrlG zu achten. <strong>Der</strong> Arbeitnehmer<br />

erhält dann den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch<br />

(24 Werktage), wenn er in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet.<br />

Diese Regelung erscheint zunächst verwirrend, ist aber<br />

vom <strong>Gesetzgeber</strong> klar vorgegeben.<br />

Nach der tariflichen Regelung des § 11 Ziff. 3 BRTV erwirbt<br />

der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat der Betriebszugehörigkeit<br />

einen Anspruch auf ein Zwölftel des tariflichen Jahresurlaubs.<br />

Hieraus ergibt sich folgendes Problem:<br />

Frau Müller wird zum 31. Juli 2006 gekündigt. Sie hat einen<br />

Jahresurlaub von 31 Werktagen. Nach § 11 BRTV steht ihr ein<br />

Zwölftel des tariflichen Jahresurlaubs pro vollem Monat der Betriebszugehörigkeit<br />

zu, also 31 / 12 x 7 = 18 Tage. Gemäß den gesetzlichen<br />

Regelungen in § 4 und § 5 BUrlG hat sie jedoch Anspruch<br />

auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub (24 Werktage)<br />

bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte.<br />

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat hier<br />

die Zwölftelung des tariflichen Urlaubs „jedenfalls insoweit ausgeschlossen,<br />

als hierdurch der gesetzliche Urlaubsanspruch unterschritten<br />

wird“. Insofern hat Frau Müller in diesem Fall mindestens<br />

24 Werktage Urlaub erworben.<br />

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B e t r i e b s f ü h r u n g U r l a u b s r e g e l u n g<br />

U r l a u b s r e g e l u n g B e t r i e b s f ü h r u n g<br />

Immer wieder kommt es unter Apotheken<strong>mit</strong>arbeitern<br />

zu Konflikten, wenn zwei Arbeitnehmer im selben<br />

Zeitraum Ferien machen wollen. Dabei gibt es für solche<br />

Fälle eindeutige Regelungen: So hat beispielsweise der<br />

Urlaubsantrag eines Mitarbeiters <strong>mit</strong> Familienanschluss<br />

höhere Priorität als derjenige eines Singles.<br />

Foto: iStockphoto<br />

Foto: iStockphoto<br />

Um Doppelansprüche durch diese Regelung zu vermeiden,<br />

entsteht bei einem Stellenwechsel der Urlaubsanspruch bei dem<br />

neuen Arbeitgeber nur dann, wenn der Urlaub nicht bereits bei<br />

dem alten Arbeitgeber gewährt oder abgegolten worden ist (§ 6<br />

BUrlG). Hierüber muss der Arbeitnehmer eine Bescheinigung<br />

des alten Arbeitgebers vorlegen. Diese Bescheinigung muss bei<br />

Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ausgehändigt<br />

werden (§ 6 Abs. 2 BUrlG). Die Bescheinigung muss der<br />

Arbeitgeber unaufgefordert am letzten Tag der Beschäftigung,<br />

zusammen <strong>mit</strong> den übrigen Papieren des Arbeitnehmers, zur<br />

Abholung zur Verfügung stellen.<br />

Übertragung auf das nächste Kalenderjahr<br />

Grundsätzlich sollte der Urlaub in das jeweilige Kalenderjahr<br />

gelegt werden. Ausnahmsweise darf der Urlaub jedoch bis<br />

spätestens 31. März des folgenden Jahres genommen werden,<br />

wenn dringende betriebliche Gründe in der Person des Arbeitnehmers<br />

liegen, die eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste<br />

Kalenderjahr rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG). Hierzu<br />

zählen neben dringenden betrieblichen Gründen (Störung des<br />

Betriebsablaufs, Krankheitszeiten) Gründe, die in der Person<br />

des Arbeitnehmers liegen, wie beispielsweise krankheitsbedingte<br />

Arbeitsunfähigkeit, etc. Bei einer Übertragung auf das<br />

nächste Kalenderjahr muss der Arbeitnehmer jedoch den Urlaub<br />

so rechtzeitig geltend machen, dass er bis zum 31. März<br />

beantragt und genommen werden kann. Wenn der Arbeitnehmer<br />

den übertragenen Urlaub nicht rechtzeitig vor dem 31.<br />

März geltend macht, verfällt der Urlaubsanspruch <strong>mit</strong> Ablauf<br />

des 31. März ersatzlos. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer<br />

infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit überhaupt<br />

nicht in der Lage ist, den Urlaub bis 31. März zu nehmen.<br />

Ein Beispiel: Frau Meier ist seit November 2005 arbeitsunfähig<br />

erkrankt. Aus dem Kalenderjahr 2005 stehen ihr noch 20<br />

Resturlaubstage zu. Sie ist seit 29. März 2006 wieder arbeitsfähig<br />

und beantragt am 29. März 2006 vom 1. April bis zum 16. April<br />

2006 Urlaub. In diesem Fall wird bereits der Urlaub aus dem<br />

Kalenderjahr 2006 verbraucht, da der Resturlaub 2005 zum<br />

31. März 2006 verfallen ist.<br />

Die Urlaubsvergütung<br />

<strong>Der</strong> Arbeitnehmer bekommt während seines Urlaubs den durchschnittlichen<br />

Arbeitsverdienst, den er in den letzten 13 Wochen<br />

vor Urlaubsbeginn erhalten hat (§ 11 BUrlG). Zu der Vergütung<br />

in den letzten 13 abgerechneten Wochen vor Urlaubsbeginn<br />

zählen auch Vergütungen für Notdienstbereitschaften sowie Zulagen<br />

aller Art, nicht jedoch Überstunden beziehungsweise<br />

Mehrarbeitszuschläge. Unberücksichtigt bleiben auch reine Aufwandsentschädigungen,<br />

wie Fahrgeld, etc.<br />

Von dem Urlaubsentgelt zu unterscheiden ist das so genannte<br />

Urlaubsgeld. Das Urlaubsgeld stellt eine zusätzliche, über das<br />

Urlaubsentgelt hinaus gezahlte Vergütung dar.<br />

Sonderfälle<br />

Urlaub und Krankheit<br />

Erkrankt der Arbeitnehmer während der Urlaubszeit, wird der<br />

Urlaub für die Dauer der Krankheitstage unterbrochen. Hierbei<br />

ist es unerheblich, ob sich der Arbeitnehmer trotz der Erkrankung<br />

erholen kann oder nicht.<br />

Es kommt allein auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit<br />

an. Anders liegt der Fall, wenn nach Erteilung des<br />

Urlaubs für denselben Zeitraum ein Beschäftigungsverbot<br />

nach dem Mutterschutzgesetz ausgesprochen wird. Hier entsteht<br />

kein Anspruch auf Nachgewährung des nicht realisierten<br />

Urlaubs.<br />

Um die Anrechnung von Krankheitstagen auf den genommenen<br />

Urlaub zu vermeiden, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich<br />

die Tage der Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest<br />

nachweisen (§ 9 BUrlG). Das Attest kann auch durch einen<br />

ausländischen Arzt erfolgen. Die durch das Attest nachgewiesenen<br />

Krankheitstage können erneut als Urlaub beantragt werden.<br />

<strong>Der</strong> Urlaub verlängert sich aber nicht automatisch um die<br />

Krankheitstage.<br />

Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der Urlaub, der<br />

aufgrund der Beendigung nicht mehr genommen werden kann,<br />

finanziell abgegolten. <strong>Der</strong> Arbeitnehmer erhält so<strong>mit</strong> üblicherweise<br />

bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses <strong>mit</strong> der letzten<br />

Gehaltsabrechnung den Resturlaub ausbezahlt. Wichtig<br />

hierbei: Eine Auszahlung oder Abgeltung des Urlaubs ist nur<br />

dann möglich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Eine<br />

Urlaubsabgeltung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses<br />

ist auch <strong>mit</strong> Einverständnis des Arbeitnehmers nicht<br />

möglich.<br />

Ein Beispiel: Reinigungskraft Frau Becker vereinbart <strong>mit</strong> dem<br />

Arbeitgeber, dass der monatlich entstehende Urlaubsanspruch<br />

<strong>mit</strong> dem Gehalt ausgezahlt wird. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

am 31. März 2006 verlangt Frau Becker die Abgeltung<br />

des Jahresurlaubs 2006 und 2005.<br />

<strong>Der</strong> Urlaubsanspruch von Frau Becker wurde nicht durch<br />

monatliche Abgeltung <strong>mit</strong> dem Gehalt aufgebraucht. Auch eine<br />

entsprechende schriftliche Vereinbarung zwischen Frau Becker<br />

und ihrem Arbeitgeber ist unwirksam.<br />

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann Frau Becker<br />

jedoch die Urlaubsabgeltung fordern, weil jetzt die finanzielle<br />

Auszahlung möglich ist. Allerdings greifen für den Abgeltungsanspruch<br />

dieselben Regelungen wie für den Urlaubsanspruch,<br />

so dass der Jahresurlaub 2005 am 31. März 2006<br />

verfallen ist und nicht mehr genommen werden kann. Frau<br />

Becker kann lediglich die Auszahlung des Jahresurlaubes 2006<br />

einfordern.<br />

Eine Ausnahme von dem prinzipiellen Abgeltungsverbot<br />

sieht § 11 Ziff. 6 BRTV vor. Hier ist eine Abgeltung von bis zu<br />

drei Urlaubstagen pro Kalenderjahr <strong>mit</strong> 1/25 des monatlichen<br />

Bruttogehaltes im bestehenden Arbeitsverhältnis möglich.<br />

Sofern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine<br />

arbeitgeberseitige Kündigung oder durch einen Aufhebungsvertrag<br />

erfolgt, sollte auch an den Urlaubsanspruch gedacht werden.<br />

Wird der Arbeitnehmer freigestellt, empfiehlt sich eine<br />

Freistellung unter Anrechnung von Resturlaubstagen. In diesem<br />

Fall werden die restlichen Urlaubstage <strong>mit</strong> der Freistellung aufgebraucht.<br />

Wichtig: Eine Freistellung unter Urlaubsanrechnung muss<br />

eindeutig für den Arbeitnehmer erkennbar sein. Bei einer lediglich<br />

mündlich erteilten Freistellung oder bei nicht eindeutigem<br />

Text der Freistellung erfolgt nicht automatisch eine Urlaubsanrechnung.<br />

<strong>Der</strong> Urlaub müsste in diesem Fall finanziell abgegolten<br />

werden.<br />

Urlaub und Mutterschutz – Urlaub und Elternzeit<br />

In der Mutterschutzzeit erwirbt die Arbeitnehmerin pro Monat<br />

ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs und wird so<strong>mit</strong> ihren arbeitenden<br />

Kolleginnen gleichgestellt. Während der Elternzeit wird<br />

jedoch der Erholungsurlaub der Arbeitnehmerin für jeden<br />

vollen Kalendermonat, den die Arbeitnehmerin in Elternzeit ist,<br />

um den Faktor eineinhalb gekürzt.<br />

Eine Sonderregelung enthält § 17 Abs. 2 Bundeserziehungsgeldgesetz<br />

(BErzGG). Die Arbeitnehmerin darf den Urlaub, der<br />

ihr zum Zeitpunkt des Beginns der Elternzeit noch zusteht, auf<br />

die Zeit nach der Elternzeit übertragen. <strong>Der</strong> Urlaub verfällt so<strong>mit</strong><br />

nicht.<br />

Schwerbehinderung<br />

Schwerbehinderte Menschen haben einen jährlichen Anspruch<br />

auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von einer Woche, abhängig<br />

von den Arbeitstagen pro Woche. Dieser Anspruch auf<br />

Mehrurlaub besteht jedoch nur, wenn er auch von dem schwerbehinderten<br />

Menschen geltend gemacht wird.<br />

Urlaub und anderweitige Erwerbstätigkeit<br />

Frau Meier nimmt ihren vierwöchigen Jahresurlaub. Ihr Arbeitgeber,<br />

Herr Schröder, erfährt von einer Mitarbeiterin, dass Frau<br />

Meier in dieser Zeit in einer anderen Apotheke arbeitet. Kann<br />

Herr Schröder dies verhindern?<br />

<strong>Der</strong> Urlaub dient der Erholung und der Wiederherstellung<br />

der Arbeitskraft. Insofern darf der Arbeitnehmer keine andere<br />

Erwerbstätigkeit während des Urlaubs ableisten, da dies dem<br />

Urlaubszweck widerspricht.<br />

Unbezahlter Urlaub<br />

Die Gewährung von unbezahltem Urlaub hat <strong>mit</strong> dem Anspruch<br />

auf Erholungsurlaub nichts zu tun. Gleichwohl können Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub vereinbaren. Allerdings<br />

sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass der Zeitraum<br />

des unbezahlten Urlaubs einen Monat nicht übersteigt.<br />

Ansonsten ergeben sich sozialversicherungsrechtliche Probleme.<br />

Normalerweise verliert der Arbeitnehmer seinen Krankenversicherungsschutz,<br />

wenn er länger als einen Monat unbezahlt<br />

freigestellt wird.<br />

Martin Hassel | <strong>Der</strong> Autor ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Dr. Schmidt<br />

und Partner – Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte |<br />

Kontakt: martin.hassel@dr-schmidt-und-partner.de<br />

34 apotheke+marketing 05.2007 apotheke+marketing 05.2007 35

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