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PTA-Magazin - Springer GuP

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T i t e l t h e m a <<br />

H a a r<br />

Angelegenheiten<br />

[ von Stefanie Fastnacht ]<br />

Ob Männlein oder Weiblein, Kopfhaare haben für den Menschen eine besondere<br />

Bedeutung. Lang, kräftig und glänzend signalisieren sie Schönheit, Vitalität und<br />

Gesundheit. Lichtet es sich auf dem Haupt, kann das Selbstbewusstsein enormleiden.<br />

Unser Artikel stellt die häufigsten Formen von Haarausfall vor und zeigt<br />

Möglichkeiten, dagegen anzugehen.<br />

ang oder kurz, lockig oder glatt, rot, blond, brünett oder<br />

schwarz: Haare sind für das äußere Erscheinungsbild von<br />

Frauen und Männern sehr wichtig. Ein Blick in die Haarpflegemittelabteilung<br />

von Drogeriemärkten ist Beweis genug. Regalmeter<br />

von Shampoos, Haarkuren, Styling- und Färbeprodukten<br />

sollen den Hautanhanggebilden zu mehr Stand und<br />

Volumen verhelfen. Kein Wunder, dass Ausdünnungen des<br />

Schopfes als regelrecht bedrohlich empfunden werden. Studien<br />

dokumentieren damit einhergehende psychische Belastungen,<br />

unter denen Frauen meist heftiger leiden als das starke<br />

Geschlecht.<br />

Neben den kosmetischen Aspekten sollte auch die Schutzwirkung<br />

eines dichten Haarkleides nicht vernachlässigt werden.<br />

Ordentlich mit Haaren ausgestattet, bekommt die Kopfhaut<br />

seltener einen Sonnenbrand. Glatzenträger dagegen sind dem<br />

UV-Licht schutzlos ausgesetzt und laufen Gefahr, chronische<br />

Lichtschäden wie aktinische Keratosen oder gar hellen Hautkrebs<br />

zu entwickeln.<br />

Haaraufbau<br />

Ein gesundes Haar liegt eingebettet in den Haarfollikel. Es gliedert<br />

sich in Haarschaft und Haarwurzel (Bulbus). Unter dem<br />

Haarschaft versteht man den aus der Haut herausragenden Teil<br />

des Haares. Seine keratinisierten Haarmatrixzellen bilden die<br />

Haarrinde (Cortex). Die Haarrinde wiederum umhüllt das röhrenförmige<br />

Haarmark (Medulla). Überlappende Cuticulazellen<br />

formen die äußerste Schicht des Haarschaftes. Sie überdecken<br />

die Haarrinde komplett und schützen vor Austrocknung.<br />

Am Ende des Haarfollikels, der bis in das subkutane Fettgewebe<br />

der Haut hineinreicht, befindet sich die Haarwurzel. Sie<br />

lässt sich ebenfalls in mehrere Einheiten gliedern, und zwar in<br />

die Haarmatrix und die Haarpapille. Die Haarmatrix ist mitotisch<br />

aktiv, d. h. sie befindet sich im Zustand der Zellteilung.<br />

Dementsprechend gehört sie zu den schnell proliferierenden<br />

Geweben. Sie ist an der Entstehung des Haarschaftes beteiligt,<br />

während die gut durchblutete Haarpapille die Versorgung mit<br />

Nährstoffen garantiert.<br />

10 > DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9


i g e<br />

Dreiteiliger Reifungszyklus<br />

Haare durchlaufen einen dreiteiligen Reifungsprozess. Während<br />

der Anagenphase wachsen sie. In dieser Zeit sind die<br />

Haarmatrixzellen sehr stoffwechselaktiv, gleichzeitig aber auch<br />

sehr anfällig gegenüber schädigenden äußeren oder inneren<br />

Einflüssen. Die meisten Störungen führen zu einem vorzeitigen<br />

Ende der Wachstumsphase, die genetisch vorprogrammiert<br />

bei einem Haar normalerweise zwischen zwei bis sechs<br />

Jahre dauert. In der darauffolgenden ein- bis zweiwöchigen<br />

Katagenphase lässt die mitotische Aktivität der Matrixzellen<br />

nach, und die Haarwurzel verkleinert sich. Die Telogen- oder<br />

Ruhephase beendet den Haarzyklus. Das mittlerweile an der<br />

Wurzel verhornte Kolbenhaar steckt noch für zwei bis vier<br />

Monate im stoffwechselinaktiven Haarfollikel und fällt beim<br />

Kämmen oder Waschen aus.<br />

Normalerweise folgt jeder Follikel seinem eigenen, gegenüber<br />

dem Nachbarfollikel zeitlich versetzten Reifungszyklus. Mit<br />

diesem Trick will die Natur einen gleichmäßigen Haarbestand<br />

auf einmal mehr als 100 Haare im Kamm, sprechen Mediziner<br />

vom Effluvium (gesteigerter Haarverlust). Die sichtbare<br />

Haarlosigkeit wird als Alopezie bezeichnet.<br />

Um dem Haarausfall auf die Spur zu kommen, braucht es<br />

bisweilen detektivisches Fingerspitzengefühl. Hilfreich ist es,<br />

nach die Anagenphase störenden Ereignissen zu fahnden, die<br />

etwa zwei bis vier Monate zurückliegen. Weit oben auf der<br />

Liste der Verdächtigen rangieren neben Chemotherapeutika<br />

Arzneistoffe wie intravenös verabreichtes Heparin zur Thromboseprophylaxe,<br />

Methylphenidat, Allopurinol, Valproinsäure<br />

oder Clofibrat. Auch das Absetzen oraler Kontrazeptiva<br />

oder hormonelle Umstellungen nach der Geburt und in den<br />

Ausdünnungen des Haarkleides werden von vielen Menschen<br />

als regelrecht bedrohlich empfunden. Besonders bei Frauen<br />

kratzt der Haarverlust an der Psyche.<br />

der Kopfhaut garantieren. Finden sich beim morgendlichen<br />

Kämmen oder nach der Haarwäsche plötzlich jede Menge<br />

Haare in der Bürste, wurden mehrere Haarfollikel auf einmal<br />

vor dem natürlichen Ende ihrer Wachstumsphase ins Katagen<br />

mit anschließendem Telogen katapultiert.<br />

Dem Verlust auf der Spur<br />

Jeder Mensch verliert bis zu 100 Kopfhaare pro Tag. Zudem<br />

unterliegt der Haarzyklus jahreszeitlichen Schwankungen mit<br />

verstärkten Verlusten im Frühjahr und Herbst. Das ist völlig<br />

normal und kein Grund, in Panik zu geraten. Stecken jedoch<br />

Wechseljahren setzten der Haarfülle zu. Genauso wie Schilddrüsenfunktionsstörungen,<br />

Fehlernährung und Stress. Zum<br />

Ausschluss organischer Ursachen sollte der Arzt die Eisen- und<br />

Schilddrüsenwerte überprüfen. Weil Geschlechtskrankheiten<br />

wie die Syphillis mit Haarausfall einhergehen, müssen auch sie<br />

per Blutuntersuchung ausgeschlossen werden.<br />

Haarwurzel unter der Lupe<br />

Zusätzlich zu diesen Untersuchungen kann der Arzt ein Trichogramm<br />

erstellen. Die wegen ihrer Schmerzhaftigkeit bei<br />

Patienten nicht besonders beliebte Methode hilft, verschiedene<br />

> DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9 < 11


T i t e l t h e m a <<br />

Bei Frauen dünnen die Haare meist um den Mittelscheitelbereich aus<br />

Formen von Haarausfall zu beurteilen oder Haarwurzelanomalien<br />

auf die Spur zu kommen. Dazu müssen 20 bis 50 Haare<br />

ausgerissen und bei 20- bis 40-facher Vergrößerung unter dem<br />

Mikroskop untersucht werden. Befinden sich weniger als 80<br />

Prozent der epilierten Haare im Anagen, kann das als Indiz<br />

für verstärkten Haarausfall gewertet werden. Ebenso sollten<br />

Telogenhaare einen Anteil von 20 Prozent nicht überschreiten.<br />

Haare im kurzen katagenen Übergangsstadium findet man<br />

eher selten. Technisch verfeinerte Methoden wie das Phototrichogramm<br />

oder das computergestützte TrichoScan fallen<br />

für die Patienten weniger schmerzhaft aus.<br />

Diffuse Verluste<br />

Von diffusem Haarausfall spricht man, wenn sich das Haar<br />

relativ gleichmäßig über den Kopf verteilt ausdünnt. Er ist<br />

meist das Symptom der oben erwähnten hormonellen Umstellungen<br />

nach der Geburt oder dem Absetzen oraler Kontrazeptiva,<br />

Eisenmangel oder einer Schilddrüsenunterfunktion.<br />

Auch Infektionskrankheiten oder Stress gehen mit diffusen<br />

Verlusten einher.<br />

Eine Überempfindlichkeit der Haarwurzel gegenüber männlichen Sexualhormonen<br />

ist die häufigste Ursache von Haarausfall. Betroffene bekommen<br />

sie bereits mit in die Wiege gelegt.<br />

In der Apotheke gibt es eine Reihe von Wirkstoffen, die das<br />

Haar von innen nähren und sein Nachwachsen bei diffusem<br />

Ausfallen stimulieren sollen. Zwar ist bei vielen die Wirksamkeit<br />

wissenschaftlich nicht belegt, trotzdem kann ihre<br />

Einnahme hilfreich sein. Weisen Sie Ihre Kunden im Beratungsgespräch<br />

immer darauf hin, dass sich Behandlungserfolge<br />

frühestens nach einer Einnahmezeit von zwei bis drei<br />

Monaten einstellen.<br />

Haarwachstumsfördernd sollen Biotin (Vitamin H), Pantothensäure<br />

(Vitamin B5) und Thiamin (Vitamin B1) sowie das<br />

Spurenelement Zink sein. Biotin ist essenziell für die Bildung<br />

des Haarkeratins. Vitamin B1 und B5 spielen bei der Zellteilung<br />

und damit bei der Bildung von neuen Haarzellen eine<br />

wichtige Rolle. Auch Kombinationen aus Pantothensäure<br />

und der schwefelhaltigen Aminosäure Cystin, einem Hauptbestandteil<br />

des Haarkeratins, unterstützen das Haarwachstum<br />

(Pantovigar ® ), genauso wie eine Mischung aus Hirseextrakt,<br />

Weizenkeimöl, L-Cystin und Vitamin B5 (Priorin ® ). Eine speziell<br />

entwickelte Kombination von Zink, Taurin, Omega-3-<br />

und Omega-6-Konzentrat sowie Katechinen aus Grüntee- und<br />

Traubenkernextrakt (Innéov Haarfülle) kann das<br />

Haar ebenfalls von innen heraus nähren.<br />

Androgenetische Alopezie<br />

Die Therapie des diffusen Haarausfalls orientiert sich an den<br />

auslösenden Ursachen. Bei Schilddrüsenstörungen oder Infekten<br />

beseitigt man die Grunderkrankung. Falls nötig, wird<br />

Eisen substituiert. Durch Medikamente verursachte Ausfallerscheinungen<br />

bessern sich, wenn die Präparate abgesetzt werden.<br />

Sind die Auslöser beseitigt, wächst das Haar in der Regel<br />

innerhalb von sechs bis neun Monaten wieder nach.<br />

Die häufigste Ursache von Haarausfall bei Männern und Frauen<br />

ist die Androgenetische Alopezie (AGA), eine genetisch<br />

bedingte Überempfindlichkeit der Haarwurzel gegenüber<br />

männlichen Sexualhormonen (Androgene). Jeder zweite Mann<br />

im Alter zwischen 20 und 40 Jahren ist betroffen. Etwa zehn<br />

Prozent der Frauen sind so stark belastet, dass sich bereits zwischen<br />

dem 20. und 30. Lebensjahr ihre Haare sichtbar lichten.<br />

12 > DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9


Stress lass nach<br />

Dass lang anhaltender Stress die Haare schwinden lässt, ist bekannt.<br />

Warum er das tut, hat eine Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums<br />

Schleswig-Holstein in Lübeck jetzt weiter aufgedeckt. Stress scheint eine<br />

Abfolge von molekularen Ereignissen auszulösen, die zu Entzündungen<br />

am Haarfollikel führen und so zum Haarausfall beitragen. Eine entscheidende<br />

Rolle übernimmt dabei wohl Substanz P, ein aus elf Aminosäuren<br />

gebildetes Neuropeptid. Die Forscher konnten an aus menschlichen<br />

Haarfollikeln gezüchteten Zellkulturen zeigen, dass unter Einwirkung von<br />

Substanz P die Haarfollikel vorzeitig in die Katagenphase eintreten. Empfehlen<br />

Sie Ihren Kunden deshalb kleine Auszeiten vom Alltagsstress. Das<br />

entspannt Körper und Seele und wirkt sich positiv auf das Haar aus.<br />

Einen weiteren Meilenstein stellt die Hormonumstellung in<br />

den Wechseljahren dar.<br />

Bei Männern ist genetisch festgelegt, welche Haarfollikel im<br />

Lauf des Lebens dem Kahlschlag zum Opfer fallen werden.<br />

Lichtungen entstehen bevorzugt an den seitlichen Stirn-Haargrenzen<br />

(Geheimratsecken) und im hinteren Scheitelbereich<br />

(Tonsurglatze). Ist ihre Zeit gekommen, erhöht sich die Empfindlichkeit<br />

der Follikel gegenüber Androgenen.<br />

Eine entscheidende Rolle im Lichtungsprozess kommt dem<br />

Dihydrotestosteron (DHT) zu, einem Testosteronmetaboliten.<br />

DHT wird mit Hilfe des Isoenzyms 5-alpha-Reduktase-II, das<br />

in der Prostata und den Fibroblasten der Haarpapille dominiert,<br />

aus Testosteron gebildet. Es stimuliert über Adrogenrezeptoren<br />

die Haarfollikel. Der natürliche Haarzyklus verkürzt<br />

sich zu Lasten der Anagenphase. Der Haarfollikel schrumpft<br />

(miniaturisiert) und bildet schließlich nur noch dünne, kaum<br />

sichtbare Flaumhaare.<br />

Anzeige<br />

Bei Frauen ist im Gegensatz zum Mann oft nur ein Teil der<br />

Kopfhautfollikel dem Untergang geweiht. Daher kommt es<br />

selten zu völliger Kahlheit. Meist dünnen die Haare mehr oder<br />

weniger stark um den Mittelscheitelbereich herum aus. An<br />

der Stirn hält sich normalerweise eine gut behaarte Zone. Die<br />

weibliche androgenetische Alopezie ist häufig mit einem maskulinen<br />

Behaarungstyp verbunden. Auf den Unterschenkeln,<br />

an den Zehen und im Gesichtsbereich plagen die Betroffenen<br />

reichlich Haare.<br />

Analog zur männlichen Glatzenbildung beobachtet man auch<br />

bei Frauen eine Miniaturisierung der Haarfollikel. Allerdings<br />

scheinen nicht 5-alpha-Reduktase-II und DHT, sondern das<br />

Enzym Aromatase eine wichtige Rolle zu spielen. Ist seine<br />

Aktivität zu gering, wird das im weiblichen Organismus zirkulierende<br />

Testosteron nicht mehr in ausreichendem Maß in<br />

Östrogene umgewandelt. Bei Androgenempfindlichen führen<br />

die erhöhten Spiegel zum Ausfall der Haare.


T i t e l t h e m a <<br />

soll während der zweimal täglichen Behandlung der<br />

Kopfhaut mit dem Produkt bereits nach etwa acht bis<br />

zwölf Wochen ein Stopp des übermäßigen Haarverlustes<br />

eintreten. Wie stark sich das Kopfhaar unter<br />

der Behandlung wieder verdichtet, ist von Patient<br />

zu Patient unterschiedlich. Das Nachwachsen der<br />

neuen Haare benötigt mindestens vier bis acht Monate.<br />

Ist die Glatzenbildung weit fortgeschritten oder<br />

besteht sie länger als zehn Jahre, scheint Minoxidil<br />

weniger gut anzuschlagen.<br />

Vor allem Finasterid und Minoxidil werden zur Therapie der androgenetischen Alopezie bei Männern eingesetzt<br />

Männer behandeln<br />

Zur Therapie der AGA von Männern kommen derzeit vor<br />

allem zwei Substanzen zur Anwendung. Ursprünglich zur Therapie<br />

der gutartigen Prostatavergrößerung eingesetzt, zielt der<br />

Wirkstoff Finasterid darauf ab, den Einfluss der Androgene<br />

auf den Haarfollikel auszuschalten. Er hemmt die 5-alpha-Reduktase-II<br />

und senkt die DHT-Spiegel. Studien mit Finasterid<br />

(Propecia ® ) in einer Dosierung von 1 mg/Tag haben gezeigt,<br />

dass es durch die Einnahme bei mehr als 80 Prozent der Teilnehmer<br />

gelingt, das Fortschreiten der Alopezie zu stoppen.<br />

Wurde das Medikament ein Jahr lang eingenommen, verbesserte<br />

sich das Erscheinungsbild der Haare in 50 Prozent der<br />

Fälle. Nach zwei Jahren hatten immerhin 66 Prozent der Teilnehmer<br />

dichteres Haar.<br />

Wird die Behandlung abgebrochen, lässt die Wirkung im Laufe<br />

der nächsten sechs Monate wieder nach. Nach neun bis<br />

zwölf Monaten ist der ursprüngliche haarlose Zustand wieder<br />

erreicht. Ein bis zwei Prozent der Anwender klagten über Libidoverlust<br />

und Potenzabschwächung als Nebenwirkungen,<br />

die nach Absetzen des Präparates aber reversibel waren. Weil<br />

für den hormonellen Haarausfall bei Frauen keine positive<br />

Wirkung nachgewiesen werden konnte, ist Finasterid nicht zur<br />

Anwendung bei Frauen geeignet. Zudem kann eine embryotoxische<br />

Wirkung nicht ausgeschlossen werden.<br />

Minoxidil wurde eigentlich als oral zu verabreichendes Antihypertonikum<br />

entwickelt. Es bescherte seinen Anwendern<br />

neben einem niedrigeren Blutdruck als Nebenwirkung reichlich<br />

Haare im Gesicht und am Körper (Hypertrichose). Nach<br />

den USA, wo es zuerst als topisch anzuwendendes<br />

Haarwuchsmittel zugelassen wurde, steht Minoxidil<br />

mittlerweile auch in Deutschland als rezeptfreie Lösung<br />

(Regaine ® Männer) mit fünf Prozent Wirkstoff<br />

zur Verfügung. Der Wirkmechanismus von Minoxidil<br />

ist nicht geklärt. Man nimmt an, dass die Substanz die<br />

Durchblutung im Bereich der dermalen Papille stimuliert<br />

und so das Haarwachstum verbessert. In der Regel<br />

Frauen behandeln<br />

Auch bei Frauen zielt die Behandlung der androgenetischen<br />

Alopezie darauf ab, den Einfluss der<br />

Androgene auszuschalten und der Miniaturisierung<br />

der Haarfollikel entgegenzuwirken. Valide Wirkung zeigt das<br />

kontinuierliche Auftragen einer zweiprozentigen Minoxidil-<br />

Lösung (Regaine ® Frauen). Die niedrigere Konzentration für<br />

Frauen begründet der Hersteller mit einer geringeren Nebenwirkungsrate.<br />

In 80 bis 90 Prozent der Fälle kann damit der Haarausfall gestoppt<br />

werden. Bei 50 Prozent der Anwenderinnen kommt es<br />

sogar zu einer Haarverdichtung. Wird die Therapie abgesetzt,<br />

fallen die neu gebildeten Haare wieder aus. Häufigste unerwünschte<br />

Wirkung ist eine verstärkte Behaarung der Stirn- und<br />

Schläfenregion, besonders bei Frauen mit dunklem Teint.<br />

Ebenfalls von Nutzen kann die systemische Gabe von Antiandrogenen<br />

wie Cyproteronacetat (CPA) oder Chlormadinonacetat<br />

sein, die im Haarfollikel den Androgenrezeptor<br />

Kleine Mogeleien für mehr Haarfülle<br />

» Dicke Rundbürsten, beim Föhnen vom Ansatz her bis in die Spitzen gezogen,<br />

oder große Lockenwickler bringen mehr Volumen ins Haar.<br />

» Auf die Grundhaarfarbe abgestimmte helle Strähnchen setzen Akzente<br />

und täuschen optische Fülle vor.<br />

» Vom Haaransatz bis in die Spitzen verteilte Schaumfestiger geben nach<br />

dem Föhnen mehr Stand.<br />

» Lichte Stellen in der Scheitelgegend können mit einem der Haarfarbe entsprechenden<br />

Lidschatten kaschiert werden.<br />

14 > DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9


T i t e l t h e m a <<br />

Sammeln Sie<br />

Fortbildungspunkte!<br />

blockieren. Weil unter der Gabe von Antiandrogenen eine<br />

Schwangerschaft vermieden werden muss (Gefahr von Genitalfehlentwicklungen<br />

des Feten) sowie zur Aufrechterhaltung<br />

der regelmäßigen Monatszyklen, werden sie bei Frauen im<br />

gebärfähigen Alter mit einem Östrogen kombiniert. Auf dem<br />

Markt gibt es orale Kontrazeptiva mit fixen Kombinationen<br />

aus Ethinylestradiol und Cyproteronacetat (z. B. Diane ® -35)<br />

oder Ethinylestradiol und Chlormadinonacetat (Neo-Eunomin<br />

® ). Frauen nach der Menopause oder der operativen Entfernung<br />

der Gebärmutter können mit CPA-Monopräparaten<br />

(z. B. Androcur ® 10 mg) therapiert werden. Kontraindiziert ist<br />

die Gabe von Androgenen bei Patientinnen mit Lebertumoren,<br />

vorausgegangenen thromboembolischen Prozessen, bei<br />

Herz-Kreislauf- und Fettstoffwechselerkrankungen, schwerer<br />

Adipositas oder Raucherinnen.<br />

Alfatradiol (früher 17-alpha-Estradiol) in den Kopfhauttinkturen<br />

Ell-Cranell ® alpha oder Pantostin ® wirkt aufgrund seiner chemischen<br />

Struktur nicht wie ein Östrogen. Es wird vermutet, dass<br />

die Substanz äußerlich angewendet die 5-alpha-Reduktase im<br />

Haarfollikel hemmt. Über einen Zeitraum von sechs Monaten<br />

aufgetragen, soll es dazu beitragen, Haarausfall zu stoppen.<br />

Alopecia areata<br />

Auf Seite 36 finden Sie 10 Fortbildungsfragen<br />

zu diesem Beitrag. Bei zu 80 Prozent richtiger<br />

Beantwortung können Sie einen Punkt der<br />

Bundesapothekerkammer für Ihr Fortbildungskonto<br />

erhalten!<br />

Patienten mit einer Alopecia areata leiden unter scharf begrenzten,<br />

völlig haarlosen, etwa kreisrunden Arealen auf dem<br />

Kopf oder im Bartbereich. Stärkerer Befall kann zur völligen<br />

Kahlheit des Kopfes führen (Alopecia areata totalis). Fallen<br />

alle Körperhaare aus, spricht man von einer Alopecia areata<br />

universalis. Weil die Haarfollikel nicht zerstört werden bzw.<br />

vernarben, ist eine Alopecia areata theoretisch voll reversibel.<br />

Nach ihrem ersten Auftreten wachsen bei jedem dritten Patienten<br />

innerhalb von sechs Monaten die Haare spontan nach,<br />

jedoch kommt es häufig zu Rückfällen.<br />

Die Ursachen der Erkrankung sind nicht geklärt. Histologische<br />

Untersuchungen deuten darauf hin, dass es sich bei<br />

der Alopecia areata um eine zellulär vermittelte Autoimmunerkrankung<br />

mit dem Zielorgan Haarfollikel handelt. Schwere<br />

Verlaufsformen können mit atopischen Erkrankungen wie<br />

Neurodermitis, Heuschnupfen oder allergischem Asthma<br />

einhergehen. Die Betroffenen entwickeln nicht selten andere<br />

Autoimmunerkrankungen wie chronische Schilddrüsenentzündungen<br />

(Autoimmunthyreoiditis) oder Weißfleckenkrankheit<br />

(Vitiligo). Typisch sind zudem Nagelveränderungen wie<br />

Tüpfel- oder Sandpapiernägel.<br />

Aufgrund ihrer immunmodulatorischen Eigenschaften können<br />

zu Beginn der Erkrankung über mehrere Monate Zinksalze<br />

verordnet werden [z. B. pro Tag zweimal 50 mg Zinkbis(hydrogenaspartat),<br />

z. B. Unizink ® ]. Dermatologen verordnen lokale<br />

Kortikoide, um das Immunsystem im betroffenen Gebiet<br />

außer Gefecht zu setzen. Verschreibungspflichtige Substanzen<br />

wie Prednicarbat (z. B. Dermatop ® Lösung), Mometasonfuorat<br />

(z. B. Ecural ® Lösung) oder Triamcinolonacetonid (z. B. Triamgalen<br />

® ) werden zweimal täglich äußerlich aufgetragen.<br />

Topische Immuntherapie<br />

Alopecia areata lässt sich derzeit am wirksamsten durch eine<br />

topische Immuntherapie mit einem Kontaktallergen behandeln.<br />

Mit Hilfe der nicht als Medikament zugelassenen<br />

Substanz Diphenylcyclopropenon (DPCP, siehe NRF-Rezepturhinweise:<br />

Diphenylcyclopropenon zur Anwendung auf<br />

der Haut, Stand 28.11.2007, www.dac-nrf.de) erzeugt man<br />

ein allergisches Kontaktekzem. Zur Sensibilisierung wird zunächst<br />

halbseitig auf den Kopf eine zweiprozentige DPCP-<br />

Lösung aufgepinselt. 14 Tage nach der Sensibilisierung wird<br />

ein jetzt auf 0,001 Prozent verdünntes DPCP-Gemisch appliziert.<br />

Das Auftragen wird wöchentlich wiederholt und die<br />

Dosis so gesteigert, dass einen Tag nach dem Aufpinseln eine<br />

entzündliche Hautreaktion mit Rötung und Juckreiz entsteht,<br />

die unter Schuppung ausheilt. Behandelt wird so lange, bis die<br />

16 > DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9


T i t e l t h e m a <<br />

Auf einen Blick<br />

Gegen diffusen Haarausfall<br />

» In der Selbstmedikation stehen zum Beispiel verschiedene B-Vitamine<br />

(Biotin, Panthothensäure, Thiamin), Zink, Cystin, Taurin oder Omega-<br />

3- und Omega-6-Konzentrate zur Verfügung.<br />

Gegen androgenetisch bedingten Haarausfall<br />

» Finasterid (Propecia®, Rp) wird in einer Dosierung von 1 mg/Tag nur<br />

bei Männern eingesetzt.<br />

» Minoxidil wird als fünfprozentige Lösung bei Männern und als zweiprozentige<br />

Lösung bei Frauen eingesetzt (Regaine® Männer/Frauen, Ap).<br />

» Antiandrogene wie Cyproteronacetat oder Chlormadinonacetat (beide<br />

Rp) werden bei Frauen angewendet.<br />

» Alfatradiol (früher 17-alpha-Estradiol) ist als 0,025prozentige Lösung für<br />

Frauen und Männer geeignet (Pantostin®, Ell-Cranell® alpha, beide Ap).<br />

Haare wieder zu wachsen beginnen. Dann kann die Therapie<br />

ausschleichend beendet werden. Viele der Patienten bleiben<br />

nach erfolgreicher Therapie über Jahre erscheinungsfrei. Allerdings<br />

muss damit gerechnet werden, dass DPCP nur so<br />

lange wirkt, wie es aufgetragen wird. Sein Mechanismus beruht<br />

wahrscheinlich auf einer Ausschaltung der gegen den<br />

Haarfollikel gerichteten immunologischen Reaktion.<br />

Sonstige Ausfälle<br />

Krebspatienten unter Chemotherapie verlieren oft innerhalb<br />

kürzester Zeit ihre Haare, weil alle in der Anagenphase befindlichen<br />

Haare geschädigt werden und in der Wurzel abbrechen.<br />

Nach dem Ende der Chemotherapie regenerieren<br />

sich die Follikel. Schon nach einigen Wochen setzt wieder ein<br />

kräftiges Wachstum ein. Aus einem zuvor krausen Kopf kann<br />

dann gelegentlich auch mal ein glatter werden.<br />

Werden Kopfhaarfollikel vollständig zerstört, kommt es zur<br />

Ausbildung von narbigen Arealen auf der Kopfhaut, in denen nie<br />

Gegen kreisrunden Haarausfall<br />

» Substanzen wie Prednicarbat, Mometasonfuorat oder Triamcinolon<br />

und Diphenylcyclopropenon-Lösungen (alle Rp) zur topischen Anwendung<br />

werden vom Arzt verordnet.<br />

» Zinksalze werden über mehrere Monate als Immunmodulatoren gegeben.<br />

mehr Haare wachsen. Die möglichen Ursachen sind vielfältig.<br />

Neben Verbrühungen und Verbrennungen gehen vernarbende<br />

Alopezien zum Beispiel mit einem Lupus erythematodes (eine<br />

systemisch-entzündliche Autoimmunkrankheit) oder einer<br />

Lichen ruber follicularis (Knötchenflechte) einher. Ihre Behandlung<br />

gestaltet sich meist langwierig und schwierig. Es wird<br />

versucht, ein Fortschreiten zu verhindern und Entzündungen<br />

mit Kortikosteroidlösungen und -cremes einzudämmen bzw.<br />

auszuschalten. Weil die behaarte Kopfhaut nicht zu Hautatrophien<br />

neigt, können im Gegensatz zur Gesichtshaut stark und<br />

sehr stark wirksame Präparate verordnet werden.<br />

Autorenverzeichnis<br />

Haben Sie Fragen an unsere AutorInnen, oder interessieren Sie sich für die Literatur?<br />

Hier finden Sie die Kontaktdaten.<br />

Sylvia Dauborn<br />

Goethestraße 26<br />

65462 Ginsheim-Gustavsburg<br />

hp@sylvia-dauborn.de<br />

Stefanie Fastnacht<br />

Friedrich-List-Straße 18<br />

63263 Neu-Isenburg<br />

s.fastnacht@vff.uni-frankfurt.de<br />

Hannelore Gießen<br />

Gotenstraße 9<br />

85551 Kirchheim<br />

hannelore.giessen@t-online.de<br />

Dr. Ute Koch<br />

Sybelstraße 42<br />

10629 Berlin<br />

ute.koch@berlin.de<br />

Gode Meyer-Chlond<br />

Adickesstraße 26<br />

22607Hamburg<br />

meyer-chlond@t-online.de<br />

Bildnachweis:<br />

Titel Getty Images<br />

S.7 Anonyma © 2008 Constantin Film<br />

Verleih GmbH<br />

istockphoto, fotolia<br />

Jane Funke<br />

Paul-Gerhardt-Straße 33<br />

82256 Fürstenfeldbruck<br />

Dr. Constanze Schäfer<br />

Poststraße 4<br />

40213 Düsseldorf<br />

c.schaefer@aknr.de<br />

18 > DAS <strong>PTA</strong> MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 0 8 -- Heft 9

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