Zeitschrift des Titanic- Verein Schweiz
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Eine «internationale» TITANIC-Recherche<br />
von Mandy Le Boutillier<br />
Übersetzung: Brigitte Saar<br />
Oft leben wir in unmittelbarer<br />
Nähe berühmter Sehenswürdigkeiten<br />
und gehen doch nie hin.<br />
Wie viele New Yorker waren wohl<br />
kürzlich im Straus Park? Wie viele<br />
Londoner im Greenwich Maritime<br />
Museum? Ich schäme mich zuzugeben:<br />
Bei mir ist es auch so. Ich<br />
bin voller Begeisterung tausende<br />
Kilometer gereist an Orte mit TITA-<br />
NIC-Bezug, von Neuschottland, Kanada,<br />
bis in die <strong>Schweiz</strong>, von Irland<br />
bis New York, aber in Cherbourg<br />
war ich noch nie - dabei<br />
bräuchte ich mit der Fähre dorthin<br />
nur eine Stunde<br />
Es gibt noch einen weiteren Ort,<br />
wo ich seit meiner Kindheit nicht<br />
mehr war, obwohl er von Jersey in<br />
nur 10 Flugminuten erreichbar ist.<br />
Doch dank dem Hinweis, dass dort<br />
wohl ein TITANIC-Denkmal ist, führte<br />
dazu, dass ich Pläne für eine<br />
«Expedition» nach Guernsey schmiedete,<br />
die kleinere der Kanalinseln.<br />
Auf der TITANIC waren 18 Guernseyer,<br />
und nur sechs von ihnen haben<br />
überlebt, darunter Madeleine Astors<br />
Zofe Rosalie Bidois. Vor ein<br />
paar Jahren hörte ich von einem<br />
TITANIC-Denkmal auf der Insel,<br />
konnte aber nichts konkretes herausfinden.<br />
Obwohl die beiden Inseln<br />
so dicht beisammen liegen,<br />
hatte ich keine Kontakte dorthin,<br />
niemand, der bei der Suche hätte<br />
helfen können. Letztes Jahr «wanderte»<br />
dann ein enger Freund und<br />
ehemaliger Arbeitskollege, aus beruflichen<br />
Gründen nach Guernsey<br />
«aus». Mark Whitley und ich waren<br />
seit vielen Jahren Mitglied eines<br />
informellen Dinner-Clubs, und<br />
als er Jersey verliess, schworen wir,<br />
ihn zu besuchen, damit er uns und<br />
unsere kleinen Feiern nicht allzu<br />
sehr vermissen muss.<br />
Während ich also die Reisearrangements<br />
für die Gruppe traf,<br />
fragte mich Mark ganz beiläufig,<br />
ob es irgendetwas gäbe, was wir<br />
unbedingt machen wollten auf<br />
Guernsey. Natürlich schrillte in<br />
mir sofort der TITANIC-Alarm, und<br />
der arme Mark musste als Folge<br />
unzählige Telefonate auf sich nehmen,<br />
um die mysteriöse TITANIC-<br />
Gedenktafel für mich ausfindig zu<br />
machen!<br />
So kam es, dass ich mich schliesslich<br />
auf dem Damm zu einer Napoleonischen<br />
Festung an der Atlantikküste<br />
Guernseys wiederfand.<br />
Dank Marks unermüdlichem Einsatz<br />
ist das Rätsel gelöst. Die «Gedenktafel»<br />
hängt im Museum für<br />
Schiffswracks von Fort Grey und<br />
ist nicht etwa von 1912, nein, es<br />
handelt sich vielmehr um eine<br />
ganz normale Informationstafel<br />
<strong>des</strong> Museums, vermutlich aus den<br />
80er Jahren. Darauf werden alle<br />
TITANIC-Passagiere und -Crewmitglieder<br />
von Guernsey aufgelistet,<br />
dazu ihre örtlichen Adressen, der<br />
Beruf, Informationen zu den Familien<br />
und der Grund, warum sie auf<br />
der TITANIC waren. Es ist ein schlichtes,<br />
aber berühren<strong>des</strong> «Denkmal»,<br />
in einem liebevoll geführten kleinen<br />
Museum. Vielleicht gibt es irgendwo<br />
auf der Insel noch eine<br />
alte Messingtafel - bislang blieb<br />
sie mir verborgen. Vielleicht findet<br />
sie Mark noch, ehe wir ihn im<br />
nächsten Jahr wieder besuchen!<br />
Im Museum auf der Festung Fort Grey (links) gibt es tatsächlich eine TITANIC-Tafel (rechts).<br />
(Le Boutillier)<br />
TITANIC-Post Nr. 65, September 2008<br />
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