Zeitschrift des Titanic- Verein Schweiz
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toner White Star Dock anlegte, wo<br />
die verbliebenen Passagiere an<br />
Land gingen und die Fracht gelöscht<br />
wurde. Auf den ersten Blick<br />
schien der Schaden lediglich aus<br />
einer Reihe von langen, rostig<br />
aussehenden Schleifspuren auf<br />
Höhe <strong>des</strong> Grossmastes zu bestehen;<br />
von Nahem betrachtet zeigte<br />
sich jedoch in der Flanke ein zwölf<br />
Meter breites Loch in Form eines<br />
auf die Spitze gestellten Dreiecks,<br />
das bis hinauf zum D-Deck mehr<br />
als vier Meter über der Wasserlinie<br />
reichte. Die Aussenhautbeplattung<br />
war an dieser Stelle zweieinhalb<br />
Meter nach innen getrieben<br />
und auch einiges an Spantenwerk<br />
in Mitleidenschaft gezogen worden.<br />
Grosses Glück war es, dass<br />
die Passagiere der Zweiten Klasse,<br />
welche in diesem Bereich ihre Kabinen<br />
hatten, gerade beim Lunch<br />
gesessen hatten.<br />
Unter der Wasserlinie hatte der<br />
Rammsporn <strong>des</strong> Kreuzers ein zweites,<br />
etwa birnenförmiges Leck geschlagen,<br />
welches den starken<br />
Wassereinbruch verursacht hatte.<br />
Nach einer raschen Inspektion<br />
durch Taucher wurde festgestellt,<br />
dass zur Behebung der Schäden<br />
der Aufenthalt in einem Trockendock<br />
unumgänglich war. Und da<br />
das Alexandra Dock in Southampton<br />
nicht vor 1913 fertig gestellt<br />
sein würde, blieb nichts anderes<br />
übrig, als Belfast anzusteuern.<br />
Werftarbeiter in Belfast entfernen die provisorische Holzverschalung<br />
(Sammlung bä A406a)<br />
Während der folgenden zehn Tage<br />
wurden die Lecks für die Überfahrt<br />
von 570 Meilen provisorisch abgedichtet.<br />
Stahlplatten deckten das<br />
Leck unter der Wasserlinie ab, während<br />
Schiffszimmerleute oberhalb<br />
eine Holzverschalung anbrachten.<br />
Und so begann das Schiff am 4.<br />
Oktober mit einer Minimalcrew<br />
die Reise nach Belfast, welche mit<br />
eigener Kraft und knapp 10 kn innerhalb<br />
von zwei Tagen absolviert<br />
wurde. Die Belfaster kamen damit<br />
unerwartet in den Genuss eines<br />
atemberaubenden Anblicks: Die<br />
beiden grössten Schiffe der Welt<br />
in einem Hafen, und das innerhalb<br />
kurzer Zeit zum zweiten Mal, doch<br />
diesmal höchst unplanmässig.<br />
TITANIC-Post Nr. 65, September 2008 19