und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
V<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm<br />
Die Metaphern-Schatzkiste<br />
Systemisch arbeiten mit Sprachbildern<br />
Mit 25 Abbildungen <strong>und</strong> 6 Tabellen<br />
<strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong><br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische<br />
Angaben sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
ISBN 978-3-525-40175-0<br />
Umschlagabbildung: Holger Lindemann <strong>und</strong> Leon Weiher<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen /<br />
<strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> LLC, Bristol, CT, U.S.A.<br />
www.v-r.de<br />
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk <strong>und</strong> seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />
in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung<br />
des Verlages.<br />
Printed in Germany.<br />
Gestaltung, Satz <strong>und</strong> Litho: SchwabScantechnik, Göttingen<br />
Druck <strong>und</strong> Bindung: e Hubert & Co, Göttingen<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
■ Inhalt<br />
1 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
2 Metaphern in der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
2.1 Metaphern, Phraseologismen <strong>und</strong> Sprichwörter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
2.2 Verwendung von Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
2.3 Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
3 Methoden der Arbeit mit Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
3.1 Problembild <strong>und</strong> Lösungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
3.2 Nutzung vorgefertigter Bilder <strong>und</strong> Skizzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3.3 Energie- <strong>und</strong> Ruhepole: Tankstellen <strong>und</strong> Erholungsinseln . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
3.4 Metaphern in der Figurenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />
3.5 Die Heldenreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
3.6 SCOREPELZ+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
3.7 Ich schaffs! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />
3.8 Reteaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
3.9 Points of you − das Coaching Game . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />
3.10 Nervennahrung: Das Bonbon- <strong>und</strong> Sprichwortorakel . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />
3.11 Bilderorakel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />
3.12 Bilder <strong>und</strong> Cartoons als Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.13 Verwendung von Geschichten, Fabeln, Allegorien, Gleichnissen,<br />
Märchen, Witzen <strong>und</strong> Filmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />
3.14 Entwerfen eigener Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />
3.15 Verschiedene Rollen in der Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />
3.16 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />
4 Die Systematik der Metaphern-Datenbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />
5 Übersicht über die Themenbereiche der Metaphern-Datenbank . . . . . . . . . . 109<br />
5.1 Räumliche, materielle <strong>und</strong> zeitliche Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />
5.2 Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />
5.3 Handlung <strong>und</strong> Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />
5.4 Physiologische <strong>und</strong> organische Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />
5.5 Tätigkeiten <strong>und</strong> Berufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />
5.6 Literarische <strong>und</strong> cineastische Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />
5.7 Menschen <strong>und</strong> ihre Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125<br />
5.8 Materielle <strong>und</strong> immaterielle Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126<br />
5.9 Natur <strong>und</strong> Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128<br />
6 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />
7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />
8 Inhalt <strong>und</strong> Nutzung der DVD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
■ 1 Vorwort<br />
In meinen Beratungen arbeite ich gern mit Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern.<br />
Kaum machen eine Klientin oder ein Klient, ein Team oder ein Vorstand eine<br />
Äußerung, die auch nur den Anschein des Bildhaften hat, bin ich versucht,<br />
diese aufzugreifen <strong>und</strong> mit den darin enthaltenen Bilderwelten weiterzuarbeiten.<br />
Diese Arbeit mit bildhafter Sprache reicht vom Aufgreifen der verwendeten<br />
Sprachbilder <strong>und</strong> ihrer Ausweitung über das Malen von Bildern, Formen<br />
der Aufstellungsarbeit, das Nutzen von Trance-Induktion oder Abschlussmetaphern<br />
bis hin zum Erzählen von Geschichten, Gleichnissen oder dem Entwerfen<br />
von Fantasie- <strong>und</strong> Heldenreisen. Um Sprachbilder gezielt nutzen zu können<br />
<strong>und</strong> nicht nur wahllos aufzugreifen, lohnt sich ein Blick auf die Strukturen bildhafter<br />
Sprache <strong>und</strong> auf Methoden, die sich besonders für die Arbeit mit Sprachbildern<br />
eignen.<br />
Neben dem spontanen Aufgreifen bildlicher Sprache setzte ich mich daher<br />
immer wieder intensiv mit den Sprachbildern meiner Klientinnen <strong>und</strong> Klienten<br />
auseinander. So lernte ich etwa genauer, wie ein Automotor funktioniert, was<br />
Superhelden so treiben <strong>und</strong> was in der Schifffahrt vor sich geht. Neben Einblicken<br />
in Gärtnerei, Boxsport, Märchen <strong>und</strong> Sagen schaute ich auch Filme <strong>und</strong><br />
Fernsehsendungen, um an die Bilderwelten von Klientinnen <strong>und</strong> Klienten anknüpfen<br />
<strong>und</strong> diese erweitern zu können. Hierdurch wurden die in der Beratung<br />
gemeinsam erzeugten Übertragungen <strong>und</strong> Visualisierungen reichhaltiger, tiefgreifender<br />
<strong>und</strong> auch hilfreicher. Zudem durchforstete ich meinen Methodenkoffer<br />
nach Beratungsformaten, die einen besonders guten Zugang zur Arbeit<br />
mit Metaphern bieten. Die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung mit bildlicher<br />
Sprache in Beratung <strong>und</strong> Therapie sind in diesem Buch zusammengefasst.<br />
Warum sollte man in der systemischen Beratung <strong>und</strong> Therapie aber überhaupt<br />
mit Metaphern arbeiten? Zum einen, weil unsere Sprache ohnehin voll<br />
von Metaphern <strong>und</strong> Sprachbildern ist <strong>und</strong> wir daher implizit immer damit arbeiten.<br />
Zum anderen, weil das Aufgreifen von Metaphern einer der wichtigsten<br />
Zielrichtung systemischen Arbeitens dient: dem Perspektivenwechsel. Redet<br />
man in Metaphern, erscheinen Probleme <strong>und</strong> Lösungen »in einem anderen<br />
Licht«, es tun sich »neue Türen auf« <strong>und</strong> alles scheint wie verwandelt. Das Nutzen<br />
von Metaphern wird in allen Bereichen systemischer Beratung als zentrale<br />
Technik beschrieben: in der Organisations- <strong>und</strong> Teamentwicklung, in Supervision,<br />
Coaching <strong>und</strong> Paarberatung, in der Therapie <strong>und</strong> nicht zuletzt in der hypnotherapeutischen<br />
Arbeit.<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
8 Vorwort<br />
Was brauchen Praktikerinnen <strong>und</strong> Praktiker, um mit Metaphern arbeiten zu<br />
können? Sie benötigen:<br />
– ein Gr<strong>und</strong>verständnis für den Aufbau <strong>und</strong> die Funktion von Metaphern,<br />
– Methoden zur Arbeit mit Metaphern <strong>und</strong><br />
– einen großen Metaphern-Wortschatz.<br />
All dies finden die Leserinnen <strong>und</strong> Leser in diesem Buch <strong>und</strong> auf der beiliegenden<br />
DVD. Für die sichere Verwendung von Metaphern in der Beratungsarbeit<br />
habe ich Gr<strong>und</strong>prinzipien der Arbeit mit Metaphern formuliert (Kapitel<br />
2), zahlreiche Methoden zusammengetragen, in denen Metaphern eine zentrale<br />
Rolle spielen (Kapitel 3), eine Systematik für die praktische Verwendung von<br />
Metaphern entworfen (Kapitel 4) <strong>und</strong> zusammen mit Christiane Rosenbohm<br />
eine umfangreiche Sammlung von Begriffen, Redewendungen <strong>und</strong> Sprichwörtern<br />
erstellt, die zu bestimmten Themenbereichen gehören, wie Körper, Landwirtschaft,<br />
Schifffahrt, Schule, Wetter oder Tiere. Diese im hinteren Teil dieses<br />
Buches vorgestellten Begriffsräume (Kapitel 5) finden sich auf der beiliegenden<br />
DVD als Software, die Personen, Orte, Gegenständliches <strong>und</strong> Abstraktes, Tätigkeiten,<br />
Eigenschaften, Redewendungen <strong>und</strong> Sprichwörter systematisch zusammenfasst.<br />
Die über 18.000 Einträge lassen sich über eine Suchfunktion einfach<br />
handhaben <strong>und</strong> können jederzeit durch eigene Einträge, den Austausch selbst<br />
erstellter Datensätze mit Kollegen <strong>und</strong> durch Updates erweitert werden.<br />
Um das Arbeiten mit Metaphern noch weiter zu erleichtern <strong>und</strong> anzuregen,<br />
befinden sich auf der DVD ergänzende Arbeitshilfen <strong>und</strong> zwei Beratungsvideos<br />
zu der im Buch vorgestellten Methode der Heldenreise.<br />
Beim Eintauchen in die Welt der Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern wünsche ich<br />
den Leserinnen <strong>und</strong> Lesern viel Spaß <strong>und</strong> gute Ideen für tief gehende Gespräche<br />
<strong>und</strong> sprachliche Höhenflüge.<br />
Und nun: Viel Spaß! Glück auf! Gut Holz! Petri <strong>und</strong> Waidmanns heil! Mast<strong>und</strong><br />
Schot-, Hals- <strong>und</strong> Beinbruch!<br />
Holger Lindemann<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
■ 2 Metaphern in der Beratung<br />
Metaphern werden alltäglich verwendet, oft ohne dass dies bewusst geschieht.<br />
Diese implizite Verwendung von Metaphern geht sogar soweit, dass man Personengruppen<br />
unterscheiden kann, die zu bestimmten Formen von Sprachbildern<br />
neigen, beispielsweise zu visuellen (»bei Licht besehen«, »den Durchblick<br />
haben«), zu olfaktorischen (»den richtigen Riecher für etwas haben«, »etwas<br />
liegt in der Luft«), zu militärischen Sprachbildern (»einen Warnschuss abgeben«,<br />
»etwas schlägt ein wie eine Bombe«) oder zu Sprachbildern aus dem Bereich<br />
Kochen <strong>und</strong> Essen (»jemandem die Suppe versalzen«, »da liegt der Hase<br />
im Pfeffer«).<br />
2.1 Metaphern, Phraseologismen <strong>und</strong> Sprichwörter<br />
Metaphern bestehen prinzipiell aus Begriffen, die einem anderen Bezugsrahmen<br />
entnommen sind als dem, in dem sie angewendet werden – zum Beispiel<br />
»losschießen« für »anfangen zu erzählen« oder »Galgenfrist« für einen »verlängerten<br />
Termin«, »Kotzbrocken« für »eine unbeliebte Person« oder »Kaderschmiede«<br />
für eine »eliteorientierte Bildungseinrichtung«. Neben solchen<br />
einzelnen bildhaften Begriffen gibt es sogenannte Phraseologismen, also feste<br />
Wortverbindungen, die aus zwei Wörter bestehen – zum Beispiel eine »blumige<br />
Sprache«, ein »rotes Tuch«, der »lachende Dritte« oder eine »gezielte Bemerkung«<br />
–, aus mehreren Wörtern gebildet werden, wie feststehende Redewendungen<br />
– zum Beispiel »jemandem auf der Nase herumtanzen«, »mehrere<br />
Eisen im Feuer haben«, »wie Katz <strong>und</strong> Maus« oder »jemandem reinen Wein<br />
einschenken« –, oder aus ganzen Sätzen bestehen, wie Sprichwörter – zum Beispiel<br />
»Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein«, »Unrecht Gut gedeihet<br />
nicht« oder »Ein gebranntes Kind scheut das Feuer« (vgl. Palm, 1997, S. 1 ff.;<br />
Röhrich, 2003, S. 13).<br />
Bildhaft bzw. metaphorisch sind diese einzelnen Begriffe, Begriffsgruppen<br />
<strong>und</strong> Sätze, weil sie sich in ihrem Wortsinn auf andere Bereiche beziehen <strong>und</strong><br />
sie dadurch in ihrem Verwendungszusammenhang »für etwas anderes« stehen.<br />
Diese Funktion der Metapher erklärt sich auch aus der griechischen Herkunft<br />
des Wortes: metà phérein = anderswohin tragen <strong>und</strong> metaphora = Übertragung.<br />
Metaphern stehen immer implizit oder explizit als bildhafte Übertragung für<br />
die Bezeichnung <strong>und</strong> Bedeutung von Gegenständen, Personen, abstrakten Begriffen<br />
<strong>und</strong> Situationen.<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
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10 Metaphern in der Beratung<br />
Der große Bereich bildhafter Sprache lässt sich jedoch nicht nur lexikalisch<br />
oder etymologisch erfassen, sondern kann für die praktische Verwendung zu<br />
Themenbereichen zusammengefasst werden (siehe Kapitel 5). Eine Sammlung<br />
solcher Themenbereiche mit einzelnen Begriffen, Aussprüchen <strong>und</strong> Redewendungen<br />
wird mit der beiliegenden Metaphern-Software zur Verfügung gestellt.<br />
In der hierbei verwendeten Systematik steht der praktische Nutzen in Beratung<br />
<strong>und</strong> Therapie im Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> keine sprachwissenschaftliche Ordnung.<br />
Mögliche Themenbereiche (diese finden sich zum Teil auch in der Metaphern-<br />
Software) sind: Ameisen- oder Bienenstaat, archäologische Ausgrabung, Bauernhof,<br />
Biotop, Boxring, Burg, Dorf, Dschungel, Elektrizität, Fäden <strong>und</strong> Tücher,<br />
Fabrik, Fantasy, Film, Fußball, Garten, Gebirge (Seilschaft), Geheimdienst,<br />
Handwerk, Haus, Hausbau, Irrenhaus, Karawane, Kindergarten, Kirche, Kleidung,<br />
Körper, Krankenhaus, Krieg, Krimi, Märchen, Meer, Militär, Motorsport<br />
(Autorennen, Motocross), Orchester, Polizei, Raumstation, Schiff, Schule, Science<br />
Fiction, Seefahrt, Sklavenschiff, Sportmannschaft, Superhelden, Tierherde,<br />
Tierrudel, Tierwelt, Wald, Western, Zirkus, Zoo, Zugvögel.<br />
Wird ein solcher Begriffsraum durch einen Gesprächspartner »angeschnitten«,<br />
kann man diesen aufgreifen, ausbauen <strong>und</strong> verstärken – bis hin zum Malen<br />
von Bilder oder dem Erzählen von Geschichten.<br />
Beispiele: »Das ist hier wie im Zoo!« oder »Wir spielen mit unserer Firma in der Champions<br />
League!« oder »Das ist hier doch kein Kindergarten!« oder »Das Leben ist kein<br />
Ponyhof!« oder »Was ist denn das für ein Affenzirkus!«<br />
Anstatt diese bildhafte Sprache »am Rande des Gesprächs liegen zu lassen«,<br />
kann sie aufgegriffen werden <strong>und</strong> man redet dann über den Zoo anstatt über<br />
das Team, über Fußball anstatt über die Firma <strong>und</strong> deren Konkurrenten, über<br />
Kindergärten anstatt über die Familie, über einen Ponyhof anstatt über das Leben,<br />
über einen Affenzirkus anstatt über einen Ehestreit. Nach diesem Ebenenwechsel<br />
folgt dann in der Regel eine Ausweitung der Metapher <strong>und</strong> Verbindung<br />
mit der Situation <strong>und</strong> dem Anliegen des Klienten (»Wer wäre denn in Ihrem<br />
Team der Löwe <strong>und</strong> wer der Zoowärter?«, »Wer sind die Besucher Ihres Zoos?«<br />
oder »Welchen Pokal gäbe es denn für Ihre Firma zu gewinnen <strong>und</strong> wo würden<br />
Sie ihn hinstellen?«, »Wer in Ihrer Firma würde den Pokal bew<strong>und</strong>ern <strong>und</strong> sich<br />
als Sieger fühlen? Wer wären die Verlierer?«). Die (implizite) Metaphorik wird<br />
bewusst verwendet, um in einem weiteren Schritt wieder zurück in den Alltag<br />
übertragen zu werden.<br />
Hierzu kann gezielt nach Personen, Gegenständen, Orten, Räumen oder Situationen<br />
gefragt werden, die zu diesem Begriffsraum gehören <strong>und</strong> dadurch<br />
eine Funktion im Gespräch erhalten können. Neben dem Nachfragen durch<br />
den Berater kann dieser aber auch von sich aus die im Gespräch verwendeten<br />
Metaphern aufgreifen <strong>und</strong> erweitern. Die beiliegende Metaphern-Software<br />
bietet hierfür im wahrsten Sinne des Wortes einen Sprachschatz für die praktische<br />
Verwendung. Die in der Software zur Verfügung gestellten Themenberei-<br />
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Verwendung von Metaphern 11<br />
che können durch den Leser durch eigene Kategorien <strong>und</strong> Einträge ergänzt werden.<br />
Auch können über die Suchfunktion eigene Listen erstellt <strong>und</strong> Datensätze<br />
für einzelne Klienten angelegt werden.<br />
Das hieraus entstehende Spiel mit der impliziten <strong>und</strong> expliziten Bedeutung<br />
bildhafter Sprache ist vielfältig. Dieses Buch soll hierfür in zweierlei Hinsicht<br />
hilfreich sein: Zum einen werden die Spielregeln erläutert, nach denen dieses<br />
Metaphern-Spiel gespielt werden kann, <strong>und</strong> zum anderen wird auf der DVD<br />
umfangreiches Material hierfür zur Verfügung gestellt.<br />
2.2 Verwendung von Metaphern<br />
In der vielfältigen Arbeit mit Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern habe ich zahlreiche<br />
Erfahrungen gesammelt, die für meine Beratungsarbeit entscheidend geworden<br />
sind. Als Gr<strong>und</strong>sätze gelten hierbei für mich:<br />
1. Greife Sprachbilder nur gezielt auf. Nicht jedes Thema <strong>und</strong> nicht jeder Beratungskontext<br />
eignet sich für eine Arbeit mit Sprachbildern.<br />
2. Entscheide dich bezogen auf dein Gegenüber immer gezielt <strong>und</strong> bewusst dafür,<br />
ob du die gleichen, ähnliche oder auch gegenläufige Bilder <strong>und</strong> Sprachmuster<br />
verwendest.<br />
3. Wenn du ein »Bilderwelten-Fass« aufmachst, solltest du sicher sein, dass dieses<br />
auch gut gefüllt ist. Oder anders gesagt: Mach dich k<strong>und</strong>ig über die Vielfalt<br />
der Bilderwelten, um bei der Verwendung von Sprachbildern »aus dem<br />
Vollen schöpfen« zu können.<br />
4. Rege deine Klienten zum Malen <strong>und</strong> Visualisieren an, male selber oder nutze<br />
Vorlagen. Es ist immer hilfreich, eine Bildervorlage zu der angesprochenen<br />
Bilderwelt »aus dem Ärmel schütteln« zu können.<br />
Der Sinn einer aktiven Beratungsarbeit mit Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern<br />
liegt darin, dass hierdurch eine andere Sprach- <strong>und</strong> damit auch Sichtweise auf<br />
Probleme <strong>und</strong> Lösungen eingeführt wird. Etwas wird anders beschrieben, betrachtet<br />
<strong>und</strong> auch erlebt als vorher. Diese Erweiterung des Horizonts oder der<br />
Wechsel auf eine andere Betrachtungsebene lässt sich auch neurobiologisch begründen,<br />
da das Sprachverständnis in anderen Hirnarealen lokalisiert ist als das<br />
räumliche <strong>und</strong> bildliche Vorstellungsvermögen (hierzu mehr in Kapitel 2.3).<br />
Die aktive Verwendung von Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern ist so gesehen eine<br />
Form »zirkulären Fragens«, da sie zwar nicht die Sichtweisen anderer Personen<br />
auf Probleme <strong>und</strong> Lösungen einbezieht, wohl aber die Interpretationsbereiche<br />
verschiedener Hirnareale miteinander in Beziehung setzt.<br />
In der Arbeit mit bildhafter Sprache <strong>und</strong> Metaphern geht es oft darum, ihre<br />
(in der Regel eher unbewusste) Verwendung gezielt dazu zu nutzen, weitere<br />
Blickwinkel auf ein Thema einnehmen zu können. Metaphern werden dann oft<br />
wörtlich genommen <strong>und</strong> auf dieser wörtlichen bzw. explizit metaphorischen<br />
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12 Metaphern in der Beratung<br />
Ebene weitergeführt (»Wenn Sie für Ihren Fre<strong>und</strong> die Hand ins Feuer legen,<br />
wen wollen Sie durch diese Feuerprobe überzeugen <strong>und</strong> wie lange halten Sie die<br />
Hitze aus?« oder »Wie fühlt sich das Wasser an, das Ihnen bis zum Hals steht?«).<br />
Eine Rückführung dieser wörtlich genommenen Bildsprache erfolgt dann, indem<br />
herausgearbeitet wird, wofür das entworfene Bild in der tatsächlichen Erfahrung<br />
stehen soll oder welche Ziele <strong>und</strong> Handlungsstrategien sich daraus ergeben<br />
können (»Was könnten Sie dafür tun, dass Ihr Fre<strong>und</strong> wahrnimmt, dass<br />
Sie für ihn die Hand ins Feuer legen <strong>und</strong> die Hitze nicht mehr lange ertragen?«<br />
oder »Was würde es in Ihrem Alltag bedeuten, wenn Sie eine gute Rückenlage<br />
auf dem Wasser finden, so dass Sie darauf treiben <strong>und</strong> nicht mehr Wasser schluckend<br />
darin herumpaddeln?«).<br />
In der Praxis der Arbeit mit Metaphern gibt es vielfältige Möglichkeiten der<br />
Nutzung von Sprachbildern.<br />
Der Berater kann die implizit vom Gegenüber verwendeten Sprachbilder <strong>und</strong><br />
Metaphern aufgreifen <strong>und</strong> ausweiten <strong>und</strong> somit auf dieser metaphorischen Ebene<br />
über die Aspekte des Beratungsthemas sprechen, für die das Sprachbild steht.<br />
»Wenn Sie sagen, dass Sie ›auch ein Stück vom Kuchen abhaben möchten‹, wer darf<br />
denn dann auch noch etwas von dem Kuchen bekommen?« oder »Was ist das für<br />
ein Kuchen? Wie sieht er aus? Wie schmeckt er?« (Ausweitung des Redens über Kuchen<br />
anstatt über die dadurch repräsentierten Gewinne <strong>und</strong> Vorteile).<br />
»Ich bin in der Firma doch nicht der Pausenclown!« – »Wenn Ihre Firma ein Zirkus ist,<br />
welche Rolle hätten Sie denn dann gern?«, »Wer ist der Zirkusdirektor?«, »Was ist das<br />
genau für ein Zirkus?«, »Welche Nummern stehen auf dem Programm?« (Ausweitung<br />
des Redens über Zirkus anstatt über die dahinter stehenden Rollen <strong>und</strong> Beziehungsmuster).<br />
Der Berater kann die gleichen Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern verwenden wie das<br />
Gegenüber, damit man »die gleiche Sprache« spricht <strong>und</strong> das Gespräch besser<br />
an die Denk- <strong>und</strong> Sprachmuster des anderen anknüpft. Ziel dieses Vorgehens ist<br />
es, an die Sprache des Gegenübers anzudocken, damit ein gutes Pacing gelingt<br />
<strong>und</strong> das Gegenüber in den ihm vertrauten Sprachbildern über Lösungen <strong>und</strong><br />
Probleme sprechen kann (siehe Kapitel 2.3.3).<br />
»Das Verhalten Ihres Kollegen stinkt Ihnen also. Gibt es denn etwas an ihm, das Sie<br />
gut riechen können?«, »Gab es eine Zeit oder einzelne Tage, an denen er für Sie<br />
nicht so schlimm gerochen hat?« (Anknüpfen an das verwendete Sprachbild »Riechen«).<br />
»Ich habe diese Grabenkämpfe mit der Verwaltung satt!« – »Was müsste denn passieren,<br />
damit es mal so richtig knallt zwischen Ihnen?« Oder: »Sie können Ihren Ärger<br />
also nicht mehr herunterschlucken?« (Anknüpfen an eines der verwendeten<br />
Sprachbilder »Militär« oder »Essen«).<br />
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Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
Verwendung von Metaphern 13<br />
Der Berater kann gegenläufige Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern verwenden, damit<br />
dem Gegenüber eine andere Möglichkeit der Beschreibung aufgezeigt wird<br />
<strong>und</strong> seine Denk- <strong>und</strong> Sprachmuster »verstört« werden. Durch ein Kreuzen der<br />
Sprachmuster des Gegenübers, kann man durch ein gezieltes Leading zu anderen<br />
Wirklichkeitskonstruktionen anregen <strong>und</strong> so den Raum möglicher Beschreibungen<br />
<strong>und</strong> Sichtweisen ausweiten, indem das gewohnte Sprachspiel<br />
durch andere Sprachbilder ersetzt wird (siehe Kapitel 2.3.3).<br />
»Ich habe diese Grabenkämpfe mit der Verwaltung satt!« – »Was ist denn genau<br />
der Sand in dem Getriebe?« Oder: »Wie könnten Sie denn das Ruder herumreißen,<br />
damit Sie wieder auf einen gemeinsamen Kurs kommen?« Oder: »Wenn Sie diese<br />
›Grabenkämpfe‹ führen <strong>und</strong> das alle Beteiligten belastet, gibt es dann nicht auch<br />
irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels?« (von einer kriegerischen Problemsprache<br />
»Grabenkämpfe« zu einer Lösungssprache überleiten, die aus den Bereichen<br />
Mechanik, Schifffahrt oder Züge kommt).<br />
Man kann den Klienten Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern anbieten <strong>und</strong> sie dazu anregen,<br />
in ihrem Denken <strong>und</strong> Erzählen einmal anders auf eine geschilderte Situation<br />
zu schauen.<br />
»Wenn das Gefühl, das Sie in dieser Situation haben, ein Tier wäre, welches Tier<br />
wäre es dann?«, »Welches Tier hätten Sie gern anstatt diesem Tier?« oder »Stellen<br />
Sie sich vor, Ihr Team wäre die Besatzung eines Schiffes. Wer hätte dort welche Aufgabe<br />
<strong>und</strong> Funktion?«, »Was wäre das für ein Schiff?« (Anbieten eines Begriffsraums<br />
»Tiere« bzw. »Seefahrt«, um auf einer metaphorischen Ebene über das Anliegen<br />
des Klienten zu sprechen).<br />
Warnhinweis<br />
Metaphern sollten gezielt <strong>und</strong> sparsam in der Beratung aufgegriffen werden,<br />
da sich die Bilderwelten vor allem im Kontext von Teams <strong>und</strong> Organisationen<br />
recht schnell abnutzen. Ein zu häufiger Wechsel der Metaphern<br />
ist hier eher kontraproduktiv (»Vorletzte Woche war das hier ein ›Zirkus‹,<br />
letzte Woche ein ›Schiff‹, mal schauen, was wir diese Woche sind …!«).<br />
Eine einmal eingeführte Metapher kann man hingegen gut beibehalten<br />
<strong>und</strong> immer wieder aktualisieren.<br />
Es gilt vor allem auch, sehr wertschätzend <strong>und</strong> einfühlsam auf die<br />
Sprachebene der Metaphern zu wechseln, damit sich die Klienten mit ihrem<br />
Anliegen ernst genommen <strong>und</strong> nicht veralbert fühlen. Als gezielte<br />
Provokation eignen sich Metaphern hingegen auch. Am besten ist es, ein<br />
gutes eigenes Gespür für die Verwendung von Metaphern zu entwickeln,<br />
damit ihr Einsatz zum eigenen Beratungsstil <strong>und</strong> zu den Klienten passt.<br />
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14 Metaphern in der Beratung<br />
2.3 Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern<br />
Metaphern kann man auf der beschriebenen Gr<strong>und</strong>lage in verschiedenster<br />
Weise für die beraterische <strong>und</strong> therapeutische Praxis nutzen. Bildhafte Formulierungen<br />
können von einer impliziten auf eine explizite Reflexionsebene<br />
gebracht werden, der Sprachgebrauch des Gegenübers kann verstärkt, abgeschwächt<br />
oder verstört werden. Bildhafte Sprache bietet sich ebenso dazu an,<br />
zwischen assoziierten <strong>und</strong> dissoziierten Schilderungen zu wechseln, um an die<br />
Sprache des Gegenübers anzuknüpfen, ihn gezielt zu anderen Bilderwelten zu<br />
führen oder um Trance- oder Hypnosezuständen herbeizuführen. Bilderwelten<br />
<strong>und</strong> Metaphern bilden auch den Hintergr<strong>und</strong> für zeichnerische Beratungsformen,<br />
das Erstellen von Collagen oder verschiedenen Formen der Figurenaufstellung.<br />
In der praktischen Arbeit mit Metaphern spielen einige Prinzipien <strong>und</strong><br />
Techniken eine zentrale Rolle, die nachfolgend kurz vorgestellt werden. 1<br />
2.3.1 Perspektivenwechsel<br />
Ein entscheidendes Gr<strong>und</strong>prinzip der Beratung <strong>und</strong> auch der Arbeit mit Metaphern<br />
ist der Perspektivenwechsel. Dieser wird in Regel dadurch erzeugt, dass<br />
man die Perspektive einer anderen Person, einer anderen Rolle oder eine andere<br />
zeitliche Perspektive einnimmt, aus denen heraus man eine Situation betrachtet.<br />
Die Verwendung von Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern stellt hierbei eine besondere<br />
Form des Perspektivwechsels dar, da von einer eher rational-analytischen<br />
Beschreibung eine Verbindung zu einer bildlich-intuitiven Beschreibung hergestellt<br />
wird (Tabelle 1).<br />
1 In diesem Abschnitt <strong>und</strong> im folgenden Kapitel über Methoden der Arbeit mit Metaphern greife<br />
ich auch auf Konzepte <strong>und</strong> Methoden des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) zurück.<br />
Zwar halte ich den Begriff des Programmierens in der Beratung für äußerst irreführend, zumal<br />
er eine, aus systemischer Sicht, fragwürdige Machbarkeit <strong>und</strong> damit auch Macht auf Seiten des<br />
Beraters suggeriert. Dennoch entspringen die beraterischen Ideen des NLP den gleichen Wurzeln<br />
wie die systemische Therapie <strong>und</strong> Beratung (beispielsweise den Arbeiten von Virginia Satir,<br />
Milton H. Erickson, Gregory Bateson <strong>und</strong> der Palo-Alto-Schule, der Kybernetik, dem radikalen<br />
Konstruktivismus <strong>und</strong> Humberto Maturanas biologischer Erkenntnistheorie; vgl. Mohl, 2006,<br />
S. 32–64). Der große Unterschied liegt meines Erachtens eher in einer anderen Gr<strong>und</strong>haltung.<br />
Wie <strong>und</strong> mit welcher Haltung die dargestellten beraterischen Werkzeuge eingesetzt werden, liegt<br />
in der Verantwortung des Beraters <strong>und</strong> nicht in der theoretischen Herkunft oder beraterischtherapeutischen<br />
Schule begründet. Nicht das Werkzeug entscheidet über seine Verwendung,<br />
sondern der Handwerker, der es benutzt. Methoden der systemischen Beratung <strong>und</strong> des NLP<br />
werden hier daher ohne (ideologische) Vorbehalte <strong>und</strong> ohne strikte Trennung dargestellt.<br />
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Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern 15<br />
Tabelle 1: Rational-analytische <strong>und</strong> bildlich-intuitive Beschreibung<br />
rational-analytisch<br />
Sprache, Lesen <strong>und</strong> Rechnen<br />
Rationalität <strong>und</strong> Kalkül<br />
Analyse <strong>und</strong> Berechnung<br />
Planen<br />
Regelhaftigkeit <strong>und</strong> Gesetze<br />
Berechnung <strong>und</strong> Sicherheit<br />
Detailorientierung<br />
bildlich-intuitiv<br />
Bild- <strong>und</strong> Körpersprache<br />
Bilder, Symbole <strong>und</strong> Melodien<br />
Gerüche, Geschmack <strong>und</strong> Gefühle<br />
Intuition <strong>und</strong> Empathie<br />
Synthese <strong>und</strong> Zufall<br />
Träumen <strong>und</strong> Fantasieren<br />
Ausprobieren <strong>und</strong> Experimentieren<br />
Spiel <strong>und</strong> Risiko<br />
Ganzheitlichkeit <strong>und</strong> Empfinden<br />
Gern wird dieser Wechsel als Nutzung von Gehirnarealen der linken ( rationalanalytischen)<br />
Hirnhälfte einerseits <strong>und</strong> der rechten (bildlich-intuitiven) Hirnhälfte<br />
andererseits beschrieben. Diese Unterscheidung stellt aus neurobiologischer<br />
Sicht eine starke Verkürzung dar, da die Zuordnung funktionaler Hirnareale<br />
zu der einen oder anderen Seite nicht so eindeutig ist. Auch Emotionen<br />
werden oft fälschlicherweise der rechten Hirnhälfte zugeordnet, obwohl das für<br />
Gefühle maßgeblich zuständige limbische System in der Hirnmitte liegt. Relevant<br />
ist jedoch die Feststellung, dass durch die verschiedenen Repräsentationssysteme<br />
unterschiedliche Hirnareale stimuliert werden. Zumindest in unserem<br />
westlichen Kulturkreis, in dem eine rational-analytische Betrachtung vorherrscht,<br />
stellt es im besonderen Maße einen Perspektivenwechsel dar, wenn<br />
eine bildlich-intuitive <strong>und</strong> auch sinnliche-emotionale Ebene angesprochen<br />
wird, ganz unabhängig davon, in welchen Hirnarealen diese nun lokalisiert sind.<br />
2.3.2 Implizieren <strong>und</strong> Explizieren<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es bei der Arbeit mit Metaphern die Möglichkeit, sie implizit<br />
zu verwenden, also ohne auf den bildlichen <strong>und</strong> metaphorischen Sprachgebrauch<br />
oder auf den Wechsel zu einer bildlichen <strong>und</strong> metaphorischen Ebene<br />
explizit hinzuweisen.<br />
Beispiele für die implizite Verwendung von Metaphern: »Ich glaube, da liegt bei uns<br />
der H<strong>und</strong> begraben.« – »Wer hat den H<strong>und</strong> denn dort begraben? Wie lange ist der<br />
schon tot? Und welche Inschrift steht auf dem Grabstein?«<br />
Beispiele für die explizite Verwendung von Metaphern: »Ich schlage Ihnen vor, die Situation<br />
mal von einer bildlichen Seite aus zu betrachten, <strong>und</strong> möchte Sie dazu zu<br />
einem Gedankenexperiment einladen: Wenn die Situation in Ihrem Team ein Film<br />
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16 Metaphern in der Beratung<br />
wäre, wie würde der Titel lauten <strong>und</strong> zu welchem Genre würde er gehören? Wer<br />
aus Ihrem Team würde welche Rolle spielen? Wofür könnte dieser Film einen Oscar<br />
erhalten?«<br />
2.3.3 Pacing <strong>und</strong> Leading<br />
Der englische Begriff »to pace« bedeutet so viel wie »im gleichen Schritt« gehen.<br />
Er wird in der Beratung <strong>und</strong> Therapie verwendet, um das Verhalten des Beraters<br />
zu beschreiben, wenn er Rapport herstellt, dem Klienten zustimmt, nickt, eine<br />
gleiche oder ähnliche Körperhaltung einnimmt, die gleichen oder ähnlichen<br />
Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern verwendet. Das Herstellen von Rapport – auch<br />
Joining genannt – dient dem Andocken an die Geschwindigkeit, aber auch die<br />
Gangart des Klienten, an seine Denk- <strong>und</strong> Sprachmuster. Dieses »Mitschwingen«<br />
mit der Sprache <strong>und</strong> Körperhaltung ist eine wichtige Technik, um an das<br />
Klientensystem anzuschließen, Verständnis zu signalisieren <strong>und</strong> die »gleiche<br />
Wellenlänge« herzustellen (vgl. Andreas u. Faulkner, 2005, S. 163 ff.; Schwing u.<br />
Fryzer, 2006, S. 33 f.).<br />
»Leading«, also Führung, bedeutet im Gegensatz zum Pacing, etwas anders<br />
zu machen als der Klient. Unterscheidungen einzuführen, andere Sichtweisen<br />
anzubieten, ihn aufzufordern, eine andere Körperhaltung auszuprobieren oder<br />
selbst eine gegenläufige Körperhaltung einzunehmen, andere Sprachbilder <strong>und</strong><br />
Metaphern zu verwenden oder auf eine metaphorische Sprachebene zu wechseln.<br />
Dieses »Führen« ist auf eine Verstörung <strong>und</strong> Bewegung des Klientensystems<br />
ausgerichtet, indem bewusst Unterschiede zu den für Klienten üblichen<br />
Erzähl-, Erlebens- <strong>und</strong> Handlungsweisen eingeführt werden (vgl. Mohl, 2006,<br />
S. 154 u. 204).<br />
Diese beiden Prinzipien sind für die Arbeit mit Metaphern wichtig, da der<br />
Berater entscheiden muss, wann es sinnvoll sein kann, die vom Klienten angebotenen<br />
Sprachbilder zu verwenden <strong>und</strong> zu explizieren oder aber gegenläufige<br />
<strong>und</strong> neue Bilder anzubieten.<br />
2.3.4 Reframing<br />
Durch jede Form der Arbeit mit Metaphern findet ein Wechsel des Gesprächsrahmens<br />
statt (Re-frame). Anstatt über die »Probleme im Team« wird über die<br />
»Leichen im Keller« gesprochen, darüber, wie sie heißen, wie sie gestorben sind,<br />
wer ein Interesse daran hat, dass sie ausgegraben werden, <strong>und</strong> dergleichen mehr.<br />
Ein solches Reframing kann ganz offen <strong>und</strong> explizit durchgeführt werden oder<br />
verdeckt <strong>und</strong> implizit. Dieser Rahmenwechsel bezieht sich zunächst nur auf einen<br />
sprachlichen Perspektivenwechsel, beinhaltet aber viele Möglichkeiten, vergangene,<br />
gegenwärtige <strong>und</strong> zukünftige Geschehnisse »umzuschreiben«.<br />
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Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern 17<br />
Die weitergehende Form des Reframing besteht darin, eine als belastend<br />
empf<strong>und</strong>ene Erfahrung so umzudeuten, dass sie positiv gesehen werden kann<br />
oder einen anderen Sinn ergibt: Der aufmüpfige Sohn wird zum Sohn, der seinem<br />
Vater in dessen Unabhängigkeit <strong>und</strong> Selbständigkeit nacheifert, die belastende<br />
Situation der Kindheit wird zu einem Erleben, dass die Persönlichkeit<br />
gestärkt hat, die Magersucht der Tochter wird zur Übernahme der Verantwortung<br />
für die Konflikte in der Familie (Furman, 2005a; Schwing u. Fryzer, 2006,<br />
S. 220 f.; von Schlippe u. Schweitzer, 2000, S. 177 ff.). Solche Umdeutungen verkehren<br />
eine Belastung oder ein Problem in das Gegenteil <strong>und</strong> lassen aus Verlierern<br />
Gewinner <strong>und</strong> aus Feinden Fre<strong>und</strong>e werden. Zentral ist hierbei die Frage,<br />
welche Ressourcen in der Situation vorhanden sind <strong>und</strong> welche Vorteile man<br />
selbst oder andere Beteiligte aus der Situation ziehen können.<br />
2.3.5 Dissoziation <strong>und</strong> Assoziation<br />
Dissoziation beschreibt den persönlich <strong>und</strong> emotional eher unbeteiligten Blick<br />
auf eine Situation (Beschreibung »von außen«) im Gegensatz zu einer assoziierten<br />
persönlich <strong>und</strong> emotional beteiligten Sicht (Beschreibung »als wäre man<br />
mittendrin«). Diese Unterschied lässt sich gut nachvollziehen, wenn man sich<br />
die Fahrt mit einer Achterbahn auf zwei unterschiedliche Weisen vorstellt: Einmal<br />
aus dem dissoziierten Blickwinkel einer Person, die außerhalb der Achterbahn<br />
steht <strong>und</strong> beschreibt, was sie sieht (Leute steigen ein, die Wagen setzen<br />
sich in Bewegung, ein Luftballon fliegt vorbei, der Wagen fährt bergauf <strong>und</strong><br />
dann wieder bergab), <strong>und</strong> einmal aus einem assoziierten Blickwinkel einer Person,<br />
die mitfährt (du steigst ein <strong>und</strong> setzt dich, es riecht nach Zuckerwatte, du<br />
spürst, wie sich der Wagen ruckelnd in Bewegung setzt, ein flaues Gefühl macht<br />
sich in deinem Magen breit, als der Wagen die erste Steigung nimmt).<br />
Dissoziierte Beschreibungen beschränken sich in der Regel auf das, was man<br />
aus der Distanz von außen beobachtet, assoziierte Beschreibungen beinhalten<br />
hingegen in der Regel alles, was man aus einer Innerperspektive heraus erlebt,<br />
was man spürt, riecht, schmeckt, hört <strong>und</strong> sieht. Dissoziation findet sich methodisch<br />
zum Beispiel in Figurenaufstellungen oder durch das Einnehmen einer<br />
Metaposition, Assoziation in der Stellvertreteraufstellung oder in Skulpturen,<br />
dem Einnehmen einer Position in einer Timeline oder im Tetralemma (vgl.<br />
Natho, 2010; Varga von Kibéd u. Sparrer, 2005).<br />
Die Verwendung von Metaphern nutzt zunächst eher Dissoziationen, die<br />
eine größere Distanz zum tatsächlichen Erleben erzeugen. Bei der Rekontextualisierung<br />
<strong>und</strong> Internalisierung werden diese »von außen« betrachteten Aspekte<br />
dann auf die Lebenswelt des Klienten übertragen bzw. als neu interpretierter Bestandteil<br />
der Person angenommen (siehe 2. 3. 12 in diesem Kapitel).<br />
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18 Metaphern in der Beratung<br />
2.3.6 Externalisierung als Objektivierung <strong>und</strong> Personifizierung<br />
Eine Externalisierung (»nach außen bringen«) besteht in der Objektivierung (im<br />
Sinne einer Verdinglichung) oder Personifizierung (im Sinne einer Vermenschlichung)<br />
von Bedürfnissen, Gefühlen, Wahrnehmungen, Einstellungen, Rollen,<br />
Problemen, abstrakten Begriffen <strong>und</strong> Zusammenhängen (z. B. die Bulimie<br />
als eine Schlange, die K<strong>und</strong>enorientierung der Firma als Gummiball, das Todschlagargument<br />
des Chefs als eine Keule, das Einkoten des Kindes als Stinkemonster,<br />
die Angst als eigenständige Schattenperson, die einen begleitet). Es<br />
können auch Gefühle oder Glaubenssätze externalisiert werden (z. B. »meine<br />
Unzufriedenheit« oder der Glaubenssatz »Wenn es mir schlecht geht, darf ich<br />
mir nichts anmerken lassen!«). Diese in einer Person liegenden oder immateriellen<br />
Aspekte können so mit einem Gegenstand, einer Person oder einer Rolle<br />
verb<strong>und</strong>en visualisiert werden (vgl. von Schlippe u. Schweitzer, 2000, S. 169 ff.;<br />
Schwing u. Fryzer, 2006, S. 283 ff.).<br />
Durch Externalisierung gibt man sonst eher immateriellen, abstrakten oder<br />
in der Person liegenden Aspekten eine eigenständige Form bzw. eine eigenes<br />
Gesicht (wie dies etwa in dem Buchtitel »Meine Psychose, mein Fahrrad <strong>und</strong><br />
ich« von Fritz B. Simon zum Ausdruck kommt; Simon, 2000). Diese externalisierte<br />
Form ist immer eine Metapher für den dahinterliegenden Aspekt <strong>und</strong><br />
kann aus jedem bildlichen <strong>und</strong> metaphorischen Themenbereich stammen.<br />
Beispiele für externalisierbare Probleme: die grausame Krankheit, die alles bestimmende<br />
Krise, der wachsende Schuldenberg, die Psychose, die Depression, die Inflation,<br />
die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit.<br />
Beispiele für externalisierbare Ressourcen: die helfende Hand, das Wohlwollen der<br />
Mutter, die Fähigkeit abzuschalten, die eigene Zuversicht, das Glücksgefühl, das innere<br />
Kind, der aufrechte Gang, der Sommerurlaub.<br />
Eine hilfreiche Form der Externalisierung berichtete mir eine Kollegin, die in<br />
der telefonischen Beratung arbeitet.<br />
Eine Frau rief an <strong>und</strong> sagte, sie müsse dringend einkaufen gehen, habe aber zu viel<br />
Angst, die Wohnung zu verlassen. Die Kollegin fragte, ob sich die Frau vorstellen<br />
könne, dass sich ihre Angst in ihr Wohnzimmer setzt <strong>und</strong> dort auf sie wartet, bis sie<br />
vom Einkaufen zurück ist. Auf diese Weise gelang es der Frau, einkaufen zu gehen<br />
<strong>und</strong> auch in späteren Situationen ihre Angst auf dem Sofa sitzend warten zu lassen,<br />
um selbst andere Dinge tun zu können.<br />
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Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern 19<br />
2.3.7 Bodenanker<br />
Das Arbeiten mit Bodenankern findet sich in vielen Beratungstechniken: bei<br />
der systemischen Strukturaufstellung, dem Tetralemma, bei ausgelegten Timelines<br />
oder dem sogenannten Meta-Mirror (Sparrer, 2006; Varga von Kibéd u.<br />
Sparrer, 2005, S. 75 ff.; Mohl, 2006, S. 740 u. 763; Dilts, 2006, S. 200 ff.). Als Bodenanker<br />
kann beispielsweise eine Moderationskarte dienen, die stellvertretend<br />
für ein bestimmtes Element der Beratung auf dem Boden ausgelegt wird. Zu<br />
diesen Elementen der Beratung können Personen, Rollen, Gegenstände, Glaubenssätze,<br />
Bedürfnisse, Eigenschaften, Störungen (z. B. »meine Psychose«), ein<br />
bestimmter Zeitpunkt, ein Erlebnis <strong>und</strong> dergleichen mehr gehören. Auch in der<br />
Arbeit mit Metaphern bieten sich Bodenanker zur Visualisierung an, etwa zur<br />
Verortung »des inneren Schweineh<strong>und</strong>es«, »des schlechten Gewissens« oder<br />
von »Engelchen« <strong>und</strong> »Teufelchen«. Die so ausgelegten Elemente dienen zunächst<br />
der Externalisierung <strong>und</strong> dissoziierten Betrachtung (Abbildung 1).<br />
Abbildung 1: Beispiel für Bodenanker aus Moderationskarten (Holger Lindemann)<br />
Bodenanker können auch durch Stühle repräsentiert werden, die als Stellvertreter<br />
fungieren (etwa beim Meta-Mirror; vgl. Dilts, 2006, S. 200 ff.). Ein Bodenanker<br />
kann aber auch ohne das Auslegen einer Karte oder das Aufstellen eines<br />
Stuhls als Position im Raum festgelegt werden. So kann etwa die Ecke eines<br />
Raums zum »Ort des Zweifels« werden, der Platz vor dem Fenster zum »Ort der<br />
Zuversicht« oder der Durchgang zum Nebenraum zum »Ort des Erfolgs« (vgl.<br />
Dilts, 2008, S. 139 ff.).<br />
Alle relevanten Aspekte eines Problems bzw. einer Lösung können so visualisiert<br />
<strong>und</strong> über ihre Positionierung im Raum zueinander in Beziehung gesetzt<br />
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20 Metaphern in der Beratung<br />
werden. Ein entscheidender Schritt hierbei ist es, zunächst Elemente des Problems<br />
oder der Lösung zu externalisieren <strong>und</strong> ihnen eine eigenständige Form –<br />
ein eigenes Gesicht – zu geben. Durch die Verortung im Raum werden die<br />
Boden anker zueinander in Relation gebracht <strong>und</strong> bilden so die Beziehungen der<br />
Elemente untereinander ab. Der Klient kann sich dann, durch das Einnehmen<br />
der Position eines der Bodenanker, mit diesem Aspekt des ausgelegten Systems<br />
assoziieren, also sich in diese Position hineindenken <strong>und</strong> hineinfühlen. Das ausgelegte<br />
System kann so aus verschiedenen Blickwinkeln assoziiert erfahren <strong>und</strong><br />
betrachtet werden. Von einer außerhalb des Systems gelegenen »Metaposition«<br />
kann das System zudem dissoziiert von außen angeschaut <strong>und</strong> analysiert werden.<br />
Die »Metaposition« kann ebenfalls durch einen Bodenanker repräsentiert<br />
werden oder auch aus zwei Stühlen bestehen, auf die sich Berater <strong>und</strong> Klient<br />
stellen, um das ausgelegte System aus einer Vogelperspektive zu betrachten.<br />
In der Arbeit mit Bodenankern kann somit zwischen verschiedenen assoziierten<br />
Innenperspektiven <strong>und</strong> dissoziierten Außenperspektiven gewechselt<br />
werden. Die gr<strong>und</strong>legende Dynamik der Arbeit mit Bodenankern besteht im<br />
Wechsel zwischen dissoziierten <strong>und</strong> assoziierten Betrachtungs- <strong>und</strong> Erlebensweisen<br />
<strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Perspektivwechseln. Man begibt sich von<br />
einer dissoziierten Position außerhalb des ausgelegten Systems auf eine assoziierte<br />
Position innerhalb des Systems, wechselt zu einer anderen Position, schaut<br />
wieder von außen, verändert die ausgelegten Bodenanker in ihrer Lage, entfernt<br />
Bodenanker oder fügt neue hinzu. Die prinzipielle Vorgehensweise beginnt mit<br />
einer Aufstellung des Problems bzw. des Ist-Zustandes <strong>und</strong> einer schrittweisen<br />
Veränderung zur Lösung bzw. zum Wunschzustand (siehe Kapitel 3.1).<br />
2.3.8 Stellvertreteraufstellung<br />
Stellvertreteraufstellungen nutzen gezielt die Prinzipien von Dissoziation <strong>und</strong><br />
Assoziation. Der Klient stellt andere Personen als Stellvertreter für Personen<br />
<strong>und</strong> Elemente seines Themas. Ähnlich der Arbeit mit Bodenankern werden zunächst<br />
die relevanten Elemente benannt. Hierbei muss es sich nicht nur um Personen<br />
handeln, sondern es können – entsprechend der Arbeit mit Bodenankern<br />
– auch Glaubenssätze, Bedürfnisse, Eigenschaften etc. aufgestellt werden.<br />
Gegenstände, Barrieren, Höhenunterschiede <strong>und</strong> dergleichen können in Stellvertreteraufstellungen<br />
auch durch Tische, Stühle, Tücher <strong>und</strong> andere zur Verfügung<br />
stehende Gegenstände dargestellt werden.<br />
Während der Klient dissoziiert außerhalb des Systems steht, befinden sich<br />
die Stellvertreter assoziiert in den Positionen <strong>und</strong> Relationen, in die sie gestellt<br />
wurden. Diese können auch verb<strong>und</strong>en sein mit einer bestimmte Körperhaltung<br />
<strong>und</strong> einem Kernsatz. Dieses Stellvertretersystem kann nun von außen beobachtet<br />
<strong>und</strong> befragt werden. Die assoziierten Erfahrungen der Stellvertreter<br />
bilden hierbei eine wichtige Ressource für den Klienten, die in einem weiteren<br />
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Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern 21<br />
Schritt – ebenfalls analog zur Arbeit mit Bodenankern – dazu genutzt werden<br />
können, Veränderungen des Systems zu erproben <strong>und</strong> sich zu diesen Veränderungen<br />
weitere Hinweise aus den assoziierten Positionen der Stellvertreter geben<br />
zu lassen.<br />
2.3.9 Figurenaufstellung <strong>und</strong> Bilder<br />
Bei Figurenaufstellungen <strong>und</strong> dem Malen von Bildern werden ebenfalls gezielt<br />
die Prinzipien der Externalisierung <strong>und</strong> Dissoziation genutzt. Im Gegensatz zu<br />
der Arbeit mit Bodenankern oder der Stellvertreteraufstellung ist es hierbei zunächst<br />
nicht vorgesehen, eine Position assoziiert zu erfahren (siehe Kapitel 3.2<br />
<strong>und</strong> Kapitel 3.4). Eine assoziierte Bearbeitung des Themas kann in ergänzenden<br />
oder nachfolgenden Beratungsschritten – beispielsweise durch die Nutzung von<br />
Rollenspiel oder Psychodrama – anschließen, gehört aber nicht direkt zu diesen<br />
Techniken (zum Psychodrama siehe Ameln, Gerstmann u. Kramer, 2009; Stadler<br />
u. Kern, 2010).<br />
Durch Figurenaufstellung oder das Malen von Bildern wird eine Externalisierung<br />
<strong>und</strong> Dissoziation von Aspekten des Anliegens des Klienten erreicht, indem<br />
diese (auch hier wieder Personen, Bedürfnisse, innere Aspekte, Gefühle <strong>und</strong> dergleichen)<br />
mit Figuren aufgestellt oder in Form eines Bildes dargestellt werden.<br />
Zwar gibt es auch hier die Möglichkeit, ohne Sprachbilder <strong>und</strong> Metaphern zu<br />
arbeiten – etwa bei der Verwendung des Familienbretts –, bei der Verwendung<br />
anderer Figuren, etwa Tierfiguren, oder gerade auch beim Malen begibt sich der<br />
Klient jedoch oft sehr schnell in eine bildhafte Darstellung. Es wird dann beispielsweise<br />
nicht über »die schwierige Situation in der Familie« geredet, sondern<br />
darüber, wie der Skorpion <strong>und</strong> das Walross miteinander kommunizieren könnten,<br />
wie der Hase seine Erstarrung angesichts der Schlange überwinden kann,<br />
oder wie man die Situation beschreiben <strong>und</strong> verändern könnte, wenn man sich<br />
vorstellt, dass die Familie die Mannschaft des gezeichneten Schiffes wäre.<br />
2.3.10 Humor <strong>und</strong> Leichtigkeit<br />
Das Arbeiten mit Metaphern bringt oft auch humorvolle Aspekte <strong>und</strong> eine gewisse<br />
Leichtigkeit in den Beratungskontext. Es wird nicht mehr direkt über<br />
die schwierigen <strong>und</strong> belastenden Themen <strong>und</strong> Probleme gesprochen (möglicherweise<br />
auf die gleiche Art <strong>und</strong> in der gleichen »Problem«-Sprache, wie die<br />
Klienten schon häufig darüber gesprochen <strong>und</strong> nachgedacht haben), sondern<br />
man redet über »Hopfen <strong>und</strong> Malz«, die verloren gegangen sind (»Da ist Hopfen<br />
<strong>und</strong> Malz verloren«), wie man sie wiederfindet <strong>und</strong> daraus Bier braut, über<br />
eine »verhagelte Stimmung« <strong>und</strong> die Frage, ob es eine Versicherung gegen die<br />
Hagelschäden gibt <strong>und</strong> wie ein Schirm aussehen müsste, um den Hagel abzu-<br />
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22 Metaphern in der Beratung<br />
halten, oder über einen »schief hängenden Haussegen«, wie der Text dieses<br />
Haussegens lautet <strong>und</strong> wo eine Wasserwaage aufzutreiben ist, um ihn wieder<br />
zu richten.<br />
2.3.11 Geschichten erzählen<br />
Viele Geschichten, Märchen, Gleichnisse, Fabeln, Witze <strong>und</strong> auch Filme eignen<br />
sich als Metaphern für vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Situationen<br />
von Klienten. Dies können Geschichten sein, die Berater den Klienten erzählen<br />
oder die gemeinsam erf<strong>und</strong>en werden. Auch die Form des Erzählens über<br />
»vergleichbare Fälle« gehört hierzu, etwa: »Ich hatte da mal eine Familie in der<br />
Beratung, bei der das ähnlich war …« Diese Geschichten können einen gesamten<br />
Beratungsprozess begleiten <strong>und</strong> auch immer wieder verändert <strong>und</strong> erweitert<br />
werden.<br />
2.3.12 Rekontextualisierung <strong>und</strong> Internalisierung<br />
Bei jeder Beratung, die auf Bilder, Figuren <strong>und</strong> Metaphern zurückgreift, stellen<br />
sich die Fragen: »Was hat das mit meinem Leben zu tun? Mit meinem Alltag?<br />
Welche greifbaren Veränderungen ergeben sich daraus?« Der »Steuermann«,<br />
der, um das »Schiff« in den »sicheren Hafen« zu bringen, einen guten »Navigator«<br />
braucht <strong>und</strong> eine Möglichkeit, den »Anheizern« mitzuteilen, wie viele<br />
Kohlen sie nachlegen sollen, muss irgendwann konkretisieren, wo <strong>und</strong> was der<br />
sichere Hafen ist, wer oder was der Navigator sein könnte, wer oder was die Anheizer<br />
sind <strong>und</strong> was ihre Kohlen. Auch »der Nebel« <strong>und</strong> »die Sandbänke« müssen<br />
rekontextualisiert werden, ebenso wie »das Nebelhorn« <strong>und</strong> »das Radar«.<br />
Diese Rekontextualisierung kann explizit erfolgen, indem der Klient die Bilder<br />
<strong>und</strong> Metaphern im Rahmen der Beratung oder in Form einer Hausaufgabe deutet<br />
<strong>und</strong> hinsichtlich seiner Lebenswelt überträgt. Es kann aber auch entschieden<br />
werden, Bilder <strong>und</strong> Metaphern ohne Rückübertragung zu verwenden, so dass<br />
sie eher unausgesprochen oder sogar unbewusst wirken.<br />
Ebenso verhält es sich mit externalisierten Aspekten wie »der Bulimie«, »der<br />
Angst«, dem »inneren Schweineh<strong>und</strong>«, der »Mutterliebe« oder dem »inneren<br />
Kind«. Diese können durchaus als externalisierte Entitäten bestehen bleiben<br />
<strong>und</strong> beispielsweise auch durch Gegenstände symbolisiert werden, besonders<br />
wenn es sich um eher negative <strong>und</strong> abgelehnte Aspekte handelt. Vor allem positive<br />
<strong>und</strong> wünschenswerte Aspekte, die externalisiert wurden, um sie von außen<br />
zu betrachten, können wieder internalisiert, also in den Klienten hineingeholt,<br />
werden. Dies kann die »neu definierte Mutterliebe« sein, aber auch die »unliebsame<br />
Wut«, mit der sich der Klient im externalisierten Zustand versöhnt <strong>und</strong><br />
ein Abkommen geschlossen hat.<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525401750
Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
Prinzipien <strong>und</strong> Techniken der Arbeit mit Metaphern 23<br />
Für eine Internalisierung muss sich der Klient mit dem externalisierten Aspekt<br />
assoziieren, was beispielsweise über Rituale oder eine VAKOG-Hypnose<br />
unterstützt werden kann. Die unter dem Namen VAKOG-Hypnose bekannte<br />
Technik ist keine Hypnose im klassischen Sinne. Vielmehr geht es darum,<br />
die verschiedenen Wahrnehmungsebenen (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch,<br />
gustatorisch) dazu zu nutzen, vergangene oder zukünftige Erlebnisse<br />
durch Assoziationen reichhaltiger erfahrbar zu machen (vgl. Mohl, 2006,<br />
S. 241 ff.).<br />
Die VAKOG-Hypnose besteht maßgeblich darin, eine vergangene oder zukünftige<br />
Situation, eine erarbeitete Rolle, Ressource oder Eigenschaft durch<br />
wahrnehmungsbezogene Fragen erfahrbar zu machen <strong>und</strong> somit eine gute Assoziation<br />
zu erreichen. So können beispielsweise Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Ressourcen<br />
mit dem Klienten erarbeitet <strong>und</strong> als Bodenanker ausgelegt werden. Mit<br />
wahrnehmungsbezogenen Fragen wird es dem Klienten dann erleichtert, mit<br />
diesen Aspekten zu assoziieren <strong>und</strong> diese gegebenenfalls zu internalisieren:<br />
»Wie fühlt es sich an, nun diesen Glaubenssatz zu haben? Wo genau in Ihrem Körper<br />
spüren Sie ihn? Was sehen Sie dabei? Welche Kleidung tragen Sie? Was riechen<br />
Sie? Was hören Sie? Gibt es eine Musik, die Sie damit in Verbindung bringen?«<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
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Holger Lindemann / Christiane Rosenbohm, Die Metaphern-Schatzkiste<br />
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■ 3 Methoden der Arbeit mit Metaphern<br />
Der Anwendungsbereich der Arbeit mit Sprachbildern reicht von alltäglichen Gesprächen<br />
über Beratung, Supervision, Therapie <strong>und</strong> Konfliktklärung bis zum<br />
Durchführen von Traumreisen, dem Verfassen von Geschichten oder auch<br />
von Werbe- <strong>und</strong> Ankündigungstexten. Wie <strong>und</strong> wozu auch immer Sprachbilder<br />
verwendet werden, es bedarf eines umfangreichen Sprachrepertoires, um<br />
zu den verschiedenen Bilderwelten »aus dem Vollen schöpfen« zu können. Dieses<br />
Repertoire liefert die Methoden-Software auf der beiliegenden DVD, mit<br />
der Begriff <strong>und</strong> Redewendungen zu unterschiedlichen Themenbereichen zur<br />
Verfügung stehen. Wichtig ist es für jede Arbeit mit bildlicher Sprache, die<br />
Sprachbilder der Klienten wahrzunehmen, sie in der eigenen Kommunikation<br />
aufzugreifen, zu erweitern <strong>und</strong> zu kontrastieren.<br />
Neben dem Aufgreifen von Sprachbildern <strong>und</strong> Metaphern in der Beratung,<br />
wie es anhand der geschilderten Prinzipien <strong>und</strong> Techniken möglich ist, werden<br />
nachfolgend Methoden vorgestellt, die sich besonders für die Arbeit mit Metaphern<br />
in der Beratung <strong>und</strong> Therapie eignen.<br />
3.1 Problembild <strong>und</strong> Lösungsbild<br />
Eine Gr<strong>und</strong>form, die sich in der systemischen Beratung – sei es im Gespräch, in<br />
Aufstellungen, bei der W<strong>und</strong>erfrage 1 oder bei verschiedenen Zeichen- <strong>und</strong> Maltechniken<br />
– immer wieder findet, ist der Wechsel von einer Problembeschreibung,<br />
einer Problemaufstellung oder einem Problembild zu einer Lösungsbeschreibung,<br />
einer Lösungsaufstellung oder einem Lösungsbild.<br />
In dieser Struktur kann von Anfang an unter der Verwendung von Metaphern<br />
gearbeitet werden (vgl. Morgan, 1998; Morgan, 2002, S. 473 ff.; Natho,<br />
2010). Mögliche Schritte für einen Beratungsverlauf unter der Verwendung von<br />
Metaphern könnten wie folgt aussehen:<br />
– Einstieg: Themenbereich für die aktuelle Situation finden oder aus den Er-<br />
1 »Ich möchte Ihnen jetzt eine ungewöhnliche Frage stellen. Stellen Sie sich vor, während Sie heute<br />
Nacht schlafen <strong>und</strong> das ganze Haus ruhig ist, geschieht ein W<strong>und</strong>er. Das W<strong>und</strong>er besteht darin,<br />
dass das Problem, das Sie hierher geführt hat, gelöst ist. Allerdings wissen Sie nicht, dass das<br />
W<strong>und</strong>er geschehen ist, weil Sie ja schlafen. Wenn Sie also morgen früh aufwachen, was wird dann<br />
anders sein, das Ihnen sagt, dass ein W<strong>und</strong>er geschehen ist, <strong>und</strong> das Problem, das Sie hierher<br />
geführt hat, gelöst ist?« (de Shazer, 1989, zit. nach De Jong u. Berg, 1998, S. 139).<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
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