Lebenslauf Marlon Brando
Lebenslauf Marlon Brando
Lebenslauf Marlon Brando
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<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong><br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>, Jr. (* 3. April 1924 in Omaha, Nebraska; † 1. Juli 2004 in Los Angeles,<br />
Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schauspieler. <strong>Brando</strong> gilt als einer der bedeutendsten<br />
Filmschauspieler des 20. Jahrhunderts. Mit seinen Auftritten in den Filmen Endstation Sehnsucht<br />
(1951) und Die Faust im Nacken (1954) verschaffte er der Schauspieltechnik des Method Acting<br />
weltweite Beachtung. Sowohl sein Schauspielstil als auch sein Auftreten in der Öffentlichkeit als<br />
ein Außenseiter, den die Spielregeln Hollywoods nicht interessierten, hat jüngere<br />
Schauspielergenerationen nachhaltig beeinflusst. Seine Prominenz nutzte <strong>Brando</strong> auch für sein<br />
vielseitiges politisches Engagement, beispielsweise zur Unterstützung des American Indian<br />
Movement.<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> wurde 1924 im amerikanischen<br />
Mittleren Westen als jüngstes von drei Geschwistern<br />
geboren. Die Familie war in der Region<br />
alteingesessen; der Name <strong>Brando</strong> stammt von<br />
Vorfahren namens Brandau, die viele Generationen<br />
zuvor aus der damals zu Bayern gehörigen Pfalz<br />
eingewandert waren. Der Vater, <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> Sr.,<br />
war eigentlich Ingenieur, arbeitete nach der Geburt<br />
der Kinder jedoch als Handlungsreisender und seit<br />
1930 als Verkaufsmanager. Zur Unterscheidung von<br />
seinem gleichnamigen Vater wurde <strong>Marlon</strong> Jr. von<br />
Angehörigen und Freunden Bud genannt.<br />
Aus der Großstadt Omaha zog die Familie 1930 nach<br />
Evanston, Illinois. Im Sommer 1936 trennten sich die<br />
Eltern vorübergehend; die Mutter zog mit den Kindern<br />
nach Santa Ana, Kalifornien zu ihrer Mutter. Zwei<br />
Jahre später kehrte sie zu ihrem Mann zurück und die<br />
Familie übersiedelte nach Libertyville, einem<br />
ländlichen Vorort von Chicago, wo die Familie im<br />
Nebenerwerb eine kleine Pferdefarm betrieb. Die<br />
Biografen haben der Kindheit und Jugend von <strong>Marlon</strong><br />
<strong>Brando</strong> besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil<br />
sich hier Motive wieder finden, die in seinen frühen<br />
Filmen Berühmtheit erlangt haben, wie etwa das<br />
Motiv des jugendlichen Rebellen, hinter dessen<br />
aggressiver Macho-Attitüde sich eine verletzliche und<br />
verletzte Seele verbirgt. Die familiären Bedingungen,<br />
in denen <strong>Brando</strong> heranwuchs, waren zwiespältig: Die<br />
Mutter, Dorothy Pennebaker Myers, eine politisch<br />
liberale, geistvolle Frau, besaß schauspielerisches<br />
Naturtalent. Aufgrund ihrer familiären Bindungen<br />
konnte sie dieses nur zeitweilig zu ihrem Beruf<br />
machen, dennoch hat sie die künstlerische<br />
Entwicklung ihrer Kinder stark stimuliert.<br />
Nicht nur <strong>Marlon</strong> Jr., sondern auch seine älteste Schwester Jocelyn ergriff den Schauspielerberuf; das mittlere<br />
Kind, Frances, studierte Malerei. Beide Eltern waren jedoch alkoholkrank, vertrugen sich nicht und hatten<br />
zahlreiche außereheliche Affären; die Mutter unternahm mehrere Suizidversuche. Die Kinder wurden oft<br />
vernachlässigt und litten unter der geringen Verlässlichkeit besonders der Mutter. Der junge <strong>Brando</strong> wird von<br />
seinen Biografen als introvertierter, unangepasster, schlechter Schüler beschrieben, der jeglicher Autorität mit<br />
übermäßiger Aggression begegnete.<br />
Die häusliche und schulische Situation spitzte sich schließlich so zu, dass der Vater den Sohn aus der High<br />
School nahm und ihn im September 1941 zur Shattuck Military Academy in Faribault, Minnesota schickte, wo<br />
<strong>Brando</strong> nach dem Willen des Vaters eine letzte Chance erhalten sollte, seine Schulnoten zu verbessern. Diese<br />
Hoffnungen erfüllten sich nicht. Zwar fand <strong>Brando</strong> in dem Englischlehrer Earle Wagner, der die Theatergruppe<br />
der Akademie leitete und der die schauspielerische Begabung des Siebzehnjährigen erkannt hatte, erstmals
einen Mentor. Durch die starre Disziplin der Einrichtung fühlte <strong>Brando</strong> sich jedoch zu einer Widersetzlichkeit<br />
herausgefordert, die dazu führte, dass er die Academy im Mai 1943 ohne Schulabschluss verlassen musste.<br />
Ausbildung und Bühnenarbeit in New York<br />
Dramatic Workshop<br />
Aufgrund einer Knieverletzung, die er sich an der Shattuck Military Academy beim Sport zugezogen hatte,<br />
wurde <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg nicht als Soldat eingezogen. Mit<br />
finanzieller Unterstützung seiner Eltern ging er im Herbst 1943 nach New York, wo der Regisseur Erwin<br />
Piscator an der New School 1940 einen Dramatic Workshop eingerichtet hatte. Der Workshop wurde berühmt,<br />
weil er neben <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> so hochrangige Künstler wie Walter Matthau, Shelley Winters, Tony Curtis und<br />
Harry Belafonte hervorbrachte. Weitaus größere Bedeutung als die Arbeit mit Piscator gewann für <strong>Brando</strong><br />
allerdings die Begegnung mit Stella Adler, die dem Lehrkörper als acting coach angehörte. Adler, eine<br />
Veteranin des Group Theatre, wurde <strong>Brando</strong>s Schauspiellehrerin und langjährige Mentorin, die ihn später mit<br />
wichtigen Agenten und Regisseuren bekannt machte. Von allen Lehrern, bei denen <strong>Brando</strong> studiert hat, nahm<br />
Adler auf seine Schauspieltechnik den größten Einfluss, und wenn Interviewpartner ihn später auf das Actors<br />
Studio ansprachen, stellte <strong>Brando</strong> richtig, er habe seine Ausbildung nicht dort, sondern bei Stella Adler<br />
erhalten. Ebenso wie Lee Strasberg, ihr einflussreicher Kollege vom Group Theatre, lehrte Stella Adler die als<br />
Method Acting bekannt gewordene Schauspielmethode des russischen Schauspielers und Theaterreformers<br />
Stanislawski. Adler, die bei Stanislawski studiert hatte, warf Strasberg jedoch vor, die Lehre des Russen in<br />
grundlegenden Punkten missverstanden zu haben. Bei <strong>Brando</strong> fiel Stella Adlers Interpretation des Method<br />
Acting auf fruchtbaren Boden. Viele der Darstellungsmittel, die für ihn so kennzeichnend sind – wie z.B. sein<br />
starkes Unterspielen – gehen auf Adlers Schule zurück. Vor allem gelang es <strong>Brando</strong> unter Adlers Anleitung<br />
jedoch, eine Komplexität und einen Einfallsreichtum des emotionalen Ausdrucks freizusetzen, von dem seine<br />
Mitstudenten, die <strong>Brando</strong> im sozialen Verkehr oft als unartikulierte Persönlichkeit von geringer Komplexität<br />
einstuften, verblüfft waren.<br />
Anfänge am Broadway<br />
Nach Konflikten mit Erwin Piscator musste <strong>Brando</strong> den Workshop im<br />
Sommer 1944 wieder verlassen. Für seine Karriere war dies kein<br />
Nachteil, da <strong>Brando</strong> zu diesem Zeitpunkt bereits von dem<br />
einflussreichen MCA-Agenten Maynard Morris betreut wurde, der ihm<br />
für die folgende Spielzeit ein erstes Engagement vermitteln konnte:<br />
vom Oktober 1944 an spielte <strong>Brando</strong> am Broadway eine kleine Rolle in<br />
dem Musical I Remember Mama. Vom Frühjahr 1945 an nahm er<br />
darüber hinaus Tanz- und Trommelunterricht an der Katherine Dunham<br />
School of Dance.<br />
Im Februar 1946 trat <strong>Brando</strong>, der inzwischen von der MCA-Agentin<br />
Edith Van Cleve betreut wurde, ein Engagement für die Broadway-Show<br />
Truckline Café an. Obwohl der hochbegabte Elia Kazan Produzent des<br />
Stückes war, wurde es ein kommerzieller Misserfolg und bereits nach<br />
10 Aufführungen eingestellt. Da <strong>Brando</strong> in der kleinen, aber zentralen<br />
Rolle, die er übernommen hatte, seine schauspielerische Intensität in<br />
einer Weise zeigte, die niemand – einschließlich seiner Agentin –<br />
erwartet hätte, gelang es Produzent und Regisseur jedoch, ihn in einem<br />
weithin beachteten Pressenachspiel als „eines der heißesten Talente<br />
weit und breit“ herauszubringen.<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> 1948 in Endstation<br />
Sehnsucht (Bühnenfassung)<br />
Auf ein kurzes Engagement für eine Inszenierung von Shaws Komödie Candida folgte eine Zeit der<br />
Arbeitslosigkeit. Als Louis B. Mayer <strong>Brando</strong> in dieser Zeit einen siebenjährigen Filmvertrag bei der MGM anbot,<br />
lehnte er jedoch ab, weil er unter einem solchen „Knebelvertrag“ seine Rollen nicht selbst hätte aussuchen<br />
können. Die beiden nächsten Bühnenrollen fand er in dem unter Holocaust-Überlebenden spielenden Politstück<br />
A Flag is Born (seit September 1946) und in Jean Cocteaus Drama The Eagle Has Two Heads (seit Dezember<br />
1946).<br />
„Endstation Sehnsucht“ und Actors Studio<br />
Seit August 1947 bereitete Irene Mayer Selznick – Tochter von Louis B. Mayer und Ehefrau von David O.<br />
Selznick – eine Bühnenproduktion des 1946 entstandenen Schauspiels Endstation Sehnsucht von Tennessee<br />
Williams vor. Als Regisseur engagierte sie Elia Kazan, für die Rolle der Blanche wurde Jessica Tandy<br />
ausgewählt, in weiteren Rollen erschienen Kim Hunter und Karl Malden. <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> bekam, nachdem Edith<br />
Van Cleve sich bei Kazan für ihn einsetzte, die Rolle des Stanley Kowalski. Die Proben begannen am 6.
Oktober, und Regisseur Kazan unternahm dabei das Wagnis, <strong>Brando</strong>, dessen Persönlichkeit mit der Kowalskis<br />
viele Berührungspunkte hatte, bei der Interpretation der Rolle in eine Konfrontation mit sich selbst zu zwingen.<br />
Für <strong>Brando</strong> war dies eine unerhörte Zumutung, seine Darstellung gewann hierdurch jedoch eine<br />
Überzeugungskraft, der diese Inszenierung letztlich ihren Erfolg verdankte.<br />
Das Stück wurde vorab in New Haven, Boston und Philadelphia aufgeführt und hatte ihre New Yorker Premiere<br />
am 3. Dezember 1947 im Ethel Barrymore Theatre. Die Inszenierung war ein sensationeller Erfolg, bei dem<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> weitaus stärker beachtet wurde als die eigentliche Hauptdarstellerin, Jessica Tandy. Für das<br />
Publikum wurde die Figur des Kowalski zur Ikone, zu einem neuen Symbol der amerikanischen Männlichkeit.<br />
Die Kostümdesignerin Lucinda Ballard lieferte dazu einen nicht unwichtigen Beitrag, indem sie <strong>Brando</strong> für die<br />
Rolle mit Blue Jeans und T-Shirts ausstattete, die – damals unüblich – hauteng anlagen. Männliche Darsteller<br />
mit einer so unverblümten sexuellen Ausstrahlung gab es im amerikanischen Kulturleben bis dahin überhaupt<br />
nicht. Darüber hinaus gelang es <strong>Brando</strong>, diesem neuartigen Sexappeal von Anfang an eine interessante<br />
Komplexität zu geben: die Sexualität, für die er stand, war nämlich nicht draufgängerisch und erobernd (wie<br />
die z.B. von Errol Flynn oder Clark Gable), sondern langsam, launenhaft und von Selbstzweifeln gedämpft.<br />
Diese Gelähmtheit war typisch für die Silent Generation der um 1930 geborenen Amerikaner und bot den<br />
gleichaltrigen Zeitgenossen große Möglichkeiten der Identifikation. Obendrein hatte <strong>Brando</strong> dem Charakter des<br />
Kowalski ein Moment von Unbehaglichkeit und unterschwelliger Gefährlichkeit verliehen – ein Motiv, das er<br />
später in seinen Filmrollen regelmäßig wieder aufgriff und in immer neuen Variationen durchspielte.<br />
Während seiner Arbeit an Endstation Sehnsucht besuchte <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> mit ungleichmäßigem Engagement<br />
auch Veranstaltungen des erst im Oktober 1947 gegründeten Actors Studio, an dem Lee Strasbergs Version<br />
des Method Acting gepflegt wurde.<br />
Frühe Filme (1949-1953)<br />
Die Männer<br />
Im Herbst 1949 bot Produzent Stanley Kramer <strong>Brando</strong> die Hauptrolle in dem Film Die Männer an. <strong>Brando</strong> war<br />
dabei in der glücklichen Lage, als einer der ersten Filmdarsteller in Hollywood einen One-Picture-Deal<br />
unterschreiben zu können, d. h. einen Vertrag, mit dem er nur für einen einzigen Film verpflichtet wurde.<br />
Branchenüblich waren in dieser Zeit nämlich immer noch siebenjährige Studioverträge, die es den<br />
Schauspielern in der Regel nicht erlaubten, ihre Filmrollen frei zu wählen. <strong>Brando</strong> besaß diese Freiheit von<br />
Anfang an. Die Dreharbeiten, bei denen Fred Zinnemann Regie führte, begannen Ende Oktober. <strong>Brando</strong> spielte<br />
in dem Film die Rolle eines jungen Infanterielieutenant, der nach einer Kriegsverletzung querschnittsgelähmt<br />
den Alptraum der Rehabilitation durchmacht. Noch vor der Veröffentlichung des Films im Juli 1950 hatte die<br />
einflussreiche Klatschkolumnistin Hedda Hopper <strong>Brando</strong> als „Hollywoods neue Sensation“ angekündigt. Die<br />
Uraufführung fand unglücklicherweise zwei Wochen nach Beginn des Koreakrieges statt, zu einem Zeitpunkt<br />
also, da das Publikum eher nach patriotischen Stoffen als nach Kriegsversehrtengeschichten verlangte. Obwohl<br />
Die Männer an den Kinokassen wenig Erfolg hatte, quittierte die Presse <strong>Brando</strong>s überaus glaubwürdige<br />
Darstellung mit überschwänglichen Rezensionen.<br />
Endstation Sehnsucht<br />
Nachdem Endstation Sehnsucht am Broadway so erfolgreich gelaufen<br />
war, bereitete der Produzent Charles K. Feldman eine Verfilmung vor.<br />
Die Dreharbeiten begannen am 14. August 1950, Regie führte wie bei<br />
der Broadway-Version Elia Kazan. Auch die Schauspieler waren<br />
dieselben wie in der Bühneninszenierung. Lediglich die Rolle der<br />
Blanche sollte mit einem Star besetzt werden, der an den Kinokassen<br />
mehr Zugkraft besitzen würde als Jessica Tandy. Zunächst war mit<br />
Olivia de Havilland verhandelt worden; da diese zu teuer war, hatte<br />
jedoch Vivien Leigh die Rolle bekommen. Obwohl auf Druck der<br />
Catholic Legion of Decency vor der Veröffentlichung im September<br />
1951 erhebliche Schnitte vorgenommen werden mussten, war der Film<br />
sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik enorm erfolgreich und<br />
begründete <strong>Brando</strong>s Ruhm als Filmstar.<br />
Viva Zapata!<br />
Der nächste Film, Viva Zapata!, war eine freie Verfilmung der Biografie<br />
des mexikanischen Revolutionsführers Emiliano Zapata, ein<br />
Abenteuerfilm ohne besondere politische Tiefe. Kazan, der Regie<br />
führte, bestand darauf, dass <strong>Brando</strong> in der Titelrolle erscheinen sollte,<br />
obwohl der blond war und für seinen Auftritt von der Maske vollständig<br />
verwandelt werden musste.
Bei den Dreharbeiten, die im Mai 1951 begannen, verließ Kazan sich wie früher schon auf <strong>Brando</strong>s Intuition<br />
und ließ ihm weiten künstlerischen Spielraum.<br />
<strong>Brando</strong> nutzte diesen, um meisterhaft die innere Zerrissenheit und die Verwirrung der Figur herauszuarbeiten,<br />
die in seiner Interpretation einerseits ein idealistischer Macho, andererseits ein zur Bourgeoisie strebender<br />
Bauer war. Nachdem der Film im Februar 1952 in die Kinos kam, war <strong>Brando</strong> von seiner Leistung enttäuscht,<br />
da er den Revolutionär seiner Meinung nach härter und weniger romantisch hätte darstellen müssen. Die Rolle<br />
trug ihm jedoch seine zweite Oscar-Nominierung, einen Preis auf dem Filmfestival Cannes und einen BAFTA-<br />
Award ein.<br />
Julius Caesar<br />
Für seinen vierten Film, Julius Caesar, ein klassisches Drama nach Shakespeare, wagte <strong>Brando</strong> sich auf das<br />
Gebiet, auf dem seine größte schauspielerische Unsicherheit lag. Aufgrund seiner Schulversäumnisse fehlte<br />
ihm nämlich eine systematische Bildung und auch seine Diktion beim lauten Ablesen von Texten blieb<br />
zeitlebens ein Problem. Da er in dem Film u. a. neben dem großen britischen Shakespeare-Darsteller John<br />
Gielgud erschien, fürchtete er, wie ein Anfänger auszusehen. Auch lag ihm viel daran, durch eine klassische<br />
Rolle sein Low-life- und Hooligan-Image zu verbessern und mehr intellektuelle Respektabilität zu gewinnen.<br />
Auf die Dreharbeiten, die am 8. August 1951 begannen und von Joseph L. Mankiewicz geleitet wurden,<br />
bereitete <strong>Brando</strong>, der die Rolle des Antonius spielen sollte, sich mit einem Training bei dem Vocalcoach der<br />
MGM, Gladys Fogoler, und mit Hilfe von Schallplattenaufnahmen berühmter Shakespeare-Darsteller vor. Seine<br />
Darstellung – vor allem die berühmte Rede „Friends, Romans, Countrymen, lend my your ears...“ – geriet<br />
dank dieser guten Vorbereitung so überzeugend, dass die Presse nach der Uraufführung des Films im Juni<br />
1953 voll des Lobes war und <strong>Brando</strong> erneut einen BAFTA-Award und eine Oscar-Nominierung erhielt.<br />
Der Wilde<br />
Im September 1952 ging <strong>Brando</strong> zum zweiten Mal bei Stanley Kramer unter Vertrag: in dem Film Der Wilde<br />
sollte er unter der Regie von László Benedek den Anführer einer Motorrad-Gang spielen, die in eine<br />
amerikanische Kleinstadt einfällt und dort tagelang die hysterisch reagierende, spießige Einwohnerschaft<br />
aufmischt. Die Geschichte war brandaktuell; ihr lag ein authentischer Vorfall zugrunde, der in der öffentlichen<br />
Diskussion, die in der Nachkriegszeit über das neue Phänomen der Jugendkriminalität entflammt war, für<br />
zusätzlichen Wirbel gesorgt hatte. <strong>Brando</strong> besaß für Underdogs jeder Art große Sympathien und sah eine<br />
Chance, durch eine differenzierte Interpretation seiner Rolle die Ursachen der Rebellion sichtbar zu machen.<br />
Zur Vorbereitung studierte er die Sprache und das Auftreten der Mitglieder einer Motorrad-Gang, die in dem<br />
Film als Statisten und Nebendarsteller mitwirken sollten. <strong>Brando</strong> fuhr, wenngleich auf bescheidenem<br />
technischen Niveau, auch selbst Motorrad. Der auf dem Außengelände der Columbia in Burbank gedrehte und<br />
im Dezember 1953 uraufgeführte Film krankte daran, dass <strong>Brando</strong>s und Kramers soziale Analyse einerseits zu<br />
kurz griff und dass andererseits auch der Regie von Benedek, dem das ganze Sujet nicht lag, keine<br />
überzeugende Konzeption zugrunde lag. Obwohl der Film <strong>Brando</strong>s Image als „Rebell Hollywoods“ festigte, fand<br />
er bei der Kritik wenig Zustimmung, und auch <strong>Brando</strong> war von dem Ergebnis enttäuscht.<br />
Um Schauspieler-Freunden aus New York, die arbeitslos geworden waren, zu einem Engagement zu verhelfen,<br />
regte <strong>Brando</strong> eine Bühneninszenierung von Shaws Komödie Helden an, die von Morton Gottlieb produziert<br />
wurde und in der er selbst nur eine kleine Nebenrolle spielte. Das Stück ging im Sommer 1953 in Neuengland<br />
auf Tournee. Da <strong>Brando</strong> weder gern Text lernte noch die Berufsroutine eines Theaterdarstellers mochte, war es<br />
sein letzter Bühnenauftritt.<br />
Die Faust im Nacken (1953/1954)<br />
Schon seit 1952 hatte Elia Kazan gemeinsam mit dem Schriftsteller Budd Schulberg ein Filmdrama vorbereitet,<br />
das die Korruption in der Gewerkschaft der Dockarbeiter von New Jersey behandeln sollte. Aufgrund des<br />
sperrigen Themas fand das Projekt bei den Filmproduzenten zunächst kein Interesse; als „Retter“ erwies sich<br />
Sam Spiegel, dessen kleine Firma Horizon den Film schließlich produzierte. Spiegel nahm starken Einfluss auf<br />
das Drehbuch und verlangte, dass die männliche Hauptrolle mit <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> besetzt würde, der inzwischen<br />
von dem MCA-Agenten Jay Kanter vertreten wurde. <strong>Brando</strong> nahm das Angebot nur widerstrebend an, denn<br />
zwischen Kazan und ihm bestanden starke Spannungen, nachdem Kazan, der in der McCarthy-Ära auf der<br />
Schwarzen Liste stand, im April 1952 vor dem Komitee für unamerikanische Aktivitäten (HUAC) eine Aussage<br />
gemacht hatte, mit der einige seiner Kollegen politisch schwer belastet wurden. Der Film trug den Titel On the<br />
Waterfront (deutsch: Die Faust im Nacken). <strong>Brando</strong> spielte darin die Rolle von Terry Malloy, einem jungen<br />
Hafenarbeiter, dessen Bruder tief in die Machenschaften der korrupten Gewerkschaft verwickelt ist. Auf die<br />
Dreharbeiten, die am 17. November 1953 begannen, bereitete <strong>Brando</strong>, der zuletzt während seiner Schulzeit<br />
geboxt hatte, sich unter anderem mit Boxunterricht vor.
Die Charakterisierung, die <strong>Brando</strong> der Figur des Terry verlieh, war außerordentlich komplex und umfasste<br />
delikate, feminine Züge ebenso wie schroffe, männliche Verhaltensweisen. Kazan zwang <strong>Brando</strong> erneut, vor<br />
der Kamera sein Innerstes preiszugeben – was dem Schauspieler sehr widerstrebte, dem Film jedoch einen<br />
Großteil seiner ungewöhnlichen Überzeugungskraft und Qualität gab. Kazan war darüber hinaus der einzige<br />
Regisseur, dem es gelang, <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> nicht nur zu effizienter Improvisation anzuregen, sondern diese<br />
Improvisation auch in geregelte Bahnen zu leiten und einem reifen Regiekonzept zweckdienlich unterzuordnen.<br />
Nach der amerikanischen Uraufführung im Juli 1954 wurde der Film von der Presse als Meisterwerk des<br />
filmischen Realismus begrüßt. <strong>Brando</strong> erhielt die besten Rezensionen seiner Karriere sowie mehrere wichtige<br />
Filmpreise, darunter auch seinen ersten Oscar.<br />
Filme 1954-1958<br />
Nach Beendigung des Films Die Faust im Nacken unterzeichnete <strong>Brando</strong> einen Vertrag bei der 20th Century<br />
Fox. Er sollte die Titelrolle in dem Cinemascope-Großfilm Sinuhe der Ägypter spielen. Unter dem Eindruck der<br />
Talentlosigkeit seiner Leinwandpartnerin Bella Darvi und nach der ersten Begegnung mit dem Regisseur,<br />
Michael Curtiz, der dafür bekannt war, dass er mit Darstellern nicht gut kommunizierte, verlor <strong>Brando</strong> das<br />
Interesse an dem Projekt und brach im Januar 1954 den Vertrag. Für seine Karriere war diese Entscheidung<br />
verheerend, <strong>Brando</strong> geriet dadurch bei den Produzenten in Misskredit und stand von nun an für lange Zeit<br />
unter Druck, für oftmals niedrige Gagen in künstlerisch minderwertigen, aber kassenträchtigen Filmen<br />
mitzuwirken.<br />
Desirée<br />
Der erste Film dieser Reihe war ein weiterer Cinemascopestreifen der 20th Century Fox: der Historienfilm<br />
Desirée, in dem <strong>Brando</strong> neben Jean Simmons in der Rolle des jungen Napoléon Bonaparte auftrat. Während<br />
der Dreharbeiten, die im März 1954 begannen, erwies Henry Koster sich als konzeptschwacher Regisseur, der<br />
<strong>Brando</strong> vor der Kamera weitgehend sich selbst überließ und damit die Verantwortung für eine wenig inspirierte<br />
Leistung seines Hauptdarstellers trug.<br />
Schwere Jungs – leichte Mädchen<br />
Anschließend bot Samuel Goldwyn <strong>Brando</strong> die Hauptrolle in Schwere Jungs – leichte Mädchen an. Der Film<br />
sollte die sehr teure Cinemascope-Fassung eines Musicals werden, die mit großem Erfolg auf dem Broadway<br />
gelaufen war. Da Musikfilme beim Publikum überaus stark nachgefragt waren, kalkulierte Goldwyn, dass<br />
<strong>Brando</strong>, der vor der Kamera noch nie zuvor gesungen oder getanzt hatte, dem Film zu einem Sensationserfolg<br />
verhelfen würde. Für 200.000 Dollar – eine der höchsten Filmgagen, die 1954 in Hollywood ausgezahlt wurden<br />
– nahm <strong>Brando</strong> an und erschien in dem Film neben Frank Sinatra und Jean Simmons in der Rolle eines New<br />
Yorker Spielers, der sich in eine Missionsschwester verliebt. Er hatte bereits in früheren Jahren Tanzunterricht<br />
genommen, bereitete sich auf die Rolle jedoch erneut mit einem Tanzlehrer, dem Choreografen Michael Kidd,<br />
vor. Regie führte Joseph L. Mankiewicz, mit dem <strong>Brando</strong> bereits Julius Caesar gedreht hatte. Nach der<br />
Veröffentlichung im November 1955 war Schwere Jungs – leichte Mädchen beim Publikum wie erwartet<br />
äußerst erfolgreich. Das Branchenblatt Variety führte den Film, der mehr als 13 Millionen Dollar einspielte, als<br />
größten Kassenerfolg des Jahres 1955 an.<br />
Das kleine Teehaus<br />
Ein Filmprojekt, das bei <strong>Brando</strong> größeres persönliches Interesse weckte, war die MGM-Produktion Das kleine<br />
Teehaus, der ebenfalls ein erfolgreiches Broadway-Musical zugrunde lag. An der Seite von Glenn Ford spielte<br />
<strong>Brando</strong> darin einen Japaner, der den amerikanischen Besatzern am Ende des Zweiten Weltkrieges als<br />
Übersetzer zuarbeitet. Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 1956 in Japan statt. <strong>Brando</strong>, der zur Vorbereitung<br />
Bücher über die japanische Kultur gelesen und etwas Japanisch erlernt hatte, sah in dieser Rolle die Chance,<br />
Sympathien für die Idee zu gewinnen, dass das besiegte Japan nicht mit der Kultur der amerikanischen<br />
Besatzungsmacht überfremdet werden sollte. Obwohl <strong>Brando</strong> seinen Regisseur, Daniel Mann, diesmal selbst<br />
hatte wählen dürfen, war der fertige Film, der im November 1956 in die Kinos kam, eine Enttäuschung.<br />
Gründung der Pennebaker Productions<br />
In den 1950er Jahren gründeten viele Hollywoodstars – darunter Burt Lancaster, Frank Sinatra und Kirk<br />
Douglas – eigene Produktionsfirmen, um größere Kontrolle über ihre Filme zu erhalten. Aufgrund ihres<br />
geringen Kapitals standen diese Firmen jedoch unter großem Druck, Filme zu produzieren, die ihre Kosten an<br />
den Kinokassen wieder einspielten. Mit George Englund und seinem Vater als Partnern – später kamen George<br />
Glass und Walter Seltzer dazu – gründete auch <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> im Frühjahr 1955 seine eigene<br />
Produktionsfirma, die ihre Büros in den Räumlichkeiten der Paramount hatte. Die „Pennebaker Productions“
waren, ebenso wie andere Firmen dieser Art, aufgrund ihrer beschränkten Geldmittel meist auf die<br />
Zusammenarbeit mit größeren Produktionsgesellschaften angewiesen.<br />
Sayonara<br />
Der erste Film der Pennebaker Productions war das Liebesmelodram<br />
Sayonara. Neben James Garner und Red Buttons und der unerfahrenen<br />
japanisch-amerikanischen Darstellerin Miiko Taka spielte <strong>Brando</strong> darin<br />
einen in Japan stationierten Offizier der amerikanischen<br />
Besatzungsmacht, der sich in eine einheimische Schauspielerin<br />
verliebt. Das auf einem Bestseller von James Michener und einer<br />
Broadway-Show basierende Drehbuch war voller ethnischer<br />
Stereotypen, interessierte <strong>Brando</strong> aber dennoch, weil es die<br />
Möglichkeit bot, die Bigotterie der amerikanischen Besatzungspolitik<br />
anzuprangern, die den Frieden wollte, ihren Soldaten eine<br />
Fraternisierung mit den besiegten Japanern jedoch untersagte. <strong>Brando</strong><br />
reizte auch das unter dem Production Code immer noch brisante<br />
Tabuthema der Liebe zwischen den Rassen; Sayonara wurde einer der<br />
ersten Hollywoodfilme, in denen die Liebe eines ostasiatischamerikanischen<br />
Paares ein Happy-End findet. Der Regisseur des Films,<br />
Joshua Logan, hatte sich empfohlen, weil er für seinen Film Picnic<br />
gerade einen Golden Globe erhalten hatte, bei den Dreharbeiten für<br />
Sayonara, die im Frühjahr 1957 in Japan stattfanden, enttäuschte er<br />
<strong>Brando</strong> jedoch, da er ihn bei der Gestaltung seiner Rolle weitgehend<br />
ohne Unterstützung ließ.<br />
Sayonara hatte im Dezember 1957 Premiere und obwohl die Kritik reserviert reagierte, blieb der Film bis zur<br />
Veröffentlichung von Der Pate (1972) der lukrativste, in dem <strong>Brando</strong> mitgewirkt hat.<br />
Die jungen Löwen<br />
Die Dreharbeiten für <strong>Brando</strong>s elften Film, Die jungen Löwen – eine 20th Century Fox-Produktion nach einem<br />
Bestseller von Irwin Shaw – begannen im Juni 1957. Regie führte Edward Dmytryk, der größte Teil der<br />
Dreharbeiten fand im Sommer 1957 in Paris und in Berlin statt. <strong>Brando</strong> stand hier zum ersten und einzigen Mal<br />
mit Montgomery Clift vor der Kamera: demjenigen seiner Schauspielerkollegen, mit dem <strong>Brando</strong> am häufigsten<br />
verglichen wurde und der – neben James Dean – sein schärfster Konkurrent um die Gunst des Publikums war.<br />
Gemeinsam zu sehen waren <strong>Brando</strong> und Clift dann jedoch nur in einer einzigen Szene, in der sie nicht einmal<br />
miteinander zu sprechen hatten. <strong>Brando</strong> spielte in dem Film einen jungen Nazi-Offizier, und um den in<br />
Hollywood damals verbindlichen Stereotypen zu entsprechen, hatte er einen deutschen Akzent eingeübt und<br />
sein Haar bleichen lassen. Abweichend von der Romanvorlage und auch weit über das Drehbuch<br />
hinausgehend, charakterisierte er den jungen Deutschen jedoch als sympathische Figur und ließ ihn eine<br />
eindrucksvolle innere Entwicklung vom strammen NS-Gefolgsmann über einen Skeptiker bis hin zum<br />
tragischen Helden durchmachen. Nach der Uraufführung, die im April 1958 stattfand, wurde <strong>Brando</strong> für seine<br />
Darstellung zwar mit einem Laurel Award geehrt und für einen BAFTA-Award nominiert. Obwohl der Film auch<br />
beim Publikum erfolgreich war – Die jungen Löwen blieb für lange Zeit der letzte Film mit <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>, der<br />
viel Geld einspielte –, urteilte die amerikanische Filmkritik überwiegend ablehnend.<br />
Der Besessene (1958-1961)<br />
Nachdem die Firma viele Monate lang nur dem Namen nach existiert hatte und unter Druck der Steuerbehörde<br />
geraten war, nahmen die Pennebaker Productions ihre Tätigkeit 1958 wieder auf und bereiteten die Produktion<br />
dreier Filme vor, in denen <strong>Brando</strong> keine Rolle übernahm: Händedruck des Teufels (1959), Ein Mann geht<br />
seinen Weg und Paris Blues (beide 1961).<br />
In einem vierten Film, den Pennebaker mit Geldmitteln der Paramount produzieren wollten, sollte <strong>Brando</strong> als<br />
Hauptdarsteller mitwirken. Um der Produktion einen Kassenerfolg zu sichern, fiel die Wahl auf einen<br />
Westernstoff. Die Ausarbeitung des Skripts beanspruchte nacheinander mehrere Autoren und war auch bei<br />
Drehbeginn noch nicht abgeschlossen. Regie sollte Stanley Kubrick führen, der gerade Die Rechnung ging nicht<br />
auf inszeniert und sich damit als eines der bedeutendsten neuen Talente empfohlen hatte. Als es während der<br />
Produktionsvorbereitungen zwischen <strong>Brando</strong> und Kubrick zu Spannungen kam, wurde Kubrick jedoch wieder<br />
entlassen. <strong>Brando</strong>, der am Set häufig recht selbstständig gearbeitet hatte und unter dem Eindruck stand, das<br />
Handwerk zu beherrschen, beschloss, selbst Regie zu führen. Die Dreharbeiten in Monterey und Death Valley<br />
begannen im Dezember 1958. Neben <strong>Brando</strong>, der in der Rolle des Rio ein eindrucksvolles Portrait brüchiger<br />
Männlichkeit lieferte, erschienen in dem Film Karl Malden und die in Mexiko damals sehr populäre Pina Pellicer.<br />
<strong>Brando</strong> betrieb das Projekt mit großem künstlerischen Engagement und Geschick, war mit der praktischen
Organisation der Dreharbeiten jedoch überfordert. Die Aufnahmearbeiten konnten erst im Juni 1959<br />
abgeschlossen werden und überstiegen drastisch das Budget. Paramount, die mit <strong>Brando</strong>s Handlungsende<br />
nicht einverstanden waren, bestanden überdies auf zusätzlichen Aufnahmen für einen geänderten Schluss. Da<br />
<strong>Brando</strong> unverhältnismäßig viel belichtetes Filmmaterial erzeugt hatte, zog sich auch die Postproduktion über<br />
viele Monate hin. Nach starken, von der Paramount verlangten Kürzungen kam One-Eyed Jacks (deutsch: Der<br />
Besessene) erst im März 1961 in die Kinos. Obwohl die Kritik viel Lob fand und <strong>Brando</strong> für seine Darstellung<br />
auf dem Filmfestival San Sebastián mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, konnte der Film seine hohen<br />
Produktionskosten von 6 Millionen Dollar nicht einspielen.<br />
Produktionen der Superlative (1958-1962)<br />
Der Mann in der Schlangenhaut<br />
1957 stellte Tennessee Williams ein Schauspiel Orpheus steigt herab fertig, dessen Hauptrollen er <strong>Marlon</strong><br />
<strong>Brando</strong> und Anna Magnani auf den Leib geschrieben hatte. Bei einer Bühnenproduktion des Stückes hatte<br />
<strong>Brando</strong>, der sich für Theaterrollen inzwischen nicht mehr interessierte, nicht mitwirken wollen. Seit 1958<br />
bereiteten Martin Jurow und Richard Shepherd schließlich jedoch eine Verfilmung vor, die mit Mitteln der<br />
United Artists finanziert werden sollte. Für 1 Million Dollar – eine Rekordgage, die bis dahin noch kein<br />
Hollywood-Star je erhalten hatte – erklärte <strong>Brando</strong> sich im Dezember 1958 bereit, darin mitzuwirken. Da auch<br />
Magnani zugesagt hatte und United Artist sich von dem Duo <strong>Brando</strong>-Magnani einen nie dagewesenen<br />
Kassenerfolg versprach, wurde die hohe Gage bewilligt. Für eine weitere Rolle hatte auch Joanne Woodward<br />
unterzeichnet; Der Mann in der Schlangenhaut wurde damit zum ersten Film in der Geschichte Hollywoods, in<br />
dem drei Hauptrollen mit Oscar-Hauptpreisträgern besetzt waren. Während der Dreharbeiten, die im Juni 1959<br />
bei Poughkeepsie in Upstate New York begannen, erwies es sich jedoch, dass die teure Produktion unglücklich<br />
besetzt war. Persönliche Spannungen zwischen <strong>Brando</strong> und Magnani führten nämlich zu einem uninspirierten<br />
Spiel beider Stars. Während einer Vorab-Veröffentlichung des Films im Dezember 1959 reagierte das Publikum<br />
so ablehnend, dass der Film noch einmal umgeschnitten und gekürzt wurde. Auch nach der offiziellen<br />
Veröffentlichung im April 1960 waren die Rezensionen vernichtend, die Kinos blieben leer. Preise erhielt der<br />
Film lediglich auf dem Filmfestival San Sebastián, freilich nur für Joanne Woodwards schauspielerische Leistung<br />
und für Sidney Lumets Regie.<br />
Meuterei auf der Bounty<br />
Anfang der 1960er Jahre entstanden in Hollywood die beiden bis dahin<br />
aufwendigsten und teuersten Produktionen der amerikanischen<br />
Filmgeschichte: Cleopatra (20th Century Fox) und Meuterei auf der Bounty<br />
(MGM). Meuterei auf der Bounty war das Remake eines Films aus dem Jahre<br />
1935. Durch Detailtreue, Aufnahmen an Originalschauplätzen und durch den<br />
größten amerikanischen Filmstar – <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> – sollte die Neuverfilmung<br />
Spitzeneinnahmen erzielen. Die Dreharbeiten, die zum größten Teil auf den<br />
damals noch unberührten Inseln Tahiti und Bora Bora stattfanden, begannen<br />
Ende November 1960. Neben Trevor Howard und Richard Harris spielte<br />
<strong>Brando</strong> die Rolle des Fletcher Christian, eines Seeoffiziers, der in der<br />
historischen Meuterei an Bord des britischen Expeditionsschiffes Bounty eine<br />
Schlüsselrolle gespielt hat. <strong>Brando</strong>s Interesse an dem Projekt hatte zwei<br />
Gründe. Einerseits brauchte er Geld, um den Sorgerechtsstreit zu führen, den<br />
er seit 1959 um seinen Sohn aus erster Ehe führte. Die mehr als 1,25<br />
Millionen Gage, die MGM ihm anbot, kamen sehr gelegen.<br />
Andererseits interessierte ihn das Nachspiel der historischen Meuterei auf der Bounty, das in dem Film von<br />
1935 nicht behandelt wurde. Dieses Interesse reichte jedoch gerade so weit, dass <strong>Brando</strong> sich massiv in die<br />
Gestaltung des Drehbuchs und in die Regie einmischte und damit einen Teil der Verzögerungen verschuldete,<br />
durch die das Budget am Ende dramatisch überschritten wurde. Vorwürfe wegen des Nichteinhaltens des<br />
Drehplans musste sich auch Carol Reed gefallen lassen, der aus diesem Grunde im Februar 1961 entlassen<br />
und durch Lewis Milestone ersetzt wurde.<br />
Die eigentliche Verantwortung für das Ausufern der Produktion trug jedoch das Management der MGM, das den<br />
künstlerischen Stab mit weitaus mehr Entscheidungsfreiheit ausgestattet hatte, als es kaufmännisch klug<br />
gewesen wäre. Anfang 1962 wurde das Material zu einem Rohschnitt zusammenmontiert, mit dessen Ende<br />
<strong>Brando</strong> jedoch nicht einverstanden war. Im August 1962 fanden unter der Regie von George Seaton<br />
Nachaufnahmen statt. Der Film kam im November 1962 in die Kinos. Während Harris und Howard positiv<br />
rezensiert wurden, hielt die Kritik <strong>Brando</strong> vor, er habe die Rolle des Fletcher Christian als reinen Exzentriker<br />
und Dandy interpretiert – ohne Tiefe und ohne Bezug zur dramatischen Handlung des Films. An den in- und<br />
ausländischen Kinokassen spielte der Film zwar 20 Millionen Dollar ein, die Produktionskosten hatten jedoch 30<br />
Millionen Dollar betragen. MGM gerieten durch den Verlust in tiefe Schwierigkeiten, und unter Filmhistorikern
gelten Meuterei auf der Bounty und Cleopatra als die beiden Filme, die das Starsystem Hollywoods obsolet<br />
machten und beendeten.<br />
Filme 1962-1971<br />
1962 wurden die Pennebaker Productions, die sich bereits seit 1961 in Schwierigkeiten befanden, für 1 Million<br />
Dollar von den Universal Studios aufgekauft. <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> musste sich darüber hinaus verpflichten, in fünf<br />
Produktionen der Universal mitzuwirken. Die Filme, die unter diesem Vertrag entstanden, waren künstlerisch<br />
von uneinheitlicher Qualität. <strong>Brando</strong> war darin häufig fehlbesetzt oder zeigte nur schwache schauspielerische<br />
Leistungen.<br />
Der hässliche Amerikaner<br />
Der erste Film dieser Reihe, Der hässliche Amerikaner, war ein vor dem Hintergrund des Kalten Krieges<br />
entstandener Politfilm, der erzählt, wie die USA in einem vom Bürgerkrieg heimgesuchten südostasiatischen<br />
Land den Kampf gegen den Kommunismus verlieren. <strong>Brando</strong> spielte darin die Rolle eines intelligenten,<br />
gebildeten und eleganten amerikanischen Botschafters, der in dieser politischen Auseinandersetzung zwischen<br />
die Fronten gerät. Die Brisanz, die <strong>Brando</strong>s Interesse an dem Stoff zunächst erregt hatte, ging während der<br />
Dreharbeiten, die im Sommer 1962 unter anderem in Thailand stattfanden, wieder verloren, denn George<br />
Englund, den <strong>Brando</strong> selbst als Regisseur ausgewählt hatte, besaß in dieser Funktion keinerlei Erfahrung und<br />
inszenierte einen Film, der seine politische Aussage allzu schwerfällig und moralinsauer vortrug und auch<br />
visuell in keiner Weise ansprechend war. Nach der Kinopremiere im April 1963 hatte das Publikum an dem Film<br />
kaum Interesse.<br />
Zwei erfolgreiche Verführer<br />
In der Universal-Komödie Zwei erfolgreiche Verführer, die den Erfolg von frivolen Komödien wie Bettgeflüster<br />
und Unternehmen Petticoat fortsetzen sollte, spielte <strong>Brando</strong> mit David Niven als Partner einen Gigolo, der sich<br />
an der Riviera über allein stehende Frauen hermacht. <strong>Brando</strong> wirkte in dem Film, der im Frühsommer 1963<br />
gedreht wurde und im Juni 1964 in die Kinos kam, nur mit, weil er vertraglich dazu verpflichtet war und das<br />
Geld brauchte, und unternahm keinen Versuch, seiner Rolle, auf der er nach Ansicht der Kritiker völlig<br />
fehlbesetzt war, irgendeine Mehrdimensionalität zu verleihen.<br />
Morituri<br />
Dass <strong>Brando</strong> auch in dem Film Morituri mitwirken musste, hatte nichts mit seiner Verpflichtung gegenüber der<br />
Universal zu tun, sondern war noch eine Spätfolge seines Vertragsbruchs gegenüber der 20th Century Fox im<br />
Jahre 1954. Morituri war ein Kriegsspionagethriller, in dem <strong>Brando</strong> neben Yul Brynner, Trevor Howard und<br />
Janet Margolin einen deutschen Deserteur spielt, der vom britischen Geheimdienst erpresst wird, an der<br />
Auslieferung eines deutschen Blockadebrechers mitzuwirken. Während der Dreharbeiten, die im Herbst 1964<br />
auf einem Frachtschiff des Zweiten Weltkrieges gemacht wurden und bei denen Bernhard Wicki Regie führte,<br />
entwickelte <strong>Brando</strong> weder an dem Film, der eine reine Abenteuergeschichte war, noch an der Figur des Robert<br />
Crain Interesse und spielte die Rolle so flach, dass seine Darstellung später vernichtend rezensiert wurde. Der<br />
Film, der im August 1964 herauskam, wurde von der Kritik lediglich aufgrund der Kameraarbeit von Conrad L.<br />
Hall gelobt.<br />
Ein Mann wird gejagt<br />
Im April 1964 unterzeichnete <strong>Brando</strong> zum zweiten Mal einen Vertrag für eine Rolle in einem Film von<br />
Produzent Sam Spiegel. In Ein Mann wird gejagt sollte er den jungen Sheriff einer texanischen Kleinstadt<br />
spielen, der einen Farbigen, der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, vor der Lynchjustiz der rassistischen<br />
Einwohnerschaft zu schützen versucht. Aufgrund der politischen Dimension der Handlung hatte <strong>Brando</strong> an dem<br />
Filmprojekt starkes persönliches Interesse, und auch darüber hinaus waren die Voraussetzungen für die<br />
Produktion eines interessanten Films eigentlich günstig: Neben <strong>Brando</strong> traten in Ein Mann wird gejagt so<br />
unkonventionelle junge Talente wie Jane Fonda, Robert Redford und Angie Dickinson auf, und Regisseur Arthur<br />
Penn war dafür bekannt, dass seine Filme mit dem Mainstream nur wenig zu tun hatten. Bei den Dreharbeiten,<br />
die im Frühjahr und Sommer 1965 stattfanden, behandelte Penn seine Schauspieler mit großem Respekt und<br />
<strong>Brando</strong> lieferte ihm dafür viele interessante Ideen. Trotz des großen Engagements aller Beteiligten galt der<br />
Film jedoch als teilweise misslungen; vor allem erwies es sich als dramaturgisch schwierig, die Kritik an der<br />
Scheinheiligkeit der Kleinstadtbürger mit den Action-Elementen des Films zu einem konsistenten<br />
Gesamtkonzept zusammenzuführen. Weiteren inhaltlichen Zusammenhang büßte der Film ein, als Spiegel ihn<br />
ohne Abstimmung mit dem übrigen Team übereilt schneiden ließ. Über den fertigen Film, der im Februar 1966
uraufgeführt wurde, war <strong>Brando</strong> sehr unglücklich.<br />
Südwärts nach Sonora<br />
Der dritte Film, in dem <strong>Brando</strong> im Rahmen seines Vertrages mit der Universal mitwirken musste, war Südwärts<br />
nach Sonora (Originaltitel: The Appaloosa), ein Western, in dem <strong>Brando</strong> einen weißen Siedler spielen sollte,<br />
der den mexikanischen Banditen jagt, der ihm sein Pferd gestohlen hatte. Das Skript war unausgereift, und<br />
<strong>Brando</strong> nahm die Rolle nur an, weil er die Gage benötigte. Die Dreharbeiten, die im August 1965 in St. George,<br />
Utah und Wrightsville, Kalifornien stattfanden, wurden durch Spannungen zwischen <strong>Brando</strong> und Regisseur<br />
Sidney J. Furie belastet. Nach der Premiere im September 1966 erhielten infolgedessen beide schlechte<br />
Kritiken. <strong>Brando</strong> wurde vorgeworfen, in der Figur des Matt Fletcher die Karikatur eines rauen Einzelgänger<br />
geliefert und damit die künstlerisch heikle Grenze zur Selbstparodie überschritten zu haben. In ihrem Essay<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>: An American Hero klagte Pauline Kael, <strong>Brando</strong> sei aus Enttäuschung über den Verlauf seiner<br />
Karriere und über das Ausbleiben künstlerischer Herausforderungen vom Rebellen zum Exzentriker<br />
degeneriert.<br />
Die Gräfin von Hongkong<br />
In der Universal-Komödie Die Gräfin von Hongkong sollte <strong>Brando</strong><br />
einen amerikanischen Botschafter spielen, in dessen Schiffskabine<br />
eine vor der Zwangsprostitution fliehende russische Gräfin als blinde<br />
Passagierin Zuflucht sucht. <strong>Brando</strong> war über das Filmprojekt zunächst<br />
begeistert, da eines seiner größten Idole – Charles Chaplin – Regie<br />
führen sollte. Während der Dreharbeiten in den Londoner Pinewood<br />
Studios, die im Januar 1966 begannen, kam es allerdings zu<br />
Spannungen zwischen <strong>Brando</strong> und seiner Partnerin, Sophia Loren.<br />
Noch folgenreicher waren Konflikte, die sich auch zwischen <strong>Brando</strong><br />
und Chaplin ergaben. Während <strong>Brando</strong> vor der Kamera sehr weiten<br />
Raum zur Improvisation benötigte, war Chaplin ein minuziös<br />
planender Choreograf, der seinen Darstellern ganz präzise Vorgaben<br />
machte. <strong>Brando</strong> war es extrem zuwider, zu imitieren, was man ihm<br />
vorgab; da der 76-jährige Chaplin eine so ehrwürdige Institution war,<br />
fügte <strong>Brando</strong> sich zwar, lieferte jedoch eine bleierne und leblose<br />
Interpretation seiner Rolle, die die Kritik nach der amerikanischen<br />
Kinopremiere im März 1967 sehr übel nahm. Die Gräfin von<br />
Hongkong gilt als einer der schlechtesten Filme <strong>Brando</strong>s und war<br />
auch der Schwanengesang von Chaplins Karriere.<br />
Spiegelbild im goldenen Auge<br />
Anfang der 1960er Jahre hatten die Warner Bros. mit den Planungen für die Adaption eines Romans von<br />
Carson McCullers begonnen: Spiegelbild im goldenen Auge. Die Vorbereitungen wurden zunächst wiederholt<br />
aufgeschoben. Einer der Gründe war das brisante Thema des Films: Neben Elizabeth Taylor sollte <strong>Brando</strong> darin<br />
die Rolle eines amerikanischen Offiziers spielen, der mit seiner unterdrückten Homosexualität ringt und auf<br />
dem Höhepunkt des Konflikts den sexuell ambivalenten Verehrer seiner Frau tötet. Spiegelbild im goldenen<br />
Auge sollte der erste Film in der Geschichte Hollywoods werden, der das Thema Homosexualität explizit<br />
behandelte. Da <strong>Brando</strong> fürchtete, sein ohnehin angeschlagenes Image weiter zu beschädigen, zögerte er<br />
zunächst, die Rolle anzunehmen, erkannte dann jedoch, dass ihm die Darstellung dieses äußerst komplexen<br />
Charakters die einmalige Gelegenheit gab, sein Talent, von dem er jahrelang keinen Gebrauch mehr gemacht<br />
hatte, wiederauferstehen zu lassen. Während der Dreharbeiten, die im Herbst 1966 in Rom begannen, erwies<br />
es sich als Glücksfall, dass John Huston Regie führte: ein Mann, der es gewohnt war, seinen Schauspielern vor<br />
der Kamera soviel Freiraum wie möglich zu lassen. <strong>Brando</strong> ging ganz in der Rolle auf und arbeitete die<br />
Vielschichtigkeit des Charakters – Pendertons verdrängte Sexualität, seinen schwelenden Zorn und seine<br />
latente Gewaltsamkeit – genau heraus. Bei seiner Veröffentlichung im Oktober 1967 wurde der Film von<br />
Publikum und Kritik kühl empfangen, Huston hielt das ambitionierte Werk jedoch für eines seiner besten.<br />
Candy<br />
Der nächste Film, in dem <strong>Brando</strong> mitwirkte – die bizarre Sex-Farce Candy – war kein von Anfang an wertloses<br />
Projekt. Terry Southern, die die Romanvorlage lieferte, hatte zuvor u. a. am Drehbuch für Kubricks<br />
preisgekrönten Film Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben mitgeschrieben, und Drehbuchautor
Buck Henry hatte sich durch seine Mitwirkung an dem Film Die Reifeprüfung empfohlen. Nach dem Willen des<br />
Produktionsteams sollte der anspruchslose Film spaßig und fantasievoll werden und sogar subversive Momente<br />
enthalten. Das Drehbuch sah eine Reihe von Cameo-Auftritten berühmter Stars vor, darunter James Coburn,<br />
Walter Matthau, John Huston, Charles Aznavour, Richard Burton und eben <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>, der die Rolle eines<br />
sexsüchtigen indischen Gurus übernahm. Während der Filmaufnahmen, die im Winter 1967/68 in Rom<br />
stattfanden, erwies sich Christian Marquand – die treibende Kraft hinter Candy und <strong>Brando</strong>s enger Freund –<br />
jedoch als unerfahrener, konzeptschwacher Regisseur, durch dessen Versäumnisse der Film sein kleines<br />
Potenzial wieder verlor und zu einem der Tiefpunkte in <strong>Brando</strong>s Karriere wurde.<br />
Die Nacht des folgenden Tages<br />
Der Low-Budget-Thriller Die Nacht des folgenden Tages war der fünfte und letzte Film, in dem <strong>Brando</strong><br />
mitwirken musste, um seine Verpflichtung gegenüber der Universal zu erfüllen. In blonder Perücke und<br />
schwarzem T-Shirt spielte er den Entführer einer jungen Erbin, der im letzten Augenblick moralisch geläutert<br />
wird und das Opfer vor seinen Komplizen (dargestellt von Richard Boone und Rita Moreno) rettet. Die<br />
Filmaufnahmen fanden im Herbst 1967 in der Bretagne statt und litten unter der Unerfahrenheit des<br />
Drehbuchautors und Regisseurs, Hubert Cornfield, der kein tragfähiges Regiekonzept hatte und auf Druck von<br />
<strong>Brando</strong> schließlich entlassen und durch Boone ersetzt wurde. Nach der US-Premiere im Januar 1969 wurde Die<br />
Nacht des folgenden Tages wegen der schwachen Schauspielerleistungen von der Kritik verrissen, und <strong>Brando</strong><br />
wirtschaftete mit diesem Film seinen Ruf so herunter, dass ihn nun keines der großen Filmstudios in Hollywood<br />
mehr beschäftigen wollte.<br />
Queimada<br />
1968 bot Alberto Grimaldi, der wenig später als Produzent bedeutender Filme von Federico Fellini und Pier<br />
Paolo Pasolini hervortreten sollte, <strong>Brando</strong> die Hauptrolle in der italienisch-französischen Koproduktion<br />
Queimada an. Grimaldi sah <strong>Brando</strong> für die Rolle von Sir William Walker vor, eines Gesandten der britischen<br />
Regierung, der im 18. Jahrhundert auf einer fiktiven karibischen Zuckerrohrinsel einen Sklavenaufstand<br />
anzetteln soll, um die portugiesische Kolonialmacht zugunsten der britischen zu verdrängen. Da die<br />
ausdrückliche politische Aussage des Drehbuchs <strong>Brando</strong> sehr entgegenkam und der Regisseur, Gillo<br />
Pontecorvo, ein erfahrener Experte für politische Filme war, hätte das Projekt eigentlich unter einem guten<br />
Stern stehen sollen. Die Dreharbeiten, die im November 1968 in Kolumbien begannen, litten jedoch unter<br />
einer ganzen Reihe von Plagen und Problemen. Die Arbeit der Drehcrew wurde durch Insekten, Hitze,<br />
verdorbenes Essen und Durchfall behindert, dazu kam eine ständige Bedrohung von Überfällen durch<br />
bewaffnete Räuber. Pontecorvo erwies sich als straff arbeitender Regisseur, der sich genau ans Skript hielt,<br />
was mit <strong>Brando</strong>s Arbeitsstil inkompatibel war und ihm die Lust an dem Film verdarb. <strong>Brando</strong> brach die Arbeit<br />
schließlich ab, fuhr nach Hause und forderte, die Arbeit solle an einem anderen, erträglicheren Drehort<br />
fortgesetzt werden. Im Juli 1969 zog das Aufnahmeteam nach Marokko um, wo Queimada nach <strong>Brando</strong>s<br />
Rückkehr fertig gedreht werden konnte. Die Verzögerungen und der Wechsel des Drehorts verursachten<br />
freilich hohe Kosten, deretwegen Grimaldi <strong>Brando</strong> später auf 700.000 Dollar Schadensersatz verklagte. Nach<br />
der Kinopremiere, die in Italien Ende 1969, in den USA im Oktober 1970 stattfand, kritisierte die Presse, der<br />
Held, den <strong>Brando</strong> in dem Film verkörpert habe, sei allzu konventionell. Bizarrerweise fand <strong>Brando</strong> Queimada<br />
wunderbar und rühmte den Film als seinen bis dahin besten.<br />
Das Loch in der Tür<br />
In dem britischen Low-Budget-Film Das Loch in der Tür, einem psychologischen Thriller, dessen Handlung um<br />
1900 auf einem einsamen englischen Landsitz spielt, wirkte <strong>Brando</strong> mit, weil er Geld brauchte und keine<br />
andere Wahl hatte. <strong>Brando</strong> spielte darin die Rolle eines vierschrötigen Gärtners, der mit der schönen<br />
Gouvernante (Stephanie Beacham) ein sadomasochistisches Verhältnis unterhält und mit diesem unguten<br />
Vorbild bei den zwei Waisen, die in dem Haus aufwachsen, die Saat des Bösen legt, was schließlich zu einem<br />
Doppelmord führt. Die Dreharbeiten fanden zu Beginn des Jahres 1971 in der Nähe des englischen Cambridge<br />
statt. Da das Skript zweitklassig und Regisseur Michael Winner frei von künstlerischer Ambition war,<br />
entwickelte <strong>Brando</strong> an seiner Rolle keinerlei Interesse und spielte sie ohne Engagement, verhielt sich – ganz<br />
entgegen seiner sonstigen Gewohnheit – während der Aufnahmen jedoch mustergültig kooperativ, da die<br />
Paramount ihn mit großer Skepsis inzwischen für den Film Der Pate ausgewählt hatte und <strong>Brando</strong> wusste, dass<br />
sein Verhalten während der Dreharbeiten für Das Loch in der Tür ganz genau beobachtet wurde.<br />
Der Pate (1971-1972)<br />
Anfang 1969 veröffentlichte Mario Puzo seinen Mafia-Roman Der Pate. Im September 1969 beschloss die<br />
Paramount eine Verfilmung des Bestsellers und beauftragte Puzo mit dem Drehbuch. Da ein kurz zuvor<br />
herausgebrachter Mafia-Film – Auftrag Mord mit Kirk Douglas – gefloppt war, beabsichtigte die Paramount
zunächst nur einen Low-Budget-Film zu drehen und wählte als Regisseur den jungen und bis dahin kaum<br />
bekannten Francis Ford Coppola aus, der sich für das Projekt nicht zuletzt deshalb empfahl, weil er italienische<br />
Vorfahren hatte und Sinn für das spezielle Kolorit des Films versprach. Im Laufe der<br />
Produktionsvorbereitungen erwies sich Coppola allerdings als ein Mann mit Durchsetzungsvermögen und<br />
eigenständigem Regiekonzept, der unter anderem eine grundlegende Bearbeitung des Drehbuchs durchsetzte.<br />
Puzo hatte <strong>Brando</strong> bereits Ende 1969 vorgeschlagen, die Rolle des Mafia-Bosses Don Vito Corleone zu spielen,<br />
<strong>Brando</strong> zweifelte zunächst jedoch, ob er einen 65-jährigen Mann überzeugend würde darstellen können. Auch<br />
Coppola wollte <strong>Brando</strong> und setzte sich im Februar 1970 mit seiner Entscheidung schließlich gegen den<br />
Widerstand der Paramount durch.<br />
Die Dreharbeiten für Der Pate, die nach Coppolas Willen in New York und Umgebung stattfanden, begannen im<br />
März 1971. Da es Coppolas Eigenart war, Anregungen, die seine Darsteller während der Aufnahmen<br />
vorbrachten, sehr bereitwillig aufzugreifen, gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen <strong>Brando</strong> und Coppola<br />
vertrauensvoll und ergiebig. Der Regisseur und sein Hauptdarsteller stimmten auch darin überein, dass Der<br />
Pate gar nicht in erster Linie ein Mafiafilm sei, sondern vom amerikanischen Kapitalismus handele, der das<br />
organisierte Verbrechen zulasse, weil er selbst Nutzen daraus ziehe. Die Rolle des Mafia-Paten lag <strong>Brando</strong><br />
außerordentlich, die Themen Macht und Kontrolle hatten ihn zeitlebens beschäftigt, und die Grundidee für die<br />
Charakterisierung des Don Vito, der er von nun an wie einem roten Faden folgte, kam <strong>Brando</strong> beim Anhören<br />
von Stimmaufnahmen des (realen) Gangsters Frank Costello, der eine überraschend hohe Stimme hatte.<br />
<strong>Brando</strong> und Coppola verstanden, dass wirklich machtvolle Menschen nicht laut zu werden brauchen, und<br />
<strong>Brando</strong> spielte den Don mit hoher, feiner, asthmatischer Stimme. <strong>Brando</strong>s Pate war ein vielschichtiger<br />
Charakter: ein erbarmungslos mordendes Monster, ein Mann mit bürgerlichen Werten, ein liebevoller<br />
Großvater, ein sterblicher alter Mann in einer harten Schale aus Macht und Kontrolle. Das Problem, den 46-<br />
jährigen <strong>Brando</strong> für die Kamera um zwanzig Jahre altern zu lassen, half der Maskenbildner Dick Smith zu<br />
beheben, der für den Film Little Big Man kurz zuvor den 32-jährigen Dustin Hoffman als 121-jährigen Greis<br />
geschminkt hatte.<br />
<strong>Brando</strong>s Vertrag mit der Paramount sah neben 50.000 Dollar Festgage eine Gewinnbeteiligung vor, die <strong>Brando</strong>,<br />
als er im Sommer 1971 akut Geld benötigte, neu verhandelte und gegen eine Einmalzahlung von 100.000<br />
Dollar tauschte. Diese Entscheidung erwies sich später als unglücklich, denn nach der Premiere des Films am<br />
15. März 1972 war die Resonanz von Publikum und Kritik überwältigend, und allein innerhalb der ersten 26<br />
Tage spielte Der Pate, dessen Produktion 6,2 Millionen Dollar gekostet hatte, 26 Millionen Dollar ein.<br />
Den Oscar, den er am 27. März 1973 für seine Darstellung des „Paten“ erhalten sollte, nahm <strong>Brando</strong> nicht an.<br />
Die Schauspielerin Sacheen Littlefeather, die er als Sprecherin zur Oscar-Verleihung entsandt hatte, erklärte,<br />
<strong>Brando</strong> wolle mit dieser Geste auf die unterdrückten Bürgerrechte der Indianer und besonders auf die<br />
Protestaktionen aufmerksam machen, die seit Ende Februar in Wounded Knee stattfanden.<br />
Der letzte Tango in Paris (1972)<br />
Aus akuten finanziellen Gründen sagte <strong>Brando</strong> 1972 seine Mitwirkung in einer Produktion der Paramount zu,<br />
die den Titel Child’s Play tragen und von zwei Lehrern (<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> und James Mason) eines exklusiven<br />
katholischen Internats handeln sollte, deren Rivalität zu dramatischen Ereignissen führt. Während der<br />
Dreharbeiten, die im Herbst 1972 in New York begannen und von Sidney Lumet geleitet wurden, verlangte<br />
<strong>Brando</strong>, dass das Drehbuch umgeschrieben und die Aufnahmen an einem anderen Ort durchgeführt werden<br />
sollten, woraufhin Produzent David Merrick <strong>Brando</strong> kurzerhand entließ und durch den Schauspieler Robert<br />
Preston ersetzte.<br />
Im Laufe des Jahres 1971 entwickelten Luigi Luraschi, Chef der Paramount in Rom, und der 31-jährige<br />
Regisseur Bernardo Bertolucci das Konzept für den italienisch-französischen Film, der später unter dem Titel<br />
Der letzte Tango in Paris berühmt wurde. Das Drehbuch war <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> auf den Leib geschrieben, <strong>Brando</strong><br />
unterzeichnete den Vertrag jedoch erst im November 1971 nach Verhandlungen mit Alberto Grimaldi, der den<br />
Film Co-Produzieren wollte. Grimaldi erhob seit der Produktion des Films Queimada nämlich hohe<br />
Schadensersatzforderungen gegen <strong>Brando</strong>, die er anbot fallen zu lassen, wenn <strong>Brando</strong> die Rolle übernahm.<br />
Der letzte Tango von Paris erzählt die Geschichte eines von Weltschmerz erfüllten, desillusionierten und<br />
verzweifelt einsamen Mannes, der nach dem Tode seiner Frau besessen ist von einer schönen Studentin (Maria<br />
Schneider), mit der er in einer leeren Wohnung anonymen Sex hat, bei dem er sie dominiert und unterwirft.<br />
Obwohl Der letzte Tango von Paris später als Meisterwerk des erotischen Films gepriesen wurde, ging es<br />
Bertolucci nicht um Erotik, sondern darum, einen Mann in sexueller Obsession, in Isolation, Trauer, Schmerz<br />
und Verzweiflung zu zeigen. Die zehnwöchigen Dreharbeiten fanden in Paris statt und begannen im Februar<br />
1972. Bertolucci benutzte das Skript nur als groben Leitfaden, der <strong>Brando</strong> in die richtige Stimmung versetzen<br />
sollte, um im Sinne des Method Acting aus seinem eigenen emotionalen Reservoir zu schöpfen. Bertolucci gab<br />
<strong>Brando</strong> breiten Raum zur Improvisation – ganze Szenen des Films sind improvisiert –, in der auf geradezu<br />
klinische Weise die Seelenlage des Protagonisten ausgelotet wird. Wie in den besten seiner früheren Filme<br />
verlieh <strong>Brando</strong> dem Charakter des Paul eine extreme Vielschichtigkeit und eine Zerrissenheit, unter der ein<br />
tiefes existentielles Dilemma erkennbar wurde. Paul benutzte Sex als Waffe, um seiner unterschwellig
odelnden Wut Luft zu machen und um Rache zu üben an sozialen Konventionen; daneben zeigte er jedoch<br />
Momente von Zartheit und Schmerz, die mit seinem Frauenhass in einem beunruhigenden Kontrast standen.<br />
Der letzte Tango von Paris war ein sehr intimer Film, in dem <strong>Brando</strong> mehr von seiner Persönlichkeit preisgab<br />
als in irgendeinem anderen Film.<br />
Nach der Uraufführung, die am 14. Oktober 1972 auf dem New York Film Festival stattfand, wurde der Film<br />
von der Kritik enthusiastisch gefeiert. Veranlasst durch seine sexuelle Explizitheit entstand jedoch eine<br />
öffentliche Kontroverse, mit der die Produzenten nicht gerechnet hatten. Während z. B. die Filmkritikerin<br />
Pauline Kael urteilte, Der letzte Tango von Paris sei „der packendste erotische Film, der je gemacht worden<br />
ist“, fanden die italienischen Behörden den Film obszön und reichten gegen Grimaldi, Bertolucci, <strong>Brando</strong> und<br />
Schneider Klage ein, die schließlich vom Gericht abgewiesen wurde. Beim Kino-Release, zu dem es wegen<br />
dieser Auseinandersetzungen erst Anfang 1973 kam, waren die Erwartungen des Publikums stark angeheizt.<br />
Die Meinungen gingen dann weit auseinander; viele Zuschauer und Kritiker fanden den Film pornografisch;<br />
andere, die ihn mit echten Pornos verglichen, fanden ihn langweilig. Besonders scharf wurde Der letzte Tango<br />
von Paris von feministischen Kritikern verurteilt. Den Produktionskosten von 1,4 Millionen Dollar standen<br />
jedoch Einspielergebnisse in Höhe von 45 Millionen Dollar gegenüber; <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> hat an dem Film<br />
mindestens 4 Millionen Dollar verdient. Zwei der namhaftesten amerikanischen Kritikervereinigungen – die<br />
National Society of Film Critics und der New York Film Critics Circle – zeichneten seine schauspielerische<br />
Leistung mit ihrem Hauptpreis aus.<br />
Späte Filme (1975-2001)<br />
Duell am Missouri<br />
Nach dem ungeheuren Erfolg von Der Pate und Der letzte Tango in Paris hätte <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> eigentlich jede<br />
Rolle auswählen können, die ihn künstlerisch interessiert hätte. Stattdessen begann er, sich auf Cameo-<br />
Auftritte zu beschränken, die er sich – was die Kritik ihm sehr verübelte – zum Teil extrem gut bezahlen ließ.<br />
Ein erheblicher Teil dieser Einnahmen floss in die Kassen der Sachverständigen, die <strong>Brando</strong> bei der<br />
Projektplanung auf Tetiaroa (siehe weiter unten) berieten. Der erste Film in dieser Reihe war der von Arthur<br />
Penn inszenierte Western Duell am Missouri, in dem <strong>Brando</strong> neben Jack Nicholson einen brutalen Kopfgeldjäger<br />
spielen sollte. Während der Dreharbeiten, die im Sommer 1975 in Montana stattfanden, erwies es sich als<br />
Problem, dass das Drehbuch noch voller Unstimmigkeiten war. <strong>Brando</strong> bemühte sich um Verbesserungen am<br />
Skript, war über die mangelnde Kontrolle, die Regisseur Penn über die Produktion ausübte, schließlich jedoch<br />
so entnervt, dass er am Set – wie bereits in früheren, ähnlichen Fällen – zu querulieren begann und die Rolle<br />
des Clayton als Exzentriker spielte, mit irischem Akzent sprach und mit kleinen Gags, die zum Film eigentlich<br />
keinerlei Bezug hatten, den anderen Mitwirkenden die Show stahl. Für seine Mitwirkung hatte <strong>Brando</strong> neben<br />
einer Gewinnbeteiligung eine Festgage von 1,25 Millionen Dollar vereinbart - ein damals ungewöhnlich hoher<br />
Betrag. Duell am Missouri, dessen Uraufführung im Mai 1976 stattfand, wurde ein künstlerischer und<br />
kommerzieller Misserfolg, gilt jedoch als derjenige Film, in dem <strong>Brando</strong> zum letzten Mal einen Rest von<br />
Originalität und Brillanz gezeigt hat.<br />
Apocalypse Now<br />
Im Jahre 1975 bereitete Francis Ford Coppola die Verfilmung von<br />
Joseph Conrads Roman Herz der Finsternis vor, der mit einem<br />
authentischen Bericht aus dem Vietnamkrieg verarbeitet werden<br />
sollte, den der US-Offizier Robert B. Rheault geschrieben hatte.<br />
Coppola war sowohl Produzent als auch Regisseur und wollte mit<br />
Apocalypse Now sein Meisterwerk schaffen. Um aus dem Stoff einen<br />
Antikriegsfilm zu erschaffen, mussten die Vorlagen umgearbeitet<br />
und der Akzent von Rheault (im Film: Kilgore, dargestellt von Robert<br />
Duvall) zu Kurtz verlagert werden: der Figur, die Coppola mit <strong>Marlon</strong><br />
<strong>Brando</strong> besetzen wollte. Kurtz war ein Colonel der US-Streitkräfte,<br />
der von Machthunger so verzehrt wird, dass er sich von seiner<br />
militärischen Aufgabe im Vietnamkrieg zurückzieht, im Dschungel<br />
sein eigenes Mini-Königreich errichtet und sich von seinen<br />
einheimischen Anhängern wie einen weißen Gott verehren lässt.<br />
Nach langem Zögern erklärte <strong>Brando</strong> sich im Februar 1976 bereit,<br />
die Rolle für eine Gage von 3,5 Millionen Dollar zu übernehmen. Als<br />
die Dreharbeiten, die im März 1976 auf den Philippinen begonnen<br />
hatten, sich unerwartet in die Länge zogen, geriet Coppola in<br />
Finanzierungsschwierigkeiten und verhandelte mit <strong>Brando</strong> neu. Der<br />
gab sich mit einer Festgage von 1 Million Dollar zufrieden, sollte nun<br />
jedoch eine Gewinnbeteiligung erhalten. Als <strong>Brando</strong>, der bis dahin<br />
am Set nicht gebraucht wurde, im Oktober 1976 auf den Philippinen
eintraf, war Coppola konsterniert über dessen körperliche Erscheinung.<br />
Bereits seit den Dreharbeiten zu Schwere Jungs – leichte Mädchen hatte <strong>Brando</strong> mit seinem Gewicht gekämpft,<br />
inzwischen wog er jedoch mehr als 110 kg und war auch gesundheitlich in schlechter Verfassung. Während<br />
<strong>Brando</strong> seine Korpulenz vor der Kamera gern kaschieren wollte, schlug Coppola dann vor, sie im Gegenteil für<br />
die Charakterisierung der Figur zu nutzen und Kurtz als Sybariten zu porträtieren. Schließlich einigten sie sich<br />
darauf, dass Kurtz als 2 Meter hoher Riese von mythischen Proportionen gefilmt werden sollte. Doch auch nach<br />
diesem Kompromiss blieben <strong>Brando</strong> und Coppola sich uneinig über Kurtz’ Charakter. Während <strong>Brando</strong> sich<br />
wünschte, Kurtz als einen Soldaten zu spielen, der sich vom Krieg abwendet, nachdem er seine persönliche<br />
Schuld daran eingesehen hat, wollte Coppola absolut keinen Film zum Thema Kriegsschuld drehen; ihm<br />
schwebte stattdessen vor, Kurtz als heruntergekommenen und wahnsinnig gewordenen, ungeschlachten<br />
Dschungel-Einsiedler zu charakterisieren. Die Arbeit mit <strong>Brando</strong> war im Oktober 1976 abgeschlossen, die<br />
weiteren Aufnahmen zogen sich jedoch noch bis in den Mai 1977 hin. Nach einer ebenso langwierigen<br />
Postproduktion lag im Mai 1979 ein Workprint vor, der auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes<br />
gezeigt werden konnte und dort – gemeinsam mit Volker Schlöndorffs Die Blechtrommel – die Goldene Palme<br />
gewann. Im August 1979 kam Apocalypse Now auch in den USA in die Kinos, wobei die Kritik über <strong>Brando</strong>s<br />
Darstellung meist wenige Worte verlor. Seine hohen Drehkosten von fast 27 Millionen Dollar (ohne<br />
Postproduktion) spielte der Film jedoch in kurzer Zeit ein. Da <strong>Brando</strong> glaubte, von Coppola über die Höhe der<br />
Einnahmen getäuscht worden zu sein, strengte er eine Klage an, die 1984 zu seinen Gunsten entschieden<br />
wurde.<br />
Superman<br />
Im Dezember 1976 unterzeichnete <strong>Brando</strong> einen Vertrag mit dem Produzenten Alexander Salkind, in dem er<br />
sich zur Mitwirkung in den beiden Comic-Verfilmungen Superman und Superman II bereit erklärte. Die<br />
Dreharbeiten beider Filme fanden gleichzeitig statt, und für <strong>Brando</strong> begann die nur 12-tägige Arbeit im März<br />
1977 in den Londoner Sheperton-Studios. In wallender Robe und feierlich deklamierendem Ton spielte er den<br />
Vater des vom Planeten Krypton stammenden Titelhelden (dargestellt von Christopher Reeve). <strong>Brando</strong> verband<br />
mit dem Film keinerlei künstlerische Interessen und hatte seine Zusage nur wegen der Gage gegeben, die 3,7<br />
Millionen Dollar betragen sollte (inflationsbereinigt entspräche dies heute ca. 11 Millionen Dollar). Salkind hatte<br />
ihm überdies eine Gewinnbeteiligung zugesagt. Nach dem Kinostart, der im Dezember 1978 stattfand, spielte<br />
Superman allein in den ersten 31 Tagen 64,4 Millionen Dollar ein. Die Kritik lobte die Produktion, beanstandete<br />
jedoch die hohe Gage, die <strong>Brando</strong> für seinen nur 15-minütigen Leinwandauftritt erhalten hatte. Der indes<br />
gewann bald den Eindruck, dass Salkind ihn über die wirklichen Kinoeinnahmen täuschte, und erhob Klage,<br />
woraufhin Salkind die Szenen, die mit <strong>Brando</strong> für Superman II gedreht worden waren, nicht mehr verwenden<br />
ließ. Erst 1982 gestand Salkin und Warner Bros. <strong>Brando</strong> einen Gewinnanteil von geschätzten 10-15 Millionen<br />
Dollar zu. Zu sehen waren die in Superman II nicht verwendeten Szenen mit <strong>Brando</strong> erst in einer 2006<br />
erschienenen Videofassung.<br />
Roots und Die Formel<br />
Im Frühsommer 1978 bot <strong>Brando</strong> Alex Haley an, eine kleine Rolle in der Fernsehserie Roots – Die nächsten<br />
Generationen zu übernehmen. Der Produzent der Serie schlug daraufhin vor, <strong>Brando</strong> die kleine Rolle des<br />
amerikanischen Nazi-Führers George Lincoln Rockwell zu geben, was <strong>Brando</strong> gefiel, weil er mit dieser Rolle<br />
gegen seinen Typ besetzt wurde. Die Dreharbeiten für Episode 7, in der <strong>Brando</strong> mitwirkte, fanden im<br />
Dezember 1978 statt. Gesendet wurde die Staffel in den USA von Februar 1979 an. Im September 1979 wurde<br />
<strong>Brando</strong> für seinen kleinen Auftritt mit einem Emmy ausgezeichnet.<br />
Bereits im September 1977 hatte <strong>Brando</strong> seine Mitwirkung in dem MGM-Film Die Formel angekündigt, dessen<br />
Produktion sich dann jedoch verzögerte und erst im Dezember 1979 begann. Für eine Gage von 3 Millionen<br />
Dollar und eine Gewinnbeteiligung spielte <strong>Brando</strong> darin die Rolle eines Ölbarons, der mit allen Mitteln eine<br />
Erfindung zu unterdrücken sucht, durch die der Rohstoff Erdöl überflüssig würde. An der Seite des Oscar-<br />
Trägers George C. Scott und unter der Regie von John G. Avildsen spielte <strong>Brando</strong> den dicken, alternden Tycoon<br />
mit einer Hörhilfe, die er am Set tatsächlich dazu benutzte, um sich seinen Text einsagen zu lassen. <strong>Brando</strong><br />
hat nie gern Dialoge einstudiert und Die Formel war der erste Film seit mindestens 10 Jahren, in dem er keine<br />
Spickzettel verwendet hat. Nach dem Kinostart im Dezember 1980 fand der Film beim Publikum wenig<br />
Anklang, auch die Kritik fand ihn düster, verwirrend und langweilig.<br />
Weiße Zeit der Dürre<br />
In den Jahren von 1981 bis 1983 hat <strong>Brando</strong> mehrere Filmrollen trotz beträchtlicher Gagenangebote<br />
abgelehnt; unter anderem sollte er als Pablo Picasso, Al Capone und Karl Marx auftreten. Gemeinsam mit dem<br />
Regisseur Donald Cammell schmiedete <strong>Brando</strong> 1982 Pläne für einen in Polynesien angesiedelten Abenteuerfilm<br />
Fan Tan, aus dem er sich jedoch zurückzog, bevor das Projekt umgesetzt werden konnte. In derselben Zeit
erteilte er – zum einzigen Mal in seiner Karriere – Schauspielunterricht; sein Schüler war der Pop-Sänger<br />
Michael Jackson, der <strong>Brando</strong> sehr bewunderte und ihm 2004 eine kleine Rolle in seinem Musikvideo You Rock<br />
My World gab. Ebenso wie Fan Tan wurden auch drei weitere Filmideen, mit denen <strong>Brando</strong> sich in den Jahren<br />
1984-1988 beschäftigte (Jericho, Sand Creek Massacre, The Last King), schließlich aufgegeben.<br />
Anfang 1988 unterzeichnete <strong>Brando</strong> nach achtjähriger Drehpause erstmals wieder einen Filmvertrag. In dem<br />
von Paula Weinstein produzierten Apartheid-Thriller Weiße Zeit der Dürre sollte er neben Donald Sutherland,<br />
Janet Suzman und Susan Sarandon die Cameo-Rolle eines südafrikanischen Rechtsanwalts spielen, der auf der<br />
Seite der Gegner der Rassentrennung kämpft. Die Dreharbeiten, die in London stattfanden, wurden von<br />
Euzhan Palcy geleitet, die bekannt geworden ist als erste farbige Regisseurin Hollywoods. Da für den<br />
engagierten Film nur wenig Geld zur Verfügung stand, war <strong>Brando</strong> bereit, für eine Gage von nur 4.000 Dollar<br />
mitzuwirken, die er überdies einer Anti-Apartheid-Organisation spenden wollte. Weiße Zeit der Dürre kam im<br />
September 1989 heraus und brachte <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> zum letzten Mal in seiner Karriere einen Preis (auf dem<br />
Internationalen Filmfestival Tokio) und eine Oscar-Nominierung ein.<br />
Freshman<br />
Ende August 1989 unterzeichnete <strong>Brando</strong> bei der TriStar für eine Rolle in Andrew Bergmans Filmlustspiel<br />
Freshman. <strong>Brando</strong> sollte in diesem Film einen zwielichtigen New Yorker Geschäftsmann darstellen, der einen<br />
arglosen Studenten (Matthew Broderick) „adoptiert“ und in die Welt des professionellen Verbrechens einführt.<br />
Nachdem er seit 1975 nur noch Cameo-Auftritte bestritten hatte, war die Rolle des Mafiosos Sabatini größer<br />
angelegt und sollte <strong>Brando</strong> ein Comeback ermöglichen. Während der Dreharbeiten, die in New York und in<br />
Toronto stattfanden und im Juni 1980 begannen, kam es zwischen <strong>Brando</strong> und den Produzenten des Films<br />
jedoch zu Auseinandersetzungen, unter denen die Qualität des Films schließlich litt. Nach der Veröffentlichung<br />
von Freshman im Juli 1990 lobte die Kritik – die <strong>Brando</strong>s Comeback offensichtlich ermutigen wollte – zwar die<br />
Leichtigkeit und Verspieltheit, mit der <strong>Brando</strong> den Charakter des „Paten“ parodiert hatte. An den Kinokassen<br />
war Freshman jedoch weniger erfolgreich als erhofft.<br />
Christopher Columbus - Der Entdecker<br />
Als sein Sohn Christian 1990 wegen Mordes vor Gericht stand und seine Tochter Cheyenne schwer erkrankte,<br />
benötigte <strong>Brando</strong> für Rechtsanwälte, Privatdetektive, Bodyguards, Flugtickets und Ärzte erneut viel Geld. Als<br />
Alexander und Ilya Salkind ihm im November 1991 einen Cameo-Auftritt in dem spanisch-britischamerikanischen<br />
Abenteuerfilm Christopher Columbus – Der Entdecker anboten, nahm er bereitwillig an. Die<br />
Dreharbeiten mit <strong>Brando</strong> fanden im Januar 1992 in Madrid statt. Regie führte John Glen. Die Hauptrollen in<br />
diesem Abenteuerfilm, der von der Kritik nach dem Kinostart im August 1992 als „monumental langweilig“<br />
verrissen wurde, spielten Georges Corraface, Tom Selleck, Rachel Ward und Catherine Zeta-Jones.<br />
Don Juan DeMarco<br />
Im Februar 1994 unterzeichnete <strong>Brando</strong> Verträge mit New Line und mit Coppolas American Zoetrope für eine<br />
Rolle in Jeremy Levens Liebeskomödie Don Juan DeMarco. Neben Johnny Depp und Faye Dunaway sollte er<br />
darin einen alternden Psychiater spielen, dessen letzter Patient ein junger Mann ist, der sich für den<br />
berühmten Verführer Don Juan hält. Der Clou der Geschichte liegt darin, dass nicht der Arzt den Patienten<br />
„kuriert“, sondern umgekehrt der Patient die Romantik, die im Leben des Arztes schon fast untergegangen ist,<br />
zu neuem Leben erweckt. Don Juan DeMarco kam in den USA im April 1995 heraus und fand beim Publikum<br />
starke Nachfrage. Eher als für <strong>Brando</strong> war der Film jedoch ein Vehikel für Depp, der für seine Darstellung 1996<br />
mit dem London Critics Circle Film Award ausgezeichnet wurde.<br />
Die Insel des Dr. Moreau<br />
Wieder für New Line wirkte <strong>Brando</strong> anschließend in dem Film DNA – Die Insel des Dr. Moreau mit, einer<br />
Adaption des gleichnamigen Romans von H. G. Wells. Neben David Thewlis und Val Kilmer spielte <strong>Brando</strong> in<br />
diesem Science Fiction-Film einen Wissenschaftler, dessen Versuche, menschliche DNA mit tierischer zu<br />
verbinden, unbeherrschbare Bestien hervorbringen. Während der Dreharbeiten, die unter der Regie von John<br />
Frankenheimer in Australien stattfanden und im September 1995 begannen, war <strong>Brando</strong>s Arbeit von der<br />
Trauer um seine Tochter Cheyenne überschattet, die sich im Frühjahr umgebracht hatte. Die Kritiken für den<br />
Film, der im August 1996 herauskam, waren vernichtend.<br />
The Brave<br />
1996 wirkte <strong>Brando</strong> zum zweiten Mal in einem Film mit Johnny Depp mit, der diesmal nicht nur am Drehbuch<br />
mitgearbeitet hatte, sondern auch selbst Regie führte: The Brave. <strong>Brando</strong> spielte in diesem von Jeremy
Thomas produzierten Film, dessen Titel „Der Tapfere“ bedeutet, einen reichen weißen Snuff-Film-Produzenten,<br />
der einem unter elenden Bedingungen lebenden Indianer 50.000 Dollar anbietet, wenn er sich vor laufender<br />
Kamera foltern und töten lässt; der allegorische Film zeigt jedoch nicht den Tod des Indianers, sondern die<br />
letzten sieben Tage seines Lebens. Bereits seit den 1950er Jahren hatte <strong>Brando</strong> immer wieder Pläne für die<br />
Produktion eines sozialkritischen Indianerfilms geschmiedet, die jedoch stets gescheitert waren; der Film The<br />
Brave stellt die späte Verwirklichung dieses Planes dar. Die Dreharbeiten fanden im September 1996 in Los<br />
Angeles und in Ridgecrest, Kalifornien statt, und Depp war seit Bertolucci der erste Regisseur, mit dem sich für<br />
<strong>Brando</strong> eine harmonische und vertrauensvolle Zusammenarbeit ergab. The Brave wurde am 10. Mai 1997 auf<br />
dem Filmfestival Cannes uraufgeführt und für die Goldene Palme nominiert. Die Kritiker – vor allem die<br />
amerikanischen – lehnten den Film jedoch ab, was Depp veranlasste, dem Herausbringen in den USA nicht<br />
zuzustimmen. Dem amerikanischen Publikum ist The Brave bis heute nur als Importvideo zugänglich.<br />
Free Money<br />
1998 stand <strong>Brando</strong> in der kanadischen Provinz Québec für eine Filmproduktion der kleinen Filmline<br />
International vor der Kamera, Regie führte der international wenig bekannte Franko-Kanadier Yves Simoneau.<br />
Free Money (deutsche Bedeutung des Titels: Kostenloses Geld) war eine schwarze Filmkomödie über einen<br />
skrupellosen Gefängnisdirektor (<strong>Brando</strong>), der zwei Taugenichtse in eine Ehe mit seinen beiden Töchtern zwingt<br />
und so unter Druck setzt, dass sie, um sich Geld für die Flucht zu beschaffen, einen Zug ausrauben. Obwohl<br />
neben <strong>Brando</strong> so hochbegabte Darsteller wie Thomas Haden Church, Mira Sorvino und Donald Sutherland<br />
mitwirkten, gilt Free Money als einer seiner schwächsten Filme. Der am 3. Dezember 1998 in Singapur<br />
uraufgeführte Streifen kam in den USA nie in die Kinos.<br />
The Score<br />
Seine letzte Filmrolle übernahm <strong>Brando</strong> im Jahre 2000. Ebenso wie Free Money wurde auch The Score in<br />
Québec gedreht. Regisseur des Films war Frank Oz, der in den 1970er Jahren als Mitschöpfer der Muppet Show<br />
bekannt geworden war. The Score (der Titel bedeutet auf Deutsch etwa „Punktzahl beim Spiel“) war ein Heist-<br />
Movie über einen alternden Meisterdieb (Robert De Niro), der von seinem ehemaligen Partner (<strong>Brando</strong>) zum<br />
Diebstahl an einem kostbaren antiken Königsszepter überredet wird. Ein Großteil der Dialoge zwischen <strong>Brando</strong><br />
und De Niro, die als Schauspieler viele Gemeinsamkeiten haben, war improvisiert. In weiteren Rollen<br />
erschienen Edward Norton und Angela Bassett. Als The Score im Juli 2001 uraufgeführt wurde, war ein Großteil<br />
der Kritiker enttäuscht, dass der Film nicht ganz hielt, was die hochkarätige Besetzung eigentlich versprochen<br />
habe. Berichte machten die Runde, dass <strong>Brando</strong> sich geweigert habe, am Set zu erscheinen, solange Regisseur<br />
Frank Oz sich ebenfalls dort aufgehalten habe.<br />
Letzte Pläne und Tod<br />
Im Frühjahr 2004 stand <strong>Brando</strong> mit dem tunesischen Regisseur Ridha Behi in Verhandlung. Behi wollte einen<br />
Spielfilm mit dem Titel <strong>Brando</strong> and <strong>Brando</strong> inszenieren, in dem es um einen jungen Tunesier gehen sollte, der<br />
seinem amerikanischen Traum – verkörpert von <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> – nachjagt. <strong>Brando</strong> sollte in diesem Film sich<br />
selbst spielen. Da <strong>Brando</strong> bald jedoch nicht mehr zur Verfügung stand, beschloss Behi, das Skript<br />
umzuschreiben und für einen halb dokumentarischen Film zu verwenden, der den Titel Citizen <strong>Brando</strong> tragen<br />
soll. Der Film sollte 2007 uraufgeführt werden, wurde inzwischen jedoch auf 2008 oder 2009 verschoben.<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>, der bereits seit längerer Zeit an Lungenfibrose gelitten hatte, starb am 1. Juli 2004 im Alter<br />
von 80 Jahren im UCLA Medical Center, einem Krankenhaus in Los Angeles, an Lungenversagen. Im Kreise der<br />
engsten Angehörigen wurde er vier Tage darauf an unbekannter Stelle in Los Angeles eingeäschert.<br />
Unter Aufsicht von Tarita Tumi Teriipaia und Maria Christina Ruiz und deren Kindern Teihotu, Miko, Tuki sowie<br />
Ruiz' Schwester Angela wurde <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>s Asche im Death Valley zur Hälfte im Wind verstreut. Die andere<br />
Hälfte nahm Tarita mit und verstreute sie 2005 auf Tetiaroa in einer Lagune.<br />
Privatleben<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> hatte zahllose kurze und langjährige Affären mit Frauen (darunter z. B. Marilyn Monroe, Joanne<br />
Woodward, Pier Angeli, France Nuyen) und nach eigener Auskunft auch mit Männern. Dauerhaftere<br />
Beziehungen unterhielt <strong>Brando</strong> u. a. mit Stella Adlers Tochter Ellen und den Schauspielerinnen Rita Moreno<br />
und Jill Banner. Am 11. Oktober 1957 heiratete er die Schauspielerin Anna Kashfi, die jedoch bereits ein Jahr<br />
später die Scheidung einreichte. Um das Sorgerecht für den im Mai 1958 geborenen Sohn Christian lieferten<br />
<strong>Brando</strong> und Kashfi sich einen bis 1974 andauernden Rechtsstreit. Am 4. Juni 1960 heiratete <strong>Brando</strong> – von der<br />
Presse unbemerkt – die mexikanisch-amerikanische Schauspielerin Maria „Movita“ Castenada, die im Juni 1967<br />
die Scheidung einreichte. Während der Ehe wurden zwei Kinder (Sergio, genannt Miko; Rebecca) geboren,<br />
deren Vaterschaft jedoch strittig ist. 43 Jahre lang, bis zu seinem Tode, war <strong>Brando</strong> mit der polynesischen
Tänzerin Tarita Tumi Teriipaia zusammen und hatte mit ihr zwei Kinder, Teihotu und Cheyenne. Drei<br />
gemeinsame Kinder (Ninna Priscilla, Myles Jonathan, Timothy Gahan) hatte <strong>Brando</strong> auch mit seiner<br />
guatemaltekischen Haushälterin Cristina Ruiz. Über Jahrzehnte hinweg verbanden <strong>Brando</strong> enge Freundschaften<br />
mit den Maskenbildnern Phil und Marie Rhodes, dem Filmproduzenten George Englund und den Schauspielern<br />
Wally Cox und Christian Marquand.<br />
Seit 1967 befand <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> sich im Besitz des bei Tahiti gelegenen Atolls Tetiaroa, dessen Schönheit er<br />
Ende 1960 während der Dreharbeiten zu Meuterei auf der Bounty entdeckt hatte. Pläne, auf der Inselgruppe<br />
eine Kolonie für Künstler und Intellektuelle, eine Hummerfarm und eine Hotelanlage einzurichten, wurden von<br />
<strong>Brando</strong> mit großem Finanzaufwand verfolgt, erwiesen sich Mitte der 1970er Jahre jedoch als undurchführbar.<br />
Viel Zeit widmete <strong>Brando</strong> auf Tetiaroa auch seinem Hobby, dem Amateurfunk. Wie <strong>Brando</strong> erst 1995 erfuhr,<br />
war Tetiaroa betroffen von den unterirdischen Kernwaffentests, die Frankreich bereits seit 1966 im Bereich des<br />
benachbarten Mururoa-Atolls durchführte.<br />
Das schwerste Ereignis in <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>s persönlichem Leben war der Totschlag, den sein Sohn Christian am<br />
Freund seiner schwangeren Tochter Cheyenne verübte. Der Vorfall ereignete sich in <strong>Brando</strong>s Haus in Beverly<br />
Hills am 16. Mai 1990. Cheyenne, bei der kurze Zeit später Schizophrenie festgestellt wurde, erhängte sich<br />
1995. Christian starb am 26. Januar 2008 an einer Lungenentzündung.<br />
Politisches Engagement<br />
Bürgerrechtsbewegung<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>s politisches Engagement galt zunächst der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Wiederholt<br />
gab er öffentlich bekannt, er werde sich aus dem Filmgeschäft zurückziehen, um sich ganz dieser politischen<br />
Arbeit zu widmen. Im Sommer 1963 organisierte er gemeinsam mit einigen anderen Schauspielerkollegen –<br />
darunter Paul Newman und Burt Lancaster – die Arbeit der Bürgerrechtsaktivisten, die Martin Luther King und<br />
die von ihm geführte Southern Christian Leadership Conference in Hollywood unterstützen sollten. Sein Freund<br />
Harry Belafonte war ein enger Vertrauter von King. <strong>Brando</strong> setzte seine Prominenz ein, um Spendengelder zu<br />
sammeln, und warb auf Demonstrationen für die Ziele der Bürgerrechtsbewegung. Hollywood galt unter<br />
Liberalen als Hochburg des Rassismus, <strong>Brando</strong> und seine Mitstreiter forderten eine umfassende Reformierung<br />
des Fernseh- und Filmgeschäfts mit dem Ziel, Farbigen und Angehörigen anderen Minderheiten in Hollywood<br />
gleichberechtigte Arbeits- und Selbstdarstellungsmöglichkeiten zu verschaffen. Anfang 1968 nahm <strong>Brando</strong><br />
auch Kontakt zur Black Panther Party auf, deren Programm und deren Militanz ihn zunächst faszinierten. Als<br />
kurz nach der Ermordung Kings im April 1968 das Panther-Mitglied Bobby Hutton von der Oaklander Polizei<br />
erschossen wurde, gab <strong>Brando</strong> ein Fernsehinterview, in dem er diesen Vorfall als politisch motivierten Mord<br />
einstufte. Die Polizei leitete gegen <strong>Brando</strong> daraufhin ein Schadensersatzverfahren ein, das drei Jahre später<br />
höchstinstanzlich abgewiesen wurde. Da das politische Programm der Panther zunehmend radikal wurde,<br />
brach <strong>Brando</strong> jedoch schon wenige Wochen nach dem Interview den Kontakt zu ihnen ab, was von der<br />
Öffentlichkeit, die seinen Namen weiterhin mit den Panthern in Verbindung brachte, allerdings nicht<br />
wahrgenommen wurde. <strong>Brando</strong> bekannte sich stattdessen zu Kings Prinzip der Gewaltlosigkeit und schloss sich<br />
nach der Erschießung Robert Kennedys u. a. einem Komitee von Hollywood-Schauspielern an, das sich für<br />
Waffenkontrolle einsetzte.<br />
Bürgerrechtskampf der Indianer<br />
Bereits während seines Engagements in der Bürgerrechtsbewegung hatte <strong>Brando</strong>s Aufmerksamkeit sich auch<br />
dem politischen Kampf der Indianer zugewandt und er nutzte seine Prominenz, um Spenden einzuwerben und<br />
um auf einige ihrer politischen Aktionen aufmerksam zu machen. Im März 1964 nahm <strong>Brando</strong> an einer<br />
Protestaktion – einem fish-in – im US-Bundesstaat Washington teil, bei der Puyallup-Indianer ihre im 19.<br />
Jahrhundert vertraglich garantierten Fischereirechte einforderten.<br />
Einer Protestaktion des American Indian Movement (AIM), dessen Mitglieder im Februar 1973 die in der<br />
bitterarmen Pine-Ridge-Reservation gelegene Ortschaft Wounded Knee besetzten, verschaffte <strong>Brando</strong><br />
weltweite Beachtung, indem er mit Hinweis auf diese Ereignisse den Oscar ablehnte, den er für den Film Der<br />
Pate erhalten sollte. Von der Besetzung selbst, die erst im Mai beendet wurde, hielt <strong>Brando</strong> sich fern, nahm an<br />
dem anschließenden Gerichtsverfahren jedoch als Beobachter teil, um damit die Besetzer – darunter die<br />
charismatischen AIM-Führer Dennis Banks und Russell Means – öffentlichkeitswirksam zu unterstützen.<br />
Wiederholt förderte <strong>Brando</strong> die Arbeit des AIM auch mit eigenen Geldmitteln; in der Hoffnung, Nachahmer zu<br />
finden, überschrieb er darüber hinaus Ende 1974 einen Teil seines privaten Landbesitzes der American Indian<br />
Development Association.<br />
Ende Januar 1975 nahm <strong>Brando</strong> an der Protestaktion einer Gruppe von Menominee-Indianern teil, die seit dem<br />
Neujahrstag in Gresham, Wisconsin ein Alexianer-Kloster besetzt hielten. Während dieser Aktion geriet er mit<br />
den gewalttätigen Besetzern, die er hatte unterstützen wollen, in Konflikt und wurde in seinem Engagement so<br />
desillusioniert, dass er sich von 1976 an allmählich aus den Aktivitäten des AIM zurückzog. Ein letztes Mal<br />
geriet <strong>Brando</strong> in Verbindung mit dem AIM in die Schlagzeilen, als er die Aktivisten Dennis Banks und Leonard
Peltier unterstützte, die im Sommer 1975 nach einer erneuten Schießerei in der Pine-Ridge-Reservation vom<br />
FBI gejagt wurden und in <strong>Brando</strong>s Haus Zuflucht suchten.<br />
Bühnenauftritte<br />
1944: Bobino (Children’s Theatre, Broadway; Autor: Stanley Kauffmann)<br />
1944: Hanneles Himmelfahrt (Dramatic Workshop; Autor: Gerhart Hauptmann) – Schulmeister Gottwald;<br />
Fremder in Hanneles Traum<br />
1944: Dr. Sganarelle (Dramatic Workshop; Autor: Milton Levene)<br />
1944: Was ihr wollt (Dramatic Workshop; Autor: William Shakespeare) – Sebastian<br />
1944/1945: I Remember Mama (Broadway; Autor: Martin Chamin, Komponist: Richard Rodgers) – Nels<br />
1945: Truckline Café (Belasco Theatre, Broadway; Autor: Maxwell Anderson) – Sage MacRae<br />
1945: Candida (Gastspielreise, Chicago; Autor: George Bernard Shaw) – Marchbanks<br />
1946: A Flag is Born (Alvin Theatre, Broadway; Autor: Ben Hecht, Musik: Kurt Weill; mit Paul Muni) – David<br />
1946: The Eagle Has Two Heads (Gastspielreise, Washington, D. C., Boston, Autor: Jean Cocteau; mit Tallulah<br />
Bankhead) – Stanislas<br />
1947-1949: Endstation Sehnsucht (Gastspielreise über New Haven, Boston, Philadelphia; Ethel Barrymore<br />
Theatre, Broadway; Autor: Tennessee Williams) – Stanley Kowalski<br />
1953: Helden (Tournee; Rhode Island, Massachusetts, Connecticut; Autor: George Bernard Shaw) – Sergius<br />
Filmografie<br />
1950: Die Männer (The Men)<br />
1951: Endstation Sehnsucht (A Streetcar Named Desire)<br />
1952: Viva Zapata!<br />
1953: Julius Caesar<br />
1953: Der Wilde (The Wild One)<br />
1954: Die Faust im Nacken (On the Waterfront)<br />
1954: Désirée<br />
1955: Schwere Jungs – leichte Mädchen (Guys and Dolls)<br />
1956: Das kleine Teehaus (The Teahouse of the August Moon)<br />
1957: Sayonara<br />
1958: Die jungen Löwen (The Young Lions)<br />
1960: Der Mann in der Schlangenhaut (The Fugitive Kind)<br />
1961: Der Besessene (One-Eyed Jacks)<br />
1962: Meuterei auf der Bounty (Mutiny on the Bounty)<br />
1963: Der häßliche Amerikaner (The Ugly American)<br />
1964: Zwei erfolgreiche Verführer (Bedtime Story)<br />
1965: Morituri/Kennwort: Morituri (Morituri)<br />
1966: Ein Mann wird gejagt (The Chase)<br />
1966: Südwärts nach Sonora (The Appaloosa)<br />
1967: Die Gräfin von Hongkong (A Countess from Hong Kong)<br />
1967: Spiegelbild im goldenen Auge (Reflections in a Golden Eye)<br />
1968: Candy<br />
1969: Am Abend des folgenden Tages (The Night of the Following Day)<br />
1969: Queimada (Burn!/Queimada)<br />
1971: Das Loch in der Tür (The Nightcomers)<br />
1972: Der Pate (The Godfather)<br />
1972: Der letzte Tango in Paris (Ultimo tango a Parigi)<br />
1976: Duell am Missouri (The Missouri Breaks)<br />
1978: Superman<br />
1979: Apocalypse Now<br />
1980: Die Formel (The Formula)<br />
1989: Weiße Zeit der Dürre (A Dry White Season)<br />
1990: Freshman (The Freshman)<br />
1992: Christopher Columbus – Der Entdecker (Christopher Columbus: The Discovery)<br />
1994: Don Juan DeMarco<br />
1996: DNA – Die Insel des Dr. Moreau / DNA – Experiment des Wahnsinns (The Island of Dr. Moreau)<br />
1997: The Brave
1998: Free Money<br />
2001: The Score<br />
2001: Michael Jackson - You Rock My World<br />
Auszeichnungen<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> ist – neben Joanne Woodward, Jack Lemmon, Paul Newman und Elizabeth Taylor – der meistausgezeichnete<br />
amerikanische Filmschauspieler seiner Generation.<br />
1952: Oscar-Nominierung (Bester Hauptdarsteller) für Endstation Sehnsucht (1951)<br />
1952: Internationale Filmfestspiele von Cannes, Preis für den besten Darsteller für Viva Zapata! (1952)<br />
1952: Jussi (Verdienstdiplom für den besten ausländischen Darsteller) für Endstation Sehnsucht (1951)<br />
1953: Oscar-Nominierung (Bester Hauptdarsteller) für Viva Zapata! (1952)<br />
1953: BAFTA (= British Academy of Film and Television Arts)-Award (Bester ausländischer Darsteller) für Viva<br />
Zapata! (1952)<br />
1954: Oscar-Nominierung (Bester Hauptdarsteller) für Julius Caesar (1953)<br />
1954: BAFTA-Award (Bester ausländischer Darsteller) für Julius Caesar (1953)<br />
1954: New York Film Critics Circle Award (Bester Darsteller) für Die Faust im Nacken (1954)<br />
1955: Oscar (Bester Hauptdarsteller) für Die Faust im Nacken (1954)<br />
1955: Golden Globe (Bester Hauptdarsteller, Sektion Kinofilme) für Die Faust im Nacken (1954)<br />
1955: BAFTA-Award (Bester ausländischer Darsteller) für Die Faust im Nacken (1954)<br />
1958: Oscar-Nominierung (Bester Hauptdarsteller) für Sayonara (1957)<br />
1958: Laurel Award (Goldener Lorbeer für die beste männliche Schauspielleistung) für Die jungen Löwen<br />
(1958)<br />
1961: Golden Apple Award: Sour Apple, Preis für den am wenigsten kooperativen Darsteller<br />
1961: Festival Internacional de Cine de Donostia-San Sebastián (Goldene Muschel) für Der Besessene (1961)<br />
1967: Western Heritage Awards (Bronze Wrangler) für Südwärts nach Sonora (1966)<br />
1972: Fotogramas de Plata, Preis für den besten ausländischen Darsteller für Queimada (1969) 1973: Oscar<br />
(Bester Hauptdarsteller) für Der Pate (1972)<br />
1973: Golden Globe (Bester Hauptdarsteller, Sektion Kinofilme) für Der Pate (1972)<br />
1973: Golden Globe: Henrietta Award (weltweit populärster männlicher Darsteller)<br />
1973: Kansas City Film Critics Circle Award (Bester Darsteller) für Der Pate (1972) 1973: Jussi (Darsteller des<br />
Jahres)<br />
1974: Oscar-Nominierung (Bester Hauptdarsteller) für Der letzte Tango in Paris (1972)<br />
1974: Golden Globe: Henrietta Award (weltweit populärster männlicher Darsteller)<br />
1974: National Society of Film Critics Award (Bester Darsteller) für Der letzte Tango in Paris (1972)<br />
1974: New York Film Critics Circle Award (Bester Darsteller) für Der letzte Tango in Paris (1972)<br />
1979: Emmy Award (Bester Nebendarsteller in einer Fernsehserie) für Roots – Die nächsten Generationen<br />
(1979)<br />
1989: Tokyo International Film Festival (Bester Darsteller) für Weiße Zeit der Dürre (1989)<br />
1990: Oscar-Nominierung (Bester Nebendarsteller) für Weiße Zeit der Dürre (1989)<br />
1997: Goldene Himbeere/Razzie Award (Schlechtester Nebendarsteller) für Die Insel des Dr. Moreau (1997)<br />
Auf dem Hollywood Walk of Fame ist dem Schauspieler ein Stern gewidmet (bei 1777 Vine Street).<br />
Deutsche Synchronstimmen<br />
Zu den Schauspielern, die <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> in den deutschen Synchronfassungen ihre Stimmen geliehen haben,<br />
zählen:<br />
Harald Juhnke (Die Männer, Die Faust im Nacken, Der Wilde, Sayonara, Die jungen Löwen, Der Besessene,<br />
Morituri, Südwest nach Sonora, Ein Mann wird gejagt, Spiegelbild im goldenen Auge)<br />
Peer Schmidt (Endstation Sehnsucht, Der hässliche Amerikaner)<br />
Horst Niendorf (Julius Caesar)<br />
Heinz Reincke (Desirée)<br />
Gert Günther Hoffmann (Der Mann in der Schlangenhaut, Meuterei auf der Bounty)<br />
Rainer Brandt (Die Gräfin von Hongkong)<br />
Claus Biederstaedt (Zwei erfolgreiche Verführer, Am Abend des folgenden Tages, Queimada, Der letzte<br />
Tango in Paris)<br />
Wolfgang Kieling (Duell am Missouri)<br />
Michael Chevalier (Das Loch in der Tür, Die Insel des Dr. Moreau)<br />
Gottfried Kramer (Der Pate, Apocalypse Now, Weiße Zeit der Dürre)<br />
Christian Brückner (Der Pate, TV-Fassung)
Rolf Schult (Superman)<br />
Thomas Fritsch (Apocalypse Now, Redux-Version)<br />
Helmut Krauss (Freshman, Don Juan DeMarco, The Brave, The Score)<br />
Wirkung<br />
Zahllose Schauspieler haben sich an <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>s Darstellungsstil orientiert, darunter z. B. Rod Steiger, Ben<br />
Gazzara und vor allem James Dean. Derjenige Schauspieler, der <strong>Brando</strong>s Vorbild am glühendsten nachgeeifert<br />
hat, war Dean. Er hatte sein Filmdebüt in einer Rolle, für die ursprünglich <strong>Brando</strong> vorgesehen war: in ...denn<br />
sie wissen nicht, was sie tun, und ebenso wie der junge <strong>Brando</strong> hat Dean sich dem Publikum als Darsteller<br />
brütender, rebellischer, unartikulierter junger Männer eingeprägt. Auch Richard Burton hat <strong>Brando</strong>s<br />
Schauspielstil sehr genau studiert. Am Anfang seiner Karriere hatte Paul Newman gegen das Stigma<br />
anzukämpfen, er sei nur eine Kopie von <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>. Jane Fonda, die mit <strong>Brando</strong> während der Dreharbeiten<br />
zu Ein Mann wird gejagt kennen gelernt hat, war von seiner Verbindung von Künstlertum und politischem<br />
Engagement tief beeindruckt und empfand ihn als Urbild eines artist engagé.<br />
Robert F. Smallwood veröffentlichte 2006 ein Schauspiel über <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> (<strong>Brando</strong>, Tennessee, & Me. A<br />
Play). Von Scott Wannberg stammt ein Gedicht über <strong>Brando</strong> mit dem Titel „Omaha Light“. <strong>Brando</strong> wird auch in<br />
zahlreichen Pop- und Rocksongs erwähnt, etwa in It’s Hard to be a Saint in the City (Bruce Springsteen,<br />
1973), Is This What You Wanted? (Leonard Cohen, 1974), Pocahontas (Neil Young, 1979), China Girl (David<br />
Bowie, 1983), We Didn’t Start the Fire (Billy Joel, 1989), Vogue (Madonna, 1990), Gangster Moderne (MC<br />
Solaar, 1997), Eyeless (Slipknot, 2000), The Ballad of Michael Valentine (The Killers, 2004), Back to Tupelo<br />
(Mark Knopfler, 2004), Kings For A Day (Tak Matsumoto Group, 2004), Advertising Space (Robbie Williams,<br />
2005) und Amsterdam (Mando Diao, 2006). Der Neuseeländer Russell Crowe, der vor seiner Filmkarriere in<br />
Hollywood in seiner Heimat u. a. als Rock’n’Roll-Sänger arbeitete, brachte in dieser Zeit eine Single mit dem<br />
Titel I Want to Be Like <strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong> (1980) heraus. Elton John veröffentlichte 1988 einen Song Goodbye<br />
<strong>Marlon</strong> <strong>Brando</strong>.