*Werkmappe 118 - Missio
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Symbol Baum<br />
DAS THOMAS KREUZ:<br />
LEBENSBAUM UND STERN<br />
Im Kreuz der Thomas-Christen verschmelzen zwei Traditionen: das biblische<br />
Erbe und die religiösen Bilder Indiens.<br />
„Im Christentum Keralas war der auferstandene<br />
Christus viel präsenter als in der Theologie der westlichen<br />
<strong>Missio</strong>nare!“ meint Scaria Zacharia, Experte<br />
für das Leben der indischen Thomas Christen.<br />
„Auf unseren Kreuzen hängt kein Gekreuzigter. Bei<br />
uns war die Verzierung des Kreuzes mit Blumen sehr<br />
wichtig: Christus ist erstanden, wir wollen uns<br />
freuen!“<br />
Tatsächlich nimmt das Thomas-Kreuz Motive aus<br />
der prophetischen Literatur des alten Testaments<br />
auf. Das Sternmotiv aus Numeri 24, 17: „Ein Stern<br />
geht in Jakob auf“ und das Bild vom Lebensbaum:<br />
„Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis<br />
hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt<br />
Frucht.“<br />
Neben diesen prophetischen Bildern, die sich in<br />
Christus erfüllten, übernahm die frühe syrische<br />
Kirche in Indien aber auch Symbole aus den vorhandenen<br />
religiösen Traditionen. So sehr, dass Vasco da<br />
Gama einmal einen Tempel der Göttin Kali mit einer<br />
christlichen Kirche verwechselt haben soll. Im Thomas-Kreuz<br />
ist es z. b. der Bogen, der auf einen Mund<br />
eines mythischen Wassertieres zurückgehen soll.<br />
Im Thomas-Kreuz sind die Ursymbole des Himmels<br />
und der Welt, Gottes und des Menschen vereint:<br />
Baum, Wasser, Licht. Somit steht dieses Kreuz nicht<br />
nur für die Abgrenzung des christlichen Glaubens,<br />
sondern auch für die Integrationsfähigkeit des<br />
Christentums.<br />
Das Thomas-Kreuz ist in Kerala/Indien in vielen<br />
Gemeinden anzutreffen.<br />
© Zerche<br />
20<br />
Die Thomas-Christen<br />
Die Christen Indiens berufen sich auf den Apostel<br />
Thomas: Im Jahr 52 soll der Apostel das Evangelium<br />
gebracht haben. Manches spricht dafür,<br />
manches dagegen; die zahlreichen römischen<br />
Münz-Funde belegen, dass es rege Handelsbeziehungen<br />
mit Rom und auch Jerusalem gab. Unbestreitbar<br />
ist, dass es schon in den ersten nachchristlichen<br />
Jahrhunderten im heutigen Kerala, im<br />
Südwesten des indischen Subkontinents, eine kleine<br />
Schar von Christen gab. Als die Portugiesen im<br />
16. Jahrhundert nach Indien kamen, waren sie überrascht,<br />
christliche Gemeinden vorzufinden.<br />
Die „Thomas-Christen“ hatten über Jahrhunderte<br />
hinweg nur losen Kontakt zur übrigen christlichen<br />
Welt und trotzdem den Glauben bewahrt. Sie waren<br />
verbunden mit den Kirchen in Ostsyrien und<br />
Persien. Ab dem 8. Jahrhundert entsandte der Katholikos<br />
von Seuleukia-Ktesiphon (Mesopotamien,<br />
heute Irak) Bischöfe nach Kerala.<br />
Das Leben der örtlich christlichen Gemeinschaft war<br />
durch eine Versammlung (palliyogam) geregelt, in<br />
der die gesamte Dorfgemeinschaft durch Familienoberhäupter<br />
vertreten war. Den anderen Religionen<br />
gegenüber war man tolerant: auch den Hinduismus<br />
und den Islam akzeptierte man als Wege zu Gott.<br />
Nach der Ankunft der Portugiesen wurde auf einer<br />
Synode die Vorherrschaft Roms eingeleitet. Schon<br />
nach 50 Jahren kam es aber zur ersten von vielen<br />
Spaltungen. Innerhalb der katholischen Kirche<br />
Indiens gibt es heute drei große Riten: den lateinischen,<br />
den syromalabarischen und den syromalankarischen<br />
Ritus.<br />
G.B.<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002