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ORPHEOS BAKKIKOS: DAS VERSCHOLLENE KREUZ - carotta.de

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<strong>ORPHEOS</strong> <strong>BAKKIKOS</strong> 13<br />

Abb. 23: Aureus <strong>de</strong>s Divus Caesar (82–84 n. Chr.); 49 cp. Orpheos Bakkikos (Abb. 2b):<br />

man beachte, dass bei<strong>de</strong> Gestalten in Dreiviertelsicht stehen (s.u.).<br />

Die oben erwähnten beweglichen Kruzifixe <strong>de</strong>r Christen sind jedoch erst aus <strong>de</strong>m<br />

13., frühestens aus <strong>de</strong>m 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt belegt. Somit könnte erwi<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, dass<br />

<strong>de</strong>r Orpheos-Bakkikos-Stein als Repräsentation <strong>de</strong>r Auferstehung und damit <strong>de</strong>r<br />

Karwoche zwar keine Fälschung wäre, aber doch frühestens aus dieser Zeit stammen<br />

könne. Infolge<strong>de</strong>ssen müsste man auch annehmen, dass das Ritual <strong>de</strong>r Karwoche erst<br />

aus dieser Zeit stammt, wogegen aber <strong>de</strong>r Egeria-Bericht aus <strong>de</strong>m 4. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

spricht. Weiterhin müsste man auch alle an<strong>de</strong>ren ähnlichen frühchristlichen<br />

Abbildungen aus <strong>de</strong>r Kleinkunst zu Fälschungen erklären, was zumin<strong>de</strong>st für <strong>de</strong>n<br />

Ichthys-Karneol (Abb. 5) und <strong>de</strong>n Jaspis aus Gaza (Abb. 11) unmöglich erscheint.<br />

Solche in <strong>de</strong>r Karwoche zur Schau an Kreuze gehangenen Figuren sind zwar auch<br />

für das frühe Christentum <strong>de</strong>nkbar, <strong>de</strong>nn Ostern wur<strong>de</strong> von Anfang an gefeiert, 50 aber<br />

sie sind nicht belegt. Warum nicht? Weil es sie früher nicht gab, und in <strong>de</strong>r<br />

Karfreitagsliturgie statt <strong>de</strong>s Gekreuzigten eine Reliquie <strong>de</strong>s Kreuzes verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>,<br />

wie Egeria über die Jerusalemer Riten zu berichten scheint? Aber stimmt dies? 51 Und<br />

war es überall so? Könnte es nicht sein, dass sich in manchen Gegen<strong>de</strong>n eine ältere<br />

Tradition erhalten hatte, die sich ab <strong>de</strong>m 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt wie<strong>de</strong>r ausbreitete?<br />

Abgesehen von <strong>de</strong>n mutwilligen Zerstörungen <strong>de</strong>r Ikonoklasten, die menschliche<br />

Darstellungen und realistische Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kreuzigung ablehnten und statt<strong>de</strong>ssen das<br />

bloße Kreuz propagierten, könnte es nicht sein, dass ältere Figuren nicht existieren,<br />

weil sie sich nicht erhalten haben? Da solche Figuren beweglich sein mussten und somit<br />

49<br />

Inschrift: DIVVS CAESAR IMP[eratoris] DOMITIANI F[ilius].<br />

50<br />

Cf. Tert. Jejun. 14: pascha celebramus annuo circulo in mense primo, d.h. im März.<br />

51<br />

So Tripps 1998, 121; cf. Itinerarium Egeriae (ca. 380 n. Chr.), Pars secunda, De operatione<br />

singulis diebus in locis sanctis, Capitulum XXXVII (1–4): Et sic ponitur cathedra episcopo in Golgotha<br />

post Crucem, quae stat nunc; resi<strong>de</strong>t episcopus in cathedra; ponitur ante eum mensa sublinteata; stant in<br />

giro mensa diacones et affertur loculus argenteus <strong>de</strong>auratus, in quo est lignum sanctum crucis, aperitur<br />

et profertur, ponitur in mensa tam lignum crucis quam titulus. […] quia consuetudo est, ut unus et unus<br />

omnis populus ueniens, tam fi<strong>de</strong>les quam cathecumini, acclinant se ad mensam osculentur sanctum<br />

lignum et pertranseant. […] At ubi autem sexta hora se fecerit, sic itur ante Crucem […]. Diesem Bericht<br />

lässt sich entnehmen, dass jenes Kreuz, das bereits am Anfang <strong>de</strong>r Zeremonie als nachfolgen<strong>de</strong> Station<br />

<strong>de</strong>s Kreuzwegs „steht“, mit <strong>de</strong>r Reliquie aus <strong>de</strong>m Holz <strong>de</strong>s Wahren Kreuzes, das aus <strong>de</strong>m Schrein geholt,<br />

zusammen mit <strong>de</strong>m titulus crucis auf <strong>de</strong>n Tisch gelegt und vom Volk im Vorbeigehen geküsst wird, nicht<br />

i<strong>de</strong>ntisch war. Dadurch ist die Möglichkeit nicht prinzipiell ausgeschlossen, dass auch während <strong>de</strong>r<br />

Karfreitagsliturgie im Jerusalem <strong>de</strong>s 4. Jahrhun<strong>de</strong>rts sowohl eine Reliquie <strong>de</strong>s Wahren Kreuzes<br />

Anwendung fand, als auch ein Kruzifix am stehen<strong>de</strong>n Kreuz, an <strong>de</strong>m die Passion <strong>de</strong>s Herrn<br />

versinnbildlicht wur<strong>de</strong>.

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