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Flugsicherheit<br />

Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />

Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände<br />

Bundeswehr


Heft 1 April 2<strong>01</strong>0 - 47. Jahrgang<br />

Ausgabe 1 / 2<strong>01</strong>0<br />

Flugsicherheit<br />

Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände<br />

Flugsicherheit<br />

Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände<br />

Titelfoto:<br />

Guido Sonnenberg<br />

Bildbearbeitung www.schaltwerk.eu<br />

„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung<br />

für fliegende Verbände der Bundeswehr<br />

Herausgeber:<br />

Luftwaffenamt -<br />

General Flugsicherheit in der Bundeswehr<br />

Redaktion:<br />

Hauptmann Klemens Löb,<br />

Tel.: 02203 - 9083124<br />

Luftwaffenkaserne 5<strong>01</strong>/07<br />

Postfach 906110<br />

51127 Köln<br />

redaktionflugsicherheit@bundeswehr.org<br />

klemensloeb@bundeswehr.org<br />

Gestaltung:<br />

Hauptmann Klemens Löb<br />

GenFlSichhBw<br />

Erscheinen:<br />

dreimonatlich<br />

Manuskripteinsendungen<br />

sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser<br />

gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt<br />

die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers<br />

dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser<br />

mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden<br />

sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen<br />

(mit Autoren- und Quellenangaben) sind<br />

daher möglich und erwünscht.<br />

Druck:<br />

Heimbüchel & Köllen corporate publishing GbR<br />

1<strong>01</strong>17 Berlin<br />

Editorial 1<br />

VIP versus Flugsicherheit 2<br />

Schwieriger Anflug 5<br />

Ihr <strong>FS</strong>O rät: 9<br />

Post Crash Management 10<br />

Gefahren an der Unfallstelle 14<br />

354312093034Y tschüss ... 19<br />

Nobody kicks ass ... 20<br />

(Brems-) Schirmlos 22<br />

Praktizierte SA 28<br />

Learning the hard way 32<br />

In this issue 33


Editorial<br />

Auf die Perspektive kommt es an ...<br />

Es war Wochenende und ich widmete<br />

meine ganze Aufmerksamkeit<br />

der ausgebreiteten Zeitung auf dem<br />

Frühstückstisch. Eine Großaufnahme<br />

von einem Politiker war auf der<br />

Seite zu sehen, eine wichtige Angelegenheit.<br />

Mein kleiner Sohn saß auf<br />

meinem Schoß und betrachtete das<br />

Bild. „Hund“, sagte er. „Ach“, sagte<br />

ich, „da ist doch kein Hund“. „Hund“,<br />

beharrte er. Ich starrte auf das Bild,<br />

sah immer nur diesen lächelnden Politiker.<br />

Hund. Kleine Kinder können ja<br />

sehr hartnäckig sein. Und auf einmal<br />

sah ich ihn auch. Winzigklein und etwas<br />

versteckt war er seitlich im Hintergrund<br />

zu erkennen. In der Tat. Ein<br />

Hund. Den hätte ich glatt übersehen.<br />

Weil ich dieses Bild mit meinen Erwachsenenaugen<br />

betrachtete. Und<br />

die sind darauf gepolt, das zu sehen,<br />

was ins Auge fällt. Was anderen wichtig<br />

ist. So, dass es eben groß ins Bild<br />

gesetzt wird. Kinderaugen dagegen<br />

haben einen Blick fürs Detail. Sie sehen<br />

das, was ihnen wichtig ist. In diesem<br />

Fall eben einen Hund. Auch wenn<br />

er noch so klein ist.<br />

Und das erinnert mich an unseren<br />

Dienstbetrieb, speziell an die Flugsicherheit.<br />

Unterschiedliche Betrachtungsweisen<br />

und Wertungen führen<br />

zu den erstaunlichsten Denkweisen<br />

und Ergebnissen. Nur wenn wir einen<br />

Blick für die kleinen Details behalten,<br />

können große Zusammenhänge und<br />

Folgen erkannt und gesteuert werden.<br />

Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, Sachverhalte<br />

flexibel mit verschiedenen<br />

Perspektiven zu beleuchten und das<br />

Auge für Details zu schärfen ... Hoffentlich<br />

kann ich diesen Wunsch immer<br />

umsetzten.<br />

In dieser Ausgabe der Flugsicherheit<br />

finden Sie Beiträge, die uns zeigen,<br />

dass das Thema Flugsicherheit<br />

sich in vielen Facetten darstellen kann.<br />

So werden aufgrund der richtigen<br />

Perspektive und dem hervorragenden<br />

Sachverstand zwar Details erkannt<br />

und eventuelle Folgen richtig beurteilt,<br />

es wird aber auch gezeigt, wie<br />

Missverständnisse entstehen können,<br />

wie menschliches Fehlverhalten nicht<br />

korrigiert wird und welche Folgen<br />

daraus entstehen.<br />

Einen Schwerpunkt bildet in dieser<br />

Ausgabe das Thema Post Crash Management,<br />

wo uns gezeigt wird, dass<br />

der Selbstschutz der Helfer manchmal<br />

sträflich vernachlässigt wird.<br />

In diesem Sinne:<br />

Safe landings!<br />

In Vertretung<br />

Ahrens<br />

Oberst<br />

1


Flugsicherheit<br />

VIP<br />

versus<br />

Flugsicherheit<br />

Das Nörvenicher „Geisel-Drama“<br />

(Schauspiel in drei Akten)<br />

von<br />

Hptm a.D. Herman Vogt,<br />

JaboG 31 „B“ und<br />

Oberstlt Heribert Mennen,<br />

GenFlSichhBw<br />

Prolog:<br />

Im März 1978 besuchte<br />

der damalige brasilianische<br />

Staatschef<br />

ERNESTO BECKMANN<br />

GEISEL die Bundesrepublik<br />

Deutschland.<br />

Geisel war Sohn eines<br />

hessischen Einwanderers<br />

und wie sein älterer<br />

Bruder Henrique Soldat<br />

der brasilianischen<br />

Streitkräfte.<br />

Beide stiegen bis zum<br />

General auf. Ernesto<br />

wurde nach dem Staatsstreich<br />

von 1964 Militärchef<br />

und im Januar 1974<br />

schließlich Staatspräsident.<br />

Während seiner<br />

Präsidentschaft begann<br />

die Militärführung eine<br />

langsame Liberalisierung,<br />

obwohl Geisel<br />

nach wie vor eine starke<br />

Kontrolle durch den<br />

Staat behielt. Nach dem<br />

Ende seiner Amtszeit<br />

1979 war Geisel in der<br />

Geschäftsführung einer<br />

privaten Chemiefirma<br />

tätig. Er verstarb am<br />

12. September 1996.<br />

Zum Zeitpunkt seines Staatsbesuchs<br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

stand das Land unter dem Eindruck<br />

der linksterroristischen Bedrohung<br />

durch die Rote Armee Fraktion (RAF).<br />

So wurden auch potenzielle Anschläge<br />

auf Luftfahrzeuge am Boden und<br />

in der Luft, insbesondere bei symbolträchtigen<br />

Staatsbesuchen, nicht ausgeschlossen.<br />

Aufgrund dieser Bedrohungslage<br />

und eingedenk seines militärischen Lebenslaufs<br />

war die Ankunft des brasilianischen<br />

Staatspräsidenten am 8. März<br />

1978 nicht auf dem Flughafen Köln-<br />

Bonn, sondern auf dem nahgelegenen<br />

Luftwaffen-Fliegerhorst Nörvenich eingeplant.<br />

Es war vorgesehen, dass zwei<br />

Luftfahrzeuge (Lfz) des gleichen Typs<br />

anfliegen; in welchem Lfz der VIP sitzt,<br />

sollte bis nach dem Aufsetzen geheim<br />

bleiben. Das Personal des Platzkontrollstandes<br />

(TOWER) sollte dann die<br />

Luftfahrzeugbesatzung befragen und<br />

das VIP-Lfz zur „Schärfplatte Ost“<br />

dirigieren. Dort sollten mehrere BGS-<br />

Hubschrauber bereitstehen, um nach<br />

der Begrüßung durch den Kommodore<br />

den VIP und seine Begleitung aufzunehmen<br />

und nach Bonn zu fliegen.<br />

Das zweite Gast-Lfz sollte nach der<br />

Landung auf dem Südrollweg halten.<br />

Der für diesen Tag langfristig geplante<br />

Geschwaderflugbetrieb sollte<br />

unverändert durchgeführt werden.<br />

Geplant war die Landung eines<br />

Schwarms F-104 (konventioneller<br />

Schießplatzeinsatz) kurz hinter den Lfz<br />

mit den Staatsbesuchern.<br />

1. Akt<br />

Die VIP-Maschinen befinden sich<br />

im Anflug. Die Geschwaderführung<br />

versammelt sich auf der Schärfplatte<br />

im Osten. Das FuG 7-Funksprechgerät<br />

dampft schon.<br />

Funkspruch auf FuG 7:<br />

TOWER von Flugsicherheitsoffizier, ich<br />

müsste mal schnell auf die RUNWAY,<br />

da soll eine Rakete liegen.<br />

TOWER von INKA (Funkdeckname des<br />

2


Kommodore), habe ich richtig verstanden,<br />

eine Rakete?<br />

Ja, eine Rakete.<br />

TOWER von INKA, die Maschinen sollen<br />

GO AROUND machen und in der<br />

Platzrunde halten!<br />

Tatsächlich wird ein langer Gegenstand,<br />

der einer Rakete ähnlich sieht,<br />

aus dem kniehohen Gras neben der<br />

Piste geborgen.<br />

2. Akt<br />

Die Luftfahrzeuge für den Staatsbesuch<br />

fliegen zum zweiten Mal für die<br />

Landung an.<br />

Funkspruch auf der lokalen TOWER-<br />

Frequenz:<br />

TOWER, Mission XYZ, is the VIP on the<br />

ground?<br />

Mission XYZ from TOWER negative,<br />

12 miles to fly, has got a delay.<br />

Roger TOWER, we are coming from<br />

the range, we will make it very short<br />

and land in front.<br />

TOWER: Is it possible to hold south of<br />

the airfield?<br />

Negative, in this case I will declare<br />

EMERGENCY!<br />

Funkspruch auf FuG 7:<br />

TOWER von INKA, was macht denn<br />

die 4-ship da, die sollen sich verdrücken!<br />

INKA von TOWER: Die haben keinen<br />

Sprit mehr.<br />

TOWER von INKA: Der H... landet sonst<br />

auch mit 600 Pfund und sagt nichts!<br />

Die Range-Mission landet; währenddessen<br />

leitet der Pilot des ersten<br />

VIP-Lfz das Fehlanflugverfahren ein<br />

und startet durch.<br />

Der Luftfahrzeugführer (LFF) des<br />

zweiten Staats-Lfz fragt auf dem Radarendanflug:<br />

Is the first aircraft safe on the<br />

ground?<br />

Funkspruch des LFF:<br />

Roger, going around also, he has to<br />

land first.<br />

3. Akt<br />

Die VIP-Luftfahrzeuge fliegen zum<br />

dritten Male an und landen in Nörvenich,<br />

aber irgendwie ist Misstrauen<br />

aufgekommen. Die Piloten verraten<br />

nicht, in welcher Maschine der VIP<br />

sitzt.<br />

Einer der Piloten sagt: „ I am briefed,<br />

I taxi with the VIP to the ramp“.<br />

Gesagt, getan. Das Lfz rollt zur<br />

Schärfplatte Ost. Die Tür öffnet sich –<br />

aber es ist kein VIP an Bord.<br />

Dieser sitzt in der anderen Maschine,<br />

die auf dem Südrollweg steht.<br />

Daraufhin setzt sich der BGS-Hubschrauberschwarm<br />

in Bewegung –<br />

Richtung Südrollweg.<br />

Funkspruch auf FuG 7: „TOWER von<br />

INKA, request to cross runway – noch<br />

so’n Drama und ihr seid mich los!<br />

Antwort des Endanflugkontrolleiters:<br />

Negative, he made a missed approach<br />

due to an emergency landing in front.<br />

© Zeichnung von StFw Ingo Paul Dierkes<br />

3


Flugsicherheit<br />

Epilog<br />

Nun ja, werden Sie sagen, das ist<br />

eine „amüsante“ Geschichte, aber was<br />

hat sie mit unserem heutigen Flugbetrieb<br />

zu tun? Können wir daraus trotz<br />

entscheidend veränderter Rahmenbedingungen<br />

Lehren ziehen, die auch<br />

heute noch Gültigkeit haben? Kann<br />

die Wiedergabe dieses „Schauspiels“<br />

somit auch der Flugunfallprävention<br />

dienen?<br />

Wir sind absolut dieser Meinung.<br />

Schauen wir doch einmal auf die<br />

handelnden Akteure.<br />

Da ist zum einem der Flugsicherheitsoffizier.<br />

Nachdem er vom Verlust<br />

einer Rakete auf oder unmittelbar neben<br />

der Piste erfahren hat, lässt er sich<br />

auch durch die im Anflug befindlichen<br />

VIP-Lfz nicht beeindrucken, führt die<br />

notwendige Überprüfung durch, wird<br />

prompt fündig und beseitigt einen riskanten<br />

Zustand. Gut so!<br />

Der Kommodore unterstützt ihn<br />

und weist das Flugsicherungspersonal<br />

an, den Anflug der VIP-Lfz zunächst<br />

abzubrechen und sie in der Platzrunde<br />

halten zu lassen. Eine folgerichtige<br />

Entscheidung (die mit Sicherheit vom<br />

<strong>FS</strong>-Personal auch eigenständig getroffen<br />

worden wäre!).<br />

Nun zum gleichzeitig stattfindenden<br />

geschwadereigenen Flugbetrieb, insbesondere<br />

zum konventionellen<br />

Schießplatzeinsatz eines Schwarms<br />

F-104. Hier kann das Risikomanagement<br />

aller bei der Planung und Durchführung<br />

Beteiligten nur als „unzureichend“<br />

bezeichnet werden. Es wäre<br />

unbedingt eine größere zeitliche Entzerrung<br />

zwischen der RANGE-MISSION<br />

und den VIP-Lfz erforderlich gewesen.<br />

Die Verbandsplanung basierte darauf,<br />

dass alle Zeitparameter genau eingehalten<br />

werden. Die Erfahrung zeigt<br />

jedoch, dass dies sowohl bei einem<br />

Schießplatzeinsatz als auch bei VIP-<br />

Betrieb nicht immer der Fall ist. Solche<br />

Flüge sind mit vielen Unwägbarkeiten<br />

behaftet und erfordern eine besondere<br />

Berücksichtigung und Behandlung.<br />

Es wäre auch sicherlich angebracht<br />

gewesen, dass der Schwarmführer<br />

F-104 nach dem Schießplatzeinsatz<br />

frühzeitig den aktuellen Sachstand erfragt,<br />

um darauf angemessen reagieren<br />

zu können (z. B. einen der damals<br />

zahlreich zur Verfügung stehenden<br />

Nachbarplätze/ALTERNATES nutzen).<br />

Sich dem Heimatplatz bis in den<br />

Nahbereich anzunähern und dann<br />

mit Hinweis auf die sich abzeichnende<br />

(oder bereits eingetretene) Kraftstoffproblematik<br />

das <strong>FS</strong>-Personal und andere<br />

Luftraumnutzer unter Druck zu<br />

setzten, ist nicht die „feine englische<br />

Art“ und fördert nicht die Flugsicherheit.<br />

© Zeichnung von StFw Ingo Paul Dierkes<br />

Unser Fazit:<br />

Eine gründliche Analyse aller bekannten<br />

und zu erwartenden Faktoren<br />

ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche<br />

und sichere Auftragserfüllung.<br />

Besondere Umstände erfordern<br />

auch besondere Berücksichtigung. Bei<br />

Ihrer Planung sollten Sie nicht „auf<br />

Naht nähen“ und sich genügend Freiraum<br />

bzw. Alternativen erhalten, um<br />

auf kurzfristige Änderungen der Rahmenbedingungen<br />

flexibel reagieren zu<br />

können. Damit vermeiden Sie, dass Sie<br />

sich selbst oder andere in eine schwierige,<br />

die Flugsicherheit möglicherweise<br />

beeinträchtigende Situation bringen.<br />

FLY SAFE!<br />

4


von Mark Lacagnina,<br />

Aviation Safety Spotlight 03-2007<br />

Den Unfalluntersuchungen<br />

zufolge spielten bei<br />

dem Absturz eines Luftfahrzeugs<br />

vom Typ Fairchild<br />

Metro 23 am 7. Mai<br />

2005 im äußersten<br />

Norden von Queensland<br />

(Australien) verschiedene<br />

Faktoren eine<br />

Rolle: ein erfahrener Pilot,<br />

der bereits früher<br />

ständige Dienstanweisungen<br />

nicht eingehalten<br />

hatte, ein<br />

unerfahrener und zurückhaltender<br />

Kopilot,<br />

überhöhte Flug- und<br />

Sinkgeschwindigkeiten<br />

während eines Nicht-<br />

Präzisionsanflugs bei<br />

schlechtem Wetter sowie<br />

Missachtung der<br />

eigenen Vorschriften<br />

und Ausbildungsstandards<br />

durch den Luftfahrzeughalter.<br />

In seinem Abschlussbericht äußerte<br />

sich das Australian Transport Safety<br />

Bureau wie folgt: „Der Unfall war mit<br />

größter Wahrscheinlichkeit das Ergebnis<br />

eines kontrollierten Flugs in den Boden;<br />

das heißt, ein lufttüchtiges Luftfahrzeug<br />

wurde unter der Führung der<br />

Besatzung unabsichtlich in den Boden<br />

gesteuert, wobei sich die Besatzung<br />

vorher wahrscheinlich nicht bewusst<br />

war, wie nah sich das Luftfahrzeug am<br />

Boden befand.“ Beide Piloten und alle<br />

13 Passagiere wurden bei dem Unfall<br />

getötet, der sich in der Nähe von Lockhart<br />

River (Queensland) ereignete.<br />

Die Metro 23 und acht weitere<br />

Luftfahrzeuge wurden von der Fluggesellschaft<br />

Transair von ihrem Hauptflugplatz<br />

in Brisbane und ihren Nebenflugplätzen<br />

in Cairns, Grafton und<br />

Inverell aus betrieben. Das Unternehmen<br />

beschäftigte 21 hauptberufliche<br />

Piloten. Am Morgen des Unfalltags<br />

hatte die Besatzung die Metro von<br />

Cairns nach Lockhart River und Bamaga<br />

geflogen. Der Unfall ereignete sich<br />

auf dem Rückflug nach Cairns, auf der<br />

Etappe von Bamaga nach Lockhart River.<br />

Überschreitung der Geschwindigkeitsobergrenzen<br />

Der steuerführende Pilot besaß einen<br />

Verkehrsluftfahrzeugführerschein<br />

und hatte 6.072 Flugstunden absolviert,<br />

davon 3.249 Flugstunden in Luftfahrzeugen<br />

vom Typ Metro. Er war seit<br />

März 20<strong>01</strong> als Linienpilot bei Transair<br />

beschäftigt und im September 2002<br />

zum aufsichtsführenden Piloten sowie<br />

im August 2003 zum Flugplatzleiter in<br />

Cairns befördert worden.<br />

Dem Bericht zufolge gab es keine<br />

Unterlagen darüber, ob der steuerführende<br />

Pilot im Crew Resource Management<br />

ausgebildet worden war,<br />

wie es das Transair-Betriebshandbuch<br />

vorschrieb. Er hatte wiederholt ständige<br />

Dienstanweisungen nicht eingehalten,<br />

und ein früherer Arbeitgeber<br />

hatte ihm eine Probezeit auferlegt, da<br />

er Verfahren der Fluggesellschaft nicht<br />

befolgt hatte.<br />

Die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers<br />

aus dem verunfallten Luftfahrzeug<br />

deuteten darauf hin, dass die<br />

Sink- und Fluggeschwindigkeiten bei<br />

zwei früheren Instrumentenanflügen<br />

höher waren als die in den ständigen<br />

Dienstanweisungen von Transair festgelegten<br />

Sink- und Fluggeschwindigkeiten.<br />

Mehrere Kopiloten der Transair<br />

hatten gegenüber dem aufsichtsführenden<br />

Piloten ihre Besorgnis darüber<br />

geäußert, dass der steuerführende Pilot<br />

die Verfahren der Fluggesellschaft<br />

nicht einhalte, darunter auch die<br />

Obergrenzen für Fluggeschwindigkeiten.<br />

Ein Kopilot gab an, dass der<br />

5


Flugsicherheit<br />

6<br />

steuerführende Pilot nur dann die Geschwindigkeit<br />

verringerte, wenn ein<br />

von ihm geschätzter Kopilot ihn dazu<br />

aufforderte. Ein anderer Kopilot sagte,<br />

dass er sehr bestimmt auftreten musste,<br />

um den steuerführenden Piloten<br />

davon abzuhalten, das Luftfahrzeug<br />

auf eine Höhe unterhalb der Sektorenmindesthöhe<br />

absinken zu lassen.<br />

Dem Bericht zufolge sagte der Chefpilot<br />

(von Transair), dass er sich nicht<br />

daran erinnern könne, jemals konkrete<br />

Beschwerden über die Flugleistung<br />

des steuerführenden Piloten erhalten<br />

zu haben. Der Chefpilot war der Geschäftsführer<br />

von Transair und hatte als<br />

einer der beiden Überprüfungsberechtigten<br />

der Fluggesellschaft auch die<br />

Funktion des Ausbildungsleiters inne.<br />

Der Kopilot besaß einen Berufsluftfahrzeugführerschein<br />

und hatte 655<br />

Flugstunden absolviert, davon 150<br />

Flugstunden in Luftfahrzeugen vom<br />

Typ Metro. Bis zur Aufnahme seiner<br />

Tätigkeit bei Transair im März 2005<br />

hatte er keine Erfahrung mit Turbinenluftfahrzeugen<br />

oder dem Flugbetrieb<br />

mit mehreren Piloten.<br />

Laut Bericht sagte ein Angehöriger<br />

seiner Familie aus, dass der Kopilot<br />

ein Ausbildungshandbuch zum Selbststudium<br />

erhalten, aber keinen formalen<br />

Ausbildungsunterricht während<br />

der Schulung am Boden durchlaufen<br />

habe.<br />

Seine Unterlagen deuteten darauf<br />

hin, dass er die Bodenausbildung bestand,<br />

obwohl er bei einer Prüfung<br />

der Luftfahrzeuganlagen und Betriebsgrenzen<br />

einen Punktestand von<br />

77 Prozent erreicht hatte – das Betriebshandbuch<br />

der Fluggesellschaft<br />

verlangte aber mindestens 80 Prozent.<br />

Der Kopilot war zudem vor Aufnahme<br />

des regulären Flugbetriebs nicht von<br />

einem Überprüfungsberechtigten geprüft<br />

worden, wie es laut Handbuch<br />

verlangt wurde.<br />

„Piloten, die mit dem Kopiloten geflogen<br />

sind, sagten, dass er sehr lernwillig<br />

gewesen sei“, so der Bericht.<br />

„Allgemein hieß es, dass die fliegerische<br />

Leistung des Kopiloten und seine<br />

Kenntnis der Anlagen seiner Flugerfahrung<br />

entsprachen.“<br />

Er wurde von seinen Kollegen als<br />

ruhig, schüchtern und zurückhaltend<br />

beschrieben.<br />

Der steuerführende Pilot und der<br />

Kopilot waren an zehn Tagen gemeinsam<br />

geflogen und hatten 27 Teilflüge<br />

absolviert. Der Kopilot hatte anderen<br />

Transair-Piloten gegenüber geäußert,<br />

dass der steuerführende Pilot schwierig<br />

und autoritär sei, keine kompetenten<br />

Anweisungen gäbe und die ständigen<br />

Dienstanweisungen nicht einhalte.<br />

Schlechtes Wetter<br />

Vor dem Abflug von Bamaga um<br />

11:07 Uhr Ortszeit informierte der<br />

steuerführende Pilot einen Angehörigen<br />

des Bodenpersonals, dass in Lockhart<br />

River schlechtes Wetter herrsche<br />

und sie dort möglicherweise nicht landen<br />

könnten.<br />

Es war Wind aus 130 Grad mit einer<br />

Geschwindigkeit von 15 Knoten und<br />

Böen von bis zu 25 Knoten vorhergesagt.<br />

Die Luftfahrzeugbesatzung entschloss<br />

sich, einen RNAV/GNSS-Anflug<br />

auf Start- und Landebahn 12 durchzuführen,<br />

deren Mindestsinkflughöhe<br />

mit 1.040 Fuß bis 120 Fuß unter<br />

den Mindestflughöhen für den RNAV/<br />

GNSS-Anflug auf Start- und Landebahn<br />

30 und den NDB-Anflug lag.<br />

Der Flughafen verfügte nicht über<br />

einen Kontrollturm, und die automatische<br />

Wetterstation des Flughafens<br />

zeichnete nur Windrichtung und<br />

-geschwindigkeit sowie Temperatur<br />

und Regenmenge auf. Ein meteorologischer<br />

Beobachter führte dreimal<br />

täglich Beobachtungen durch, hatte<br />

aber nicht die Möglichkeit, direkt mit<br />

den Piloten zu kommunizieren. Die<br />

Beobachtung, die um 12:00 Uhr am<br />

Tag des Unfalls durchgeführt wurde,<br />

enthielt keine Angaben zur Sicht oder<br />

Wolkenuntergrenze.<br />

Im Bericht hieß es, dass nach Einschätzung<br />

des Australian Bureau of<br />

Meteorology „die Wolkenuntergrenze<br />

wahrscheinlich zwischen 500 Fuß und<br />

1.000 Fuß über Normalnull lag und das<br />

Gelände westlich des Flugplatzes unterhalb<br />

des RNAV/GNSS-Anflugs auf<br />

Start- und Landebahn 12 wahrscheinlich<br />

durch Wolken verschleiert war“.<br />

Es ist davon auszugehen, dass der<br />

steuerführende Pilot das Luftfahrzeug<br />

flog, da der aufgezeichnete Funkverkehr<br />

mit dem Kopiloten stattfand. Es<br />

lag keine Aufzeichnung der Gespräche<br />

zwischen den Piloten vor, da das Tonaufzeichnungsgerät<br />

im Cockpit defekt<br />

war und keine verwertbaren Daten<br />

über die letzten 30 Minuten des Flugs<br />

enthielt.<br />

Die Instrumentenflugberechtigung<br />

des Kopiloten umfasste eine Zulassung<br />

für NDB-Anflüge; er war aber nicht<br />

für RNAV/GNSS-Anflüge zugelassen.<br />

Es gab keine Unterlagen darüber, ob<br />

er die von der Fluggesellschaft vorgeschriebene<br />

Ausbildung zur Nutzung<br />

des globalen Positionsbestimmungssystems<br />

(GPS) als einziger Quelle für<br />

Navigationsdaten durchlaufen hatte.<br />

Dem Bericht ist zu entnehmen,<br />

dass „die Luftfahrzeugbesatzung mit<br />

dem ... RNAV/GNSS-Anflug begann,<br />

obgleich sie wusste, dass der Kopilot<br />

nicht die entsprechende Zulassung<br />

und nur wenig Erfahrung mit dieser<br />

Art Instrumentenanflug hatte“.<br />

Komplexes Verfahren<br />

Das Anflugverfahren war recht<br />

komplex und die Arbeitsbelastung der<br />

Besatzung während des Anflugs wahrscheinlich<br />

sehr hoch. Das Luftfahrzeug<br />

war nicht mit einem Flugregler ausgestattet.<br />

„Probleme im Bereich Crew Resource<br />

Management waren in Situationen<br />

mit hoher Arbeitsbelastung der Besatzung<br />

mehr als wahrscheinlich, wenn<br />

man bedenkt, dass der Unterschied<br />

hinsichtlich der Befugnisverteilung im<br />

Cockpit sehr groß war und keiner der<br />

beiden Piloten zuvor besondere Fähigkeiten<br />

im Crew Resource Management<br />

bewiesen hatte“, so der Bericht. „Der<br />

krasse Unterschied zwischen einem


dominanten steuerführenden Piloten<br />

und einem fügsamen Kopiloten kann<br />

dazu führen, dass der steuerführende<br />

Pilot nicht auf Einwände oder Bedenken<br />

des Kopiloten hört bzw. der Kopilot<br />

nicht immer bereit ist, wichtige Informationen<br />

an den steuerführenden<br />

Piloten weiterzugeben.“<br />

In dem Bericht hieß es auch, dass<br />

es für den Kopiloten aufgrund seiner<br />

mangelnden Ausbildung und Erfahrung<br />

in der Durchführung von RNAV/<br />

GNSS-Anflügen schwierig gewesen<br />

wäre, Abweichungen während des<br />

Anflugs zu bemerken.<br />

Um 11:39 Uhr meldete der Kopilot<br />

auf der CTAF-Frequenz (Common<br />

Traffic Advisory Frequency) des Flughafens,<br />

der allgemeinen Verkehrberatungsfrequenz,<br />

dass sich die Metro<br />

über „Whiskey Golf“ befinde – d. h.<br />

dem Wegpunkt LHRWG, einem Anfangsanflugpunkt<br />

– und im Anflug auf<br />

„Whiskey India“ sei – d. h. auf den<br />

Wegpunkt LHRWI, den Zwischenanflugfestpunkt<br />

12,5 Seemeilen vor der<br />

Pistenschwelle.<br />

Instabiler Anflug<br />

Die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers<br />

deuteten darauf hin,<br />

dass das Luftfahrzeug genau dem<br />

Endanflugkurs folgte. Laut Bericht<br />

waren jedoch die Flug- und Sinkgeschwindigkeiten<br />

höher als im Transair-<br />

Betriebshandbuch vorgeschrieben und<br />

höher als für einen stabilen Anflug<br />

angemessen. Das Betriebshandbuch<br />

der Fluggesellschaft enthielt keine genauen<br />

Anweisungen, wie stabile Anflüge<br />

durchzuführen sind.<br />

Der Bericht führte die Elemente<br />

eines stabilen Anflugs gemäß Empfehlung<br />

der Flight Safety Foundation<br />

auf; dazu zählt unter anderem eine<br />

Höchstgeschwindigkeit, die der Referenzgeschwindigkeit<br />

für die Landung<br />

(VREF) plus 20 Knoten entspricht, sowie<br />

eine maximale Sinkgeschwindigkeit<br />

von 1.000 Fuß pro Minute.<br />

Unter den gegebenen Umständen<br />

hätte die Metro beim Anflug eine<br />

Fluggeschwindigkeit von 130 Knoten<br />

haben müssen. Den Aufzeichnungen<br />

des Flugdatenschreibers zufolge betrug<br />

die Fluggeschwindigkeit beim<br />

Überfliegen des Anfangsanflugpunkts<br />

jedoch ungefähr 226 Knoten und<br />

beim Überfliegen des Zwischenanflugfestpunkts<br />

ungefähr 176 Knoten.<br />

Das Luftfahrzeug ging dann im<br />

Sinkflug von 3.500 Fuß auf 3.000 Fuß<br />

und blieb vorübergehend auf dieser<br />

Höhe. Dem Bericht ist zu entnehmen,<br />

dass „während dieses Horizontalflugs<br />

die Fluggeschwindigkeit auf die maximale<br />

Geschwindigkeit bei halb ausgefahrenen<br />

Landeklappen (180 Knoten)<br />

verringert wurde und die Landeklappen<br />

halb ausgefahren wurden“.<br />

„Während dieses ersten Sink- und<br />

Horizontalflugs sank das Luftfahrzeug<br />

nicht unter die für diesen Abschnitt<br />

vorgeschriebene Sicherheitsmindestflughöhe<br />

von 2.200 Fuß.“<br />

Kurz nachdem das Fahrwerk ungefähr<br />

1,4 Seemeilen vor dem Endanflugpunkt<br />

ausgefahren worden war,<br />

begann das Luftfahrzeug mit einer<br />

Geschwindigkeit von 1.000 Fuß pro<br />

Minute zu sinken. Die Fluggeschwindigkeit<br />

betrug circa 177 Knoten, als<br />

das Luftfahrzeug über den Endanflugpunkt<br />

hinweg flog. Die Leistung<br />

wurde dann reduziert, und die Sinkgeschwindigkeit<br />

nahm zu. Während<br />

der letzten 48 Sekunden des Flugs<br />

betrug die Fluggeschwindigkeit circa<br />

175 Knoten und die durchschnittliche<br />

Sinkgeschwindigkeit 1.700 Fuß pro<br />

Minute. Kurz nach dem Überfliegen<br />

des Endanflugpunkts sank das Luftfahrzeug<br />

unter die für den Anflugabschnitt<br />

angegebene Mindestflughöhe<br />

von 2.060 Fuß.<br />

„Die über den festgelegten Grenzwerten<br />

liegenden Flug- und Sinkgeschwindigkeiten<br />

verkürzten die der<br />

Besatzung verbleibende Zeit, um das<br />

Luftfahrzeug auf den Anflug einzustellen,<br />

die Anflugverfahren durchzuführen<br />

und die aktuelle Position im<br />

Anflug zu kontrollieren“, so der Bericht.<br />

In den letzten 25 Sekunden des<br />

Flugs geriet das Luftfahrzeug in Turbulenzen,<br />

wodurch die Arbeitsbelastung<br />

der Besatzung weiter stieg.<br />

Dem Bericht zufolge gab es jedoch<br />

kein Anzeichen dafür, dass das Luftfahrzeug<br />

in eine Windscherung geraten<br />

war.<br />

Zwei GPWS-Warnungen<br />

Die Besatzung erhielt wahrscheinlich<br />

zweimal die GPWS-Warnung<br />

„TERRAIN, TERRAIN“. Nach dem Unfall<br />

durchgeführte Simulationen des<br />

Flugwegs deuteten darauf hin, dass<br />

die erste Warnung ungefähr 25 Sekunden<br />

vor dem Aufprall des Luftfahrzeugs<br />

erfolgt sein müsste. Der zweiten<br />

Warnung wäre für die letzten fünf Sekunden<br />

des Flugs die Dauerwarnung<br />

„PULL UP“ gefolgt. Die Aufzeichnungen<br />

des Flugdatenschreibers deuteten<br />

darauf hin, dass die Besatzung<br />

auf keine der beiden Warnungen reagierte.<br />

Die Simulationen zeigten auch,<br />

dass die GPWS-Warnung „TERRAIN,<br />

TERRAIN“ während eines normalen<br />

Sinkflugs beim Endanflug mit Landeklappen<br />

in der Anflugkonfiguration<br />

auftreten kann, dies sogar dann,<br />

wenn das Luftfahrzeug sich in einem<br />

konstanten Sinkwinkel bzw. oberhalb<br />

der in diesem Abschnitt erforderlichen<br />

Sicherheitsmindesthöhe bewegte. Der<br />

Bericht vermerkte, dass bei normalem<br />

Flugbetrieb auftretende GPWS-Warnungen<br />

die Wahrscheinlichkeit erhöhten,<br />

dass Piloten diese Warnungen in<br />

anderen Situationen ignorierten.<br />

Die zweite GPWS-Warnung erfolgte<br />

zu spät, und es wäre der Besatzung<br />

nicht genug Zeit verblieben, um effektiv<br />

auf die GPWS-Warnung und die<br />

wahrscheinlich in den letzten fünf Sekunden<br />

vor dem Aufprall ergangenen<br />

Warnungen zu reagieren.<br />

Laut Bericht hätte sich der Unfall<br />

wahrscheinlich nicht ereignet, wenn<br />

das Luftfahrzeug mit einem Bodenwahrnehmungs-<br />

und -warnsystem<br />

ausgestattet gewesen wäre, das<br />

7


Flugsicherheit<br />

voraussagende Bodenabstandwarnungen<br />

liefert.<br />

Um 11:43 Uhr berührte das Luftfahrzeug<br />

in einer Höhe von 1.210 Fuß<br />

Bäume, ungefähr 90 Fuß unterhalb<br />

der Kammlinie des nordwestlichen<br />

Abhangs des South Pap, eines stark<br />

bewaldeten Bergrückens im Iron Range<br />

National Park - circa 11 km (6 Seemeilen)<br />

nordwestlich des Flugshafens.<br />

Dieses hochgelegene Gelände war auf<br />

der Anflugkarte nicht dargestellt.<br />

Der erste Aufprall ereignete sich<br />

circa 850 Fuß unterhalb der für den<br />

Anflugabschnitt angegebenen Mindestflughöhe.<br />

„Das Luftfahrzeug wurde durch die<br />

Aufprallkräfte und ein starkes, kraftstoffgespeistes<br />

Feuer nach dem Aufprall<br />

zerstört“, so der Bericht.<br />

Die Untersucher fanden in den Aufzeichnungen<br />

des Flugdatenschreibers<br />

keinen Hinweis darauf, dass es vor<br />

dem Aufprall Probleme mit der Flugsteuerung<br />

oder der Triebwerkanlage<br />

gegeben hatte.<br />

„Auf den Frequenzen der Flugsicherungsdienste<br />

und der CTAF-Frequenz<br />

von Lockhart River gab es keine Funksprüche<br />

der Besatzung, die darauf hinwiesen,<br />

dass es mit dem Luftfahrzeug<br />

oder der Besatzung ein Problem gab“,<br />

hieß es im Bericht.<br />

Aufgedeckte Schwachstellen<br />

Laut Bericht trugen unter anderem<br />

Mängel in den Sicherheitsrichtlinien<br />

und -verfahren von Transair sowie<br />

Defizite bei der behördlichen Aufsicht<br />

über die Fluggesellschaft zum Unfall<br />

bei.<br />

„Insbesondere das Ausbildungsprogramm<br />

(von Transair) für Luftfahrzeugbesatzungen<br />

wies deutliche<br />

Defizite auf, wie die oberflächliche<br />

bzw. unvollständige Einweisung am<br />

Boden während der Anerkennungsausbildung,<br />

die fehlende formale Ausbildung<br />

neuer Piloten im Einsatz von<br />

(GPS) Gerät, die fehlende strukturierte<br />

Ausbildung in der Minimierung des Risikos<br />

kontrollierter Flüge in den Boden<br />

8<br />

sowie die fehlende strukturierte Ausbildung<br />

im Crew Resource Management<br />

(bzw. Human Factors Management)<br />

und in der effektiven Arbeit in<br />

einer Multi-Crew-Umgebung“, so der<br />

Bericht weiter.<br />

In den ständigen Dienstanweisungen<br />

der Fluggesellschaft fehlten<br />

klare Anweisungen hinsichtlich Anfluggeschwindigkeiten,<br />

Luftfahrzeugkonfiguration,<br />

Elementen eines stabilen<br />

Anflugs und Standardformulierungen<br />

zum Hinterfragen von Entscheidungen<br />

und Handlungen anderer<br />

Besatzungsmitglieder.<br />

Das Australian Transport Safety Bureau<br />

(ATSB) sprach hinsichtlich Transair<br />

keine Empfehlungen aus, da die Fluggesellschaft<br />

ihr Luftverkehrsbetreiberzeugnis<br />

zurückgab und im Dezember<br />

2006 den Betrieb einstellte. Das ATSB<br />

empfahl jedoch, die staatliche Kontrolle<br />

der öffentlichen Linienverkehrsgesellschaften<br />

zu verbessern.<br />

In dem Bericht hieß es, dass die Australian<br />

Civil Aviation Safety Authority<br />

(CASA) „ihren Prüfern keine angemessenen<br />

Leitlinien an die Hand gab, um<br />

sie in die Lage zu versetzen, mehrere<br />

wichtige Aspekte des Managementsystems<br />

(von Transair) kohärent und effektiv<br />

bewerten zu können. Zu diesen<br />

Aspekten zählten unter anderem die<br />

Bewertung der Organisationsstruktur<br />

und der personellen Ausstattung, die<br />

Bewertung der Eignung von wichtigem<br />

Personal, die Bewertung organisatorischer<br />

Veränderungen und die<br />

Bewertung der Risikomanagementprozesse.“<br />

Im November 2006 informierte die<br />

CASA das ATSB über die Einstellung<br />

von Personal mit Erfahrung im Bereich<br />

Management und Sicherheitsmanagement<br />

mit dem Ziel, die Fluggesellschaften<br />

besser kontrollieren<br />

zu können. Im März 2007 teilte die<br />

CASA mit, dass sie für alle Aspekte der<br />

Kontrolle umfangreiche Leitlinien bereitgestellt<br />

habe und weiterhin bereitstellen<br />

werde. Das ATSB antwortete,<br />

dass es nach wie vor der Auffassung<br />

sei, die Leitlinien für Prüfer seien ungenügend<br />

gewesen und wären es immer<br />

noch, und empfahl, „weitere Anstrengungen<br />

zur Behebung dieses Sicherheitsproblems“<br />

zu unternehmen.<br />

Der Bericht stellte fest, dass die<br />

CASA Maßnahmen zur Umsetzung<br />

anderer Empfehlungen eingeleitet<br />

habe, darunter die Einführung von<br />

Bestimmungen, die öffentliche Linienverkehrsgesellschaften<br />

verpflichten,<br />

Ausbildungen im Crew Resource<br />

Management durchzuführen und ein<br />

Sicherheitsmanagementsystem einzurichten.<br />

Der vorliegende Artikel basiert auf<br />

dem Untersuchungsbericht des Australian<br />

Transport Safety Bureau mit<br />

dem Titel Transport Safety Investigation<br />

Report 2005<strong>01</strong>977, Collision<br />

With Terrain, 11 km NW Lockhart<br />

River Aerodrome, 7 May, 2005, VH-<br />

TFU, SA227-DC (Metro 23) (Untersuchungsbericht<br />

zur Verkehrssicherheit<br />

2005<strong>01</strong>977, Kollision mit dem Boden<br />

11 km nordwestlich des Flugplatzes<br />

von Lockhart River, 7. Mai 2005, VH-<br />

TFU, SA227-DC (Metro 23)).<br />

Hinweise:<br />

1. Transair war der Handelsname<br />

der Lessbrook Proprietary Limited, die<br />

das verunfallte Luftfahrzeug unter ihrem<br />

Luftverkehrsbetreiberzeugnis betrieb.<br />

2. Flight Safety Foundation (<strong>FS</strong>F). Killers<br />

in Aviation: <strong>FS</strong>F Task Force Presents<br />

Facts About Approach-and-Landing<br />

and Controlled-Fligh-Into-Terrain Accidents<br />

(Todesursachen in der Luftfahrt:<br />

<strong>FS</strong>F-Arbeitsgruppe präsentiert Fakten<br />

zu Unfällen bei Anflug und Landung<br />

und zu kontrollierten Flügen in den<br />

Boden. Flight Safety Digest, Band 17<br />

(November/Dezember 1998) und Band<br />

18 (Januar/Februar 1999).<br />

Der vorliegende Artikel wurde mit<br />

freundlicher Genehmigung von Air<br />

Safety World nachgedruckt.


Ihr <strong>FS</strong>O rät:<br />

Wenn Sie sich auf einer<br />

nächtlichen Platzkontrollfahrt<br />

mit Ihrem <strong>FS</strong>O-<br />

Fahrzeug befinden und<br />

zufällig auf die Schneefräse<br />

Ihres Winterdienstes<br />

treffen, die bei<br />

minus 11 Grad seit 14<br />

Stunden ununterbrochen<br />

im Dauereinsatz<br />

ist, dann sagen Sie niemals<br />

- aber auch wirklich<br />

niemals - im Scherz zu<br />

Ihrer Schneeräumcrew:<br />

„Ach Jungs, bei Euch<br />

ist‘s mir zu kalt. Ich<br />

glaub‘, ich mach‘ gleich<br />

Feierabend und fahr‘ in<br />

die Sauna!“<br />

Sie können sicher sein -<br />

spätestens 4 Stunden<br />

danach haben Sie Ihr<br />

<strong>FS</strong>O-Fahrzeug wieder<br />

freigeschaufelt!!!<br />

9


Flugsicherheit<br />

Sind Unfalluntersucher immun?<br />

POST CRASH<br />

MANAGEMENT<br />

Was uns die Vergangenheit<br />

(vielleicht auch für die Zukunft) lehrt!<br />

Manch einer von Ihnen<br />

mag meinen Vorträgen<br />

anlässlich der Flugsicherheitsfachtagung<br />

im italienischen<br />

Decimommanu<br />

vergangenen September<br />

oder auch einem weiteren<br />

Vortrag in Köln<br />

kurz vor Weihnachten<br />

gelauscht haben. Wahrscheinlich<br />

sind Sie dann<br />

meiner ewigen Litanei<br />

über immer neue Gefahren<br />

am Absturzort<br />

und dem sich daraus ergebenden<br />

Bedarf an verbesserter<br />

Schutzausrüstung<br />

und Ausbildung<br />

inzwischen überdrüssig.<br />

Doch lassen Sie sich nicht<br />

abschrecken: Es gibt vielleicht<br />

noch Hoffnung ...<br />

von John Andrews,<br />

retired Wing Commander,<br />

Aircraft Recovery and Transportation<br />

Centre in St Athan, England<br />

Übersetzung vom BSprA SMD 11<br />

LESSONS FROM THE PAST AND PER-<br />

HAPS A POINTER TO THE FUTURE<br />

Some of you may have heard my<br />

lectures at the Flight Safety Conference<br />

in Decimommanu in September last<br />

year, followed by another in Cologne<br />

just before Christmas. If so, you will<br />

probably be tired of me repeating the<br />

long list of ever increasing crash site<br />

hazards and the consequential need<br />

for a variety of protective clothing<br />

and training, but please be patient –<br />

there might be a light at the end of<br />

the tunnel!<br />

Our “wake up call” in the UK was<br />

the crash of a Harrier GR5 in Denmark<br />

in 1990 and the injuries suffered by<br />

our personnel on site due to the respirable<br />

carbon fibres released from the<br />

shattered and burned aircraft. That in-<br />

10


Der Absturz einer HARRIER GR5 in<br />

Dänemark und die Verletzungen, die<br />

unser Personal vor Ort durch Einatmen<br />

der Kohlenstofffasern des ausgebrannten<br />

Flugzeugwracks erlitt,<br />

öffnete uns in Großbritannien 1990<br />

jäh die Augen. Jener Zwischenfall ließ<br />

uns die Dringlichkeit erkennen, unser<br />

Rettungs- und Bergungspersonal vor<br />

den unzähligen unterschiedlichen Gesundheitsgefahren,<br />

die bei Absturz<br />

und Ausbrennen eines modernen Luftfahrzeugs<br />

entstehen, zu schützen und<br />

entsprechend auszubilden, und wir<br />

begannen sofort mit der Verbesserung<br />

der Ausbildung und Schutzausrüstung.<br />

Dass unsere Entscheidung richtig war,<br />

zeigte sich u. a. einige Monate später,<br />

als eine weitere HARRIER GR5 in einem<br />

Waldgebiet nahe Gütersloh abstürzte.<br />

Die örtliche Feuerwehr war bereits vor<br />

Ort und hatte den Brand gelöscht, als<br />

das Team der britischen Luftwaffe mit<br />

der verbesserten Schutzausrüstung<br />

anrückte. Als wir die Deutschen über<br />

die Gefahren aufklärten, waren diese<br />

wenig begeistert. Sie beschwerten sich<br />

völlig zu Recht, warum sie niemand<br />

gewarnt habe. Es ist vielleicht interessant<br />

anzumerken, dass es sich bei den<br />

problematischen kohlenstofffaserverstärkten<br />

Verbundwerkstoffen der<br />

HARRIER GR5 in Dänemark um eine<br />

Menge von 0,6 Tonnen handelte. Der<br />

neu eingeführte AIRBUS A380 enthält<br />

hingegen 60 Tonnen und das sich<br />

derzeit in der Erprobung befindliche<br />

Passagierflugzeug Boeing 787 über<br />

70 Tonnen dieser Verbundwerkstoffe.<br />

Eine Tatsache, die sich zweifelsohne<br />

eines Tages als gewaltiges Problem<br />

entpuppen wird.<br />

gebildet noch ausgerüstet war. Wir<br />

erkannten zudem, dass das britische<br />

Gesetz über Gesundheit und Sicherheit<br />

am Arbeitsplatz nicht nur für den<br />

zivilen, sondern auch für den militärischen<br />

Bereich galt. Diese Vorschrift<br />

legte sehr deutlich dar, dass Führungskräfte<br />

gesetzeswidrig handelten,<br />

wenn sie Personal ohne entsprechende<br />

Ausbildung und Schutzkleidung in Gefahrenbereiche<br />

schickten. Angesichts<br />

dieses schwerwiegenden Problems<br />

wandte sich der Leiter (Ein-Sterne-<br />

Ebene) meiner Dienststelle an die Arbeitssicherheits-<br />

und Rechtsexperten<br />

des Verteidigungsministeriums. Diese<br />

bestätigten seine Annahme, dass er<br />

für die Einhaltung des betreffenden<br />

Arbeitsschutzgesetzes zuständig sei.<br />

Darüber hinaus sei er nicht nur für<br />

den angemessenen Schutz des ihm<br />

unterstellten militärischen Personals,<br />

sondern bei Absturz eines Luftfahrzeugs<br />

der britischen Luftwaffe auch<br />

für die Sicherheit von am Absturzort<br />

befindlichen Zivilisten verantwortlich.<br />

Mein Vorgesetzter nahm diese Nachricht<br />

äußerst ernst und wies mich an,<br />

umgehend die zur Verbesserung der<br />

gefahrenbezogenen Ausbildung erforderlichen<br />

Maßnahmen zu ergreifen<br />

und die notwendige Schutzkleidung<br />

zu beschaffen.<br />

Die Ausbildungs- und Ausrüstungskosten<br />

für 25 fliegende Verbände<br />

waren schnell berechnet, jedoch ließ<br />

die zuständige Finanzabteilung verlauten,<br />

dass für diese Forderung die<br />

finanziellen Mittel fehlten. Ich wies<br />

auf unsere Verpflichtungen und die<br />

schwerwiegenden Rechtsfolgen hin,<br />

die uns bei Missachtung der Vorgaben<br />

erwarteten. Die Finanzabteilung<br />

zeigte Verständnis für meine Bedenken,<br />

ließ mich aber wissen, dass die<br />

Mittel einfach nicht ausreichten – weder<br />

für die wesentliche Verlängerung<br />

der Ausbildungszeit noch für den hohen<br />

Bedarf an Schutzausrüstung und<br />

Unterstützungsgerät. Also setzten wir<br />

uns erneut zusammen und versuchten,<br />

In den 1990ern mussten wir jedoch<br />

feststellen, dass Kohlenstofffasern<br />

nicht die einzige potenzielle Vergiftungsgefahr<br />

bei Absturz und Brand<br />

moderner Luftfahrzeuge darstellten<br />

und dass das gesamte Rettungs- und<br />

Bergungspersonals unserer (ca. 25)<br />

fliegenden Verbände angesichts dieser<br />

Gefahren weder hinreichend auscident<br />

impressed on us the need to train<br />

and protect our crash response personnel<br />

from the many and varied health<br />

hazards which result from the crashing<br />

and burning of modern aircraft, and<br />

we immediately started to improve our<br />

training and protective clothing. This<br />

lesson was also emphasised a few<br />

months later when another Harrier GR5<br />

crashed into woodland near Gutesloh.<br />

The local German Fire service was first<br />

on the scene and had extinguished the<br />

fire when the RAF team arrived in their<br />

enhanced protective clothing. When we<br />

explained about the hazards the Germans<br />

were not impressed – “why did<br />

nobody warn us” they quite reasonably<br />

complained. Incidentally it is worth noting<br />

that the amount of carbon fibre<br />

composites in the Harrier GR5 which<br />

were the cause of our problems in<br />

Denmark amounted to about 0.6 ton.<br />

The Airbus A380 entering passenger<br />

service now contains about 60 tons of<br />

carbon fibre composites and the Boeing<br />

787 passenger aircraft undergoing flight<br />

trials contains over 70 tons of carbon<br />

fibre composites. There is no doubt<br />

that one day, somewhere, somebody<br />

is going to confront a huge problem.<br />

However, back to 1990 we realised<br />

that carbon fibre was not the only<br />

toxic hazard we could expect to find<br />

after a modern aircraft crashed and<br />

burned, and that the crash response<br />

personnel on all our flying stations<br />

(about 25 units) were neither properly<br />

trained nor equipped to deal with<br />

these hazards. We also realised that<br />

in the UK, the Health And Safety At<br />

Work legislation which applied to all<br />

civil places of work also applied to us<br />

in the MOD. This legislation made it<br />

quite clear that is was unlawful for any<br />

manager to put his or her employees<br />

into a hazardous area without effective<br />

training and protective clothing.<br />

Faced with this serious problem, my<br />

“One Star” level Director sought advice<br />

from MOD Health And Safety and<br />

legal specialists who confirmed that he<br />

was indeed responsible for complying<br />

11


Flugsicherheit<br />

einen Kompromiss zu erarbeiten.<br />

Letztendlich machte die Finanzabteilung<br />

ein Zugeständnis: Wenn wir die<br />

Bedarfsmeldung für die Rettungs- und<br />

Bergungsfähigkeit aller 25 Verbände<br />

auf die sekundäre Unterstützungsfähigkeit<br />

bei der äußeren Absperrung<br />

beschränkten und die Zuständigkeit<br />

für die Gesamtheit aller Flugzeugabstürze<br />

auf eine Einheit konzentrierten,<br />

würden die nötigen Mittel für Ausbildung<br />

und Ausrüstung dieser einen<br />

Spezialeinheit bereitgestellt werden<br />

können. Widerwillig stimmte ich dem<br />

Plan zu, obwohl ich massive Bedenken<br />

hatte, die Bergungsarbeiten bei Flugzeugabstürzen<br />

landes- oder gar weltweit<br />

einer einzigen Einheit zu überlassen.<br />

Das System funktionierte in der Tat<br />

äußerst gut und auch die geringfügig<br />

längere Reaktionszeit bis zur Ankunft<br />

am Absturzort erwies sich als unproblematisch.<br />

Der Nutzen, der sich aus<br />

der Bündelung der gesamten Erfahrung<br />

im Post Crash Management in einer<br />

Spezialeinheit ergab, war einfach<br />

unglaublich. In dieser Zeit leisteten<br />

wir jährlich bei circa acht militärischen<br />

Flugunfällen Unfallhilfe und unterstützten<br />

in rund zehn Fällen zivile Flugunfalluntersucher.<br />

Der Großteil des<br />

Bergungspersonals wurde innerhalb<br />

relativ kurzer Zeit zu „alten Hasen“.<br />

Sie hatten Ungewissheit und Ängste<br />

überwunden, unvorhergesehene<br />

Schwierigkeiten bewältigt und machten<br />

ihre Sache gut. Ihr Selbstvertrauen<br />

wuchs enorm und es wurde deutlich,<br />

dass in Notfallsituationen nichts<br />

über Erfahrung geht. Unsere neue<br />

Bergungseinheit pflegte zudem enge<br />

Verbindungen zu zivilen Flugunfalluntersuchern<br />

sowie zivilen Notdiensten<br />

wie Feuerwehr, Polizei, Unfallrettungsdienst,<br />

Unfall- und Notfallhilfe der<br />

Krankenhäuser und zivilen Flughäfen,<br />

wodurch das Vertrauen in die eigenen<br />

Fähigkeiten weiter stieg. Auch die Finanzabteilung<br />

hielt ihr Versprechen,<br />

die einzige Bergungseinheit zu unter-<br />

12<br />

with Health And Safety legislation and<br />

they added that, not only did he have<br />

take all reasonable care to protect all<br />

the service personnel involved but, at<br />

the crash of an RAF aircraft, he also<br />

had a responsibility towards the safety<br />

of any civilian who was at the crash<br />

site. My Director was very concerned<br />

at this news and instructed me to take<br />

the necessary action to improve the<br />

hazards training and to obtain the required<br />

protective clothing as a matter<br />

of great urgency.<br />

It did not take long to calculate the<br />

training and equipment costs for 25<br />

flying stations but then the appropriate<br />

finance branch announced that<br />

they could not fund this requirement. I<br />

responded by reminding them that we<br />

had no choice, if we did not comply<br />

with the law then the consequences<br />

could be very serious. The finance<br />

branch replied that they understood<br />

my concern but there was simply insufficient<br />

funding available, either for<br />

the significant increase in training time<br />

or for the large quantity of protective<br />

and support equipment. So we called<br />

for more coffee and tried to find a<br />

compromise. Eventually the finance<br />

branch suggested that if we removed<br />

the requirement for every flying station<br />

to respond to aircraft crashes, other<br />

than in the minor role of assisting with<br />

the outer cordon, and made a single<br />

unit responsible for responding to all<br />

crashes – then they would find the<br />

funds necessary to train and equip<br />

that one specialist unit. I reluctantly<br />

agreed to this plan although I had severe<br />

misgivings about one single unit<br />

being able to provide crash recovery<br />

services for the whole country – or indeed<br />

throughout the world.<br />

In fact the system worked extremely<br />

well, the slight increase in response<br />

time did not cause problems<br />

at the crash site and the accumulating<br />

benefit of concentrating all our Post<br />

Crash Management experience into<br />

one unit.was truly amazing. In those<br />

days we responded to about 8 military<br />

crashes each year and assisted the civil<br />

Air Accident Investigators at about<br />

10 crashes. Within a relatively short<br />

space of time most of the crash recovery<br />

personnel became veterans! They<br />

had faced the uncertainties, overcome<br />

their apprehensions, dealt with the<br />

unforeseen problems and completed<br />

their tasks well. Their level of self confidence<br />

rose dramatically and it clearly<br />

showed that in emergency situations<br />

there is no real substitute for experience.<br />

Our new experienced crash<br />

recovery unit also developed close<br />

links with the Civil Air Accident Investigators<br />

and with the civil emergency<br />

services – fire, police, ambulance,<br />

hospital accident and emergency and<br />

civil airports – all leading to increased<br />

confidence. The finance branch also<br />

honoured their undertaking to fund<br />

the single crash response unit and,<br />

as well as good protective equipment<br />

we were able to purchase additional<br />

specialist support equipment such as<br />

fast four wheel drive road vehicles,<br />

agile 6x6 all-terrain vehicles, rapid deployment<br />

mobile accommodation and<br />

lightweight temporary trackway. None<br />

of this would have possible if we had<br />

continued with our “old” procedure of<br />

trying to respond to a crash with inexperienced<br />

personnel from the nearest<br />

flying unit.<br />

Finally it must be emphasised that<br />

the health hazards from shattered and<br />

burned modern materials will not go<br />

away but will probably increase as our<br />

materials become even more “exotic”<br />

and safety legislation becomes more<br />

aggressive. Post Crash Management<br />

will need to work ever closer with<br />

Health and Safety and Environmental<br />

Health specialists and become the<br />

“focal point” for all information relating<br />

to post fire crash hazards. Hazard<br />

awareness and understanding are essential<br />

elements of this business but<br />

experience is the real key to success.


stützen. Neben hochwertiger Schutzausrüstung<br />

bekamen wir zusätzliches<br />

Unterstützungsgerät, z. B. schnelle<br />

Straßenfahrzeuge mit Vierradantrieb,<br />

wendige Geländefahrzeuge mit<br />

Sechsradantrieb, schnell zu verlegende<br />

bewegliche Unterbringungen und<br />

leichte Behelfsfahrbahnen. Nichts von<br />

alledem wäre möglich gewesen, wenn<br />

wir an unserem „herkömmlichen“<br />

Verfahren festgehalten und weiterhin<br />

versucht hätten, Flugunfallhilfe durch<br />

das unzureichend geschulte Personal<br />

des nächstgelegenen fliegenden Verbands<br />

zu leisten.<br />

Zu guter Letzt möchte ich darauf<br />

hinweisen, dass die durch den absturzbedingten<br />

Brand moderner Luftfahrzeugmaterialien<br />

entstehenden<br />

Gesundheitsgefahren sich nicht in Luft<br />

auflösen werden. Wahrscheinlicher<br />

ist, dass die Gefahren mit fortschreitender<br />

Weiterentwicklung der Materialien<br />

und strikteren Sicherheitsbestimmungen<br />

zunehmen werden. Die<br />

Experten für Post Crash Management<br />

werden noch enger mit den Experten<br />

für Arbeits- und Umweltschutz zusammenarbeiten<br />

müssen. Bei ihnen müssen<br />

alle Informationen über die mit<br />

einem Luftfahrzeug-Aufschlagbrand<br />

verbundenen Gefahren zusammenlaufen.<br />

Bewusstsein und Verständnis<br />

für diese Gefahren sind dabei wichtige<br />

Aspekte; der wahre Schlüssel zum Erfolg<br />

bleibt jedoch Erfahrung.<br />

John Andrews,<br />

evergreen@greenbee.net, Januar 2<strong>01</strong>0<br />

John Andrews, evergreen@greenbee.net,<br />

January 2<strong>01</strong>0<br />

About the author:-<br />

John Andrews served as an Engineering<br />

Officer in the Royal Air Force<br />

until he retired with the rank of Wing<br />

Commander in 1998. For the last eight<br />

years of his service he was the Staff Officer<br />

responsible for the RAF’s Aircraft<br />

Recovery and Transportation centre<br />

which is based at RAF St Athan.<br />

Aufteilung einer Unfallstelle in Gefahrenbereiche<br />

13


Flugsicherheit<br />

(einschließlich Faserverbundwerkstoffe)<br />

Als Hauptproblem erwies sich das<br />

zerbrochene und verbrannte Verbundmaterial.<br />

Die zerbrochenen Fragmente<br />

hatten extrem scharfe Kanten und<br />

mussten mit großer Vorsicht behandelt<br />

werden. Aber schwieriger und gefährlicher<br />

waren die sehr kleinen, leichten<br />

und scharfen Fäden der Karbonfiber,<br />

die durch das brennende Harz freigesetzt<br />

wurden und nun im Staub an der<br />

Unfallstelle verteilt waren.<br />

aus dem Vortrag von John Andrews<br />

frei übersetzt und bearbeitet von<br />

OSFw d. R. Karl Heinz Weiß<br />

Unsere erste harte<br />

Lektion wurde uns 1990<br />

erteilt, als wir den ersten<br />

Crash mit dem<br />

neuen HARRIER hatten.<br />

Wegen eines Triebwerkausfalls<br />

stürzte das Flugzeug<br />

in den Schlamm<br />

einer dänischen<br />

Schweinefarm. Der<br />

Pilot rettete sich mit<br />

dem Schleudersitz, am<br />

Boden gab es keine<br />

Geschädigten. Die Unfalluntersuchung<br />

an<br />

der Unfallstelle und die<br />

Bergung des Wracks<br />

erfolgte durch eine Crew<br />

der RAF, stationiert in<br />

Brüggen.<br />

14<br />

Sie waren sich der potenziellen gesundheitlichen<br />

Gefahren bewusst, die<br />

von den Kohlefasern ausgingen und<br />

sie kamen – wenn sie daran gedacht<br />

hatten – mit Schutzkleidung inklusive<br />

Gesichtsmasken und Brillen. Sie besprühten<br />

die Unfallstelle, um den Staub<br />

als Ergebnis des Aufschlagbrandes am<br />

Boden zu halten. Unglücklicherweise<br />

war diese Aktion nur stellenweise erfolgreich<br />

und die Masken und Brillen<br />

waren nicht uneingeschränkt geeignet.<br />

In der Konsequenz musste nach<br />

48 Stunden wegen rasch zunehmender<br />

Beschwerden – entzündete Kehlen,<br />

Augen und Lungen, kombiniert<br />

mit einer sich rasch entwickelnden<br />

Hautreizung – die Unfallstelle zeitweise<br />

evakuiert werden, bis weitere<br />

effektive Schutzmaßnahmen ergriffen<br />

werden konnten.<br />

Mikroaufnahme Faserverbundstoffe<br />

Diese „Nadeln“ hatten einen Durchmesser<br />

von 2 bis 4 Mikrometer, die bei<br />

Hautkontakt Nadelstiche verursachten<br />

und es kam – weil die Nadeln oft extrem<br />

verdreckt waren – sehr schnell zu<br />

Entzündungen. Es war sehr wichtig,<br />

dem Einatmen und der Verletzungsgefahr<br />

dieser Fasern vorzubeugen.<br />

Scharfkantige Fragmente einer Harrier


Sobald die Probleme identifiziert<br />

waren, war es dem RAF-Team möglich,<br />

geeignete Vorkehrungen zu treffen,<br />

wie effektivere Schutzkleidung, Einteilung<br />

der Unfallstelle in schmutzige und<br />

saubere Gebiete oder der Einführung<br />

von kontrollierten Verfahren zur Reinigung<br />

und Dekontamination. Glücklicherweise<br />

bewirkten diese Maßnahmen<br />

das Verschwinden der gesundheitlichen<br />

Probleme. Das Team lernte,<br />

dass die gesundheitlichen Gefahren,<br />

die von verbrannten Kohlenfaserverbundwerkstoffen<br />

– oder MMMF (Man<br />

Made Mineral Fibre), wie sie auch oft genannt<br />

werden – ausgehen, nicht unterschätzt<br />

werden dürfen. Während dieser<br />

Zeit untersuchte ein RAF Enviromental<br />

Health Team in mehreren Gutachten<br />

die Unfallstellen, die MMMF und die<br />

anderen militärischen Gefahren. Sie<br />

identifizierten geringe Mengen von<br />

organischen Verbindungen inklusive<br />

Naphtalene, Phenole und Alkohole,<br />

aber auch Metalle wie Titan, Beryllium,<br />

Vanadium, Chrom und Mangan –<br />

alles, was als reizend, betäubend und<br />

möglicherweise als Krebs erregend<br />

angesehen werden kann. Zugegebenermaßen<br />

waren die Mengen gering.<br />

Aber wie gering muss eine Gefahr<br />

sein, um sie zu ignorieren?<br />

Soviel zu Lektion eins. Lektion zwei<br />

ereignete sich sieben Monate später,<br />

als ein anderer HARRIER in einem<br />

Waldgebiet in Deutschland verunfallte.<br />

Wie üblich traf die lokale Feuerwehr<br />

an der Unfallstelle ein und löschte das<br />

Feuer, bevor das RAF-Team eintraf.<br />

Als die deutschen Feuerwehrmänner<br />

das RAF-Personal in ihrer Schutzkleidung<br />

sahen, waren sie natürlich sehr<br />

erstaunt – „Warum sind sie so bekleidet?“,<br />

„Welche gefährlichen Mittel<br />

waren an Bord des Luftfahrzeuges?“,<br />

und schließlich die alles entscheidende<br />

Frage: „Warum hat uns niemand gewarnt?“<br />

Glücklicherweise erlitten sie<br />

keine gesundheitlichen Schäden.<br />

Es wurden schnelle und effektive<br />

Maßnahmen wegen der folgenden<br />

drei treibenden Faktoren ergriffen:<br />

Vorbildliche Ausrüstung der Unfalluntersucher<br />

Saubere Trennung von kontaminierten Bereichen<br />

- Die zunehmende Verwendung von<br />

Material in der Flugzeugfertigung,<br />

das zu Gefahren an der Unfallstelle<br />

führt – vor allem, wenn es brennt.<br />

- Zunehmende Gesundheits-, Sicherheits-<br />

und Umweltschutzgesetzgebung.<br />

Das betrifft nicht nur das Personal<br />

an der Unfallstelle, sondern<br />

auch die Zivilisten, die eingebunden<br />

sind.<br />

- Das zunehmende Risiko eines aggressiven<br />

Rechtsstreits.<br />

Was war zu tun?<br />

Man stellte sicher, dass jeder seine<br />

Verantwortung, Autorität und auch<br />

deren Verantwortlichkeit kannte.<br />

Es wurde eine Gefährdungsdatei erstellt,<br />

in der sowohl gefährliches Material<br />

wie auch Material aufgelistet war,<br />

das im Falle eines Brandes gefährlich<br />

wird bzw. gefährlich werden könnte.<br />

Das Team um Engineer Wing Commander<br />

John Andrews erkannte, dass<br />

sie nicht in all unseren fliegenden<br />

Einheiten das Personal ausbilden und<br />

ausrüsten konnten. So konzentrierte<br />

sich die Crash Recovery Operations<br />

auf eine zentrale Einheit, die mit der<br />

besten Schutzbekleidung und Ausrüstung<br />

ausgestattet wurde, die zu bekommen<br />

war.<br />

Bindung von Asche und Staub<br />

15


Flugsicherheit<br />

Es wurden Wege überarbeitet, wie<br />

andere Spezialistenteams wie Umweltschutz<br />

und Satelitenkommunikation<br />

(SATCOM) schnelle Hilfe und Unterstützung<br />

der AR&TF leisten könnten,<br />

wenn es erforderlich würde.<br />

Die Verfahren wurden überarbeitet,<br />

neue Befehle und Instruktionen<br />

veröffentlicht, nach jedem Unfall ein<br />

umfassender Post Crash Management<br />

Report erstellt und dieser anschließend<br />

eingehend geprüft.<br />

Es wurde eine Politik der regulären<br />

Verbindung mit den zivilen Notdiensten<br />

übernommen, nicht nur mit Feuerwehr,<br />

Polizei und Ambulanz, sondern<br />

auch mit anderen interessierten Stellen<br />

wie Katastrophen- und Umweltschutz<br />

und der nationalen Gewässerbehörde.<br />

Ebenfalls nahm man Verbindung mit<br />

anderen Luftwaffen, der Royal Navy<br />

(wegen der Maßnahmen bei Unfällen<br />

mit rotorgetriebenen Luftfahrzeugen),<br />

mit der CAA (Civil Aviation Authority)<br />

und mit der AAIB (Aircraft Accident Investigation<br />

Branch) auf.<br />

Um die Gefährlichkeit der luftgängigen<br />

Partikel zu reduzieren, wurde<br />

eine Technik zum Besprühen der Unfallstelle<br />

entwickelt.<br />

Man übernahmen die Policy (soweit<br />

praktikabel), alle Teile eines Flugzeugwracks<br />

und potenziell schädliches<br />

Material zur Zufriedenheit der zuständigen<br />

zivilen Behörden zu entsorgen.<br />

Schleusenbereich zwischen sauberen und kontaminierten Bereichen<br />

Gefahren<br />

Die Gefahren an der Unfallstelle<br />

werden in die vier Hauptgruppen unterteilt:<br />

physikalisch, chemisch, biologisch<br />

und psychologisch.<br />

- Physikalische Gefahren sind scharfe,<br />

zackige Wrackteile, Staub (wahrscheinlich<br />

die größte potenzielle<br />

Gefahr), Verbundfaserwerkstoffe,<br />

Ermüdung, Wetter, Hochdrucksysteme,<br />

Bodenbeschaffenheit und<br />

Überhitzung.<br />

- Chemische Gefahren sind Metalloxide<br />

nach einem Brand, brennende<br />

Fluorolastomers, brennende<br />

Polymere, Öle, Schmiermittel, Kraftstoffe,<br />

Sauerstoff (spontane Explosion),<br />

Hydraulikflüssigkeiten, Batterieflüssigkeit<br />

(Acide und Alkaline)<br />

und radioaktives Material.<br />

- Biologische Gefahren (übertragen<br />

durch Blut und Körperflüssigkeiten)<br />

sind der HIV-Virus (AIDS), Hepatitis,<br />

Tetanus, Typhus, Meningitis, Tuberkulose,<br />

möglicherweise SARS (Severe<br />

Acute Respiratory Syndrome/<br />

Schweres Akutes Atemwegssyndrom),<br />

Vogel- und Schweinegrippe.<br />

- Psychologische Gefahren sind Angst,<br />

Verwirrung, Konflikt und/oder<br />

Zwiespalt, traumatischer Stress, Ermüdung,<br />

Depression, Erschöpfung,<br />

Traumatisierung (sofort oder verzögert).<br />

Besondere Gefahren:<br />

Asbest wird in älteren Luftfahrzeugen<br />

zur Hitzeisolation verwendet. Es<br />

übersteht Feuer, wirkt reizend und ist<br />

bei Inhalation krebserregend.<br />

Batterien enthalten Elektrolyte,<br />

Säuren oder Laugen, die korrosiv und<br />

giftig sind.<br />

Fracht ist ein Geschäft mit extremen<br />

Risiken, weil vielfach die Fracht nicht<br />

richtig deklariert ist.<br />

Verbundwerkstoffe werden in drei<br />

Typen unterschieden:<br />

- Glasfasern bedeuten kein eigentliches<br />

Problem, weil sie bei normalen<br />

Feuertemperaturen schmelzen.<br />

- Aramidfasern überstehen Feuer<br />

und sind lungengängig, aber nicht<br />

scharf.<br />

- Kohlefasern überstehen Feuer,<br />

sie sind lungengängig, starr und<br />

scharf.<br />

Die Fasern selbst sind nicht giftig,<br />

aber sie können giftige Stoffe in den<br />

Körper tragen. Tests zeigen: Wenn<br />

Kohlefasern zersplittern und nicht<br />

dem Feuer ausgesetzt sind, werden<br />

nur wenige Partikel freigesetzt. Wenn<br />

Kohlenfasern brennen, ohne zersplittert<br />

zu sein, werden ebenfalls nur<br />

wenige lungengängige Partikel freigesetzt.<br />

Von dem Feuer ausgesetzten<br />

und zersplitterten Fasern werden eine<br />

große Menge lungengängiger Partikel<br />

freigesetzt.<br />

Kühlflüssigkeit wie auch deren<br />

Rauch sind giftig.<br />

Staub muss als größtes Risiko angesehen<br />

werden, sowohl bei der Einatmung<br />

als auch bei der Einnahme.<br />

Elektroisolation ist bei Feuer giftig –<br />

sowohl der Rauch als auch die Asche.<br />

Der Inhalt von Feuerlöschern hat<br />

eine reizende Wirkung und kann bei<br />

Feuer giftig sein.<br />

Kraftstoff ist brennbar, reizt die<br />

Haut und hat eine entfettende Wirkung.<br />

Schmiermittel sind normalerweise<br />

Krebs erregend und enthalten auch<br />

giftige Zusätze.<br />

16


Hochdrucksysteme können noch<br />

unter Druck stehen.<br />

Hydraulikflüssigkeit hat eine reizende<br />

Wirkung.<br />

Metalloxide entstehen im Feuer<br />

und befinden sich im Staub und in der<br />

Asche. Einige sind hoch giftig.<br />

Öle haben eine reizende Wirkung.<br />

Sie können Dermatitis und Hautkrebs<br />

hervorrufen.<br />

Bei Sauerstoff besteht die Gefahr<br />

einer heftigen Verbrennung beim<br />

Kontakt mit Öl oder Fett.<br />

Radioaktive Materialien bergen nur<br />

geringe oder keine Risiken im Normalzustand.<br />

Aber bei Feuer können sie<br />

in Staub oder Asche zerfallen, die im<br />

Falle einer Einnahme oder Einatmung<br />

hoch giftig sein können.<br />

Abgereichertes Uran hat eine sehr<br />

geringe radioaktive Strahlung und<br />

bereitet keine Probleme im Normalzustand.<br />

Es ist leicht brennbar. Die Asche<br />

ist lungengängig und giftig.<br />

Thorium wird in Triebwerken und<br />

Getrieben verwendet. Die Asche ist<br />

giftig.<br />

Tritium wird bei der Notbeleuchtung<br />

und Instrumenten verwendet.<br />

Die Asche ist giftig.<br />

Kühlflüssigkeit in hoher Konzentration<br />

wirkt narkotisierend.<br />

Gummis, Plastik und Dichtungen<br />

produzieren bei Feuer giftigen Rauch.<br />

Die Asche kann hoch giftig sein.<br />

Toilettenabfall ist als Bioabfall zu<br />

behandeln und kann Krankheitserreger<br />

enthalten.<br />

Reifen und Bremsen enthalten Kohlenstaub;<br />

Reifen sind möglicherweise<br />

mit Kohlefasern verstärkt.<br />

Scheibenreinigungsmittel im Cockpitbereich<br />

ist extrem giftig.<br />

Es gibt eine Reihe von Gefahren.<br />

Wenn man sie kennt, ist es nicht<br />

schwer, sich vor ihnen zu schützen.<br />

Staub kann alles Mögliche enthalten.<br />

Hüten Sie sich, ihn einzuatmen oder<br />

mit dem Essen (aus Unachtsamkeit)<br />

einzunehmen. Das ist nicht schwer.<br />

Kohlefaserverbundwerkstoffe sind ein<br />

wesentlicher Bestandteil heutiger Flugzeuge<br />

und ihre Verwendung nimmt<br />

dramatisch zu. Der HARRIER, welcher<br />

der RAF 1990 Probleme bereitete, enthielt<br />

0,6 to Kohlefaserverbundwerkstoffe.<br />

Aber heutzutage sind Flugzeuge<br />

mit dem hundertfachen Anteil an<br />

Kohlefaserverbundstoffen der HARRI-<br />

ER in Betrieb.<br />

Zunahme der Verwendung von Kohlefaserverbundwerkstoffe<br />

Quantität in der Flugzeugstruktur<br />

(ungefähr)<br />

Harrier 30% 0.6 to<br />

VLJ (Grob) 70% 1.0 to<br />

Typhoon 80% 8.0 to<br />

Airbus 380 22% 58.0 to<br />

Airbus 350 40% 65.0 to<br />

Boeing 787 58% 75.0 to<br />

Kohlefaserverbundwerkstoffe werden<br />

natürlich nicht nur in Flugzeugen<br />

verwendet. Sie sind ebenfalls in einer<br />

Vielzahl von Produkten inklusive Eisenbahn-<br />

und Straßenfahrzeuge enthalten.<br />

Die Antwort auf alle Gefahrenprobleme<br />

ist wirklich einfach:<br />

- Atme es nicht ein – trage eine Maske!<br />

- Nimm es nicht ein (Sie haben sich ja<br />

mit einer Maske geschützt!)!<br />

- Lassen Sie es nicht an Ihre Haut –<br />

tragen Sie Overalls, Handschuhe<br />

und einen Schutzhelm!<br />

- Wenn Sie es an Ihre Haut bekommen,<br />

fallen Sie nicht in Panik, waschen<br />

Sie es ab!<br />

- Gehen Sie niemals an eine Unfallstelle<br />

mit einer offenen Wunde!<br />

Schlussbemerkungen<br />

Genaue Informationen über die<br />

möglichen Gefahren an der Absturzstelle<br />

sind dringend erforderlich.<br />

Sollten/müssen wir die Flugzeughersteller<br />

fragen, uns über gefährliches<br />

Material zu beraten und auch darüber,<br />

welches Material gefährlich werden<br />

kann, wenn es brennt? Was ist mit der<br />

Fracht?<br />

Wir benötigen mehr medizinische<br />

Untersuchungen über gesundheitliche<br />

Gefahren bei lungengängigen Kohlefasern.<br />

Ich habe Bilder des Desasters am<br />

World Trade Centre in New York (in<br />

diesen Vortrag) eingeschoben. Die<br />

gesundheitlichen Probleme der Betroffenen<br />

bedürfen weiterer Beobachtung.<br />

Mehr als 2.000 New Yorker<br />

Feuerwehrmänner haben schwere<br />

Atemprobleme. Bei einer vom Mount<br />

Sinai Medical Centre durchgeführten<br />

Untersuchung wurde festgestellt, dass<br />

70 % der fast 10.000 mit der Bergung<br />

beauftragten Arbeiter Atemprobleme<br />

haben. Jedes der beiden Flugzeuge – es<br />

waren zwei Boeing 757 – enthielt 3 to<br />

Kohlefaserverbundwerkstoffe, wovon<br />

das meiste durch die hohe Energie<br />

beim Einschlag in das Gebäude und<br />

Feuer in lungengängige Fasern zerfiel.<br />

Wie viel das zu den Leiden der Opfer<br />

beigetragen hat, werden wir wahrscheinlich<br />

niemals erfahren.<br />

Hauptkritikpunkte vor 20 Jahren<br />

waren<br />

- mangelndes Gefahrenbewusstsein<br />

und<br />

- Mangel an effektivem Training.<br />

Sind wir heute besser?<br />

Wing Commander (ret) John Andrews<br />

gab uns einen Einblick, wie die<br />

RAF dieses Problem behandelt und<br />

wie sie zu diesem Vorgehen kam. Nun<br />

bleibt die Frage, wie es bei uns – also<br />

in der Bundeswehr – aussieht. Wir befinden<br />

uns in der Phase der Einführung<br />

neuer Waffensysteme. Der EUROFIGH-<br />

TER wurde bereits erwähnt. Aber der<br />

Kampfhubschrauber TIGER und der<br />

mittlere Transporthubschrauber NH90<br />

bestehen auch zum überwiegenden<br />

Teil aus den neuen Materialien.<br />

- Haben wir uns ausreichend vorbereitet?<br />

- Haben wir für jedes Waffensys-tem<br />

eine Gefährdungsdatei mit einer<br />

Auflistung der Materialien, deren<br />

17


Flugsicherheit<br />

Einbaustelle und deren Gefährlichkeit<br />

in Normalzustand wie auch<br />

nach einem Unfall? In den US Streitkräften<br />

gibt es hervorragendes Anschauungsmaterial,<br />

welches auch<br />

im Internet einzusehen ist.<br />

- Ist das Personal, das die Unfalluntersuchung<br />

an der Unfallstelle vornimmt,<br />

ausreichend informiert bzw.<br />

ausgebildet? Dies betrifft vorrangig<br />

das technische Personal wie Luftfahrzeugtechnische<br />

Offiziere, Nachprüfer<br />

und Qualitätssicherungspersonal.<br />

- Haben wir in den fliegenden Verbänden<br />

ausreichende Schutzbekleidung,<br />

sowohl in der Verwendung<br />

und Eignung als auch in den gängigen<br />

Größen und in einer ausreichenden<br />

Menge (es ist zu bedenken,<br />

dass an der Unfallstelle getragene<br />

Overalls und Fußlinge nach dem<br />

Verlassen der Unfallstelle an einer<br />

zur Kontaminierung eingerichteten<br />

Stelle fachgerecht entsorgt werden<br />

müssen und nicht noch einmal getragen<br />

werden können)?<br />

Carbon Fibre Composites<br />

Aluminium Lithium<br />

Titanium<br />

Glass Reinforced Plastic<br />

Aluminium Casting<br />

GFC (Glass Fibre Composite)<br />

CFC (Carbon Fibre Composite)<br />

CFC (Aramid Sandwich (Kevelar))<br />

Dazu ein kurzer Sachstand:<br />

1999 wurde die BesAnLwUKdo<br />

203/804 „Schutz- und Sicherheitsbestimmungen<br />

bei der Untersuchung<br />

und Bergung von Luftfahrzeugen –<br />

Gefahrenpotenziale von Luftfahrzeugen“<br />

oder kurz „Handbuch Gefahrenpotenziale<br />

von Lfz“ erlassen und entsprechend<br />

dem damals festgelegten<br />

Verteiler ausgegeben. Im Jahr 2000<br />

folgte die Herausgabe der englischsprachigen<br />

Ausgabe mit dem Titel<br />

„Technical Manual Safety Regulations<br />

and Procedures für Aircraft Accident<br />

Investigation and Crash Recovery –<br />

Aircraft Hazard Potentials (A/C Hazard<br />

Potential Manual)“, die vor allem für<br />

die ausländischen Verbände in der<br />

Bundesrepublik und den von der Bundeswehr<br />

genutzten Plätzen im Ausland<br />

vorgesehen ist. Im Vorwort dieser Anweisung<br />

steht, dass „sie der Information<br />

deutscher militärischer und ziviler<br />

Dienststellen im In- und Ausland über<br />

Gefährdungspotenziale, die von einem<br />

Flugzeugwrack und Teilen davon bei<br />

der Unfalluntersuchung und Bruchbergung<br />

ausgehen können, dienen soll“.<br />

Metal<br />

Laminated Fibreglass<br />

Plexiglass<br />

Neben einer Grundausstattung von<br />

sieben Exemplaren pro fliegendem<br />

Verband sollen darüber hinaus alle<br />

„zivilen Feuerwehren des Umkreises,<br />

bei denen Kooperation im Alarmfall<br />

besteht, je ein Exemplar erhalten, das<br />

dann beim Waffensystemkommando<br />

ZC 5 anzufordern ist“.<br />

In Kapitel 1 dieser Vorschrift werden<br />

„gefahrstoffbezogene Schutzund<br />

Sicherheitsbestimmungen“ und<br />

in Kapitel 2 die „Lfz-Bauteilbezogene<br />

Schutz- und Sicherheitsbestimmungen“<br />

angesprochen. Diese Vorschrift<br />

ist gut. Aber wie es so ist im<br />

Leben: Nichts ist so gut, als dass man<br />

es nicht noch verbessern kann. Hierbei<br />

könnte ein Blick auf die T.O. 00-105E-9<br />

der US Air Force hilfreich sein.<br />

Bisher fehlt dieses Thema in den<br />

Lehrplänen für die Ausbildung des<br />

Flugsicherheitspersonal bei der Fachlehrgruppe<br />

Flugsicherheit an der<br />

Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck,<br />

aber vom Fachlehrer<br />

Flugunfalluntersuchung wird in mehreren<br />

Unterrichtseinheiten über die<br />

Gefahren an einer Unfallstelle und wie<br />

man damit umgeht unterrichtet.<br />

Gemäß BesAnLwUKdo 203/8004<br />

„Handbuch Gefahrenpotenziale<br />

von Lfz“ Ziffer 302 ist „zum Schutz<br />

des eingesetzten Flugunfalluntersuchungs-<br />

und Bergungspersonals gegen<br />

aufwirbelnde, potenziell toxische<br />

oder karzinogen wirkende Partikel<br />

sowie Schwelbrandgase und -dämpfe<br />

eine leichte Schutzausstattung erforderlich,<br />

die die Bewegungsfreiheit der<br />

Untersuchenden so wenig wie möglich<br />

einschränkt.“ Dazu sind auf allen<br />

Flugplätzen der Bundeswehr zwanzig<br />

Satz der „Schutzausstattung Flugunfalluntersuchung<br />

GenFlSichhBw“<br />

vorzuhalten. Die Zusammenstellung<br />

dieses Satzes wie auch die quantitative<br />

Bevorratung in den Verbänden sollte<br />

aber – vor allen bei den Schutzanzügen<br />

– dem heutigen Erkenntnisstand<br />

angepasst werden.<br />

Also – es gibt viel zu tun – packen<br />

wir es an!<br />

18


von Ralph Reinwarth,<br />

Karlsruhe Center<br />

aus „Der Flugleiter“, Mitgliederzeitschrift<br />

der GdF, Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />

Das bezieht sich jetzt,<br />

auch wenn man das beim<br />

Titel meinen könnte,<br />

nicht auf das Kamasutra,<br />

das indische Buch der<br />

Liebeskunst, sondern auf<br />

Zahlen!<br />

Ich erinnere mich noch deutlich an<br />

eine Stuttgart Departure, deren Pilot<br />

mir meine Bitte um Frequenzwechsel<br />

zu Maastricht auf die 125,97 ablehnte<br />

mit der knappen Begründung: „Sorry,<br />

too many numbers!“. Dabei waren<br />

das exakt nur so viele wie bei den meisten<br />

anderen Frequenzen auch.<br />

Das Phänomen kennen wir, beobachten<br />

es aber in den allermeisten<br />

Fällen nur bei anderen. Zahlendreher.<br />

Die sind natürlich umso leichter zu<br />

produzieren, je mehr Zahlen Inhalt<br />

einer Message sind. Unkritisch sind<br />

diese Dreher dann, wenn sie mit Einheiten<br />

verknüpft sind, die eindeutig<br />

sind. Mehrdeutig ist übel, aber bei<br />

ATC eigentlich der Regelfall; 240 z. B.<br />

kann viel sein, eine Heading, ein Flight<br />

Level, eine Speed, eine Tripnumber.<br />

Man muss es spezifizieren. Eindeutige<br />

Einheiten mit falschen Zahlen werden<br />

manchmal nicht hinterfragt, wie das<br />

berühmte „Turn right Heading 410<br />

and continue climb to FL <strong>01</strong>5“, das<br />

geht so rum nicht, da kommt sogar<br />

das Readback mit dem „Level 410 und<br />

der Heading <strong>01</strong>5“. Das kann gefährlich<br />

werden – muss aber nicht, wenn<br />

man die Fallen kennt und sich einige<br />

Tricks aneignet, um nicht in diese zu<br />

tappen und – das ist bei jeder ernstgemeinten<br />

Kommunikation ein Muss<br />

– nicht tappen zu lassen!<br />

Eins der Kommunikationsgesetze in<br />

der Luftfahrt lautet:<br />

Saying a number after another<br />

number that is supposed to be remembered<br />

creates the classic condition for<br />

confusing the numbers.<br />

Also bitte nicht alles auf einmal.<br />

Insbesondere mit den Channels im<br />

8.33-Raster ergibt sich diesbezüglich<br />

Gefahrenpotenzial, z. B. die Gleichheit<br />

mit Leveln.<br />

„Beeline 130 maintain Heading 310<br />

and contact us on 132 decimal 330“<br />

wäre die probate R/T, um obiges Kommunikationsgesetz<br />

mal auf die Probe<br />

zu stellen.<br />

Deswegen gleichlautende Zahlen<br />

bitte möglichst in verschiedene Transmissions<br />

packen, so kann man der Verwechslungsgefahr<br />

vorbeugen. Es ist keine<br />

Unfähigkeit oder Dummheit, wenn<br />

es doch passiert, sondern eine mentale<br />

Unausweichlichkeit, ein Human Factor.<br />

Je mehr man über deren Existenz weiß,<br />

desto besser kann man versuchen, sie<br />

zu überlisten. Man hält niemanden<br />

für blöde, der es so macht, es ist eine<br />

professionelle Prophylaxe von Human<br />

Errors.<br />

Im Alltag geht das auch: Insbesondere<br />

die Telefonvorwahl von Karlsruhe<br />

(0721) ist einigermaßen Human<br />

Error-trächtig. Bei der Vorwahl 0721<br />

sagt das Gehirn gleich „kenne ich,<br />

nicht aufschreiben“, weil die Zahlen<br />

fürs Vodafone-Netz passen, <strong>01</strong>72, nur<br />

eben nicht in der Reihenfolge. Aber<br />

es gibt ein Bild, das man zu erkennen<br />

glaubt. Man hat eben nicht richtig hingesehen.<br />

Und gesehen ist noch nicht<br />

erkannt, oder, um es auf die Akustik<br />

umzuformulieren: Gehört ist noch<br />

nicht verstanden!<br />

Umgehen kann man das mit dem<br />

Hinweis „Karlsruhe 0721“, dann<br />

merkt man das; ein Handy ist mit einer<br />

Person verknüpft, nicht mit einem Ort.<br />

Karlsruhe 0721 muss also Festnetz<br />

sein, und da passt wiederum <strong>01</strong>72<br />

nicht.<br />

Nicht nur Zahlen können einen verwirren,<br />

manchmal schaffen das auch<br />

Buchstaben: Wurde doch seinerzeit<br />

Michael Schumachers Pilot von der<br />

VP-CMC nach seinen Flight Conditions<br />

gefragt und gab sofort die korrekte<br />

Antwort: „India Mike Charlie, Victor<br />

Mike Charlie“. Ja was denn nun, mag<br />

sich da der Lotse gefragt haben. Nur<br />

gehört hilft da nichts, da muss man<br />

schon verstehen!<br />

Nun noch zur Auflösung der Überschrift.<br />

Das fiel mir auf bei einer Tonbandumschrift:<br />

Es handelt sich um den<br />

korrekten Readback eines Piloten der Sabena-S.<br />

Tail-Beeline oder welches Callsign<br />

da gerade tagesaktuell ist, dem –<br />

entgegen der oben erwähnten Gesetzmäßigkeit<br />

– gesagt wurde: „Beeline34Y,<br />

squawk 3543 and contact us<br />

on 120,930“, worauf der gute Mann<br />

eben antwortete: „Tree five four tree<br />

one two zero nine tree zero tree four<br />

Yankee, tschüss!“<br />

Eigentlich eine bemerkenswerte<br />

Leistung, was für uns alltäglich ist!<br />

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Flugsicherheit<br />

... without tanker´s gas!<br />

von Ralph Reinwarth,<br />

Karlsruhe Center<br />

aus „Der Flugleiter“,<br />

Mitgliederzeitschrift der GdF,<br />

Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />

So das inoffizielle Motto<br />

der Tankflugzeugbesatzungen<br />

der US-<br />

Streitkräfte (USAFE).<br />

Will sagen, von den<br />

Damen und Herren<br />

Fighterjockeys und/oder<br />

Mudmovern kommt<br />

keiner an sein Ziel, ohne<br />

vorher in der Luft<br />

betankt zu haben.<br />

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Das hat mir Major Ward bestätigt,<br />

einer der Tankerkapitäne der USAFE.<br />

Ich hatte mit dem Herrn gesprochen,<br />

weil ich in der Nachbetrachtung eines<br />

Emergencies, den wir gehändelt haben,<br />

einige Sachen wissen wollte.<br />

So ein Vorfall macht einen ja furchtbar<br />

neugierig, weil es eben selten ist<br />

und dramatisch und man darin keine<br />

Übung hat, und außerdem bin ich ja<br />

auch Emergency-Trainer und da will<br />

man ja auch keinen Stuss erzählen.<br />

Apropos Neugier: Was war denn eigentlich?<br />

Ein Tanker der US Air Force<br />

war enroute auf dem Weg nach Mesopotamien,<br />

um es mal gebildet so<br />

auszudrücken, dass die Destination da<br />

steht und trotzdem keiner weiß, wo<br />

es genau ist, jedenfalls kam er aus<br />

Mildenhall (EGUN), dort sind 15 Stück<br />

davon stationiert, und flog über OKG<br />

aus unserer Area raus. Jetzt wäre die<br />

Geschichte eigentlich schon zu Ende<br />

gewesen, aber dieser Tanker kam zurück,<br />

und zwar, wie der Prager Flight<br />

Data bei der Übermittlung des Estimates<br />

mitteilte, wegen Rauch im Flugzeug.<br />

„Smoke in the aircraft“, was<br />

unser Flight Data den zuständigen<br />

Lotsen auch gleich weitererzählt hat<br />

(brav, Gisela!).<br />

Eine solche Zusatzbemerkung sorgt<br />

natürlich für inneren Aufruhr beim<br />

verantwortlichen Lotsen, denn wo<br />

Rauch ist, ist auch Feuer, und das ist<br />

ja, wie mir Major Ward bestätigte, an<br />

Bord eines Tankers nicht gerade witzig.<br />

Beim Controller lässt es zumindest<br />

Unbehagen aufkommen, denn man<br />

weiß nicht, was der macht oder machen<br />

will, eskaliert die Situation, will<br />

der irgendwo unterwegs notlanden<br />

und und und ... Dieser Tanker wusste<br />

aber genau, was er wollte, und zwar<br />

zurück nach Mildenhall. Das ist bei<br />

Militärs üblich, erst mal die Homebase<br />

anpeilen, da kennt man sich aus oder<br />

die Kameraden kennen sich aus, denn<br />

dieser Tanker flog mit dem Callsign<br />

REACH, und die sind immer aus Amerika.<br />

Man wusste auch die Route genau,<br />

nämlich „via FFM, NOR, MC6 to<br />

Mildenhall“.<br />

Also Entwarnung. Aber nur kurz;<br />

der Rauch hörte nicht auf und wurde<br />

schlimmer. Nach eingehender Beratung<br />

der Crew untereinander und unter den<br />

Sauerstoffmasken (Erste Action bei<br />

Rauch: Oxygen masks on; zweite: Air<br />

cycle machine: off – weil die meistens<br />

kaputt geht und dann qualmt) wurde<br />

klar, das es diesmal nicht wie sonst


immer die besagte Air cycle machine<br />

war, sondern etwas anderes. Jedenfalls<br />

wurde der Rauch immer dicker<br />

und man beschloss, nach Frankfurt<br />

zu diverten, weil es da eine Seite<br />

gibt (gab), die Rhein/Main heißt und<br />

das ist eine US-Air Force Base. Leider<br />

sagte der Pilot nichts von „Diversion“,<br />

sondern „We are going to Fränkfört<br />

now“. Stimmt, da flog er gerade hin,<br />

nach Frankfurt, zur VOR nämlich.<br />

Also da war schon mal, wie wir Human<br />

Factors- Spezialisten sagen, „Ambiguity“<br />

drin, Missdeutbarkeit. Keine<br />

klare Ansage, dass man jetzt divertet<br />

und möglichst schnell in Frankfurt landen<br />

will bzw. muss.<br />

Der Controller konnte auch annehmen,<br />

nachdem er die Freigabe nach<br />

Mildenhall via FFM usw. erteilt hatte,<br />

dass der Pilot jetzt auf die VOR eindreht<br />

und dann nach NOR fliegt. Unser<br />

Mann war misstrauisch genug, da<br />

nachzuhaken und siehe da, der Pilot<br />

meinte: Diversion to Frankfurt. Dafür<br />

war er aber zu schwer, denn er wollte<br />

ja ursprünglich bis nach – na? – genau,<br />

Mesopotamien, und war voll mit Kerosin,<br />

das man jetzt loswerden wollte.<br />

Dazu sagt man in Luftfahrtkreisen<br />

„Fuel dumping“, Limies manchmal<br />

auch „Fuel jettisoning“, aber davon<br />

war keine Rede. Der Pilot stand unter<br />

sehr hohem Stress (was man nachfühlen<br />

kann, wenn der Qualm in einem<br />

Tankflugzeug mal nicht von der kaputten<br />

Air-cycle-machine kommt, wie<br />

sonst immer) und verfiel deshalb – alte<br />

Human Factor Geschichte – in seine<br />

Muttersprache.<br />

Nun könnte man meinen, das<br />

macht ja nichts, ist ja sowieso Englisch,<br />

was in der Luftfahrt gesprochen<br />

wird, aber das ist nicht der Fall. Phraseologie<br />

ist die Sprache der Luftfahrt,<br />

die besteht aus etwas über 30 Wörtern,<br />

nicht mehr. Das ist kein „Colloquial<br />

English“! Bernhard Shaw hat<br />

gesagt: „Engländer und Amerikaner<br />

unterscheiden sich in vielen Dingen,<br />

vor allem aber durch die gemeinsame<br />

Sprache“. Also unser Pilot sagte nicht<br />

auf englisch und phraseologisch korrekt<br />

„Fuel dumping“, sondern auf<br />

Süd-Kentuckynesisch: „We gotta get<br />

rid of the most of our gas“. Das kann<br />

natürlich nur verstehen, wer Umgang<br />

mit Amerikanern hat oder hatte.<br />

Irgendwie hat man es dann geahnt<br />

und nachgefragt und konnte dann<br />

auch behilflich sein. Wie man Fuel<br />

dumpen lässt, wissen wir ja alle, aber<br />

wie kann ich der Besatzung eines Tankers<br />

sonst helfen, in so einem Fall.<br />

Dazu habe ich wieder den freundlichen<br />

Tankerkapitän Major Ward gefragt,<br />

und folgendes erfahren:<br />

Prinzipiell ist ein Tanker ein Airliner<br />

mit mordsmäßig viel Sprit und<br />

der Möglichkeit, denselben in der Luft<br />

an andere weiterzugeben, und auch<br />

sonst ein Airliner mit allen Möglichkeiten<br />

und Features, z. B. der Möglichkeit,<br />

irgendwo ein Holding per FMS<br />

hinzulegen und abzufliegen, auch da,<br />

wo man gerade ist. Man könnte also<br />

sagen: „Hold present position“ und<br />

zack! hält er da in einem Standard<br />

Pattern. Das sollte man auch als Controller<br />

als erstes anbieten, wenn einer<br />

Probleme meldet. „Do you need to<br />

hold to get things straight?“ wäre laut<br />

unserem Major eine gute Frage.<br />

Und dann ab damit in die luftverkehrstechnische<br />

Pampa, oder irgendeine<br />

TRA aufmachen und rein damit,<br />

damit die in Ruhe klären können,<br />

was Sache ist.<br />

Das klingt zunächst befremdlich,<br />

denn man denkt immer: Notfall,<br />

schnell, schnell. Ist aber falsch. Das kann<br />

sich daraus entwickeln, muss aber<br />

nicht. Im Normalfall des „Abnormals“,<br />

wie das unter Airline-Piloten heißt,<br />

wird erst mal untersucht, was ist eigentlich<br />

los. Wo kommt der Qualm her<br />

(„I bet it´s that fucking air-cycle-machine<br />

again“ lauten wahrscheinlich die<br />

Worte, die in diesem Fall die Untersuchung<br />

einleiteten) und können wir<br />

die Störung beseitigen? Dafür benötigt<br />

man Zeit. Und weil man die nicht<br />

mit fliegen vertrödeln will, lässt man<br />

den Computer im Holding fliegen und<br />

kümmert sich um den „Abnormal“.<br />

Wenn man die Lage geklärt hat, trifft<br />

man eine gemeinsame Entscheidung.<br />

Das ist in Zeiten von CRM so üblich,<br />

Entscheidungen im Konsens zu tragen.<br />

Dass nur der Kapitän was zu sagen<br />

hat, ist nicht mehr opportun.<br />

Die Entscheidung in unserem Fall<br />

war Diversion to Frankfurt. Zwar professioneller<br />

– aber unprofessionell<br />

übermittelt.<br />

Was soll der Controller tun, um der<br />

Besatzung optimal Hilfestellung zu<br />

leisten? In unserem Fall war die Besatzung<br />

nicht mit den Gegebenheiten<br />

vertraut, weil, wie o. g. ein REACH und<br />

somit aus Amerika, es sein kann, dass<br />

keiner von denen je nach Frankfurt<br />

geflogen ist. Also müssen die wissen,<br />

wie sie dahin kommen. Damit ist Type<br />

of arrival und Fix gemeint. Z. B. „We<br />

put you on a STAR from Gedern, Golf<br />

Echo Delta“. Das ist wichtig, die kennen<br />

Gedern nicht, wie wir, die suchen<br />

sich die Karte raus mit dem Gedern<br />

Arrival („What did she say, G-E-D?<br />

Oh here it is, got it, Boss!“). Buchstabieren<br />

gilt für alle IAFs, die kennen<br />

auch kein Spessart und kein Metro.<br />

Wetter! Wichtig. Die haben weder<br />

Zeit noch Bock, die ATIS abzuhören.<br />

Wetter einblenden in der TID-Library<br />

und ansagen, wenn es zu alt ist, beim<br />

TWR anrufen und selbst einholen oder<br />

einholen lassen. Rekapitulieren wir:<br />

Do you need to hold? Arrival-Type +<br />

Arrival-Fix (ggf)WX. So kann man als<br />

Upper Controller in einem solchen Fall<br />

optimal unterstützen.<br />

In unserem speziellen Fall haben<br />

die Frankfurter beide Bahnen und den<br />

mittleren Taxiway geräumt, damit die<br />

irgendwo landen konnten, beim ersten<br />

Versuch haben die Piloten nichts gesehen<br />

und mussten einen Go-around<br />

machen, beim zweiten Versuch sind sie<br />

sicher gelandet, haben evakuiert und<br />

das Flugzeug wurde abgeschleppt.<br />

21


Flugsicherheit<br />

(Brems-) Schirmlos<br />

Im Februar 1975 ereignete<br />

sich auf der spanischen<br />

Air Base Getafe<br />

ein Unfall mit einer<br />

deutschen G-91 T/3, weil<br />

ein Flugzeugführer auf<br />

seinen Überführungsflug<br />

ungenügend vorbereitet<br />

war und da er, nur<br />

weil er unbedingt seinen<br />

Auftrag erfüllen wollte,<br />

sein Risikobewusstsein<br />

total unterdrückte.<br />

Außerdem ist dieser<br />

Unfall ein Beispiel für<br />

falsch verstandene<br />

Kameradschaft.<br />

von Oberstabsfeldwebel Karl Heinz Weiß, GenFlSichhBw<br />

Nachdem in den Jahren 1971/72<br />

die zwei Aufklärungsgeschwader der<br />

Luftwaffe mit 88 Exemplare der Mc-<br />

Donnel/Douglas RF-4E Phantom II ausgerüstet<br />

wurden, wurden 1973 bis<br />

1975 die Jagdgeschwader 71 und 74<br />

sowie zwei Jagdbombergeschwader<br />

mit 175 Flugzeuge McDonnel/Douglas<br />

F-4F Phantom II ausgestattet. Neben<br />

dem JaboG 36 in Rheine-Hopsten, das<br />

die Lockheed F-104G gegen die Phantom<br />

tauschte, wurde das in Pferdsfeld/Hunsrück<br />

beheimatete leichte<br />

Kampfgeschwader 42 (LeKG 42) auf<br />

das neue Waffensystem umgerüstet.<br />

Zum selben Zeitpunkt wurde auch das<br />

in Leipheim stationierte LeKG 44 aufgelöst.<br />

Die Flugzeuge dieser beiden<br />

Geschwader wurden auf die verbleibenden<br />

G-91-Verbände verteilt.<br />

Gleichzeitig wurde die G-91-Flotte<br />

nach Flugzeugen durchforstet, die<br />

Bild aus der Flugunfallakte<br />

im Rahmen der Militärhilfe an die<br />

portugiesische Luftwaffe (Forca Aera<br />

Protugaise / FAP) abgegeben werden<br />

könnten. Unter den 50 Flugzeugen<br />

befanden sich auch elf Exemplare der<br />

doppelsitzigen Version T3.<br />

Da die FIAT G-91 nicht in der Lage<br />

war, Non-Stopp von Fürstenfeldbruck<br />

nach Portugal zu fliegen, wurden Istres-<br />

Le Tubé in Südfrankreich und Getafe<br />

bei Madrid in Spanien als Zwischenlandeplätze<br />

für die Überführung ausgesucht.<br />

Als Zielflugplatz für alle Flugzeuge<br />

war Beja vorgesehen.<br />

Der Flugplatz Istres-Le Tubé (Base<br />

Aérienne 125/BA 125) liegt am Stadtrand<br />

von Istres, etwa 30 km nordwestlich<br />

von Marseille. Der Flugplatz war in<br />

den 1960er und 1970er Jahren ein<br />

gerne angeflogener Zwischenlandeplatz<br />

für die G-91- und F-104G-Luftfahrzeugführer<br />

auf dem Weg nach<br />

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Decimomannu/Sardinien, Beja/Portugal<br />

und bei Cross-Country-Flügen nach<br />

Spanien. Da sich ein Teil des Centre<br />

d‘Essais en Vol (CEV/französische Erprobungsstelle<br />

für militärisches Fluggerät)<br />

auch an diesem Platz befand<br />

und noch befindet, hatte die Erprobungsstelle<br />

der Bundeswehr 61<br />

(heute Wehrtechnische Dienststelle/<br />

WTD 61) dort eine Außenstelle eingerichtet,<br />

um einen großen Teil der<br />

erforderlichen Starfighter-Erprobung<br />

von dort durchzuführen. Vor allem<br />

Hochgeschwindigkeitsflüge konnten<br />

von Istres aus über dem nahen Mittelmeer<br />

durchgeführt werden. Deshalb<br />

gab es dort auch zu jener Zeit deutsche<br />

Flugverkehrsleiter, die eine französische<br />

Zulassung hatten. So wurden<br />

an diesem Flugplatz anfliegende deutsche<br />

Besatzungen von dem Controller<br />

der E-Stelle begrüßt. Während die<br />

Flugzeuge durch Mechaniker dieser<br />

Dienststelle gewartet wurden, konnten<br />

sich die Flugzeugführer im Coffee-<br />

Shop bei einem guten Kaffee ausruhen<br />

und sich mit einem Sandwich für den<br />

Weiterflug stärken. Änderungen am<br />

Flugplan wurden dann vom Flugleiter<br />

– gleichzeitig Controller – bearbeitet<br />

und weitergeleitet.<br />

Neben der französischen Erprobungsstelle<br />

waren und sind noch an<br />

diesem Platz die EPNER (École du Personnel<br />

Navigant d’Essais et de Réception /<br />

französische Ausbildungseinrichtung<br />

für Testpiloten und Flugversuchspersonal)<br />

sowie die Flugversuchsabteilungen<br />

der Firmen Avion Marcel Dassault<br />

(AMD), des Triebwerkherstellers<br />

SNECMA und weiterer Ausrüstungsfirmen<br />

ansässig. Heute befinden sich außerdem<br />

eine mit Mirage 2000N ausgerüstete<br />

Jagdbomberstaffel (Strike),<br />

eine mit KC-135F Stratotanker ausgerüstete<br />

Refuelling-Staffel und eine<br />

mit CSAR-Aufgaben beauftragte Hubschrauberstaffel<br />

auf dieser Basis.<br />

Von diesem Flugplatz aus wurden<br />

die Erprobungen aller Mirage- und<br />

Rafale-Flugzeuge sowie wesentliche<br />

Teile der Concordeerprobung – wie<br />

Startabbruchversuche – durchgeführt.<br />

Auch die Erprobung der deutsch–französischen<br />

Entwicklung Alpha Jet erfolgte<br />

hier. Wegen der langen Landebahn<br />

von mehr als 12.000 ft ist der<br />

Flugplatz ebenfalls von der NASA als<br />

Notlandeplatz im Falle einer Transoceanic<br />

Abort Landing (TAL) für das Space<br />

Shuttle vorgesehen.<br />

Getafe wurde gewählt, weil dieser<br />

Platz fast genau in der Mitte des Flugweges<br />

zwischen Istres und Beja liegt.<br />

Getafe Air Base (ICAO: LEGT) ist ein<br />

militärischer Flugplatz der spanischen<br />

Luftwaffe und liegt 14 km südlich von<br />

Madrid. Der Flugplatz wurde 1911<br />

errichtet und war der erste Flugplatz<br />

in Spanien. Neben der spanischen Regierungsstaffel<br />

und einer Lufttransportstaffel<br />

war und ist hier auch die<br />

Firma CASA – heute EADS – ansässig,<br />

die hier unter anderem den Eurofighter<br />

Typhoon für die spanische Luftwaffe<br />

endmontiert.<br />

Beja Air Base (Base Aérea de Beja),<br />

bezeichnet als Air Base No. 11 (portugisisch<br />

Base Aérea Nº 11/BA11), ist ein<br />

militärischer Flugplatz in Portugal nahe<br />

der Stadt Beja. Er hat zwei parallele<br />

Landebahnen, die längere ist 4.300 m<br />

lang und 60 m breit. Dieser Platz wurde<br />

als Zielflugplatz gewählt, da sich an<br />

diesem, in den frühen 1960er Jahren<br />

von den Deutschen erbauten Flugplatz<br />

sowohl eine portugiesische Luftwaffeneinheit<br />

als auch das Deutsche<br />

Luftwaffenübungsplatzkommando<br />

befand. Hier landeten die deutschen<br />

Ginas und verließen den Platz mit portugiesischer<br />

Zulassung in Richtung ihrer<br />

künftigen Stationierungsorte.<br />

Die 1. fliegende Staffel der Waffenschule<br />

der Luftwaffe 50 (1./WaSLw 50)<br />

hatte den Auftrag, am 25. Februar<br />

1976 sechs FIAT G-91 T3 von Fürstenfeldbruck<br />

nach Beja/Portugal zu<br />

überführen. Während die Maschinen<br />

der ersten Rotte vom Staffelkapitän,<br />

zugleich Verantwortlicher der Aktion,<br />

und vom Einsatzoffizier einsitzig geflogen<br />

wurden, setzten sich die Besatzungen<br />

der zweiten und dritten Rotte<br />

aus einem Fluglehrer im vorderen und<br />

einem Kampfbeobachterschüler (KBO-<br />

Schüler) im hinteren Cockpit zusammen.<br />

Für die KBO-Schüler war dieser<br />

Flug ein Teil des Schulungsprogramms.<br />

Ihre Aufgabe war es, den Funkverkehr<br />

abzuwickeln, ferner die Luftraumüberwachung<br />

und Navigation.<br />

Am Nachmittag des 24. Februar<br />

wurden die Flugpläne erstellt. Am<br />

Morgen des 25. Februar fand ein normales<br />

Crew-Briefing für die Piloten<br />

durch den Verantwortlichen statt.<br />

Innerhalb der Rotte wurden dann die<br />

anfallenden Emergencies und Abortprocedures<br />

grob durchgesprochen<br />

und ein Lead-change in case of radio<br />

failure abgesprochen. Anhand der einschlägigen<br />

Publikationen informierten<br />

sich die Luftfahrzeugführer über die<br />

Gegebenheiten der anzufliegenden<br />

Plätze. Dabei stellten sie fest, dass in<br />

Getafe eine MA-1A (mod) Fanganlage<br />

installiert war. Über die Eignung* dieser<br />

Fanganlage für die G-91 wussten<br />

sie nichts und informierten sich auch<br />

nicht weiter.<br />

Die Vorfluginspektion des (später<br />

verunglückten) Flugzeuges wurde<br />

durch einen Unteroffizier durchgeführt.<br />

Der stellte dabei fest, dass sich<br />

der Drag-Chute-Handle nicht ganz<br />

herausziehen ließ. Er meldete dies seinem<br />

Line-Chief, der darauf die Störbehebung<br />

und einen Prüfer anforderte.<br />

Während der Wart das Flugzeug weiter<br />

startklar machte, wurde von der<br />

Störbehebung an der Bremsschirmanlage<br />

gearbeitet.<br />

23


Flugsicherheit<br />

Als der Luftfahrzeugführer dieser<br />

Maschine – er war der Rottenflieger<br />

der zweiten Rotte – an das Flugzeug<br />

kam, legte ein Mechaniker gerade den<br />

Bremsschirm ein. In dem Augenblick,<br />

als der Pilot die Bremsschirmklappe<br />

schließen wollte, kam ein Prüfer hinzu.<br />

Der prüfte dann die richtige Lage<br />

des Kreuzkopfes und der Klaue. Ein<br />

Mechaniker schob dann auf Anweisung<br />

des Piloten den Auslösegriff rein,<br />

nachdem dieser den Hilfsschirm selber<br />

eingelegte und die Klappe mit der Zuhaltung<br />

geschlossen hielt. Um ganz<br />

sicher zu gehen, ließ der Prüfer noch<br />

einmal die Bremsschirmauslösung betätigten.<br />

Der Hilfsschirm sprang dem<br />

Luftfahrzeugführer ins Gesicht, als er<br />

hinter der Maschine stand. Für den<br />

Prüfer bestätigte dies eine einwandfreie<br />

Funktion. Weil die Bremsschirmbetätigungsgriffe<br />

bei verkantetem<br />

Ziehen schwer gingen, ohne dass die<br />

Anlage irgendeinen Fehler zeigt, handelte<br />

es sich für den Prüfer nicht um<br />

eine Störung. Deshalb veranlasste er<br />

auch keinen Eintrag in das Bordbuch.<br />

Nachdem der Flugzeugführer erneut<br />

die Bremsschirmklappe geschlossen<br />

und verriegelt hatte, setzte er seinen<br />

Walk around fort. Weil der 1. Wart<br />

die Lebenslaufakten der Maschine des<br />

Rottenführers im linken Waffenraum<br />

verstaut hatte, die Besatzung somit<br />

keinen Platz für ihre Reisetaschen und<br />

die Kälteschutzanzüge hatte, ließ er<br />

die Akten in der Kameranase verstauen.<br />

Über die erste Etappe der Überführung<br />

berichtete der Rottenführer der<br />

zweiten Rotte:<br />

„Ursprünglich sollten wir über Ulm<br />

exit fliegen, haben dann aber eine<br />

South departure geflogen. In Istres<br />

machten wir eine Single landing mit<br />

GCA recovery. Das macht der (deutsche)<br />

Controller gerne und außerdem<br />

braucht man keinen Bremsschirm. Im<br />

GCA haben wir in 1.500 ft gesplitted.<br />

Von 25.000 ft ab nach unten ist man<br />

ständig unter Kontrolle. Runter gingen<br />

wir noch in Formation. Im Downwind<br />

24<br />

hat er uns gesplitted – es war ein Riesenpattern.<br />

Da eine Maschine kommen<br />

sollte, mussten wir warten. Er hat<br />

uns über Wasser geführt, erst mal in<br />

1.500 ft. Da waren wir schon gesplitted.<br />

Wir sind Normal single gelandet.<br />

Ich brauchte keinen Drag-chute – das<br />

war so besprochen.“<br />

Während die Flugzeugbesatzungen<br />

sich im Coffe-Shop vom Flug erholten<br />

und die Flugpläne beim Flugleiter<br />

machten, wurden von den Mechanikern<br />

der E-Stelle die Zwischenfluginspektion<br />

an den Flugzeugen übernommen.<br />

Übrigens: Der Verfasser<br />

dieses Artikels, der als Angehöriger<br />

der Typenbegleitmannschaft Alpha Jet<br />

in dieser Zeit ebenfalls in Istres stationiert<br />

war, hat im Rahmen der Amtshilfe<br />

die Mechaniker der E-Stelle bei<br />

ihrer Arbeit unterstützt. Nachdem die<br />

Flugzeuge wieder startklar waren die<br />

Besatzungen ihre Kälteschutzanzüge<br />

angezogen hatten, starteten sie im<br />

Formationsstart zur zweiten Etappe<br />

über das Mittelmeer an Barcelona vorbei<br />

nach Getafe.<br />

In Getafe flog die Rotte einen TA-<br />

CAN-Anflug in Formation und eine<br />

Formationslandung. Dabei wurde –<br />

wie bei einer Formationslandung vorgeschrieben<br />

– der Bremsschirm benutzt.<br />

Während der Formationsführer<br />

seinen Bremsschirm nach dem Verlassen<br />

der Landebahn abwerfen konnte,<br />

gelang dies bei seinem Rottenflieger<br />

nicht. Er schleppte den Schirm bis zum<br />

Abstellplatz hinter sich her. Nach dem<br />

Abstellen der Flugzeuge gelang es<br />

ihm nur mit Mühe, den ausgelösten<br />

Bremsschirm aus der Verriegelung zu<br />

lösen. Während das spanische Cross-<br />

Servicing-Personal die Flugzeuge<br />

betankte und Sauerstoff nachfüllte,<br />

führten die Piloten die Zwischenfluginspektion<br />

an ihren Maschinen durch.<br />

Der Rottenflieger der dritten Rotte<br />

half dem Rottenflieger der zweiten<br />

Rotte, die Bremsschirmklappe durch<br />

das Betätigen des mechanischen Verriegelungsgestänges<br />

zu verschließen,<br />

was aber nicht gelang. Damit war die<br />

Bremsschirmanlage nicht mehr zu gebrauchen.<br />

Den Bremsschirm, den er<br />

nicht mehr einbauen konnte, brachte<br />

er dann zur Maschine des Rottenfliegers<br />

der dritten Rotte und bat diesen,<br />

ihn in seinem Flugzeug zu verstauen.<br />

Daraus schloss dieser, dass sein Kamerad<br />

die Absicht hatte, ohne Bremsschirm<br />

zu fliegen.<br />

Der Rottenflieger der zweiten Rotte<br />

blieb bei den sechs Flugzeugen, während<br />

die anderen die Flugpläne machten<br />

und im Casino einen Kaffee tranken.<br />

In dieser Zeit ließ er sich von den<br />

Cross-Servicing-Mechanikern ein Stück<br />

Draht bringen. Mit diesem sicherte<br />

er die Bremsschirmklappe. Da in Beja<br />

selbst die Notbahn über 3.000 m lang<br />

ist, war er der Meinung, darauf verzichten<br />

zu können.<br />

Zu Beginn der Zwischenfluginspektion<br />

öffnete er die Zugangsklappe<br />

zum Radiokompartement, die sich auf<br />

der linken Flugzeugseite unterhalb<br />

der Frontscheibe befand. Bei den dort<br />

untergebrachten Sicherungseinrichtungen<br />

suchte er nach einem Schraubendreher,<br />

den er aber nicht vorfand.<br />

Die beiden Kälteschutzanzüge – die<br />

nun nicht mehr benötigt wurden –<br />

verstaute er in einer Fallschirmtasche<br />

im linken Waffenraum. Die Vorflugkontrolle<br />

machte er wie gewöhnlich.<br />

Er überprüfte nochmals die Waffenraumklappen<br />

auf korrekten Verschluss.<br />

Den rechten Waffenraum hatte er geöffnet,<br />

weil das TACAN-Gerät kurzzeitig<br />

ausgefallen war und er deshalb die<br />

Steckerverbindung überprüft hatte.<br />

Die Klappe des Radiokompartements<br />

beachtete er aber überhaupt nicht.<br />

Nachdem die erste Rotte abgehoben<br />

hatte, rollte die zweite Rotte zur<br />

Startbahn. Der Rottenflieger erinnerte<br />

sich in seiner Aussage:<br />

„Ich setzte mich in die Maschine<br />

und stellte das Triebwerk an. Ich<br />

habe die Speedbrakes und Flaps eingefahren<br />

und bin nach dem normalen<br />

Verfahren rausgerollt. In No. 1 Position<br />

bekamen wir die Clearance. Dann<br />

erfolgte der Run-up-check. Nach der


Originalbild der Crews unmittelbar vor dem Start in Getafe, Bild von Jürgen Kropf<br />

Take-off-clearance folgte ein Formation<br />

take off. Ich war auf der linken<br />

Seite. Alles lief normal. Beim 2.000<br />

ft-Marker war die Linespeed 106 kts.<br />

Bei 110 kts wurde das Bugrad entlastet<br />

und ich nahm die Nase langsam<br />

hoch. Kurz vor dem Abheben schlug<br />

die Radio-Klappe vorne links hoch, ich<br />

schaute nach rechts nach dem anderen<br />

Flugzeug, sah das Hochschlagen<br />

der Klappe aber aus den Augenwinkeln<br />

heraus. Wir waren etwas über die<br />

Hälfte der Runway hinaus. Ich nahm<br />

sofort die Power weg, habe meinem<br />

Rottenführer Bescheid gesagt, dass<br />

ich den Start abbreche und zog den<br />

Bremsschirm. Ich bremste mit beiden<br />

Bremsen und versuchte, die Maschine<br />

zum Stehen zu bringen. Die Bremswirkung<br />

war nicht sehr groß und es<br />

wurde mir etwas mulmig. Den Entfaltungsstoß<br />

vom Bremsschirm habe ich<br />

nicht bewusst wahrgenommen. Den<br />

Gashebel habe ich ruckartig nach hinten<br />

gezogen, ich weiß aber nicht, ob<br />

er in ‚Off’ oder in ‚Idle’ war.<br />

Dem Rottenführer hatte ich Bescheid<br />

gesagt und zwei bis dreimal<br />

‚Barrier’ gerufen. Dann hörte ich über<br />

das Radio ‚Check – barrier is up’. In<br />

Getafe ist, glaube ich, eine MA-1-<br />

Anlage mit kleinem Netz, welches<br />

das Fahrwerk fangen soll. Ich sah,<br />

dass die Barrier stand und hab dann<br />

auf den Schlag gewartet. Es geschah<br />

aber nichts. Wir sind über die Barrier<br />

gerollt und ich merkte gar nichts. Meine<br />

Geschwindigkeit war ca.100 kts,<br />

aber ich habe bewusst nicht auf die<br />

Fahrt geachtet. Ich stand voll in den<br />

Bremsen. Ich rechnete damit, dass ein<br />

Reifen platzt. Aber es passierte nichts.<br />

Die Parkbremse zog ich erst langsam,<br />

dann voll. An der Bremswirkung änderte<br />

sich nichts. Am Runway-Ende<br />

kam ich auf die Mauer einer Fabrik zu.<br />

Rechts von uns standen viele Autos<br />

und ich dachte, es sei ein Schrottplatz.<br />

Dann dachte ich, mit dieser Geschwindigkeit<br />

würden wir gegen die Mauer<br />

rutschen. Das war der Moment, wo ich<br />

mich entschieden habe, auszusteigen.<br />

Ich sagte ‚bailout’, habe aber nicht<br />

gehört, wie der KBO-Schüler sich rausgeschossen<br />

hat. Der Ausschuss war<br />

weniger stark, als ich mir vorgestellt<br />

hatte. Es gab keinen Schlag. Ich ließ<br />

den Griff los und versuchte, wieder<br />

zu sehen. Ich glaubte, relativ niedrig<br />

zu sein. Der Entfaltungsstoß war auch<br />

nicht stark. Ich kam mit ca. 10 bis 15°<br />

Schräglage auf den Boden zu. Mein<br />

letzter Gedanke war ‚Lande-Fall’, und<br />

ich versuchte, eine halbe Rolle vorwärts<br />

zu machen. Ich fühlte mich völlig<br />

schmerzfrei. Dann sah ich, wie der<br />

KBO-Schüler runterkam und in einen<br />

Zaun fiel. Ich machte meinen Schirm<br />

los, wollte aufstehen und zu ihm gehen,<br />

merkte aber dann, dass ich mit<br />

dem linken Fuß nicht auftreten konnte.<br />

Der KBO-Schüler stand auf und<br />

sagte sofort, er habe Kreuzschmerzen.<br />

Ich sagte, er solle sich hinlegen. Alles<br />

ging sehr schnell.“<br />

25


Flugsicherheit<br />

Die Maschine kam auf einen Parkplatz<br />

hinter der gelandeten Besatzung<br />

zum Stillstand und brannte. Auf<br />

dem Parkplatz wurden elf Fahrzeuge<br />

zerstört und fünf Fahrzeuge beschädigt.<br />

Die Feuerwehr war innerhalb<br />

kürzester Zeit an der Unfallstelle und<br />

löschte das Flugzeug. Die verletzte Besatzung<br />

wurde in den Sanitätsbereich<br />

der Getafe Air Base gebracht und von<br />

dort aus später in ein Madrider Krankenhaus.<br />

Die dritte Rotte befand sich während<br />

des Unfalls auf dem Taxiway<br />

auf etwa halber Höhe der Startbahn,<br />

als sie vom Startabbruch hörten. Sie<br />

stoppten daraufhin den Rollvorgang<br />

und beobachteten die weiteren Vorgänge<br />

auf der Startbahn. Kurz darauf<br />

sahen sie zwei Fallschirme und unmittelbar<br />

darauf den Feuerschein der<br />

brennenden Maschine.<br />

Die Rotte rollte daraufhin zum Abstellplatz<br />

zurück und stellte ihre Flugzeuge<br />

ab. Der bereits gestartete Rottenführer<br />

der zweiten Rotte wurde<br />

von ihnen verständigt und ihm mitgeteilt,<br />

dass man am nächsten Morgen<br />

die Überführung nach Beja fortsetzen<br />

würde.<br />

26<br />

Die beschädigte Fanganlage in Getafe<br />

Die beiden Flugzeugführer der dritten<br />

Rotte gingen zum Tower. Dort<br />

erfuhren sie, dass die ausgestiegene<br />

Besatzung leichtverletzt in das Sanitätsrevier<br />

eingeliefert worden war.<br />

Daraufhin ließen sie sich zur ihren<br />

Kameraden bringen. Hier erzählte der<br />

verunfallte Flugzeugführer seinen Kameraden,<br />

dass er den Start abgebrochen<br />

habe, weil die Klappe des Radiokompartments<br />

während des Starts<br />

aufgegangen sei. Er bat sie, seine persönlichen<br />

Sachen aus dem Unglücksflugzeug<br />

sicherzustellen. Daraufhin<br />

fuhr der Rottenflieger der dritten Rotte<br />

mit seinem KBO-Schüler zum Unfallort.<br />

Der Rottenführer ging ins Kasino,<br />

um von dort aus den Militärattaché in<br />

Madrid anzurufen.<br />

Die in der Zwischenzeit am Unfallort<br />

angekommene Besatzung des<br />

Rottenfliegers holte aus dem linken<br />

Waffenraum des Wracks die zwei Taschen.<br />

Anschließend wollten sie noch<br />

die Lebenslaufakten aus der Kameranase<br />

herausnehmen. Die Nase war<br />

aber zerbeult und ließ sich nicht öffnen.<br />

Um den Zugang zu ermöglichen,<br />

bog die Feuerwehr sie schließlich mit<br />

einer Zange auf. Außerdem wurden<br />

noch ein Kniebrett, ein Supplement<br />

und das Bordbuch aus dem Cockpit<br />

entnommen.<br />

Der Flugzeugführer ging danach zur<br />

Bremsschirmklappe und entfernte dort<br />

– wie vom Unglücksflugzeugführer<br />

gebeten – einen Draht. Da erst wurde<br />

ihm schlagartig die Tragweite der<br />

Anbringung des Drahtes klar. Er entschloss<br />

sich aber, seinen Kameraden<br />

zu decken. Um niemand anderen mit<br />

in diesen Vorgang zu ziehen, schickte<br />

er seinen KBO für einen Moment fort.<br />

Den Draht nahm er an sich und zeigte<br />

ihn später dem Verunfallten beim Besuch<br />

im Krankenhaus in Madrid. Dort<br />

hatte er den Eindruck, dass dieser das<br />

erleichtert zur Kenntnis nahm. Er kam<br />

seiner Pflicht, dem Staffelkapitän davon<br />

in Kenntnis zusetzen, nicht nach,<br />

weil er ihn aus dieser Geschichte heraushalten<br />

wollte und hoffte, dass die<br />

bereits eingesetzten Aufräumarbeiten<br />

der Spanier eine Aufklärung des Sachverhaltes<br />

ausschließen würden.<br />

Nachdem der Rottenführer der<br />

dritten Rotte mit dem Militärattaché<br />

an der Unfallstelle eintraf, teilte der<br />

Rottenflieger ihm mit, dass er „den<br />

Draht“ vom Flugzeug entfernt habe.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt war dem<br />

Rottenführer nicht bekannt, dass irgendein<br />

Draht angebracht worden<br />

war. Schlagartig der Tragweite dieses<br />

Umstandes bewusst geworden, beschlossen<br />

sie, diesen Umstand nicht<br />

anzusprechen. Man hatte sich darauf<br />

verständigt, den Kameraden zu decken.<br />

Als das Unfalluntersuchungsteam<br />

unter Leitung des General Flugsicherheit<br />

in der Bundeswehr (GenFlSichhBw)<br />

noch am Unfalltag in Getafe eintraf,<br />

war die Unfallstelle bereits abgeräumt.<br />

Das Wrack war ca.1 km entfernt am<br />

Rande des Hallenvorfeldes abgelegt,<br />

wo es auch bewacht wurde. Durch<br />

einen spanischen Offizier wurde dem<br />

Untersuchungsteam mitgeteilt, dass<br />

durch die Besatzung einer anderen<br />

Maschine am Unfallflugzeug Veränderungen<br />

vorgenommen wurden. Meh-


ere Klappen waren geöffnet und Teile<br />

entnommen worden. Da außerdem an<br />

der Stelle, an der das Flugzeug zum<br />

Stillstand kam, alle Spuren bereits beseitigt<br />

und die beschädigten und ausgebrannten<br />

Privatkraftfahrzeuge an<br />

einer anderen Stelle abgestellt worden<br />

waren, wurde die technische Untersuchung<br />

erheblich erschwert.<br />

Die dritte Rotte startete am nächsten<br />

Morgen zu ihrem Flug nach Beja. Dazu<br />

hatte sie von ihrem Staffelchef von<br />

Beja aus den Befehl erhalten, obwohl<br />

er wusste, dass ein Team des GenFl-<br />

SichhBw noch am Abend des Unfalltages<br />

in Getafe eintreffen würde. Der<br />

Rückflug der Überführungscrews mit<br />

einer Transall erfolgte mit einer kurzen<br />

Zwischenlandung in Getafe. Dort wurden<br />

einige Ausrüstungsgegenstände<br />

der Unfallmaschine – darunter die<br />

beiden Schleudersitze – in die Transall<br />

verladen und nach Fürstenfeldbruck<br />

gebracht. Wer dazu den Auftrag gegeben<br />

hatte, war nicht mehr festzustellen.<br />

Trotzdem konnte die Ursache<br />

des Unfalls ermittelt werden. Mit den<br />

Fakten konfrontiert, gaben sowohl<br />

der Unfallpilot wie auch seine in diesen<br />

Vorfall verstrickten Kameraden ihr<br />

Verhalten zu.<br />

Durch ein fünfköpfiges Team der<br />

Feldwerft G-91 des Luftwaffenversorgungsregiments<br />

3 aus Leipheim wurde<br />

das Wrack transport- und luftverladefähig<br />

gemacht. Einige Teile wurden<br />

ausgebaut und zur weiteren Untersuchung<br />

mit nach Deutschland genommen.<br />

Der Rest wurde mit einer Transall<br />

nach Beja gebracht.<br />

In einem diszplinargerichtlichen<br />

Verfahren gegen den Unfallflugzeugführer<br />

– mit immerhin mehr als 1.800<br />

Flugstunden, davon mehr als 1.100<br />

Stunden auf der Gina – behauptete<br />

dieser, sich konform der damaligen<br />

Vorschriftenlage verhalten zu haben.<br />

Demnach wäre es seiner Meinung<br />

nach völlig legitim, einen Flug ohne<br />

Bremsschirm anzutreten. Aber gemäß<br />

der Zwischenflugcheckliste GAF T.O.<br />

G-91 (T/3)-6 WC-TF war das Einlegen<br />

des Bremsschirms und das Schließen<br />

der Bremsschirmklappe für den Wart<br />

vorgeschrieben, außerdem war für<br />

die Gina die Auslösung des Bremsschirmes<br />

erforderlich (Vorschrift), um<br />

ein maximales Bremsen im Falle eines<br />

Startabbruchs zu erreichen. Weiter<br />

schrieb der GenFlSichhBw als Antwort<br />

auf eine Anfrage des Rechtsberaters<br />

der 1. Luftwaffendivision:<br />

„Da militärische Vorschriften auf<br />

dem Prinzip des Gebotes und nicht<br />

des Verbotes aufgebaut sind, kann<br />

der Aussage des Flugzeugführers, …,<br />

nicht gefolgt werden. Entscheidend<br />

ist hier nicht die Feststellung, ob der<br />

Bremsschirm für einen Flug erforderlich<br />

ist bzw. ob man auch ohne Schirm<br />

fliegen kann, sondern die Tatsache,<br />

dass der Bremsschirm für die Durchführung<br />

von Flugbetrieb mit der G-91<br />

– insbesondere im Hinblick auf Startabbrüche<br />

– gefordert wird.“<br />

Wie dieses Verfahren ausgegangen<br />

ist, ist aus den zur Verfügung stehenden<br />

Quellen nicht ersichtlich. Ob das<br />

zweifelhafte Verhalten der Flugzeugführer<br />

der dritten Rotte disziplinar<br />

gewürdigt wurde, kann nicht gesagt,<br />

aber doch vermutet werden.<br />

Was lernen wir nun aus diesem Vorgang?<br />

- Die Verfolgung eines Zieles – und<br />

sei es noch so interessant – darf<br />

nicht dazu führen, keine Risikobewertung<br />

durchzuführen.<br />

- Erkenntnisse, die aus Tests, Überprüfungen<br />

und aus den Ergebnissen<br />

von Zwischen- und Unfalluntersuchungen<br />

gewonnen werden,<br />

müssen unverzüglich zum betroffenen<br />

Personenkreis zur Kenntnis<br />

gelangen und in die entsprechende<br />

Dokumentation eingearbeitet werden.<br />

- Kameradschaft rechtfertigt in keinem<br />

Fall, Fehlverhalten von Kameraden<br />

zu decken, zu vertuschen<br />

oder die Aufklärung eines Ereignisses<br />

/ Vorkommnisses zu be- bzw.<br />

verhindern.<br />

* Dem Flugzeugführer war nicht bekannt,<br />

dass die MA-1A (mod) Fanganlage<br />

in Getafe für einen Fang der<br />

G-91 ungeeignet bzw. gefährlich<br />

war. Bei im Jahre 1963 durchgeführten<br />

Versuchen wurde durch die<br />

Ausbildungsgruppe der WaSLw 50<br />

festgestellt, dass bei der Benutzung<br />

dieser Fanganlage, wenn das Flugzeug<br />

mit höherer Geschwindigkeit<br />

in die Fanganlage einrollt, mit einem<br />

totalen Verlust der Maschine und<br />

evtl. mit dem Tod des Flugzeugführers<br />

gerechnet werden muss.<br />

Bei einem dieser Versuche bei einer<br />

Einrollgeschwindigkeit von nur<br />

50 kts wurde die Maschine um ihre<br />

Hochachse nach rechts gedreht und<br />

kam in etwa 160° Rollrichtung zum<br />

Stehen.<br />

Weder im Handbuch G-91 noch in<br />

anderen einschlägigen Vorschriften<br />

fanden sich Hinweise darauf, dass<br />

diese in der Zeit häufig auf Flugplätzen<br />

der NATO installierte Fanganlage<br />

für die G-91 höchst problematisch<br />

war und für den Flugzeugführer<br />

lebensgefährlich werden konnte.<br />

Für die G-91 gewährleistete ausschließlich<br />

eine Netzfanganlage<br />

einen erfolgreichen Fang. Obwohl<br />

schon 1963 die Nichteignung und<br />

Gefährlichkeit der MA-1A (mod)<br />

Fanganlagen durch Versuche festgestellt<br />

wurde, fand das Ergebnis<br />

dieser Versuche weder Einzug in<br />

die entsprechenden Vorschriften<br />

noch wurde der entsprechende Personenkreis<br />

darüber informiert.<br />

Bei der MA-1A (mod) Fanganlage<br />

handelt es sich um eine sogenannte<br />

Kettenfanganlage, bei der das<br />

einrollende Flugzeug am Fahrwerk<br />

gefangen wird und seine Energie<br />

durch das Ausziehen von am Startbahnrand<br />

entgegen der Einrollrichtung<br />

gelegte Ankerketten abgebaut<br />

wird.<br />

27


Flugsicherheit<br />

Situationsgerechte<br />

Aufmerksamkeitsverteilung<br />

von Hauptmann<br />

Carsten Schmietendorf,<br />

gem HFlgAbtKFOR<br />

Bei der Nachfluginspektion<br />

an einer Bell UH 1D<br />

wurde festgestellt, dass<br />

die Seilspannung der<br />

Heckrotorsteuerung zu<br />

gering war. Während<br />

der Kontrolle der Seilspannung<br />

wurde weiterhin<br />

festgestellt, dass ein<br />

Steuerseil nicht mehr<br />

richtig im Seilnippel saß.<br />

Daraufhin wurde durch<br />

den Prüfer angeordnet,<br />

das Seil zu wechseln.<br />

28<br />

Beim Wechseln der kurzen Steuerseile<br />

der Heckrotorsteuerung wurden<br />

die Verbindungsbolzen zwischen Seil<br />

und Steuerkette ausgebaut. Bei der<br />

Kontrolle der Bauteile zum Wiedereinbau<br />

entdeckte Stabsunteroffizier<br />

Oliver Ballin bei der zweiten einzubauenden<br />

Schraube eine nicht zu erklärende<br />

Nut am Übergang zum Gewinde<br />

mit einer Tiefe von mehr als einem<br />

Millimeter. Stabsunteroffizier Ballin<br />

meldete dies dem Wartungsgruppenführer<br />

Oberfeldwebel Robert Kolan.<br />

Sie entschieden, um einen Vergleich<br />

zu haben, die erste schon eingebaute<br />

Schraube wieder auszubauen. Beim<br />

Vergleich beider Schrauben wurden<br />

deutliche Abnutzungsspuren / Unterschiede<br />

an der zweiten Schraube<br />

festgestellt. Aufgrund dieses Unterschiedes<br />

forderte Oberfeldwebel Kolan<br />

in der Nachschubgruppe eine neue<br />

Schraube an, die jedoch in der NschGrp<br />

nicht vorrätig war. Da beide Mechaniker<br />

davon absehen wollten, die auffällige<br />

Schraube wieder einzubauen,<br />

wurde der zuständige Flugwerkprüfer,<br />

Stabsunteroffizier Oliver Ballin<br />

Stabsfeldwebel Edwin Förder, informiert.<br />

Stabsfeldwebel Förder stellte<br />

fest, dass die Schraube fehlerhaft sei<br />

und nicht wieder eingebaut werden<br />

durfte. Er entschied, dass alle Luftfahrzeuge<br />

der gem HFlgAbt KFOR vor dem<br />

nächsten Flugbetrieb zu überprüfen<br />

seien. Bei der weiteren Überprüfung<br />

der übrigen Luftfahrzeuge wurden bei


drei Maschinen insgesamt vier auffällige<br />

Schrauben gefunden.<br />

Weiterhin wurde eine „Dringende<br />

Beanstandungsmeldung“ (AFTO 29)<br />

erstellt.<br />

Rechts die beschädigte Schraube<br />

Situational Awareness<br />

Zur Beschreibung des Prozesses,<br />

der zu einem zutreffend richtigen Situationsbewusstsein<br />

führt, kann das<br />

Modell von Endsley aus 1988 verwendet<br />

werden. Danach läuft der Prozess<br />

folgendermaßen ab:<br />

- Die Objekte in der Umgebung werden<br />

wahrgenommen,<br />

- ihre Bedeutung wird verstanden<br />

und<br />

- die Veränderungen in der Umgebung<br />

und der zukünftige Zustand<br />

der Objekte werden zutreffend für<br />

eine ausreichende Zeitspanne vorhergesagt.<br />

Danach folgen die – vom Situationsbewusstsein<br />

getrennten – Prozesse:<br />

- Entscheidung,<br />

- Ausführungsplanung und<br />

- Handlung.<br />

Aus dem Modell ergibt sich, dass<br />

wichtige Voraussetzungen für ein<br />

angemessenes, ausreichendes Situationsbewusstsein<br />

die Fähigkeit zur<br />

Wahrnehmung und ein Mindestmaß<br />

an Aufmerksamkeit sind. Einflussgrößen,<br />

die zu einem guten Situationsbewusstsein<br />

beitragen, sind (nach<br />

Redden, 20<strong>01</strong>) Erfahrung, ausgebildete<br />

kognitive Fähigkeiten und hohe<br />

Geschwindigkeit und Genauigkeit der<br />

Wahrnehmung.<br />

Als Konstrukt ist Situationsbewusstsein<br />

nicht direkt messbar, fehlendes<br />

oder unzureichendes Situationsbewusstsein<br />

äußert sich auch nicht<br />

zwangsläufig in sichtbaren Fehlern,<br />

Zwischenfällen oder Unfällen. Folglich<br />

führt eine Beobachtung nur eingeschränkt<br />

zu Aussagen über die<br />

Qualität des Situationsbewusstseins.<br />

Dennoch sind Beobachtungen in der<br />

Arbeitsumgebung oder im Experiment<br />

und Befragung der Selbsteinschätzung<br />

Mittel zur Erfassung des Situationsbewusstseins.<br />

Viele menschliche Tätigkeiten, vor<br />

allem in der Prozess- und Fahrzeugführung,<br />

erfordern ein ausreichendes<br />

Situationsbewusstsein; viele Fälle von<br />

menschlichem Fehlverhalten können<br />

mit unzureichendem Situationsbewusstsein<br />

erklärt werden. Als Folge<br />

können technische oder organisatorische<br />

Maßnahmen eingeführt werden,<br />

die das Situationsbewusstsein<br />

erhöhen oder den Verlust des Situationsbewusstseins<br />

verhindern und damit<br />

die Sicherheit im Prozess, bei der<br />

Führung des Fahrzeuges oder generell<br />

im Mensch-Maschine-System erhöhen.<br />

Beispiele sind die ständige Darstellung<br />

relevanter Parameter in Prozessvisualisierungssystemen,<br />

die automatische<br />

Ansage der Höhe beim Landeanflug<br />

oder die Klingel der Schreibmaschine<br />

kurz vor Erreichen des Zeilenendes.<br />

Anmerkung<br />

Im Zuge der Informationsgewinnung<br />

wurde durch das WaSysKdo<br />

festgestellt, dass aufgrund nicht eindeutiger<br />

Beschreibung des Zusammenbaus<br />

der Verbindung Steuerseil –<br />

Steuerkette tatsächlich die Unterlegscheibe<br />

an einer falschen Position<br />

eingebaut werden kann. Die beschreibende<br />

Dokumentation wird mittels<br />

BTE konkretisiert. Weiterhin ist geplant,<br />

mit TA-Inspektionen alle Verbindungen<br />

auf korrekten Zusammenbau<br />

zu kontrollieren. Beim fehlerhaften<br />

Einbau kann die Unterlegscheibe unter<br />

der Mutter in die Nut rutschen<br />

oder die Gefahr bestehen, nicht mehr<br />

ausreichend Gewindegänge im Eingriff<br />

zu haben.<br />

Korrekter Zusammenbau<br />

Fazit<br />

Der Ablauf der Fehlerfeststellung<br />

und die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen<br />

sind beispielhaft und ein hervorragender<br />

Beweis für angewandtes<br />

Maintenance Ressource Management.<br />

Hier bewiesen alle involvierten Bereiche<br />

(WtgZgLTH, PrfGrp, ES und WaSys-<br />

Kdo) bei der Abarbeitung der Prozesse<br />

Entscheidung, Ausführungsplanung<br />

und Handlung ihre hohe Kompetenz<br />

und Bereitschaft, zusammen ein Ziel<br />

zu erreichen.<br />

Beachtenswert ist der Umstand,<br />

dass diese Schrauben in unterschiedlichen<br />

Verbänden der Luftwaffe und<br />

des Heeres schon seit längerer Zeit<br />

im Materialkreislauf waren und deutlich<br />

von den üblichen Schrauben abwichen,<br />

aber noch niemand diesen<br />

Umstand bearbeitet oder gemeldet<br />

hatte.<br />

29


Flugsicherheit<br />

Learning the hard way<br />

von Major Michael Fuhrmann,<br />

GenFlSichhBw<br />

Der Luftraum ist zwar<br />

groß und Flugzeuge sind<br />

klein, aber Flugzeuge<br />

konzentrieren sich an<br />

Sehenswürdigkeiten, an<br />

Flugplätzen, über Navigationsanlagen,<br />

Meldepunkten<br />

sowie Luftstraßen<br />

(Airways).<br />

30<br />

Nachdem sich in den 50er Jahren<br />

eine Reihe von Zusammenstößen in<br />

der Luft (Mid-Air Collisions) ereignete,<br />

wurde im Jahre 1956 die Forderung<br />

nach einem Zusammenstoßwarnsystem<br />

(Traffic Alert and Collision Avoidance<br />

System - TCAS) laut.<br />

Das TCAS wurde über einen Zeitraum<br />

von ca. 30 Jahren entwickelt<br />

und schließlich Ende der achtziger<br />

Jahre zunächst in den USA eingeführt.<br />

Den Ausschlag für die Pflicht zur Ausrüstung<br />

mit einem Kollisionswarnsystem<br />

gab der Zusammenstoß eines<br />

Kleinflugzeuges mit einer DC-9 am<br />

31. August 1986 bei Los Angeles. Ein<br />

Gesetz vom Dezember 1987 verlangte<br />

die Ausrüstung aller kommerziellen<br />

Luftfahrzeuge mit mehr als 30 Plätzen<br />

im US-Luftraum mit einem TCAS II bis<br />

Dezember 1993. Damit mussten alle<br />

Fluglinien weltweit ihre Luftfahrzeuge<br />

entsprechend ausrüsten, wenn sie den<br />

US-amerikanischen Luftraum bedienen<br />

wollten.<br />

Für den nachfolgend dargestellten<br />

Unfall hatten beide Luftfahrzeuge<br />

eine Ausnahmegenehmigung, ohne<br />

TCAS Einrüstung zu fliegen, da sie militärisch<br />

betrieben wurden. So konnte<br />

es dazu kommen, dass auf einer relativ<br />

gering frequentierten Flugstrecke vor<br />

der Küste Afrikas im unkontrollierten<br />

Luftraum eine deutsche Tu-154 M und<br />

eine amerikanische C-141 B in gleicher<br />

Flughöhe kollidierten. Beide Luftfahrzeuge<br />

stürzten in das Meer und wurden<br />

zerstört. Alle 24 Insassen des deutschen<br />

und die neun Besatzungsangehörigen<br />

des amerikanischen Luftfahrzeuges<br />

wurden getötet.<br />

Auftrag<br />

Tu-154 M<br />

Die Besatzung hatte den Auftrag<br />

für einen Flug nach Kapstadt (Südafrika)<br />

und zurück nach Köln/Bonn. Beim<br />

Hin- und Rückflug waren Zwischenlandungen<br />

in Niamey und Windhuk<br />

vorgesehen. Auf dem Hinflug sollten<br />

zwölf Soldaten der Bundesmarine<br />

nach Kapstadt transportiert werden,<br />

die dort auf Einladung der südafrikanischen<br />

Regierung an einer internationalen<br />

Regatta im Rahmen der 75-Jahr-<br />

Feier der südafrikanischen Marine<br />

teilnehmen sollten.<br />

Die sogenannten OPERATIONAL<br />

FLIGHT PLANS (OFP) für die Tu 154 M<br />

wurden von einer zivilen Firma erstellt.<br />

Die auf einer Teilstrecke vorgesehen<br />

Flughöhe von Flugfläche 390 entsprach<br />

nicht der Halbkreisflugflächenregelung<br />

gemäß den Vorgaben der<br />

ICAO. Der Flugplan wurde von einer<br />

angeschriebenen Flugverkehrskontrollstelle<br />

(FVK) in Afrika nicht empfangen.<br />

C-141 B<br />

Die Besatzung hatte den Auftrag,<br />

Personal und Material aus den USA<br />

nach Windhuk zu transportieren. Der<br />

Rückflug war mit einer Zwischenlandung<br />

auf der Atlantikinsel Ascension<br />

geplant. Der für den Flug Windhuk<br />

– Ascension notwendige Flugplan informierte<br />

u. a. über folgenden Flugverlauf:<br />

- Nach dem Start direkt nach ILDIR,<br />

- geplante Flugdauer bis ILDIR 1:11 h,<br />

- FL 350<br />

Die FVK Stellen Luanda, Dakar,<br />

Oceanic, Recife und Ascension wurden<br />

angeschrieben. Am Zielflugplatz<br />

wurde der Flugplan nicht empfangen,<br />

in der Fluginformationszentrale Luanda<br />

lag der Plan ab 13:00 z vor.<br />

Flugverlauf<br />

Der Flug der Tu-154 M von Köln/<br />

Bonn nach Niamey verlief ohne Auffälligkeiten.<br />

Nach der Landung führte die<br />

Besatzung ein Gespräch auf der Frequenz<br />

126,9 MHz mit einem anderen<br />

Luftfahrzeug des gleichen Verbandes,<br />

das den Luftraum des Fluginformationsgebietes<br />

(FIR) Niamey durchflog.<br />

Anmerkung:<br />

Die Nutzung der Frequenz 126,9<br />

MHz in Großteilen des afrikanischen<br />

Luftraumes entspricht einer Empfehlung<br />

der International Air Transport<br />

Association (IATA). Das Verfahren<br />

wird als In-Flight-Broadcast-Procedure<br />

(IFBP) bezeichnet und hat zum Ziel,<br />

Zusammenstöße zu vermeiden. Dazu<br />

übermittelt die Luftfahrzeugbesatzung<br />

regelmäßig Position, Flugweg<br />

und Flughöhe auf der Frequenz, ohne<br />

eine Rückantwort zu erwarten. Damit<br />

soll der unzureichenden Qualität der<br />

Flugverkehrsdienste, besonders des<br />

Fluginformationsdienstes, Rechnung<br />

getragen werden. Das Anwendungsgebiet<br />

endet im südlichen Afrika an<br />

der Grenze zwischen Luanda FIR und<br />

Windhuk FIR.<br />

Während der Startvorbereitung für<br />

den Weiterflug erkundigte sich der<br />

diensthabende Fluglotse nach der gewünschten<br />

Flughöhe, die von der Besat-


zung mit FL 350 angegeben wurde. Die<br />

anschließende Flugverkehrsfreigabe<br />

enthielt u. a. die Genehmigung, auf<br />

FL 350 steigen zu dürfen. Der Start erfolgte<br />

um 10:35 z.<br />

Zur weiteren Koordinierung gab die<br />

Flugsicherungsstelle die Startmeldung<br />

an mehrere FVK-Stellen. Die für die<br />

Behandlung des Fluges bedeutsamen<br />

FVK-Stellen Accra, Luanda und Windhuk<br />

empfingen diese Meldung nicht.<br />

Die Besatzung meldete das Erreichen<br />

von FL 350 und erbat nach Passieren<br />

des Meldepunkts ACCRA, den Punkt<br />

GAPEL direkt anfliegen zu dürfen, um<br />

einen Teil der Flugstrecke abzukürzen.<br />

Dieser Bitte wurde mit einer Freigabe<br />

durch die FVK-Stelle Accra entsprochen.<br />

Nach Überflug des Punktes ACCRA<br />

in südliche Richtung befand sich das<br />

Luftfahrzeug für den gesamten weiteren<br />

Flugverlauf im unkontrollierten<br />

Luftraum der Klassifizierung G.<br />

Um 12:14 z gab die Besatzung<br />

auf Nachfrage der FVK Accra die geschätzte<br />

Überflugzeit mit 13:22 z an<br />

und bestätigte wiederholt, in FL 350<br />

zu fliegen.<br />

Die FVK Accra versuchte daraufhin,<br />

die Bezirkskontrollstelle Luanda über<br />

den bevorstehenden Einflug des Luftfahrzeuges<br />

in deren Zuständigkeitsbereich<br />

zu informieren.<br />

Da keine direkte Kommunikationsverbindung<br />

zwischen den FVK Accra<br />

und Luanda besteht, wurden die relevanten<br />

Daten über SATCOM an die<br />

Bezirkskontrollstelle Libreville (Gabun)<br />

übermittelt, von wo aus sie an Luanda<br />

hätten weitergeleitet werden sollen.<br />

Die Übermittlung wurde in Accra dokumentiert.<br />

In Libreville wurde gegenüber<br />

Vertretern der deutschen Botschaft<br />

jedoch ausgesagt, diese Daten<br />

nie erhalten zu haben. Folglich wurde<br />

auch Luanda nicht informiert.<br />

Nach Überflug des Punktes GAPEL<br />

drehte das Luftfahrzeug auf den Steuerkurs<br />

148° in Richtung des Punktes IL-<br />

DIR. Für den Streckenabschnitt GAPEL –<br />

ILDIR ist die FVK Luanda zuständig. Die<br />

Besatzung versuchte ab 13:56 z mehrfach<br />

Funkkontakt zur FVK Luanda herzustellen.<br />

Um 14:19 z bestätigte die<br />

FVK Luanda erstmals das Rufzeichen<br />

des Luftfahrzeuges.<br />

Die Besatzung meldete, auf dem<br />

Weg Niamey nach Winkhuk in FL 350<br />

zu fliegen sowie u. a. den erwarteten<br />

Überflug von ILDIR um 14:58 z. Von<br />

allen gegebenen Informationen wiederholte<br />

die FVK Luanda das Rufzeichen,<br />

die Flughöhe von FL 350 und<br />

den Bestimmungsflugplatz Windhuk.<br />

Ein anschließender Versuch der FVK<br />

Luanda, über ein angolanisches Luftfahrzeug<br />

Funkkontakt zur Tu 154 M<br />

herzustellen, blieb erfolglos.<br />

Ab 14:37 z versuchte die Besatzung<br />

mehrfach erfolglos, auf der Frequenz<br />

124,7 MHz Funkkontakt zur FVK<br />

Windhuk aufzunehmen. Um 15:00 z<br />

gab die Besatzung eine Meldung auf<br />

der Frequenz 126,9 MHz gemäß der<br />

beschriebenen IATA-Empfehlung<br />

durch. Bevor um 15:08 z letztmalig<br />

der Versuch unternommen wurde, die<br />

FVK Windhuk zu erreichen, wurden<br />

vom Cockpit Voice Recorder (CVR) der<br />

Tu-154 M zwei Funksprüche der C-141<br />

B aufgezeichnet, in denen die amerikanische<br />

Besatzung der FVK Windhuk<br />

das Erreichen von FL 350 mitteilte.<br />

Die C-141 B empfing um 14:02 z<br />

die Flugverkehrsfreigabe für den Flug<br />

nach Ascension in FL 350. Der Start<br />

erfolgte um 14:11 z.<br />

Die Fluginformationszentrale Windhuk<br />

erstellte daraufhin die Startmeldung,<br />

die u. a. die geplante Flughöhe<br />

enthielt und übermittelte diese an<br />

die betroffenen FIRs. Dem diensthabenden<br />

Fluglotsen der FIR Luanda lag<br />

diese Meldung um 14:20 z vor.<br />

Um 14:35 z meldete die Besatzung<br />

der C-141 B das Erreichen von FL 350<br />

und die voraussichtliche Überflugzeit<br />

15:22 z für den Punkt ILDIR. Daraufhin<br />

verfasste die FVK Windhuk die Koordinationsmeldung,<br />

mit der die FIR Luanda<br />

über die Einflugzeit des Luftfahrzeuges<br />

in deren Luftraum in Kenntnis<br />

gesetzt werden sollte. Diese Meldung<br />

wurde um 14:37 z in der Fernmeldezentrale<br />

in Luanda empfangen. Die<br />

Weitergabe dieser Meldung an die<br />

FVK Luanda erfolgte erst um 15:39 z<br />

und lag damit dem diensthabenden<br />

Fluglotsen erst ab diesem Zeitpunkt<br />

vor.<br />

Die Annäherungsgeschwindigkeit<br />

der beiden Luftfahrzeuge betrug etwa<br />

910 kn, das entspricht ca. 500 m/s. Ein<br />

Besatzungsangehöriger der Tu 154 M<br />

erkannte 1,4 Sekunden vor dem Zusammenstoß<br />

das entgegenkommende<br />

Luftfahrzeug, die Besatzung der C-141<br />

B erkannte das entgegenkommende<br />

Luftfahrzeug zu keinem Zeitpunkt.<br />

Um 15:10 z kollidierten beide Luftfahrzeuge<br />

und stürzten ab.<br />

31


Flugsicherheit<br />

Feststellungen<br />

Am Unfallort herrschten gute<br />

Sichten und nur tiefliegende, aufgelockerte<br />

Bewölkung.<br />

Bei der automatischen Erstellung<br />

des OFP warf der Computer für den<br />

späteren Streckenabschnitt des Unfalls<br />

die korrekte Höhe, FL 370 oder<br />

alternativ FL 410 gemäß der Halbkreisflächenregelung<br />

aus. Da FL 410<br />

aufgrund der Leistungsdaten der Tu-<br />

154 M nicht erreicht werden konnte,<br />

griff der Berater in den Prozess ein,<br />

löschte beide Höhen und gab FL 390<br />

ein, ohne im Anschluss eine rechnergestützte<br />

Überprüfung des gesamten<br />

OFP anhand des Fehlererkennungsprogramms<br />

durchzuführen.<br />

Die Angabe der falschen FL für den<br />

Flug von Niamey nach Windhuk und<br />

der entsprechend falsche Übertrag in<br />

den dazugehörigen Flugplan blieb unbemerkt<br />

von der Besatzung.<br />

Die FVK Luanda hätte das Luftfahrzeug<br />

gemäß erhaltenem Flugplan in FL<br />

390 erwarten müssen. Aus dem Funkverkehr<br />

entnahm der Lotse, dass die<br />

tatsächliche Flughöhe FL 350 betrug,<br />

was er ohne weitere Bemerkung auf<br />

sich beruhen ließ.<br />

Aufgrund von unzuverlässigen<br />

AFTN-Leitungen im afrikanischen<br />

Raum kam es dazu, dass die Flugpläne<br />

und Folgemeldungen ihre Empfänger<br />

nur teilweise erreichten oder nur unvollständig<br />

empfangen wurden.<br />

Die Koordination zwischen den FVK<br />

Accra und Luanda hätte gemäß Vorgabe<br />

der ICAO über eine ständig verfügbare,<br />

direkte Kommunikationsverbindung<br />

erfolgen müssen. Eine solche<br />

Verbindung existiert nicht. Die Weitergabe<br />

von Daten über die Bezirkskontrollstelle<br />

Libreville war in diesem Fall<br />

erfolglos.<br />

Eine Koordinierungsmeldung der<br />

FVK Luanda an die FVK Windhuk über<br />

den bevorstehenden Einflug der Tu-<br />

154 M in deren Zuständigkeitsbereich<br />

in FL 350 erfolgte nicht.<br />

Die FVK Windhuk hatte Kenntnis<br />

vom Flugweg der C-141 B in Richtung<br />

32<br />

des Punktes ILDIR in FL 350, jedoch<br />

nicht von der Tu-154 M in Richtung<br />

desselben Punktes und ebenfalls in FL<br />

350.<br />

Im Abschlussbericht wird festgestellt,<br />

dass der Unfall hätte verhindert<br />

werden können, wenn die Besatzung<br />

der Tu 154 M die fehlerhafte Vorgabe<br />

der FL 390 im OFP erkannt hätte<br />

und eine Korrektur gemäß der Halbkreisflugflächenregelung<br />

im Flugplan<br />

und im Flug vorgenommen hätte. Der<br />

Zusammenstoß hätte ebenfalls vermieden<br />

werden können, wenn das<br />

Personal der FVK Luanda seinen Aufgaben<br />

korrekt nachgekommen wäre.<br />

Fehlende und/oder unzureichende<br />

Kommunikationsverbindungen trugen<br />

zum Unfallgeschehen bei.<br />

Ursachenfestlegung<br />

- Personal – Verantwortlicher Luftfahrzeugführer/Kommandant<br />

des<br />

Fluges Niamey-Windhuk<br />

Die Tu-154 M wurde in einer Flugfläche<br />

geflogen, die nicht den Halbkreisflugflächenregeln<br />

entspricht.<br />

- Personal – Besatzung (LFF, NAV) des<br />

Fluges Niamey-Windhuk<br />

Die Tu-154 M wurde in einer Flugfläche<br />

geflogen, die nicht den Halbkreisflugflächenregeln<br />

entspricht.<br />

- Personal – Verantwortlicher Luftfahrzeugführer<br />

für den Einsatz<br />

Er erkannte die im Flugplan falsch<br />

angegebene Flugfläche nicht.<br />

- Personal – Flugsicherungspersonal<br />

der FVK Luanda<br />

Das Flugsicherungspersonal leitete<br />

keine Maßnahmen zur Verhinderung<br />

des Unfalls ein.<br />

- Umwelt – Infrastruktur<br />

Unzuverlässige und fehlende Fernmeldeverbindungen<br />

be- und verhinderten<br />

den Austausch von flugsicherheitsrelevanten<br />

Informationen.<br />

Unter der Rubrik „Maßnahmen zur<br />

Unfallverhütung“ wurde aufgeführt:<br />

Es wird darauf hingewiesen, dass<br />

- das BMVg die Einrüstung von TCAS<br />

in Transport- und ausgewählte Sonder-Lfz<br />

der Bundeswehr angeordnet<br />

hat und die bei der Untersuchung<br />

aufgedeckten Flugsicherungsdefizite<br />

im afrikanischen Luftraum dem<br />

Bundesministerium für Verkehr angezeigt<br />

hat;<br />

- das LTKdo u. a. den Besatzungen<br />

von Luftfahrzeugen, die mit GPS/<br />

INS-gestützten FLIGHT MANAGE-<br />

MENT SYSTEMEN ausgerüstet sind,<br />

empfohlen hat, auf Luftstraßen mit<br />

unzureichender Radarabdeckung<br />

eine OF<strong>FS</strong>ET-Programmierung von<br />

mindestens 0,5 NM nach rechts<br />

vorzusehen;<br />

- ICAO für die afrikanische Region<br />

einen umfassenden Aktionsplan für<br />

das Jahrzehnt 1995-2005 entwickelt<br />

hat.<br />

Es wird empfohlen, ergänzende<br />

Möglichkeiten einer Überprüfung extern<br />

gelieferter Flugplanungsdaten zu<br />

untersuchen.<br />

Es wird gefordert,<br />

- zukünftig in die Bundeswehr einzuführende<br />

Luftfahrzeuge mit Flugdatenaufzeichnungsgeräten<br />

mit<br />

einer automatischen Ausstoßvorrichtung<br />

auszustatten sowie<br />

- die ICAO zu bitten, dass IFBP der<br />

IATA zu übernehmen und das Anwendungsgebiet<br />

auf den Süd-Atlantik<br />

(einschließlich FIR Windhuk)<br />

auszudehnen.<br />

Als Konsequenz aus diesem Unfall<br />

wurde die Ausrüstung mit TCAS für<br />

militärische Luftfahrzeuge, die sich<br />

häufig in Regionen mit schlechter<br />

Radarabdeckung bewegen, forciert.<br />

Darüber hinaus ist es seit diesem Unfall<br />

üblich, bei der Nutzung von FMS-<br />

Anlagen auf Flugstrecken besonders<br />

im afrikanischen Luftraum 2 NM nach<br />

rechts versetzt von der Luftstraße zu<br />

fliegen, um so potenziellen Gefahren<br />

bei Versäumnissen seitens der Flugsicherung<br />

zu begegnen.


In this issue:<br />

written by LtCol Paul Sutherland, German Armed Forces Flight Safety Directorate<br />

VIP versus Flugsicherheit // VIP versus Flight Safety<br />

The President of Brazil is inbound to Nörvenich Air Base, but there‘s a rocket laying in the infield, a 4-ship of F-104s running out of<br />

gas, and a decoy pilot who doesn‘t know where to park. How do you maintain flight safety on a day like this? Priorities!<br />

Schwieriger Anflug // A Difficult Approach<br />

Controlled Flight Into Terrain (CFIT). A rogue pilot and a shy, inexperienced co-pilot. Violations of training standards and documentation.<br />

Bad weather and an out-of-control sink rate. 15 dead (13 passengers). A tragic tale from Australia.<br />

Ihr <strong>FS</strong>O rät // Your <strong>FS</strong>O advises...<br />

Keep your <strong>FS</strong>O vehicle free of ice and snow – and don‘t EVER piss off a frigid snowplow driver!<br />

Post Crash Management<br />

Inhaling toxic carbon fibers at the scene of a post-crash fire is only one of a myriad of threats facing accident responders and<br />

investigators. A Royal Air Force veteran shares his experiences and recommendations for the training and proper equipping of the<br />

post-crash team.<br />

Gefahren an der Unfallstelle // Dangers at an Accident Site<br />

Physical, material, chemical, biological, psychological – dangers in each of these categories abound at a crash site. Arm yourself<br />

and your team with awareness, in-depth knowledge and preparedness to engage these threats.<br />

354312093034Y, tschüss... („bye bye...“)<br />

Air Traffic Control communication is, by its very nature, overflowing with numbers. And confusing those numbers can be deadly.<br />

Train your mouth, your ears and your mind to get the numbers right.<br />

Nobody kicks ass... without tanker‘s gas<br />

A USAF tanker over Germany, on its way from England to „Mesopotamia“, encounters smoke in the aircraft. And where there‘s<br />

smoke, there‘s... fire? In an airborne gas station? Stress leads to some non-standard comm, but controllers and aircrew work<br />

together toward a successful emergency landing at Frankfurt.<br />

(Brems-) Schirmlos // Without a Brakechute<br />

February, 1975. Spanish Air Force Base, Getafe. A Luftwaffe G-91 T/3 pilot, whose attention is narrowly focused on the „simple“<br />

task of a ferry flight, lets his risk-awareness guard slip. A misunderstanding of teamwork and the „buddy system“ leads to a<br />

destroyed aircraft.<br />

Praktizierte SA // SA in practice<br />

An alert and conscientious helicopter mechanic notices that a certain screw in the Huey‘s tail section just doesn‘t look quite right.<br />

Further investigation reveals that three other UH-1s also had similarly deteriorating screws installed in flight-critical steering components.<br />

A lesson in Maintenance Resource Management (MRM) and the benefits of practicing vigilant Situational Awareness<br />

(SA) in the Hangar, not just in the skies.<br />

Learning the hard way<br />

The sky is big and aircraft are (relatively) small. Yet these small aircraft in a big sky tend to concentrate in numbers around sightseeing<br />

locations, NAVAIDS, airfields, reporting fixes and airways. When they also fly at identical altitudes the risk of mid-air<br />

collisions escalates enormously. Lessons from the September, 1997 collision of a Luftwaffe Tu-154 and a USAF C-141 over the<br />

Atlantic, off the coast of southern Africa.


Foto Guido Sonnenberg • Bildbearbeitung www.schaltwerk.eu

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