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Flugsicherheit<br />
Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände<br />
Bundeswehr
Heft 1 April 2<strong>01</strong>0 - 47. Jahrgang<br />
Ausgabe 1 / 2<strong>01</strong>0<br />
Flugsicherheit<br />
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände<br />
Flugsicherheit<br />
Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände<br />
Titelfoto:<br />
Guido Sonnenberg<br />
Bildbearbeitung www.schaltwerk.eu<br />
„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung<br />
für fliegende Verbände der Bundeswehr<br />
Herausgeber:<br />
Luftwaffenamt -<br />
General Flugsicherheit in der Bundeswehr<br />
Redaktion:<br />
Hauptmann Klemens Löb,<br />
Tel.: 02203 - 9083124<br />
Luftwaffenkaserne 5<strong>01</strong>/07<br />
Postfach 906110<br />
51127 Köln<br />
redaktionflugsicherheit@bundeswehr.org<br />
klemensloeb@bundeswehr.org<br />
Gestaltung:<br />
Hauptmann Klemens Löb<br />
GenFlSichhBw<br />
Erscheinen:<br />
dreimonatlich<br />
Manuskripteinsendungen<br />
sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser<br />
gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt<br />
die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers<br />
dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser<br />
mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden<br />
sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen<br />
(mit Autoren- und Quellenangaben) sind<br />
daher möglich und erwünscht.<br />
Druck:<br />
Heimbüchel & Köllen corporate publishing GbR<br />
1<strong>01</strong>17 Berlin<br />
Editorial 1<br />
VIP versus Flugsicherheit 2<br />
Schwieriger Anflug 5<br />
Ihr <strong>FS</strong>O rät: 9<br />
Post Crash Management 10<br />
Gefahren an der Unfallstelle 14<br />
354312093034Y tschüss ... 19<br />
Nobody kicks ass ... 20<br />
(Brems-) Schirmlos 22<br />
Praktizierte SA 28<br />
Learning the hard way 32<br />
In this issue 33
Editorial<br />
Auf die Perspektive kommt es an ...<br />
Es war Wochenende und ich widmete<br />
meine ganze Aufmerksamkeit<br />
der ausgebreiteten Zeitung auf dem<br />
Frühstückstisch. Eine Großaufnahme<br />
von einem Politiker war auf der<br />
Seite zu sehen, eine wichtige Angelegenheit.<br />
Mein kleiner Sohn saß auf<br />
meinem Schoß und betrachtete das<br />
Bild. „Hund“, sagte er. „Ach“, sagte<br />
ich, „da ist doch kein Hund“. „Hund“,<br />
beharrte er. Ich starrte auf das Bild,<br />
sah immer nur diesen lächelnden Politiker.<br />
Hund. Kleine Kinder können ja<br />
sehr hartnäckig sein. Und auf einmal<br />
sah ich ihn auch. Winzigklein und etwas<br />
versteckt war er seitlich im Hintergrund<br />
zu erkennen. In der Tat. Ein<br />
Hund. Den hätte ich glatt übersehen.<br />
Weil ich dieses Bild mit meinen Erwachsenenaugen<br />
betrachtete. Und<br />
die sind darauf gepolt, das zu sehen,<br />
was ins Auge fällt. Was anderen wichtig<br />
ist. So, dass es eben groß ins Bild<br />
gesetzt wird. Kinderaugen dagegen<br />
haben einen Blick fürs Detail. Sie sehen<br />
das, was ihnen wichtig ist. In diesem<br />
Fall eben einen Hund. Auch wenn<br />
er noch so klein ist.<br />
Und das erinnert mich an unseren<br />
Dienstbetrieb, speziell an die Flugsicherheit.<br />
Unterschiedliche Betrachtungsweisen<br />
und Wertungen führen<br />
zu den erstaunlichsten Denkweisen<br />
und Ergebnissen. Nur wenn wir einen<br />
Blick für die kleinen Details behalten,<br />
können große Zusammenhänge und<br />
Folgen erkannt und gesteuert werden.<br />
Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, Sachverhalte<br />
flexibel mit verschiedenen<br />
Perspektiven zu beleuchten und das<br />
Auge für Details zu schärfen ... Hoffentlich<br />
kann ich diesen Wunsch immer<br />
umsetzten.<br />
In dieser Ausgabe der Flugsicherheit<br />
finden Sie Beiträge, die uns zeigen,<br />
dass das Thema Flugsicherheit<br />
sich in vielen Facetten darstellen kann.<br />
So werden aufgrund der richtigen<br />
Perspektive und dem hervorragenden<br />
Sachverstand zwar Details erkannt<br />
und eventuelle Folgen richtig beurteilt,<br />
es wird aber auch gezeigt, wie<br />
Missverständnisse entstehen können,<br />
wie menschliches Fehlverhalten nicht<br />
korrigiert wird und welche Folgen<br />
daraus entstehen.<br />
Einen Schwerpunkt bildet in dieser<br />
Ausgabe das Thema Post Crash Management,<br />
wo uns gezeigt wird, dass<br />
der Selbstschutz der Helfer manchmal<br />
sträflich vernachlässigt wird.<br />
In diesem Sinne:<br />
Safe landings!<br />
In Vertretung<br />
Ahrens<br />
Oberst<br />
1
Flugsicherheit<br />
VIP<br />
versus<br />
Flugsicherheit<br />
Das Nörvenicher „Geisel-Drama“<br />
(Schauspiel in drei Akten)<br />
von<br />
Hptm a.D. Herman Vogt,<br />
JaboG 31 „B“ und<br />
Oberstlt Heribert Mennen,<br />
GenFlSichhBw<br />
Prolog:<br />
Im März 1978 besuchte<br />
der damalige brasilianische<br />
Staatschef<br />
ERNESTO BECKMANN<br />
GEISEL die Bundesrepublik<br />
Deutschland.<br />
Geisel war Sohn eines<br />
hessischen Einwanderers<br />
und wie sein älterer<br />
Bruder Henrique Soldat<br />
der brasilianischen<br />
Streitkräfte.<br />
Beide stiegen bis zum<br />
General auf. Ernesto<br />
wurde nach dem Staatsstreich<br />
von 1964 Militärchef<br />
und im Januar 1974<br />
schließlich Staatspräsident.<br />
Während seiner<br />
Präsidentschaft begann<br />
die Militärführung eine<br />
langsame Liberalisierung,<br />
obwohl Geisel<br />
nach wie vor eine starke<br />
Kontrolle durch den<br />
Staat behielt. Nach dem<br />
Ende seiner Amtszeit<br />
1979 war Geisel in der<br />
Geschäftsführung einer<br />
privaten Chemiefirma<br />
tätig. Er verstarb am<br />
12. September 1996.<br />
Zum Zeitpunkt seines Staatsbesuchs<br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
stand das Land unter dem Eindruck<br />
der linksterroristischen Bedrohung<br />
durch die Rote Armee Fraktion (RAF).<br />
So wurden auch potenzielle Anschläge<br />
auf Luftfahrzeuge am Boden und<br />
in der Luft, insbesondere bei symbolträchtigen<br />
Staatsbesuchen, nicht ausgeschlossen.<br />
Aufgrund dieser Bedrohungslage<br />
und eingedenk seines militärischen Lebenslaufs<br />
war die Ankunft des brasilianischen<br />
Staatspräsidenten am 8. März<br />
1978 nicht auf dem Flughafen Köln-<br />
Bonn, sondern auf dem nahgelegenen<br />
Luftwaffen-Fliegerhorst Nörvenich eingeplant.<br />
Es war vorgesehen, dass zwei<br />
Luftfahrzeuge (Lfz) des gleichen Typs<br />
anfliegen; in welchem Lfz der VIP sitzt,<br />
sollte bis nach dem Aufsetzen geheim<br />
bleiben. Das Personal des Platzkontrollstandes<br />
(TOWER) sollte dann die<br />
Luftfahrzeugbesatzung befragen und<br />
das VIP-Lfz zur „Schärfplatte Ost“<br />
dirigieren. Dort sollten mehrere BGS-<br />
Hubschrauber bereitstehen, um nach<br />
der Begrüßung durch den Kommodore<br />
den VIP und seine Begleitung aufzunehmen<br />
und nach Bonn zu fliegen.<br />
Das zweite Gast-Lfz sollte nach der<br />
Landung auf dem Südrollweg halten.<br />
Der für diesen Tag langfristig geplante<br />
Geschwaderflugbetrieb sollte<br />
unverändert durchgeführt werden.<br />
Geplant war die Landung eines<br />
Schwarms F-104 (konventioneller<br />
Schießplatzeinsatz) kurz hinter den Lfz<br />
mit den Staatsbesuchern.<br />
1. Akt<br />
Die VIP-Maschinen befinden sich<br />
im Anflug. Die Geschwaderführung<br />
versammelt sich auf der Schärfplatte<br />
im Osten. Das FuG 7-Funksprechgerät<br />
dampft schon.<br />
Funkspruch auf FuG 7:<br />
TOWER von Flugsicherheitsoffizier, ich<br />
müsste mal schnell auf die RUNWAY,<br />
da soll eine Rakete liegen.<br />
TOWER von INKA (Funkdeckname des<br />
2
Kommodore), habe ich richtig verstanden,<br />
eine Rakete?<br />
Ja, eine Rakete.<br />
TOWER von INKA, die Maschinen sollen<br />
GO AROUND machen und in der<br />
Platzrunde halten!<br />
Tatsächlich wird ein langer Gegenstand,<br />
der einer Rakete ähnlich sieht,<br />
aus dem kniehohen Gras neben der<br />
Piste geborgen.<br />
2. Akt<br />
Die Luftfahrzeuge für den Staatsbesuch<br />
fliegen zum zweiten Mal für die<br />
Landung an.<br />
Funkspruch auf der lokalen TOWER-<br />
Frequenz:<br />
TOWER, Mission XYZ, is the VIP on the<br />
ground?<br />
Mission XYZ from TOWER negative,<br />
12 miles to fly, has got a delay.<br />
Roger TOWER, we are coming from<br />
the range, we will make it very short<br />
and land in front.<br />
TOWER: Is it possible to hold south of<br />
the airfield?<br />
Negative, in this case I will declare<br />
EMERGENCY!<br />
Funkspruch auf FuG 7:<br />
TOWER von INKA, was macht denn<br />
die 4-ship da, die sollen sich verdrücken!<br />
INKA von TOWER: Die haben keinen<br />
Sprit mehr.<br />
TOWER von INKA: Der H... landet sonst<br />
auch mit 600 Pfund und sagt nichts!<br />
Die Range-Mission landet; währenddessen<br />
leitet der Pilot des ersten<br />
VIP-Lfz das Fehlanflugverfahren ein<br />
und startet durch.<br />
Der Luftfahrzeugführer (LFF) des<br />
zweiten Staats-Lfz fragt auf dem Radarendanflug:<br />
Is the first aircraft safe on the<br />
ground?<br />
Funkspruch des LFF:<br />
Roger, going around also, he has to<br />
land first.<br />
3. Akt<br />
Die VIP-Luftfahrzeuge fliegen zum<br />
dritten Male an und landen in Nörvenich,<br />
aber irgendwie ist Misstrauen<br />
aufgekommen. Die Piloten verraten<br />
nicht, in welcher Maschine der VIP<br />
sitzt.<br />
Einer der Piloten sagt: „ I am briefed,<br />
I taxi with the VIP to the ramp“.<br />
Gesagt, getan. Das Lfz rollt zur<br />
Schärfplatte Ost. Die Tür öffnet sich –<br />
aber es ist kein VIP an Bord.<br />
Dieser sitzt in der anderen Maschine,<br />
die auf dem Südrollweg steht.<br />
Daraufhin setzt sich der BGS-Hubschrauberschwarm<br />
in Bewegung –<br />
Richtung Südrollweg.<br />
Funkspruch auf FuG 7: „TOWER von<br />
INKA, request to cross runway – noch<br />
so’n Drama und ihr seid mich los!<br />
Antwort des Endanflugkontrolleiters:<br />
Negative, he made a missed approach<br />
due to an emergency landing in front.<br />
© Zeichnung von StFw Ingo Paul Dierkes<br />
3
Flugsicherheit<br />
Epilog<br />
Nun ja, werden Sie sagen, das ist<br />
eine „amüsante“ Geschichte, aber was<br />
hat sie mit unserem heutigen Flugbetrieb<br />
zu tun? Können wir daraus trotz<br />
entscheidend veränderter Rahmenbedingungen<br />
Lehren ziehen, die auch<br />
heute noch Gültigkeit haben? Kann<br />
die Wiedergabe dieses „Schauspiels“<br />
somit auch der Flugunfallprävention<br />
dienen?<br />
Wir sind absolut dieser Meinung.<br />
Schauen wir doch einmal auf die<br />
handelnden Akteure.<br />
Da ist zum einem der Flugsicherheitsoffizier.<br />
Nachdem er vom Verlust<br />
einer Rakete auf oder unmittelbar neben<br />
der Piste erfahren hat, lässt er sich<br />
auch durch die im Anflug befindlichen<br />
VIP-Lfz nicht beeindrucken, führt die<br />
notwendige Überprüfung durch, wird<br />
prompt fündig und beseitigt einen riskanten<br />
Zustand. Gut so!<br />
Der Kommodore unterstützt ihn<br />
und weist das Flugsicherungspersonal<br />
an, den Anflug der VIP-Lfz zunächst<br />
abzubrechen und sie in der Platzrunde<br />
halten zu lassen. Eine folgerichtige<br />
Entscheidung (die mit Sicherheit vom<br />
<strong>FS</strong>-Personal auch eigenständig getroffen<br />
worden wäre!).<br />
Nun zum gleichzeitig stattfindenden<br />
geschwadereigenen Flugbetrieb, insbesondere<br />
zum konventionellen<br />
Schießplatzeinsatz eines Schwarms<br />
F-104. Hier kann das Risikomanagement<br />
aller bei der Planung und Durchführung<br />
Beteiligten nur als „unzureichend“<br />
bezeichnet werden. Es wäre<br />
unbedingt eine größere zeitliche Entzerrung<br />
zwischen der RANGE-MISSION<br />
und den VIP-Lfz erforderlich gewesen.<br />
Die Verbandsplanung basierte darauf,<br />
dass alle Zeitparameter genau eingehalten<br />
werden. Die Erfahrung zeigt<br />
jedoch, dass dies sowohl bei einem<br />
Schießplatzeinsatz als auch bei VIP-<br />
Betrieb nicht immer der Fall ist. Solche<br />
Flüge sind mit vielen Unwägbarkeiten<br />
behaftet und erfordern eine besondere<br />
Berücksichtigung und Behandlung.<br />
Es wäre auch sicherlich angebracht<br />
gewesen, dass der Schwarmführer<br />
F-104 nach dem Schießplatzeinsatz<br />
frühzeitig den aktuellen Sachstand erfragt,<br />
um darauf angemessen reagieren<br />
zu können (z. B. einen der damals<br />
zahlreich zur Verfügung stehenden<br />
Nachbarplätze/ALTERNATES nutzen).<br />
Sich dem Heimatplatz bis in den<br />
Nahbereich anzunähern und dann<br />
mit Hinweis auf die sich abzeichnende<br />
(oder bereits eingetretene) Kraftstoffproblematik<br />
das <strong>FS</strong>-Personal und andere<br />
Luftraumnutzer unter Druck zu<br />
setzten, ist nicht die „feine englische<br />
Art“ und fördert nicht die Flugsicherheit.<br />
© Zeichnung von StFw Ingo Paul Dierkes<br />
Unser Fazit:<br />
Eine gründliche Analyse aller bekannten<br />
und zu erwartenden Faktoren<br />
ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche<br />
und sichere Auftragserfüllung.<br />
Besondere Umstände erfordern<br />
auch besondere Berücksichtigung. Bei<br />
Ihrer Planung sollten Sie nicht „auf<br />
Naht nähen“ und sich genügend Freiraum<br />
bzw. Alternativen erhalten, um<br />
auf kurzfristige Änderungen der Rahmenbedingungen<br />
flexibel reagieren zu<br />
können. Damit vermeiden Sie, dass Sie<br />
sich selbst oder andere in eine schwierige,<br />
die Flugsicherheit möglicherweise<br />
beeinträchtigende Situation bringen.<br />
FLY SAFE!<br />
4
von Mark Lacagnina,<br />
Aviation Safety Spotlight 03-2007<br />
Den Unfalluntersuchungen<br />
zufolge spielten bei<br />
dem Absturz eines Luftfahrzeugs<br />
vom Typ Fairchild<br />
Metro 23 am 7. Mai<br />
2005 im äußersten<br />
Norden von Queensland<br />
(Australien) verschiedene<br />
Faktoren eine<br />
Rolle: ein erfahrener Pilot,<br />
der bereits früher<br />
ständige Dienstanweisungen<br />
nicht eingehalten<br />
hatte, ein<br />
unerfahrener und zurückhaltender<br />
Kopilot,<br />
überhöhte Flug- und<br />
Sinkgeschwindigkeiten<br />
während eines Nicht-<br />
Präzisionsanflugs bei<br />
schlechtem Wetter sowie<br />
Missachtung der<br />
eigenen Vorschriften<br />
und Ausbildungsstandards<br />
durch den Luftfahrzeughalter.<br />
In seinem Abschlussbericht äußerte<br />
sich das Australian Transport Safety<br />
Bureau wie folgt: „Der Unfall war mit<br />
größter Wahrscheinlichkeit das Ergebnis<br />
eines kontrollierten Flugs in den Boden;<br />
das heißt, ein lufttüchtiges Luftfahrzeug<br />
wurde unter der Führung der<br />
Besatzung unabsichtlich in den Boden<br />
gesteuert, wobei sich die Besatzung<br />
vorher wahrscheinlich nicht bewusst<br />
war, wie nah sich das Luftfahrzeug am<br />
Boden befand.“ Beide Piloten und alle<br />
13 Passagiere wurden bei dem Unfall<br />
getötet, der sich in der Nähe von Lockhart<br />
River (Queensland) ereignete.<br />
Die Metro 23 und acht weitere<br />
Luftfahrzeuge wurden von der Fluggesellschaft<br />
Transair von ihrem Hauptflugplatz<br />
in Brisbane und ihren Nebenflugplätzen<br />
in Cairns, Grafton und<br />
Inverell aus betrieben. Das Unternehmen<br />
beschäftigte 21 hauptberufliche<br />
Piloten. Am Morgen des Unfalltags<br />
hatte die Besatzung die Metro von<br />
Cairns nach Lockhart River und Bamaga<br />
geflogen. Der Unfall ereignete sich<br />
auf dem Rückflug nach Cairns, auf der<br />
Etappe von Bamaga nach Lockhart River.<br />
Überschreitung der Geschwindigkeitsobergrenzen<br />
Der steuerführende Pilot besaß einen<br />
Verkehrsluftfahrzeugführerschein<br />
und hatte 6.072 Flugstunden absolviert,<br />
davon 3.249 Flugstunden in Luftfahrzeugen<br />
vom Typ Metro. Er war seit<br />
März 20<strong>01</strong> als Linienpilot bei Transair<br />
beschäftigt und im September 2002<br />
zum aufsichtsführenden Piloten sowie<br />
im August 2003 zum Flugplatzleiter in<br />
Cairns befördert worden.<br />
Dem Bericht zufolge gab es keine<br />
Unterlagen darüber, ob der steuerführende<br />
Pilot im Crew Resource Management<br />
ausgebildet worden war,<br />
wie es das Transair-Betriebshandbuch<br />
vorschrieb. Er hatte wiederholt ständige<br />
Dienstanweisungen nicht eingehalten,<br />
und ein früherer Arbeitgeber<br />
hatte ihm eine Probezeit auferlegt, da<br />
er Verfahren der Fluggesellschaft nicht<br />
befolgt hatte.<br />
Die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers<br />
aus dem verunfallten Luftfahrzeug<br />
deuteten darauf hin, dass die<br />
Sink- und Fluggeschwindigkeiten bei<br />
zwei früheren Instrumentenanflügen<br />
höher waren als die in den ständigen<br />
Dienstanweisungen von Transair festgelegten<br />
Sink- und Fluggeschwindigkeiten.<br />
Mehrere Kopiloten der Transair<br />
hatten gegenüber dem aufsichtsführenden<br />
Piloten ihre Besorgnis darüber<br />
geäußert, dass der steuerführende Pilot<br />
die Verfahren der Fluggesellschaft<br />
nicht einhalte, darunter auch die<br />
Obergrenzen für Fluggeschwindigkeiten.<br />
Ein Kopilot gab an, dass der<br />
5
Flugsicherheit<br />
6<br />
steuerführende Pilot nur dann die Geschwindigkeit<br />
verringerte, wenn ein<br />
von ihm geschätzter Kopilot ihn dazu<br />
aufforderte. Ein anderer Kopilot sagte,<br />
dass er sehr bestimmt auftreten musste,<br />
um den steuerführenden Piloten<br />
davon abzuhalten, das Luftfahrzeug<br />
auf eine Höhe unterhalb der Sektorenmindesthöhe<br />
absinken zu lassen.<br />
Dem Bericht zufolge sagte der Chefpilot<br />
(von Transair), dass er sich nicht<br />
daran erinnern könne, jemals konkrete<br />
Beschwerden über die Flugleistung<br />
des steuerführenden Piloten erhalten<br />
zu haben. Der Chefpilot war der Geschäftsführer<br />
von Transair und hatte als<br />
einer der beiden Überprüfungsberechtigten<br />
der Fluggesellschaft auch die<br />
Funktion des Ausbildungsleiters inne.<br />
Der Kopilot besaß einen Berufsluftfahrzeugführerschein<br />
und hatte 655<br />
Flugstunden absolviert, davon 150<br />
Flugstunden in Luftfahrzeugen vom<br />
Typ Metro. Bis zur Aufnahme seiner<br />
Tätigkeit bei Transair im März 2005<br />
hatte er keine Erfahrung mit Turbinenluftfahrzeugen<br />
oder dem Flugbetrieb<br />
mit mehreren Piloten.<br />
Laut Bericht sagte ein Angehöriger<br />
seiner Familie aus, dass der Kopilot<br />
ein Ausbildungshandbuch zum Selbststudium<br />
erhalten, aber keinen formalen<br />
Ausbildungsunterricht während<br />
der Schulung am Boden durchlaufen<br />
habe.<br />
Seine Unterlagen deuteten darauf<br />
hin, dass er die Bodenausbildung bestand,<br />
obwohl er bei einer Prüfung<br />
der Luftfahrzeuganlagen und Betriebsgrenzen<br />
einen Punktestand von<br />
77 Prozent erreicht hatte – das Betriebshandbuch<br />
der Fluggesellschaft<br />
verlangte aber mindestens 80 Prozent.<br />
Der Kopilot war zudem vor Aufnahme<br />
des regulären Flugbetriebs nicht von<br />
einem Überprüfungsberechtigten geprüft<br />
worden, wie es laut Handbuch<br />
verlangt wurde.<br />
„Piloten, die mit dem Kopiloten geflogen<br />
sind, sagten, dass er sehr lernwillig<br />
gewesen sei“, so der Bericht.<br />
„Allgemein hieß es, dass die fliegerische<br />
Leistung des Kopiloten und seine<br />
Kenntnis der Anlagen seiner Flugerfahrung<br />
entsprachen.“<br />
Er wurde von seinen Kollegen als<br />
ruhig, schüchtern und zurückhaltend<br />
beschrieben.<br />
Der steuerführende Pilot und der<br />
Kopilot waren an zehn Tagen gemeinsam<br />
geflogen und hatten 27 Teilflüge<br />
absolviert. Der Kopilot hatte anderen<br />
Transair-Piloten gegenüber geäußert,<br />
dass der steuerführende Pilot schwierig<br />
und autoritär sei, keine kompetenten<br />
Anweisungen gäbe und die ständigen<br />
Dienstanweisungen nicht einhalte.<br />
Schlechtes Wetter<br />
Vor dem Abflug von Bamaga um<br />
11:07 Uhr Ortszeit informierte der<br />
steuerführende Pilot einen Angehörigen<br />
des Bodenpersonals, dass in Lockhart<br />
River schlechtes Wetter herrsche<br />
und sie dort möglicherweise nicht landen<br />
könnten.<br />
Es war Wind aus 130 Grad mit einer<br />
Geschwindigkeit von 15 Knoten und<br />
Böen von bis zu 25 Knoten vorhergesagt.<br />
Die Luftfahrzeugbesatzung entschloss<br />
sich, einen RNAV/GNSS-Anflug<br />
auf Start- und Landebahn 12 durchzuführen,<br />
deren Mindestsinkflughöhe<br />
mit 1.040 Fuß bis 120 Fuß unter<br />
den Mindestflughöhen für den RNAV/<br />
GNSS-Anflug auf Start- und Landebahn<br />
30 und den NDB-Anflug lag.<br />
Der Flughafen verfügte nicht über<br />
einen Kontrollturm, und die automatische<br />
Wetterstation des Flughafens<br />
zeichnete nur Windrichtung und<br />
-geschwindigkeit sowie Temperatur<br />
und Regenmenge auf. Ein meteorologischer<br />
Beobachter führte dreimal<br />
täglich Beobachtungen durch, hatte<br />
aber nicht die Möglichkeit, direkt mit<br />
den Piloten zu kommunizieren. Die<br />
Beobachtung, die um 12:00 Uhr am<br />
Tag des Unfalls durchgeführt wurde,<br />
enthielt keine Angaben zur Sicht oder<br />
Wolkenuntergrenze.<br />
Im Bericht hieß es, dass nach Einschätzung<br />
des Australian Bureau of<br />
Meteorology „die Wolkenuntergrenze<br />
wahrscheinlich zwischen 500 Fuß und<br />
1.000 Fuß über Normalnull lag und das<br />
Gelände westlich des Flugplatzes unterhalb<br />
des RNAV/GNSS-Anflugs auf<br />
Start- und Landebahn 12 wahrscheinlich<br />
durch Wolken verschleiert war“.<br />
Es ist davon auszugehen, dass der<br />
steuerführende Pilot das Luftfahrzeug<br />
flog, da der aufgezeichnete Funkverkehr<br />
mit dem Kopiloten stattfand. Es<br />
lag keine Aufzeichnung der Gespräche<br />
zwischen den Piloten vor, da das Tonaufzeichnungsgerät<br />
im Cockpit defekt<br />
war und keine verwertbaren Daten<br />
über die letzten 30 Minuten des Flugs<br />
enthielt.<br />
Die Instrumentenflugberechtigung<br />
des Kopiloten umfasste eine Zulassung<br />
für NDB-Anflüge; er war aber nicht<br />
für RNAV/GNSS-Anflüge zugelassen.<br />
Es gab keine Unterlagen darüber, ob<br />
er die von der Fluggesellschaft vorgeschriebene<br />
Ausbildung zur Nutzung<br />
des globalen Positionsbestimmungssystems<br />
(GPS) als einziger Quelle für<br />
Navigationsdaten durchlaufen hatte.<br />
Dem Bericht ist zu entnehmen,<br />
dass „die Luftfahrzeugbesatzung mit<br />
dem ... RNAV/GNSS-Anflug begann,<br />
obgleich sie wusste, dass der Kopilot<br />
nicht die entsprechende Zulassung<br />
und nur wenig Erfahrung mit dieser<br />
Art Instrumentenanflug hatte“.<br />
Komplexes Verfahren<br />
Das Anflugverfahren war recht<br />
komplex und die Arbeitsbelastung der<br />
Besatzung während des Anflugs wahrscheinlich<br />
sehr hoch. Das Luftfahrzeug<br />
war nicht mit einem Flugregler ausgestattet.<br />
„Probleme im Bereich Crew Resource<br />
Management waren in Situationen<br />
mit hoher Arbeitsbelastung der Besatzung<br />
mehr als wahrscheinlich, wenn<br />
man bedenkt, dass der Unterschied<br />
hinsichtlich der Befugnisverteilung im<br />
Cockpit sehr groß war und keiner der<br />
beiden Piloten zuvor besondere Fähigkeiten<br />
im Crew Resource Management<br />
bewiesen hatte“, so der Bericht. „Der<br />
krasse Unterschied zwischen einem
dominanten steuerführenden Piloten<br />
und einem fügsamen Kopiloten kann<br />
dazu führen, dass der steuerführende<br />
Pilot nicht auf Einwände oder Bedenken<br />
des Kopiloten hört bzw. der Kopilot<br />
nicht immer bereit ist, wichtige Informationen<br />
an den steuerführenden<br />
Piloten weiterzugeben.“<br />
In dem Bericht hieß es auch, dass<br />
es für den Kopiloten aufgrund seiner<br />
mangelnden Ausbildung und Erfahrung<br />
in der Durchführung von RNAV/<br />
GNSS-Anflügen schwierig gewesen<br />
wäre, Abweichungen während des<br />
Anflugs zu bemerken.<br />
Um 11:39 Uhr meldete der Kopilot<br />
auf der CTAF-Frequenz (Common<br />
Traffic Advisory Frequency) des Flughafens,<br />
der allgemeinen Verkehrberatungsfrequenz,<br />
dass sich die Metro<br />
über „Whiskey Golf“ befinde – d. h.<br />
dem Wegpunkt LHRWG, einem Anfangsanflugpunkt<br />
– und im Anflug auf<br />
„Whiskey India“ sei – d. h. auf den<br />
Wegpunkt LHRWI, den Zwischenanflugfestpunkt<br />
12,5 Seemeilen vor der<br />
Pistenschwelle.<br />
Instabiler Anflug<br />
Die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers<br />
deuteten darauf hin,<br />
dass das Luftfahrzeug genau dem<br />
Endanflugkurs folgte. Laut Bericht<br />
waren jedoch die Flug- und Sinkgeschwindigkeiten<br />
höher als im Transair-<br />
Betriebshandbuch vorgeschrieben und<br />
höher als für einen stabilen Anflug<br />
angemessen. Das Betriebshandbuch<br />
der Fluggesellschaft enthielt keine genauen<br />
Anweisungen, wie stabile Anflüge<br />
durchzuführen sind.<br />
Der Bericht führte die Elemente<br />
eines stabilen Anflugs gemäß Empfehlung<br />
der Flight Safety Foundation<br />
auf; dazu zählt unter anderem eine<br />
Höchstgeschwindigkeit, die der Referenzgeschwindigkeit<br />
für die Landung<br />
(VREF) plus 20 Knoten entspricht, sowie<br />
eine maximale Sinkgeschwindigkeit<br />
von 1.000 Fuß pro Minute.<br />
Unter den gegebenen Umständen<br />
hätte die Metro beim Anflug eine<br />
Fluggeschwindigkeit von 130 Knoten<br />
haben müssen. Den Aufzeichnungen<br />
des Flugdatenschreibers zufolge betrug<br />
die Fluggeschwindigkeit beim<br />
Überfliegen des Anfangsanflugpunkts<br />
jedoch ungefähr 226 Knoten und<br />
beim Überfliegen des Zwischenanflugfestpunkts<br />
ungefähr 176 Knoten.<br />
Das Luftfahrzeug ging dann im<br />
Sinkflug von 3.500 Fuß auf 3.000 Fuß<br />
und blieb vorübergehend auf dieser<br />
Höhe. Dem Bericht ist zu entnehmen,<br />
dass „während dieses Horizontalflugs<br />
die Fluggeschwindigkeit auf die maximale<br />
Geschwindigkeit bei halb ausgefahrenen<br />
Landeklappen (180 Knoten)<br />
verringert wurde und die Landeklappen<br />
halb ausgefahren wurden“.<br />
„Während dieses ersten Sink- und<br />
Horizontalflugs sank das Luftfahrzeug<br />
nicht unter die für diesen Abschnitt<br />
vorgeschriebene Sicherheitsmindestflughöhe<br />
von 2.200 Fuß.“<br />
Kurz nachdem das Fahrwerk ungefähr<br />
1,4 Seemeilen vor dem Endanflugpunkt<br />
ausgefahren worden war,<br />
begann das Luftfahrzeug mit einer<br />
Geschwindigkeit von 1.000 Fuß pro<br />
Minute zu sinken. Die Fluggeschwindigkeit<br />
betrug circa 177 Knoten, als<br />
das Luftfahrzeug über den Endanflugpunkt<br />
hinweg flog. Die Leistung<br />
wurde dann reduziert, und die Sinkgeschwindigkeit<br />
nahm zu. Während<br />
der letzten 48 Sekunden des Flugs<br />
betrug die Fluggeschwindigkeit circa<br />
175 Knoten und die durchschnittliche<br />
Sinkgeschwindigkeit 1.700 Fuß pro<br />
Minute. Kurz nach dem Überfliegen<br />
des Endanflugpunkts sank das Luftfahrzeug<br />
unter die für den Anflugabschnitt<br />
angegebene Mindestflughöhe<br />
von 2.060 Fuß.<br />
„Die über den festgelegten Grenzwerten<br />
liegenden Flug- und Sinkgeschwindigkeiten<br />
verkürzten die der<br />
Besatzung verbleibende Zeit, um das<br />
Luftfahrzeug auf den Anflug einzustellen,<br />
die Anflugverfahren durchzuführen<br />
und die aktuelle Position im<br />
Anflug zu kontrollieren“, so der Bericht.<br />
In den letzten 25 Sekunden des<br />
Flugs geriet das Luftfahrzeug in Turbulenzen,<br />
wodurch die Arbeitsbelastung<br />
der Besatzung weiter stieg.<br />
Dem Bericht zufolge gab es jedoch<br />
kein Anzeichen dafür, dass das Luftfahrzeug<br />
in eine Windscherung geraten<br />
war.<br />
Zwei GPWS-Warnungen<br />
Die Besatzung erhielt wahrscheinlich<br />
zweimal die GPWS-Warnung<br />
„TERRAIN, TERRAIN“. Nach dem Unfall<br />
durchgeführte Simulationen des<br />
Flugwegs deuteten darauf hin, dass<br />
die erste Warnung ungefähr 25 Sekunden<br />
vor dem Aufprall des Luftfahrzeugs<br />
erfolgt sein müsste. Der zweiten<br />
Warnung wäre für die letzten fünf Sekunden<br />
des Flugs die Dauerwarnung<br />
„PULL UP“ gefolgt. Die Aufzeichnungen<br />
des Flugdatenschreibers deuteten<br />
darauf hin, dass die Besatzung<br />
auf keine der beiden Warnungen reagierte.<br />
Die Simulationen zeigten auch,<br />
dass die GPWS-Warnung „TERRAIN,<br />
TERRAIN“ während eines normalen<br />
Sinkflugs beim Endanflug mit Landeklappen<br />
in der Anflugkonfiguration<br />
auftreten kann, dies sogar dann,<br />
wenn das Luftfahrzeug sich in einem<br />
konstanten Sinkwinkel bzw. oberhalb<br />
der in diesem Abschnitt erforderlichen<br />
Sicherheitsmindesthöhe bewegte. Der<br />
Bericht vermerkte, dass bei normalem<br />
Flugbetrieb auftretende GPWS-Warnungen<br />
die Wahrscheinlichkeit erhöhten,<br />
dass Piloten diese Warnungen in<br />
anderen Situationen ignorierten.<br />
Die zweite GPWS-Warnung erfolgte<br />
zu spät, und es wäre der Besatzung<br />
nicht genug Zeit verblieben, um effektiv<br />
auf die GPWS-Warnung und die<br />
wahrscheinlich in den letzten fünf Sekunden<br />
vor dem Aufprall ergangenen<br />
Warnungen zu reagieren.<br />
Laut Bericht hätte sich der Unfall<br />
wahrscheinlich nicht ereignet, wenn<br />
das Luftfahrzeug mit einem Bodenwahrnehmungs-<br />
und -warnsystem<br />
ausgestattet gewesen wäre, das<br />
7
Flugsicherheit<br />
voraussagende Bodenabstandwarnungen<br />
liefert.<br />
Um 11:43 Uhr berührte das Luftfahrzeug<br />
in einer Höhe von 1.210 Fuß<br />
Bäume, ungefähr 90 Fuß unterhalb<br />
der Kammlinie des nordwestlichen<br />
Abhangs des South Pap, eines stark<br />
bewaldeten Bergrückens im Iron Range<br />
National Park - circa 11 km (6 Seemeilen)<br />
nordwestlich des Flugshafens.<br />
Dieses hochgelegene Gelände war auf<br />
der Anflugkarte nicht dargestellt.<br />
Der erste Aufprall ereignete sich<br />
circa 850 Fuß unterhalb der für den<br />
Anflugabschnitt angegebenen Mindestflughöhe.<br />
„Das Luftfahrzeug wurde durch die<br />
Aufprallkräfte und ein starkes, kraftstoffgespeistes<br />
Feuer nach dem Aufprall<br />
zerstört“, so der Bericht.<br />
Die Untersucher fanden in den Aufzeichnungen<br />
des Flugdatenschreibers<br />
keinen Hinweis darauf, dass es vor<br />
dem Aufprall Probleme mit der Flugsteuerung<br />
oder der Triebwerkanlage<br />
gegeben hatte.<br />
„Auf den Frequenzen der Flugsicherungsdienste<br />
und der CTAF-Frequenz<br />
von Lockhart River gab es keine Funksprüche<br />
der Besatzung, die darauf hinwiesen,<br />
dass es mit dem Luftfahrzeug<br />
oder der Besatzung ein Problem gab“,<br />
hieß es im Bericht.<br />
Aufgedeckte Schwachstellen<br />
Laut Bericht trugen unter anderem<br />
Mängel in den Sicherheitsrichtlinien<br />
und -verfahren von Transair sowie<br />
Defizite bei der behördlichen Aufsicht<br />
über die Fluggesellschaft zum Unfall<br />
bei.<br />
„Insbesondere das Ausbildungsprogramm<br />
(von Transair) für Luftfahrzeugbesatzungen<br />
wies deutliche<br />
Defizite auf, wie die oberflächliche<br />
bzw. unvollständige Einweisung am<br />
Boden während der Anerkennungsausbildung,<br />
die fehlende formale Ausbildung<br />
neuer Piloten im Einsatz von<br />
(GPS) Gerät, die fehlende strukturierte<br />
Ausbildung in der Minimierung des Risikos<br />
kontrollierter Flüge in den Boden<br />
8<br />
sowie die fehlende strukturierte Ausbildung<br />
im Crew Resource Management<br />
(bzw. Human Factors Management)<br />
und in der effektiven Arbeit in<br />
einer Multi-Crew-Umgebung“, so der<br />
Bericht weiter.<br />
In den ständigen Dienstanweisungen<br />
der Fluggesellschaft fehlten<br />
klare Anweisungen hinsichtlich Anfluggeschwindigkeiten,<br />
Luftfahrzeugkonfiguration,<br />
Elementen eines stabilen<br />
Anflugs und Standardformulierungen<br />
zum Hinterfragen von Entscheidungen<br />
und Handlungen anderer<br />
Besatzungsmitglieder.<br />
Das Australian Transport Safety Bureau<br />
(ATSB) sprach hinsichtlich Transair<br />
keine Empfehlungen aus, da die Fluggesellschaft<br />
ihr Luftverkehrsbetreiberzeugnis<br />
zurückgab und im Dezember<br />
2006 den Betrieb einstellte. Das ATSB<br />
empfahl jedoch, die staatliche Kontrolle<br />
der öffentlichen Linienverkehrsgesellschaften<br />
zu verbessern.<br />
In dem Bericht hieß es, dass die Australian<br />
Civil Aviation Safety Authority<br />
(CASA) „ihren Prüfern keine angemessenen<br />
Leitlinien an die Hand gab, um<br />
sie in die Lage zu versetzen, mehrere<br />
wichtige Aspekte des Managementsystems<br />
(von Transair) kohärent und effektiv<br />
bewerten zu können. Zu diesen<br />
Aspekten zählten unter anderem die<br />
Bewertung der Organisationsstruktur<br />
und der personellen Ausstattung, die<br />
Bewertung der Eignung von wichtigem<br />
Personal, die Bewertung organisatorischer<br />
Veränderungen und die<br />
Bewertung der Risikomanagementprozesse.“<br />
Im November 2006 informierte die<br />
CASA das ATSB über die Einstellung<br />
von Personal mit Erfahrung im Bereich<br />
Management und Sicherheitsmanagement<br />
mit dem Ziel, die Fluggesellschaften<br />
besser kontrollieren<br />
zu können. Im März 2007 teilte die<br />
CASA mit, dass sie für alle Aspekte der<br />
Kontrolle umfangreiche Leitlinien bereitgestellt<br />
habe und weiterhin bereitstellen<br />
werde. Das ATSB antwortete,<br />
dass es nach wie vor der Auffassung<br />
sei, die Leitlinien für Prüfer seien ungenügend<br />
gewesen und wären es immer<br />
noch, und empfahl, „weitere Anstrengungen<br />
zur Behebung dieses Sicherheitsproblems“<br />
zu unternehmen.<br />
Der Bericht stellte fest, dass die<br />
CASA Maßnahmen zur Umsetzung<br />
anderer Empfehlungen eingeleitet<br />
habe, darunter die Einführung von<br />
Bestimmungen, die öffentliche Linienverkehrsgesellschaften<br />
verpflichten,<br />
Ausbildungen im Crew Resource<br />
Management durchzuführen und ein<br />
Sicherheitsmanagementsystem einzurichten.<br />
Der vorliegende Artikel basiert auf<br />
dem Untersuchungsbericht des Australian<br />
Transport Safety Bureau mit<br />
dem Titel Transport Safety Investigation<br />
Report 2005<strong>01</strong>977, Collision<br />
With Terrain, 11 km NW Lockhart<br />
River Aerodrome, 7 May, 2005, VH-<br />
TFU, SA227-DC (Metro 23) (Untersuchungsbericht<br />
zur Verkehrssicherheit<br />
2005<strong>01</strong>977, Kollision mit dem Boden<br />
11 km nordwestlich des Flugplatzes<br />
von Lockhart River, 7. Mai 2005, VH-<br />
TFU, SA227-DC (Metro 23)).<br />
Hinweise:<br />
1. Transair war der Handelsname<br />
der Lessbrook Proprietary Limited, die<br />
das verunfallte Luftfahrzeug unter ihrem<br />
Luftverkehrsbetreiberzeugnis betrieb.<br />
2. Flight Safety Foundation (<strong>FS</strong>F). Killers<br />
in Aviation: <strong>FS</strong>F Task Force Presents<br />
Facts About Approach-and-Landing<br />
and Controlled-Fligh-Into-Terrain Accidents<br />
(Todesursachen in der Luftfahrt:<br />
<strong>FS</strong>F-Arbeitsgruppe präsentiert Fakten<br />
zu Unfällen bei Anflug und Landung<br />
und zu kontrollierten Flügen in den<br />
Boden. Flight Safety Digest, Band 17<br />
(November/Dezember 1998) und Band<br />
18 (Januar/Februar 1999).<br />
Der vorliegende Artikel wurde mit<br />
freundlicher Genehmigung von Air<br />
Safety World nachgedruckt.
Ihr <strong>FS</strong>O rät:<br />
Wenn Sie sich auf einer<br />
nächtlichen Platzkontrollfahrt<br />
mit Ihrem <strong>FS</strong>O-<br />
Fahrzeug befinden und<br />
zufällig auf die Schneefräse<br />
Ihres Winterdienstes<br />
treffen, die bei<br />
minus 11 Grad seit 14<br />
Stunden ununterbrochen<br />
im Dauereinsatz<br />
ist, dann sagen Sie niemals<br />
- aber auch wirklich<br />
niemals - im Scherz zu<br />
Ihrer Schneeräumcrew:<br />
„Ach Jungs, bei Euch<br />
ist‘s mir zu kalt. Ich<br />
glaub‘, ich mach‘ gleich<br />
Feierabend und fahr‘ in<br />
die Sauna!“<br />
Sie können sicher sein -<br />
spätestens 4 Stunden<br />
danach haben Sie Ihr<br />
<strong>FS</strong>O-Fahrzeug wieder<br />
freigeschaufelt!!!<br />
9
Flugsicherheit<br />
Sind Unfalluntersucher immun?<br />
POST CRASH<br />
MANAGEMENT<br />
Was uns die Vergangenheit<br />
(vielleicht auch für die Zukunft) lehrt!<br />
Manch einer von Ihnen<br />
mag meinen Vorträgen<br />
anlässlich der Flugsicherheitsfachtagung<br />
im italienischen<br />
Decimommanu<br />
vergangenen September<br />
oder auch einem weiteren<br />
Vortrag in Köln<br />
kurz vor Weihnachten<br />
gelauscht haben. Wahrscheinlich<br />
sind Sie dann<br />
meiner ewigen Litanei<br />
über immer neue Gefahren<br />
am Absturzort<br />
und dem sich daraus ergebenden<br />
Bedarf an verbesserter<br />
Schutzausrüstung<br />
und Ausbildung<br />
inzwischen überdrüssig.<br />
Doch lassen Sie sich nicht<br />
abschrecken: Es gibt vielleicht<br />
noch Hoffnung ...<br />
von John Andrews,<br />
retired Wing Commander,<br />
Aircraft Recovery and Transportation<br />
Centre in St Athan, England<br />
Übersetzung vom BSprA SMD 11<br />
LESSONS FROM THE PAST AND PER-<br />
HAPS A POINTER TO THE FUTURE<br />
Some of you may have heard my<br />
lectures at the Flight Safety Conference<br />
in Decimommanu in September last<br />
year, followed by another in Cologne<br />
just before Christmas. If so, you will<br />
probably be tired of me repeating the<br />
long list of ever increasing crash site<br />
hazards and the consequential need<br />
for a variety of protective clothing<br />
and training, but please be patient –<br />
there might be a light at the end of<br />
the tunnel!<br />
Our “wake up call” in the UK was<br />
the crash of a Harrier GR5 in Denmark<br />
in 1990 and the injuries suffered by<br />
our personnel on site due to the respirable<br />
carbon fibres released from the<br />
shattered and burned aircraft. That in-<br />
10
Der Absturz einer HARRIER GR5 in<br />
Dänemark und die Verletzungen, die<br />
unser Personal vor Ort durch Einatmen<br />
der Kohlenstofffasern des ausgebrannten<br />
Flugzeugwracks erlitt,<br />
öffnete uns in Großbritannien 1990<br />
jäh die Augen. Jener Zwischenfall ließ<br />
uns die Dringlichkeit erkennen, unser<br />
Rettungs- und Bergungspersonal vor<br />
den unzähligen unterschiedlichen Gesundheitsgefahren,<br />
die bei Absturz<br />
und Ausbrennen eines modernen Luftfahrzeugs<br />
entstehen, zu schützen und<br />
entsprechend auszubilden, und wir<br />
begannen sofort mit der Verbesserung<br />
der Ausbildung und Schutzausrüstung.<br />
Dass unsere Entscheidung richtig war,<br />
zeigte sich u. a. einige Monate später,<br />
als eine weitere HARRIER GR5 in einem<br />
Waldgebiet nahe Gütersloh abstürzte.<br />
Die örtliche Feuerwehr war bereits vor<br />
Ort und hatte den Brand gelöscht, als<br />
das Team der britischen Luftwaffe mit<br />
der verbesserten Schutzausrüstung<br />
anrückte. Als wir die Deutschen über<br />
die Gefahren aufklärten, waren diese<br />
wenig begeistert. Sie beschwerten sich<br />
völlig zu Recht, warum sie niemand<br />
gewarnt habe. Es ist vielleicht interessant<br />
anzumerken, dass es sich bei den<br />
problematischen kohlenstofffaserverstärkten<br />
Verbundwerkstoffen der<br />
HARRIER GR5 in Dänemark um eine<br />
Menge von 0,6 Tonnen handelte. Der<br />
neu eingeführte AIRBUS A380 enthält<br />
hingegen 60 Tonnen und das sich<br />
derzeit in der Erprobung befindliche<br />
Passagierflugzeug Boeing 787 über<br />
70 Tonnen dieser Verbundwerkstoffe.<br />
Eine Tatsache, die sich zweifelsohne<br />
eines Tages als gewaltiges Problem<br />
entpuppen wird.<br />
gebildet noch ausgerüstet war. Wir<br />
erkannten zudem, dass das britische<br />
Gesetz über Gesundheit und Sicherheit<br />
am Arbeitsplatz nicht nur für den<br />
zivilen, sondern auch für den militärischen<br />
Bereich galt. Diese Vorschrift<br />
legte sehr deutlich dar, dass Führungskräfte<br />
gesetzeswidrig handelten,<br />
wenn sie Personal ohne entsprechende<br />
Ausbildung und Schutzkleidung in Gefahrenbereiche<br />
schickten. Angesichts<br />
dieses schwerwiegenden Problems<br />
wandte sich der Leiter (Ein-Sterne-<br />
Ebene) meiner Dienststelle an die Arbeitssicherheits-<br />
und Rechtsexperten<br />
des Verteidigungsministeriums. Diese<br />
bestätigten seine Annahme, dass er<br />
für die Einhaltung des betreffenden<br />
Arbeitsschutzgesetzes zuständig sei.<br />
Darüber hinaus sei er nicht nur für<br />
den angemessenen Schutz des ihm<br />
unterstellten militärischen Personals,<br />
sondern bei Absturz eines Luftfahrzeugs<br />
der britischen Luftwaffe auch<br />
für die Sicherheit von am Absturzort<br />
befindlichen Zivilisten verantwortlich.<br />
Mein Vorgesetzter nahm diese Nachricht<br />
äußerst ernst und wies mich an,<br />
umgehend die zur Verbesserung der<br />
gefahrenbezogenen Ausbildung erforderlichen<br />
Maßnahmen zu ergreifen<br />
und die notwendige Schutzkleidung<br />
zu beschaffen.<br />
Die Ausbildungs- und Ausrüstungskosten<br />
für 25 fliegende Verbände<br />
waren schnell berechnet, jedoch ließ<br />
die zuständige Finanzabteilung verlauten,<br />
dass für diese Forderung die<br />
finanziellen Mittel fehlten. Ich wies<br />
auf unsere Verpflichtungen und die<br />
schwerwiegenden Rechtsfolgen hin,<br />
die uns bei Missachtung der Vorgaben<br />
erwarteten. Die Finanzabteilung<br />
zeigte Verständnis für meine Bedenken,<br />
ließ mich aber wissen, dass die<br />
Mittel einfach nicht ausreichten – weder<br />
für die wesentliche Verlängerung<br />
der Ausbildungszeit noch für den hohen<br />
Bedarf an Schutzausrüstung und<br />
Unterstützungsgerät. Also setzten wir<br />
uns erneut zusammen und versuchten,<br />
In den 1990ern mussten wir jedoch<br />
feststellen, dass Kohlenstofffasern<br />
nicht die einzige potenzielle Vergiftungsgefahr<br />
bei Absturz und Brand<br />
moderner Luftfahrzeuge darstellten<br />
und dass das gesamte Rettungs- und<br />
Bergungspersonals unserer (ca. 25)<br />
fliegenden Verbände angesichts dieser<br />
Gefahren weder hinreichend auscident<br />
impressed on us the need to train<br />
and protect our crash response personnel<br />
from the many and varied health<br />
hazards which result from the crashing<br />
and burning of modern aircraft, and<br />
we immediately started to improve our<br />
training and protective clothing. This<br />
lesson was also emphasised a few<br />
months later when another Harrier GR5<br />
crashed into woodland near Gutesloh.<br />
The local German Fire service was first<br />
on the scene and had extinguished the<br />
fire when the RAF team arrived in their<br />
enhanced protective clothing. When we<br />
explained about the hazards the Germans<br />
were not impressed – “why did<br />
nobody warn us” they quite reasonably<br />
complained. Incidentally it is worth noting<br />
that the amount of carbon fibre<br />
composites in the Harrier GR5 which<br />
were the cause of our problems in<br />
Denmark amounted to about 0.6 ton.<br />
The Airbus A380 entering passenger<br />
service now contains about 60 tons of<br />
carbon fibre composites and the Boeing<br />
787 passenger aircraft undergoing flight<br />
trials contains over 70 tons of carbon<br />
fibre composites. There is no doubt<br />
that one day, somewhere, somebody<br />
is going to confront a huge problem.<br />
However, back to 1990 we realised<br />
that carbon fibre was not the only<br />
toxic hazard we could expect to find<br />
after a modern aircraft crashed and<br />
burned, and that the crash response<br />
personnel on all our flying stations<br />
(about 25 units) were neither properly<br />
trained nor equipped to deal with<br />
these hazards. We also realised that<br />
in the UK, the Health And Safety At<br />
Work legislation which applied to all<br />
civil places of work also applied to us<br />
in the MOD. This legislation made it<br />
quite clear that is was unlawful for any<br />
manager to put his or her employees<br />
into a hazardous area without effective<br />
training and protective clothing.<br />
Faced with this serious problem, my<br />
“One Star” level Director sought advice<br />
from MOD Health And Safety and<br />
legal specialists who confirmed that he<br />
was indeed responsible for complying<br />
11
Flugsicherheit<br />
einen Kompromiss zu erarbeiten.<br />
Letztendlich machte die Finanzabteilung<br />
ein Zugeständnis: Wenn wir die<br />
Bedarfsmeldung für die Rettungs- und<br />
Bergungsfähigkeit aller 25 Verbände<br />
auf die sekundäre Unterstützungsfähigkeit<br />
bei der äußeren Absperrung<br />
beschränkten und die Zuständigkeit<br />
für die Gesamtheit aller Flugzeugabstürze<br />
auf eine Einheit konzentrierten,<br />
würden die nötigen Mittel für Ausbildung<br />
und Ausrüstung dieser einen<br />
Spezialeinheit bereitgestellt werden<br />
können. Widerwillig stimmte ich dem<br />
Plan zu, obwohl ich massive Bedenken<br />
hatte, die Bergungsarbeiten bei Flugzeugabstürzen<br />
landes- oder gar weltweit<br />
einer einzigen Einheit zu überlassen.<br />
Das System funktionierte in der Tat<br />
äußerst gut und auch die geringfügig<br />
längere Reaktionszeit bis zur Ankunft<br />
am Absturzort erwies sich als unproblematisch.<br />
Der Nutzen, der sich aus<br />
der Bündelung der gesamten Erfahrung<br />
im Post Crash Management in einer<br />
Spezialeinheit ergab, war einfach<br />
unglaublich. In dieser Zeit leisteten<br />
wir jährlich bei circa acht militärischen<br />
Flugunfällen Unfallhilfe und unterstützten<br />
in rund zehn Fällen zivile Flugunfalluntersucher.<br />
Der Großteil des<br />
Bergungspersonals wurde innerhalb<br />
relativ kurzer Zeit zu „alten Hasen“.<br />
Sie hatten Ungewissheit und Ängste<br />
überwunden, unvorhergesehene<br />
Schwierigkeiten bewältigt und machten<br />
ihre Sache gut. Ihr Selbstvertrauen<br />
wuchs enorm und es wurde deutlich,<br />
dass in Notfallsituationen nichts<br />
über Erfahrung geht. Unsere neue<br />
Bergungseinheit pflegte zudem enge<br />
Verbindungen zu zivilen Flugunfalluntersuchern<br />
sowie zivilen Notdiensten<br />
wie Feuerwehr, Polizei, Unfallrettungsdienst,<br />
Unfall- und Notfallhilfe der<br />
Krankenhäuser und zivilen Flughäfen,<br />
wodurch das Vertrauen in die eigenen<br />
Fähigkeiten weiter stieg. Auch die Finanzabteilung<br />
hielt ihr Versprechen,<br />
die einzige Bergungseinheit zu unter-<br />
12<br />
with Health And Safety legislation and<br />
they added that, not only did he have<br />
take all reasonable care to protect all<br />
the service personnel involved but, at<br />
the crash of an RAF aircraft, he also<br />
had a responsibility towards the safety<br />
of any civilian who was at the crash<br />
site. My Director was very concerned<br />
at this news and instructed me to take<br />
the necessary action to improve the<br />
hazards training and to obtain the required<br />
protective clothing as a matter<br />
of great urgency.<br />
It did not take long to calculate the<br />
training and equipment costs for 25<br />
flying stations but then the appropriate<br />
finance branch announced that<br />
they could not fund this requirement. I<br />
responded by reminding them that we<br />
had no choice, if we did not comply<br />
with the law then the consequences<br />
could be very serious. The finance<br />
branch replied that they understood<br />
my concern but there was simply insufficient<br />
funding available, either for<br />
the significant increase in training time<br />
or for the large quantity of protective<br />
and support equipment. So we called<br />
for more coffee and tried to find a<br />
compromise. Eventually the finance<br />
branch suggested that if we removed<br />
the requirement for every flying station<br />
to respond to aircraft crashes, other<br />
than in the minor role of assisting with<br />
the outer cordon, and made a single<br />
unit responsible for responding to all<br />
crashes – then they would find the<br />
funds necessary to train and equip<br />
that one specialist unit. I reluctantly<br />
agreed to this plan although I had severe<br />
misgivings about one single unit<br />
being able to provide crash recovery<br />
services for the whole country – or indeed<br />
throughout the world.<br />
In fact the system worked extremely<br />
well, the slight increase in response<br />
time did not cause problems<br />
at the crash site and the accumulating<br />
benefit of concentrating all our Post<br />
Crash Management experience into<br />
one unit.was truly amazing. In those<br />
days we responded to about 8 military<br />
crashes each year and assisted the civil<br />
Air Accident Investigators at about<br />
10 crashes. Within a relatively short<br />
space of time most of the crash recovery<br />
personnel became veterans! They<br />
had faced the uncertainties, overcome<br />
their apprehensions, dealt with the<br />
unforeseen problems and completed<br />
their tasks well. Their level of self confidence<br />
rose dramatically and it clearly<br />
showed that in emergency situations<br />
there is no real substitute for experience.<br />
Our new experienced crash<br />
recovery unit also developed close<br />
links with the Civil Air Accident Investigators<br />
and with the civil emergency<br />
services – fire, police, ambulance,<br />
hospital accident and emergency and<br />
civil airports – all leading to increased<br />
confidence. The finance branch also<br />
honoured their undertaking to fund<br />
the single crash response unit and,<br />
as well as good protective equipment<br />
we were able to purchase additional<br />
specialist support equipment such as<br />
fast four wheel drive road vehicles,<br />
agile 6x6 all-terrain vehicles, rapid deployment<br />
mobile accommodation and<br />
lightweight temporary trackway. None<br />
of this would have possible if we had<br />
continued with our “old” procedure of<br />
trying to respond to a crash with inexperienced<br />
personnel from the nearest<br />
flying unit.<br />
Finally it must be emphasised that<br />
the health hazards from shattered and<br />
burned modern materials will not go<br />
away but will probably increase as our<br />
materials become even more “exotic”<br />
and safety legislation becomes more<br />
aggressive. Post Crash Management<br />
will need to work ever closer with<br />
Health and Safety and Environmental<br />
Health specialists and become the<br />
“focal point” for all information relating<br />
to post fire crash hazards. Hazard<br />
awareness and understanding are essential<br />
elements of this business but<br />
experience is the real key to success.
stützen. Neben hochwertiger Schutzausrüstung<br />
bekamen wir zusätzliches<br />
Unterstützungsgerät, z. B. schnelle<br />
Straßenfahrzeuge mit Vierradantrieb,<br />
wendige Geländefahrzeuge mit<br />
Sechsradantrieb, schnell zu verlegende<br />
bewegliche Unterbringungen und<br />
leichte Behelfsfahrbahnen. Nichts von<br />
alledem wäre möglich gewesen, wenn<br />
wir an unserem „herkömmlichen“<br />
Verfahren festgehalten und weiterhin<br />
versucht hätten, Flugunfallhilfe durch<br />
das unzureichend geschulte Personal<br />
des nächstgelegenen fliegenden Verbands<br />
zu leisten.<br />
Zu guter Letzt möchte ich darauf<br />
hinweisen, dass die durch den absturzbedingten<br />
Brand moderner Luftfahrzeugmaterialien<br />
entstehenden<br />
Gesundheitsgefahren sich nicht in Luft<br />
auflösen werden. Wahrscheinlicher<br />
ist, dass die Gefahren mit fortschreitender<br />
Weiterentwicklung der Materialien<br />
und strikteren Sicherheitsbestimmungen<br />
zunehmen werden. Die<br />
Experten für Post Crash Management<br />
werden noch enger mit den Experten<br />
für Arbeits- und Umweltschutz zusammenarbeiten<br />
müssen. Bei ihnen müssen<br />
alle Informationen über die mit<br />
einem Luftfahrzeug-Aufschlagbrand<br />
verbundenen Gefahren zusammenlaufen.<br />
Bewusstsein und Verständnis<br />
für diese Gefahren sind dabei wichtige<br />
Aspekte; der wahre Schlüssel zum Erfolg<br />
bleibt jedoch Erfahrung.<br />
John Andrews,<br />
evergreen@greenbee.net, Januar 2<strong>01</strong>0<br />
John Andrews, evergreen@greenbee.net,<br />
January 2<strong>01</strong>0<br />
About the author:-<br />
John Andrews served as an Engineering<br />
Officer in the Royal Air Force<br />
until he retired with the rank of Wing<br />
Commander in 1998. For the last eight<br />
years of his service he was the Staff Officer<br />
responsible for the RAF’s Aircraft<br />
Recovery and Transportation centre<br />
which is based at RAF St Athan.<br />
Aufteilung einer Unfallstelle in Gefahrenbereiche<br />
13
Flugsicherheit<br />
(einschließlich Faserverbundwerkstoffe)<br />
Als Hauptproblem erwies sich das<br />
zerbrochene und verbrannte Verbundmaterial.<br />
Die zerbrochenen Fragmente<br />
hatten extrem scharfe Kanten und<br />
mussten mit großer Vorsicht behandelt<br />
werden. Aber schwieriger und gefährlicher<br />
waren die sehr kleinen, leichten<br />
und scharfen Fäden der Karbonfiber,<br />
die durch das brennende Harz freigesetzt<br />
wurden und nun im Staub an der<br />
Unfallstelle verteilt waren.<br />
aus dem Vortrag von John Andrews<br />
frei übersetzt und bearbeitet von<br />
OSFw d. R. Karl Heinz Weiß<br />
Unsere erste harte<br />
Lektion wurde uns 1990<br />
erteilt, als wir den ersten<br />
Crash mit dem<br />
neuen HARRIER hatten.<br />
Wegen eines Triebwerkausfalls<br />
stürzte das Flugzeug<br />
in den Schlamm<br />
einer dänischen<br />
Schweinefarm. Der<br />
Pilot rettete sich mit<br />
dem Schleudersitz, am<br />
Boden gab es keine<br />
Geschädigten. Die Unfalluntersuchung<br />
an<br />
der Unfallstelle und die<br />
Bergung des Wracks<br />
erfolgte durch eine Crew<br />
der RAF, stationiert in<br />
Brüggen.<br />
14<br />
Sie waren sich der potenziellen gesundheitlichen<br />
Gefahren bewusst, die<br />
von den Kohlefasern ausgingen und<br />
sie kamen – wenn sie daran gedacht<br />
hatten – mit Schutzkleidung inklusive<br />
Gesichtsmasken und Brillen. Sie besprühten<br />
die Unfallstelle, um den Staub<br />
als Ergebnis des Aufschlagbrandes am<br />
Boden zu halten. Unglücklicherweise<br />
war diese Aktion nur stellenweise erfolgreich<br />
und die Masken und Brillen<br />
waren nicht uneingeschränkt geeignet.<br />
In der Konsequenz musste nach<br />
48 Stunden wegen rasch zunehmender<br />
Beschwerden – entzündete Kehlen,<br />
Augen und Lungen, kombiniert<br />
mit einer sich rasch entwickelnden<br />
Hautreizung – die Unfallstelle zeitweise<br />
evakuiert werden, bis weitere<br />
effektive Schutzmaßnahmen ergriffen<br />
werden konnten.<br />
Mikroaufnahme Faserverbundstoffe<br />
Diese „Nadeln“ hatten einen Durchmesser<br />
von 2 bis 4 Mikrometer, die bei<br />
Hautkontakt Nadelstiche verursachten<br />
und es kam – weil die Nadeln oft extrem<br />
verdreckt waren – sehr schnell zu<br />
Entzündungen. Es war sehr wichtig,<br />
dem Einatmen und der Verletzungsgefahr<br />
dieser Fasern vorzubeugen.<br />
Scharfkantige Fragmente einer Harrier
Sobald die Probleme identifiziert<br />
waren, war es dem RAF-Team möglich,<br />
geeignete Vorkehrungen zu treffen,<br />
wie effektivere Schutzkleidung, Einteilung<br />
der Unfallstelle in schmutzige und<br />
saubere Gebiete oder der Einführung<br />
von kontrollierten Verfahren zur Reinigung<br />
und Dekontamination. Glücklicherweise<br />
bewirkten diese Maßnahmen<br />
das Verschwinden der gesundheitlichen<br />
Probleme. Das Team lernte,<br />
dass die gesundheitlichen Gefahren,<br />
die von verbrannten Kohlenfaserverbundwerkstoffen<br />
– oder MMMF (Man<br />
Made Mineral Fibre), wie sie auch oft genannt<br />
werden – ausgehen, nicht unterschätzt<br />
werden dürfen. Während dieser<br />
Zeit untersuchte ein RAF Enviromental<br />
Health Team in mehreren Gutachten<br />
die Unfallstellen, die MMMF und die<br />
anderen militärischen Gefahren. Sie<br />
identifizierten geringe Mengen von<br />
organischen Verbindungen inklusive<br />
Naphtalene, Phenole und Alkohole,<br />
aber auch Metalle wie Titan, Beryllium,<br />
Vanadium, Chrom und Mangan –<br />
alles, was als reizend, betäubend und<br />
möglicherweise als Krebs erregend<br />
angesehen werden kann. Zugegebenermaßen<br />
waren die Mengen gering.<br />
Aber wie gering muss eine Gefahr<br />
sein, um sie zu ignorieren?<br />
Soviel zu Lektion eins. Lektion zwei<br />
ereignete sich sieben Monate später,<br />
als ein anderer HARRIER in einem<br />
Waldgebiet in Deutschland verunfallte.<br />
Wie üblich traf die lokale Feuerwehr<br />
an der Unfallstelle ein und löschte das<br />
Feuer, bevor das RAF-Team eintraf.<br />
Als die deutschen Feuerwehrmänner<br />
das RAF-Personal in ihrer Schutzkleidung<br />
sahen, waren sie natürlich sehr<br />
erstaunt – „Warum sind sie so bekleidet?“,<br />
„Welche gefährlichen Mittel<br />
waren an Bord des Luftfahrzeuges?“,<br />
und schließlich die alles entscheidende<br />
Frage: „Warum hat uns niemand gewarnt?“<br />
Glücklicherweise erlitten sie<br />
keine gesundheitlichen Schäden.<br />
Es wurden schnelle und effektive<br />
Maßnahmen wegen der folgenden<br />
drei treibenden Faktoren ergriffen:<br />
Vorbildliche Ausrüstung der Unfalluntersucher<br />
Saubere Trennung von kontaminierten Bereichen<br />
- Die zunehmende Verwendung von<br />
Material in der Flugzeugfertigung,<br />
das zu Gefahren an der Unfallstelle<br />
führt – vor allem, wenn es brennt.<br />
- Zunehmende Gesundheits-, Sicherheits-<br />
und Umweltschutzgesetzgebung.<br />
Das betrifft nicht nur das Personal<br />
an der Unfallstelle, sondern<br />
auch die Zivilisten, die eingebunden<br />
sind.<br />
- Das zunehmende Risiko eines aggressiven<br />
Rechtsstreits.<br />
Was war zu tun?<br />
Man stellte sicher, dass jeder seine<br />
Verantwortung, Autorität und auch<br />
deren Verantwortlichkeit kannte.<br />
Es wurde eine Gefährdungsdatei erstellt,<br />
in der sowohl gefährliches Material<br />
wie auch Material aufgelistet war,<br />
das im Falle eines Brandes gefährlich<br />
wird bzw. gefährlich werden könnte.<br />
Das Team um Engineer Wing Commander<br />
John Andrews erkannte, dass<br />
sie nicht in all unseren fliegenden<br />
Einheiten das Personal ausbilden und<br />
ausrüsten konnten. So konzentrierte<br />
sich die Crash Recovery Operations<br />
auf eine zentrale Einheit, die mit der<br />
besten Schutzbekleidung und Ausrüstung<br />
ausgestattet wurde, die zu bekommen<br />
war.<br />
Bindung von Asche und Staub<br />
15
Flugsicherheit<br />
Es wurden Wege überarbeitet, wie<br />
andere Spezialistenteams wie Umweltschutz<br />
und Satelitenkommunikation<br />
(SATCOM) schnelle Hilfe und Unterstützung<br />
der AR&TF leisten könnten,<br />
wenn es erforderlich würde.<br />
Die Verfahren wurden überarbeitet,<br />
neue Befehle und Instruktionen<br />
veröffentlicht, nach jedem Unfall ein<br />
umfassender Post Crash Management<br />
Report erstellt und dieser anschließend<br />
eingehend geprüft.<br />
Es wurde eine Politik der regulären<br />
Verbindung mit den zivilen Notdiensten<br />
übernommen, nicht nur mit Feuerwehr,<br />
Polizei und Ambulanz, sondern<br />
auch mit anderen interessierten Stellen<br />
wie Katastrophen- und Umweltschutz<br />
und der nationalen Gewässerbehörde.<br />
Ebenfalls nahm man Verbindung mit<br />
anderen Luftwaffen, der Royal Navy<br />
(wegen der Maßnahmen bei Unfällen<br />
mit rotorgetriebenen Luftfahrzeugen),<br />
mit der CAA (Civil Aviation Authority)<br />
und mit der AAIB (Aircraft Accident Investigation<br />
Branch) auf.<br />
Um die Gefährlichkeit der luftgängigen<br />
Partikel zu reduzieren, wurde<br />
eine Technik zum Besprühen der Unfallstelle<br />
entwickelt.<br />
Man übernahmen die Policy (soweit<br />
praktikabel), alle Teile eines Flugzeugwracks<br />
und potenziell schädliches<br />
Material zur Zufriedenheit der zuständigen<br />
zivilen Behörden zu entsorgen.<br />
Schleusenbereich zwischen sauberen und kontaminierten Bereichen<br />
Gefahren<br />
Die Gefahren an der Unfallstelle<br />
werden in die vier Hauptgruppen unterteilt:<br />
physikalisch, chemisch, biologisch<br />
und psychologisch.<br />
- Physikalische Gefahren sind scharfe,<br />
zackige Wrackteile, Staub (wahrscheinlich<br />
die größte potenzielle<br />
Gefahr), Verbundfaserwerkstoffe,<br />
Ermüdung, Wetter, Hochdrucksysteme,<br />
Bodenbeschaffenheit und<br />
Überhitzung.<br />
- Chemische Gefahren sind Metalloxide<br />
nach einem Brand, brennende<br />
Fluorolastomers, brennende<br />
Polymere, Öle, Schmiermittel, Kraftstoffe,<br />
Sauerstoff (spontane Explosion),<br />
Hydraulikflüssigkeiten, Batterieflüssigkeit<br />
(Acide und Alkaline)<br />
und radioaktives Material.<br />
- Biologische Gefahren (übertragen<br />
durch Blut und Körperflüssigkeiten)<br />
sind der HIV-Virus (AIDS), Hepatitis,<br />
Tetanus, Typhus, Meningitis, Tuberkulose,<br />
möglicherweise SARS (Severe<br />
Acute Respiratory Syndrome/<br />
Schweres Akutes Atemwegssyndrom),<br />
Vogel- und Schweinegrippe.<br />
- Psychologische Gefahren sind Angst,<br />
Verwirrung, Konflikt und/oder<br />
Zwiespalt, traumatischer Stress, Ermüdung,<br />
Depression, Erschöpfung,<br />
Traumatisierung (sofort oder verzögert).<br />
Besondere Gefahren:<br />
Asbest wird in älteren Luftfahrzeugen<br />
zur Hitzeisolation verwendet. Es<br />
übersteht Feuer, wirkt reizend und ist<br />
bei Inhalation krebserregend.<br />
Batterien enthalten Elektrolyte,<br />
Säuren oder Laugen, die korrosiv und<br />
giftig sind.<br />
Fracht ist ein Geschäft mit extremen<br />
Risiken, weil vielfach die Fracht nicht<br />
richtig deklariert ist.<br />
Verbundwerkstoffe werden in drei<br />
Typen unterschieden:<br />
- Glasfasern bedeuten kein eigentliches<br />
Problem, weil sie bei normalen<br />
Feuertemperaturen schmelzen.<br />
- Aramidfasern überstehen Feuer<br />
und sind lungengängig, aber nicht<br />
scharf.<br />
- Kohlefasern überstehen Feuer,<br />
sie sind lungengängig, starr und<br />
scharf.<br />
Die Fasern selbst sind nicht giftig,<br />
aber sie können giftige Stoffe in den<br />
Körper tragen. Tests zeigen: Wenn<br />
Kohlefasern zersplittern und nicht<br />
dem Feuer ausgesetzt sind, werden<br />
nur wenige Partikel freigesetzt. Wenn<br />
Kohlenfasern brennen, ohne zersplittert<br />
zu sein, werden ebenfalls nur<br />
wenige lungengängige Partikel freigesetzt.<br />
Von dem Feuer ausgesetzten<br />
und zersplitterten Fasern werden eine<br />
große Menge lungengängiger Partikel<br />
freigesetzt.<br />
Kühlflüssigkeit wie auch deren<br />
Rauch sind giftig.<br />
Staub muss als größtes Risiko angesehen<br />
werden, sowohl bei der Einatmung<br />
als auch bei der Einnahme.<br />
Elektroisolation ist bei Feuer giftig –<br />
sowohl der Rauch als auch die Asche.<br />
Der Inhalt von Feuerlöschern hat<br />
eine reizende Wirkung und kann bei<br />
Feuer giftig sein.<br />
Kraftstoff ist brennbar, reizt die<br />
Haut und hat eine entfettende Wirkung.<br />
Schmiermittel sind normalerweise<br />
Krebs erregend und enthalten auch<br />
giftige Zusätze.<br />
16
Hochdrucksysteme können noch<br />
unter Druck stehen.<br />
Hydraulikflüssigkeit hat eine reizende<br />
Wirkung.<br />
Metalloxide entstehen im Feuer<br />
und befinden sich im Staub und in der<br />
Asche. Einige sind hoch giftig.<br />
Öle haben eine reizende Wirkung.<br />
Sie können Dermatitis und Hautkrebs<br />
hervorrufen.<br />
Bei Sauerstoff besteht die Gefahr<br />
einer heftigen Verbrennung beim<br />
Kontakt mit Öl oder Fett.<br />
Radioaktive Materialien bergen nur<br />
geringe oder keine Risiken im Normalzustand.<br />
Aber bei Feuer können sie<br />
in Staub oder Asche zerfallen, die im<br />
Falle einer Einnahme oder Einatmung<br />
hoch giftig sein können.<br />
Abgereichertes Uran hat eine sehr<br />
geringe radioaktive Strahlung und<br />
bereitet keine Probleme im Normalzustand.<br />
Es ist leicht brennbar. Die Asche<br />
ist lungengängig und giftig.<br />
Thorium wird in Triebwerken und<br />
Getrieben verwendet. Die Asche ist<br />
giftig.<br />
Tritium wird bei der Notbeleuchtung<br />
und Instrumenten verwendet.<br />
Die Asche ist giftig.<br />
Kühlflüssigkeit in hoher Konzentration<br />
wirkt narkotisierend.<br />
Gummis, Plastik und Dichtungen<br />
produzieren bei Feuer giftigen Rauch.<br />
Die Asche kann hoch giftig sein.<br />
Toilettenabfall ist als Bioabfall zu<br />
behandeln und kann Krankheitserreger<br />
enthalten.<br />
Reifen und Bremsen enthalten Kohlenstaub;<br />
Reifen sind möglicherweise<br />
mit Kohlefasern verstärkt.<br />
Scheibenreinigungsmittel im Cockpitbereich<br />
ist extrem giftig.<br />
Es gibt eine Reihe von Gefahren.<br />
Wenn man sie kennt, ist es nicht<br />
schwer, sich vor ihnen zu schützen.<br />
Staub kann alles Mögliche enthalten.<br />
Hüten Sie sich, ihn einzuatmen oder<br />
mit dem Essen (aus Unachtsamkeit)<br />
einzunehmen. Das ist nicht schwer.<br />
Kohlefaserverbundwerkstoffe sind ein<br />
wesentlicher Bestandteil heutiger Flugzeuge<br />
und ihre Verwendung nimmt<br />
dramatisch zu. Der HARRIER, welcher<br />
der RAF 1990 Probleme bereitete, enthielt<br />
0,6 to Kohlefaserverbundwerkstoffe.<br />
Aber heutzutage sind Flugzeuge<br />
mit dem hundertfachen Anteil an<br />
Kohlefaserverbundstoffen der HARRI-<br />
ER in Betrieb.<br />
Zunahme der Verwendung von Kohlefaserverbundwerkstoffe<br />
Quantität in der Flugzeugstruktur<br />
(ungefähr)<br />
Harrier 30% 0.6 to<br />
VLJ (Grob) 70% 1.0 to<br />
Typhoon 80% 8.0 to<br />
Airbus 380 22% 58.0 to<br />
Airbus 350 40% 65.0 to<br />
Boeing 787 58% 75.0 to<br />
Kohlefaserverbundwerkstoffe werden<br />
natürlich nicht nur in Flugzeugen<br />
verwendet. Sie sind ebenfalls in einer<br />
Vielzahl von Produkten inklusive Eisenbahn-<br />
und Straßenfahrzeuge enthalten.<br />
Die Antwort auf alle Gefahrenprobleme<br />
ist wirklich einfach:<br />
- Atme es nicht ein – trage eine Maske!<br />
- Nimm es nicht ein (Sie haben sich ja<br />
mit einer Maske geschützt!)!<br />
- Lassen Sie es nicht an Ihre Haut –<br />
tragen Sie Overalls, Handschuhe<br />
und einen Schutzhelm!<br />
- Wenn Sie es an Ihre Haut bekommen,<br />
fallen Sie nicht in Panik, waschen<br />
Sie es ab!<br />
- Gehen Sie niemals an eine Unfallstelle<br />
mit einer offenen Wunde!<br />
Schlussbemerkungen<br />
Genaue Informationen über die<br />
möglichen Gefahren an der Absturzstelle<br />
sind dringend erforderlich.<br />
Sollten/müssen wir die Flugzeughersteller<br />
fragen, uns über gefährliches<br />
Material zu beraten und auch darüber,<br />
welches Material gefährlich werden<br />
kann, wenn es brennt? Was ist mit der<br />
Fracht?<br />
Wir benötigen mehr medizinische<br />
Untersuchungen über gesundheitliche<br />
Gefahren bei lungengängigen Kohlefasern.<br />
Ich habe Bilder des Desasters am<br />
World Trade Centre in New York (in<br />
diesen Vortrag) eingeschoben. Die<br />
gesundheitlichen Probleme der Betroffenen<br />
bedürfen weiterer Beobachtung.<br />
Mehr als 2.000 New Yorker<br />
Feuerwehrmänner haben schwere<br />
Atemprobleme. Bei einer vom Mount<br />
Sinai Medical Centre durchgeführten<br />
Untersuchung wurde festgestellt, dass<br />
70 % der fast 10.000 mit der Bergung<br />
beauftragten Arbeiter Atemprobleme<br />
haben. Jedes der beiden Flugzeuge – es<br />
waren zwei Boeing 757 – enthielt 3 to<br />
Kohlefaserverbundwerkstoffe, wovon<br />
das meiste durch die hohe Energie<br />
beim Einschlag in das Gebäude und<br />
Feuer in lungengängige Fasern zerfiel.<br />
Wie viel das zu den Leiden der Opfer<br />
beigetragen hat, werden wir wahrscheinlich<br />
niemals erfahren.<br />
Hauptkritikpunkte vor 20 Jahren<br />
waren<br />
- mangelndes Gefahrenbewusstsein<br />
und<br />
- Mangel an effektivem Training.<br />
Sind wir heute besser?<br />
Wing Commander (ret) John Andrews<br />
gab uns einen Einblick, wie die<br />
RAF dieses Problem behandelt und<br />
wie sie zu diesem Vorgehen kam. Nun<br />
bleibt die Frage, wie es bei uns – also<br />
in der Bundeswehr – aussieht. Wir befinden<br />
uns in der Phase der Einführung<br />
neuer Waffensysteme. Der EUROFIGH-<br />
TER wurde bereits erwähnt. Aber der<br />
Kampfhubschrauber TIGER und der<br />
mittlere Transporthubschrauber NH90<br />
bestehen auch zum überwiegenden<br />
Teil aus den neuen Materialien.<br />
- Haben wir uns ausreichend vorbereitet?<br />
- Haben wir für jedes Waffensys-tem<br />
eine Gefährdungsdatei mit einer<br />
Auflistung der Materialien, deren<br />
17
Flugsicherheit<br />
Einbaustelle und deren Gefährlichkeit<br />
in Normalzustand wie auch<br />
nach einem Unfall? In den US Streitkräften<br />
gibt es hervorragendes Anschauungsmaterial,<br />
welches auch<br />
im Internet einzusehen ist.<br />
- Ist das Personal, das die Unfalluntersuchung<br />
an der Unfallstelle vornimmt,<br />
ausreichend informiert bzw.<br />
ausgebildet? Dies betrifft vorrangig<br />
das technische Personal wie Luftfahrzeugtechnische<br />
Offiziere, Nachprüfer<br />
und Qualitätssicherungspersonal.<br />
- Haben wir in den fliegenden Verbänden<br />
ausreichende Schutzbekleidung,<br />
sowohl in der Verwendung<br />
und Eignung als auch in den gängigen<br />
Größen und in einer ausreichenden<br />
Menge (es ist zu bedenken,<br />
dass an der Unfallstelle getragene<br />
Overalls und Fußlinge nach dem<br />
Verlassen der Unfallstelle an einer<br />
zur Kontaminierung eingerichteten<br />
Stelle fachgerecht entsorgt werden<br />
müssen und nicht noch einmal getragen<br />
werden können)?<br />
Carbon Fibre Composites<br />
Aluminium Lithium<br />
Titanium<br />
Glass Reinforced Plastic<br />
Aluminium Casting<br />
GFC (Glass Fibre Composite)<br />
CFC (Carbon Fibre Composite)<br />
CFC (Aramid Sandwich (Kevelar))<br />
Dazu ein kurzer Sachstand:<br />
1999 wurde die BesAnLwUKdo<br />
203/804 „Schutz- und Sicherheitsbestimmungen<br />
bei der Untersuchung<br />
und Bergung von Luftfahrzeugen –<br />
Gefahrenpotenziale von Luftfahrzeugen“<br />
oder kurz „Handbuch Gefahrenpotenziale<br />
von Lfz“ erlassen und entsprechend<br />
dem damals festgelegten<br />
Verteiler ausgegeben. Im Jahr 2000<br />
folgte die Herausgabe der englischsprachigen<br />
Ausgabe mit dem Titel<br />
„Technical Manual Safety Regulations<br />
and Procedures für Aircraft Accident<br />
Investigation and Crash Recovery –<br />
Aircraft Hazard Potentials (A/C Hazard<br />
Potential Manual)“, die vor allem für<br />
die ausländischen Verbände in der<br />
Bundesrepublik und den von der Bundeswehr<br />
genutzten Plätzen im Ausland<br />
vorgesehen ist. Im Vorwort dieser Anweisung<br />
steht, dass „sie der Information<br />
deutscher militärischer und ziviler<br />
Dienststellen im In- und Ausland über<br />
Gefährdungspotenziale, die von einem<br />
Flugzeugwrack und Teilen davon bei<br />
der Unfalluntersuchung und Bruchbergung<br />
ausgehen können, dienen soll“.<br />
Metal<br />
Laminated Fibreglass<br />
Plexiglass<br />
Neben einer Grundausstattung von<br />
sieben Exemplaren pro fliegendem<br />
Verband sollen darüber hinaus alle<br />
„zivilen Feuerwehren des Umkreises,<br />
bei denen Kooperation im Alarmfall<br />
besteht, je ein Exemplar erhalten, das<br />
dann beim Waffensystemkommando<br />
ZC 5 anzufordern ist“.<br />
In Kapitel 1 dieser Vorschrift werden<br />
„gefahrstoffbezogene Schutzund<br />
Sicherheitsbestimmungen“ und<br />
in Kapitel 2 die „Lfz-Bauteilbezogene<br />
Schutz- und Sicherheitsbestimmungen“<br />
angesprochen. Diese Vorschrift<br />
ist gut. Aber wie es so ist im<br />
Leben: Nichts ist so gut, als dass man<br />
es nicht noch verbessern kann. Hierbei<br />
könnte ein Blick auf die T.O. 00-105E-9<br />
der US Air Force hilfreich sein.<br />
Bisher fehlt dieses Thema in den<br />
Lehrplänen für die Ausbildung des<br />
Flugsicherheitspersonal bei der Fachlehrgruppe<br />
Flugsicherheit an der<br />
Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck,<br />
aber vom Fachlehrer<br />
Flugunfalluntersuchung wird in mehreren<br />
Unterrichtseinheiten über die<br />
Gefahren an einer Unfallstelle und wie<br />
man damit umgeht unterrichtet.<br />
Gemäß BesAnLwUKdo 203/8004<br />
„Handbuch Gefahrenpotenziale<br />
von Lfz“ Ziffer 302 ist „zum Schutz<br />
des eingesetzten Flugunfalluntersuchungs-<br />
und Bergungspersonals gegen<br />
aufwirbelnde, potenziell toxische<br />
oder karzinogen wirkende Partikel<br />
sowie Schwelbrandgase und -dämpfe<br />
eine leichte Schutzausstattung erforderlich,<br />
die die Bewegungsfreiheit der<br />
Untersuchenden so wenig wie möglich<br />
einschränkt.“ Dazu sind auf allen<br />
Flugplätzen der Bundeswehr zwanzig<br />
Satz der „Schutzausstattung Flugunfalluntersuchung<br />
GenFlSichhBw“<br />
vorzuhalten. Die Zusammenstellung<br />
dieses Satzes wie auch die quantitative<br />
Bevorratung in den Verbänden sollte<br />
aber – vor allen bei den Schutzanzügen<br />
– dem heutigen Erkenntnisstand<br />
angepasst werden.<br />
Also – es gibt viel zu tun – packen<br />
wir es an!<br />
18
von Ralph Reinwarth,<br />
Karlsruhe Center<br />
aus „Der Flugleiter“, Mitgliederzeitschrift<br />
der GdF, Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />
Das bezieht sich jetzt,<br />
auch wenn man das beim<br />
Titel meinen könnte,<br />
nicht auf das Kamasutra,<br />
das indische Buch der<br />
Liebeskunst, sondern auf<br />
Zahlen!<br />
Ich erinnere mich noch deutlich an<br />
eine Stuttgart Departure, deren Pilot<br />
mir meine Bitte um Frequenzwechsel<br />
zu Maastricht auf die 125,97 ablehnte<br />
mit der knappen Begründung: „Sorry,<br />
too many numbers!“. Dabei waren<br />
das exakt nur so viele wie bei den meisten<br />
anderen Frequenzen auch.<br />
Das Phänomen kennen wir, beobachten<br />
es aber in den allermeisten<br />
Fällen nur bei anderen. Zahlendreher.<br />
Die sind natürlich umso leichter zu<br />
produzieren, je mehr Zahlen Inhalt<br />
einer Message sind. Unkritisch sind<br />
diese Dreher dann, wenn sie mit Einheiten<br />
verknüpft sind, die eindeutig<br />
sind. Mehrdeutig ist übel, aber bei<br />
ATC eigentlich der Regelfall; 240 z. B.<br />
kann viel sein, eine Heading, ein Flight<br />
Level, eine Speed, eine Tripnumber.<br />
Man muss es spezifizieren. Eindeutige<br />
Einheiten mit falschen Zahlen werden<br />
manchmal nicht hinterfragt, wie das<br />
berühmte „Turn right Heading 410<br />
and continue climb to FL <strong>01</strong>5“, das<br />
geht so rum nicht, da kommt sogar<br />
das Readback mit dem „Level 410 und<br />
der Heading <strong>01</strong>5“. Das kann gefährlich<br />
werden – muss aber nicht, wenn<br />
man die Fallen kennt und sich einige<br />
Tricks aneignet, um nicht in diese zu<br />
tappen und – das ist bei jeder ernstgemeinten<br />
Kommunikation ein Muss<br />
– nicht tappen zu lassen!<br />
Eins der Kommunikationsgesetze in<br />
der Luftfahrt lautet:<br />
Saying a number after another<br />
number that is supposed to be remembered<br />
creates the classic condition for<br />
confusing the numbers.<br />
Also bitte nicht alles auf einmal.<br />
Insbesondere mit den Channels im<br />
8.33-Raster ergibt sich diesbezüglich<br />
Gefahrenpotenzial, z. B. die Gleichheit<br />
mit Leveln.<br />
„Beeline 130 maintain Heading 310<br />
and contact us on 132 decimal 330“<br />
wäre die probate R/T, um obiges Kommunikationsgesetz<br />
mal auf die Probe<br />
zu stellen.<br />
Deswegen gleichlautende Zahlen<br />
bitte möglichst in verschiedene Transmissions<br />
packen, so kann man der Verwechslungsgefahr<br />
vorbeugen. Es ist keine<br />
Unfähigkeit oder Dummheit, wenn<br />
es doch passiert, sondern eine mentale<br />
Unausweichlichkeit, ein Human Factor.<br />
Je mehr man über deren Existenz weiß,<br />
desto besser kann man versuchen, sie<br />
zu überlisten. Man hält niemanden<br />
für blöde, der es so macht, es ist eine<br />
professionelle Prophylaxe von Human<br />
Errors.<br />
Im Alltag geht das auch: Insbesondere<br />
die Telefonvorwahl von Karlsruhe<br />
(0721) ist einigermaßen Human<br />
Error-trächtig. Bei der Vorwahl 0721<br />
sagt das Gehirn gleich „kenne ich,<br />
nicht aufschreiben“, weil die Zahlen<br />
fürs Vodafone-Netz passen, <strong>01</strong>72, nur<br />
eben nicht in der Reihenfolge. Aber<br />
es gibt ein Bild, das man zu erkennen<br />
glaubt. Man hat eben nicht richtig hingesehen.<br />
Und gesehen ist noch nicht<br />
erkannt, oder, um es auf die Akustik<br />
umzuformulieren: Gehört ist noch<br />
nicht verstanden!<br />
Umgehen kann man das mit dem<br />
Hinweis „Karlsruhe 0721“, dann<br />
merkt man das; ein Handy ist mit einer<br />
Person verknüpft, nicht mit einem Ort.<br />
Karlsruhe 0721 muss also Festnetz<br />
sein, und da passt wiederum <strong>01</strong>72<br />
nicht.<br />
Nicht nur Zahlen können einen verwirren,<br />
manchmal schaffen das auch<br />
Buchstaben: Wurde doch seinerzeit<br />
Michael Schumachers Pilot von der<br />
VP-CMC nach seinen Flight Conditions<br />
gefragt und gab sofort die korrekte<br />
Antwort: „India Mike Charlie, Victor<br />
Mike Charlie“. Ja was denn nun, mag<br />
sich da der Lotse gefragt haben. Nur<br />
gehört hilft da nichts, da muss man<br />
schon verstehen!<br />
Nun noch zur Auflösung der Überschrift.<br />
Das fiel mir auf bei einer Tonbandumschrift:<br />
Es handelt sich um den<br />
korrekten Readback eines Piloten der Sabena-S.<br />
Tail-Beeline oder welches Callsign<br />
da gerade tagesaktuell ist, dem –<br />
entgegen der oben erwähnten Gesetzmäßigkeit<br />
– gesagt wurde: „Beeline34Y,<br />
squawk 3543 and contact us<br />
on 120,930“, worauf der gute Mann<br />
eben antwortete: „Tree five four tree<br />
one two zero nine tree zero tree four<br />
Yankee, tschüss!“<br />
Eigentlich eine bemerkenswerte<br />
Leistung, was für uns alltäglich ist!<br />
19
Flugsicherheit<br />
... without tanker´s gas!<br />
von Ralph Reinwarth,<br />
Karlsruhe Center<br />
aus „Der Flugleiter“,<br />
Mitgliederzeitschrift der GdF,<br />
Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />
So das inoffizielle Motto<br />
der Tankflugzeugbesatzungen<br />
der US-<br />
Streitkräfte (USAFE).<br />
Will sagen, von den<br />
Damen und Herren<br />
Fighterjockeys und/oder<br />
Mudmovern kommt<br />
keiner an sein Ziel, ohne<br />
vorher in der Luft<br />
betankt zu haben.<br />
20<br />
Das hat mir Major Ward bestätigt,<br />
einer der Tankerkapitäne der USAFE.<br />
Ich hatte mit dem Herrn gesprochen,<br />
weil ich in der Nachbetrachtung eines<br />
Emergencies, den wir gehändelt haben,<br />
einige Sachen wissen wollte.<br />
So ein Vorfall macht einen ja furchtbar<br />
neugierig, weil es eben selten ist<br />
und dramatisch und man darin keine<br />
Übung hat, und außerdem bin ich ja<br />
auch Emergency-Trainer und da will<br />
man ja auch keinen Stuss erzählen.<br />
Apropos Neugier: Was war denn eigentlich?<br />
Ein Tanker der US Air Force<br />
war enroute auf dem Weg nach Mesopotamien,<br />
um es mal gebildet so<br />
auszudrücken, dass die Destination da<br />
steht und trotzdem keiner weiß, wo<br />
es genau ist, jedenfalls kam er aus<br />
Mildenhall (EGUN), dort sind 15 Stück<br />
davon stationiert, und flog über OKG<br />
aus unserer Area raus. Jetzt wäre die<br />
Geschichte eigentlich schon zu Ende<br />
gewesen, aber dieser Tanker kam zurück,<br />
und zwar, wie der Prager Flight<br />
Data bei der Übermittlung des Estimates<br />
mitteilte, wegen Rauch im Flugzeug.<br />
„Smoke in the aircraft“, was<br />
unser Flight Data den zuständigen<br />
Lotsen auch gleich weitererzählt hat<br />
(brav, Gisela!).<br />
Eine solche Zusatzbemerkung sorgt<br />
natürlich für inneren Aufruhr beim<br />
verantwortlichen Lotsen, denn wo<br />
Rauch ist, ist auch Feuer, und das ist<br />
ja, wie mir Major Ward bestätigte, an<br />
Bord eines Tankers nicht gerade witzig.<br />
Beim Controller lässt es zumindest<br />
Unbehagen aufkommen, denn man<br />
weiß nicht, was der macht oder machen<br />
will, eskaliert die Situation, will<br />
der irgendwo unterwegs notlanden<br />
und und und ... Dieser Tanker wusste<br />
aber genau, was er wollte, und zwar<br />
zurück nach Mildenhall. Das ist bei<br />
Militärs üblich, erst mal die Homebase<br />
anpeilen, da kennt man sich aus oder<br />
die Kameraden kennen sich aus, denn<br />
dieser Tanker flog mit dem Callsign<br />
REACH, und die sind immer aus Amerika.<br />
Man wusste auch die Route genau,<br />
nämlich „via FFM, NOR, MC6 to<br />
Mildenhall“.<br />
Also Entwarnung. Aber nur kurz;<br />
der Rauch hörte nicht auf und wurde<br />
schlimmer. Nach eingehender Beratung<br />
der Crew untereinander und unter den<br />
Sauerstoffmasken (Erste Action bei<br />
Rauch: Oxygen masks on; zweite: Air<br />
cycle machine: off – weil die meistens<br />
kaputt geht und dann qualmt) wurde<br />
klar, das es diesmal nicht wie sonst
immer die besagte Air cycle machine<br />
war, sondern etwas anderes. Jedenfalls<br />
wurde der Rauch immer dicker<br />
und man beschloss, nach Frankfurt<br />
zu diverten, weil es da eine Seite<br />
gibt (gab), die Rhein/Main heißt und<br />
das ist eine US-Air Force Base. Leider<br />
sagte der Pilot nichts von „Diversion“,<br />
sondern „We are going to Fränkfört<br />
now“. Stimmt, da flog er gerade hin,<br />
nach Frankfurt, zur VOR nämlich.<br />
Also da war schon mal, wie wir Human<br />
Factors- Spezialisten sagen, „Ambiguity“<br />
drin, Missdeutbarkeit. Keine<br />
klare Ansage, dass man jetzt divertet<br />
und möglichst schnell in Frankfurt landen<br />
will bzw. muss.<br />
Der Controller konnte auch annehmen,<br />
nachdem er die Freigabe nach<br />
Mildenhall via FFM usw. erteilt hatte,<br />
dass der Pilot jetzt auf die VOR eindreht<br />
und dann nach NOR fliegt. Unser<br />
Mann war misstrauisch genug, da<br />
nachzuhaken und siehe da, der Pilot<br />
meinte: Diversion to Frankfurt. Dafür<br />
war er aber zu schwer, denn er wollte<br />
ja ursprünglich bis nach – na? – genau,<br />
Mesopotamien, und war voll mit Kerosin,<br />
das man jetzt loswerden wollte.<br />
Dazu sagt man in Luftfahrtkreisen<br />
„Fuel dumping“, Limies manchmal<br />
auch „Fuel jettisoning“, aber davon<br />
war keine Rede. Der Pilot stand unter<br />
sehr hohem Stress (was man nachfühlen<br />
kann, wenn der Qualm in einem<br />
Tankflugzeug mal nicht von der kaputten<br />
Air-cycle-machine kommt, wie<br />
sonst immer) und verfiel deshalb – alte<br />
Human Factor Geschichte – in seine<br />
Muttersprache.<br />
Nun könnte man meinen, das<br />
macht ja nichts, ist ja sowieso Englisch,<br />
was in der Luftfahrt gesprochen<br />
wird, aber das ist nicht der Fall. Phraseologie<br />
ist die Sprache der Luftfahrt,<br />
die besteht aus etwas über 30 Wörtern,<br />
nicht mehr. Das ist kein „Colloquial<br />
English“! Bernhard Shaw hat<br />
gesagt: „Engländer und Amerikaner<br />
unterscheiden sich in vielen Dingen,<br />
vor allem aber durch die gemeinsame<br />
Sprache“. Also unser Pilot sagte nicht<br />
auf englisch und phraseologisch korrekt<br />
„Fuel dumping“, sondern auf<br />
Süd-Kentuckynesisch: „We gotta get<br />
rid of the most of our gas“. Das kann<br />
natürlich nur verstehen, wer Umgang<br />
mit Amerikanern hat oder hatte.<br />
Irgendwie hat man es dann geahnt<br />
und nachgefragt und konnte dann<br />
auch behilflich sein. Wie man Fuel<br />
dumpen lässt, wissen wir ja alle, aber<br />
wie kann ich der Besatzung eines Tankers<br />
sonst helfen, in so einem Fall.<br />
Dazu habe ich wieder den freundlichen<br />
Tankerkapitän Major Ward gefragt,<br />
und folgendes erfahren:<br />
Prinzipiell ist ein Tanker ein Airliner<br />
mit mordsmäßig viel Sprit und<br />
der Möglichkeit, denselben in der Luft<br />
an andere weiterzugeben, und auch<br />
sonst ein Airliner mit allen Möglichkeiten<br />
und Features, z. B. der Möglichkeit,<br />
irgendwo ein Holding per FMS<br />
hinzulegen und abzufliegen, auch da,<br />
wo man gerade ist. Man könnte also<br />
sagen: „Hold present position“ und<br />
zack! hält er da in einem Standard<br />
Pattern. Das sollte man auch als Controller<br />
als erstes anbieten, wenn einer<br />
Probleme meldet. „Do you need to<br />
hold to get things straight?“ wäre laut<br />
unserem Major eine gute Frage.<br />
Und dann ab damit in die luftverkehrstechnische<br />
Pampa, oder irgendeine<br />
TRA aufmachen und rein damit,<br />
damit die in Ruhe klären können,<br />
was Sache ist.<br />
Das klingt zunächst befremdlich,<br />
denn man denkt immer: Notfall,<br />
schnell, schnell. Ist aber falsch. Das kann<br />
sich daraus entwickeln, muss aber<br />
nicht. Im Normalfall des „Abnormals“,<br />
wie das unter Airline-Piloten heißt,<br />
wird erst mal untersucht, was ist eigentlich<br />
los. Wo kommt der Qualm her<br />
(„I bet it´s that fucking air-cycle-machine<br />
again“ lauten wahrscheinlich die<br />
Worte, die in diesem Fall die Untersuchung<br />
einleiteten) und können wir<br />
die Störung beseitigen? Dafür benötigt<br />
man Zeit. Und weil man die nicht<br />
mit fliegen vertrödeln will, lässt man<br />
den Computer im Holding fliegen und<br />
kümmert sich um den „Abnormal“.<br />
Wenn man die Lage geklärt hat, trifft<br />
man eine gemeinsame Entscheidung.<br />
Das ist in Zeiten von CRM so üblich,<br />
Entscheidungen im Konsens zu tragen.<br />
Dass nur der Kapitän was zu sagen<br />
hat, ist nicht mehr opportun.<br />
Die Entscheidung in unserem Fall<br />
war Diversion to Frankfurt. Zwar professioneller<br />
– aber unprofessionell<br />
übermittelt.<br />
Was soll der Controller tun, um der<br />
Besatzung optimal Hilfestellung zu<br />
leisten? In unserem Fall war die Besatzung<br />
nicht mit den Gegebenheiten<br />
vertraut, weil, wie o. g. ein REACH und<br />
somit aus Amerika, es sein kann, dass<br />
keiner von denen je nach Frankfurt<br />
geflogen ist. Also müssen die wissen,<br />
wie sie dahin kommen. Damit ist Type<br />
of arrival und Fix gemeint. Z. B. „We<br />
put you on a STAR from Gedern, Golf<br />
Echo Delta“. Das ist wichtig, die kennen<br />
Gedern nicht, wie wir, die suchen<br />
sich die Karte raus mit dem Gedern<br />
Arrival („What did she say, G-E-D?<br />
Oh here it is, got it, Boss!“). Buchstabieren<br />
gilt für alle IAFs, die kennen<br />
auch kein Spessart und kein Metro.<br />
Wetter! Wichtig. Die haben weder<br />
Zeit noch Bock, die ATIS abzuhören.<br />
Wetter einblenden in der TID-Library<br />
und ansagen, wenn es zu alt ist, beim<br />
TWR anrufen und selbst einholen oder<br />
einholen lassen. Rekapitulieren wir:<br />
Do you need to hold? Arrival-Type +<br />
Arrival-Fix (ggf)WX. So kann man als<br />
Upper Controller in einem solchen Fall<br />
optimal unterstützen.<br />
In unserem speziellen Fall haben<br />
die Frankfurter beide Bahnen und den<br />
mittleren Taxiway geräumt, damit die<br />
irgendwo landen konnten, beim ersten<br />
Versuch haben die Piloten nichts gesehen<br />
und mussten einen Go-around<br />
machen, beim zweiten Versuch sind sie<br />
sicher gelandet, haben evakuiert und<br />
das Flugzeug wurde abgeschleppt.<br />
21
Flugsicherheit<br />
(Brems-) Schirmlos<br />
Im Februar 1975 ereignete<br />
sich auf der spanischen<br />
Air Base Getafe<br />
ein Unfall mit einer<br />
deutschen G-91 T/3, weil<br />
ein Flugzeugführer auf<br />
seinen Überführungsflug<br />
ungenügend vorbereitet<br />
war und da er, nur<br />
weil er unbedingt seinen<br />
Auftrag erfüllen wollte,<br />
sein Risikobewusstsein<br />
total unterdrückte.<br />
Außerdem ist dieser<br />
Unfall ein Beispiel für<br />
falsch verstandene<br />
Kameradschaft.<br />
von Oberstabsfeldwebel Karl Heinz Weiß, GenFlSichhBw<br />
Nachdem in den Jahren 1971/72<br />
die zwei Aufklärungsgeschwader der<br />
Luftwaffe mit 88 Exemplare der Mc-<br />
Donnel/Douglas RF-4E Phantom II ausgerüstet<br />
wurden, wurden 1973 bis<br />
1975 die Jagdgeschwader 71 und 74<br />
sowie zwei Jagdbombergeschwader<br />
mit 175 Flugzeuge McDonnel/Douglas<br />
F-4F Phantom II ausgestattet. Neben<br />
dem JaboG 36 in Rheine-Hopsten, das<br />
die Lockheed F-104G gegen die Phantom<br />
tauschte, wurde das in Pferdsfeld/Hunsrück<br />
beheimatete leichte<br />
Kampfgeschwader 42 (LeKG 42) auf<br />
das neue Waffensystem umgerüstet.<br />
Zum selben Zeitpunkt wurde auch das<br />
in Leipheim stationierte LeKG 44 aufgelöst.<br />
Die Flugzeuge dieser beiden<br />
Geschwader wurden auf die verbleibenden<br />
G-91-Verbände verteilt.<br />
Gleichzeitig wurde die G-91-Flotte<br />
nach Flugzeugen durchforstet, die<br />
Bild aus der Flugunfallakte<br />
im Rahmen der Militärhilfe an die<br />
portugiesische Luftwaffe (Forca Aera<br />
Protugaise / FAP) abgegeben werden<br />
könnten. Unter den 50 Flugzeugen<br />
befanden sich auch elf Exemplare der<br />
doppelsitzigen Version T3.<br />
Da die FIAT G-91 nicht in der Lage<br />
war, Non-Stopp von Fürstenfeldbruck<br />
nach Portugal zu fliegen, wurden Istres-<br />
Le Tubé in Südfrankreich und Getafe<br />
bei Madrid in Spanien als Zwischenlandeplätze<br />
für die Überführung ausgesucht.<br />
Als Zielflugplatz für alle Flugzeuge<br />
war Beja vorgesehen.<br />
Der Flugplatz Istres-Le Tubé (Base<br />
Aérienne 125/BA 125) liegt am Stadtrand<br />
von Istres, etwa 30 km nordwestlich<br />
von Marseille. Der Flugplatz war in<br />
den 1960er und 1970er Jahren ein<br />
gerne angeflogener Zwischenlandeplatz<br />
für die G-91- und F-104G-Luftfahrzeugführer<br />
auf dem Weg nach<br />
22
Decimomannu/Sardinien, Beja/Portugal<br />
und bei Cross-Country-Flügen nach<br />
Spanien. Da sich ein Teil des Centre<br />
d‘Essais en Vol (CEV/französische Erprobungsstelle<br />
für militärisches Fluggerät)<br />
auch an diesem Platz befand<br />
und noch befindet, hatte die Erprobungsstelle<br />
der Bundeswehr 61<br />
(heute Wehrtechnische Dienststelle/<br />
WTD 61) dort eine Außenstelle eingerichtet,<br />
um einen großen Teil der<br />
erforderlichen Starfighter-Erprobung<br />
von dort durchzuführen. Vor allem<br />
Hochgeschwindigkeitsflüge konnten<br />
von Istres aus über dem nahen Mittelmeer<br />
durchgeführt werden. Deshalb<br />
gab es dort auch zu jener Zeit deutsche<br />
Flugverkehrsleiter, die eine französische<br />
Zulassung hatten. So wurden<br />
an diesem Flugplatz anfliegende deutsche<br />
Besatzungen von dem Controller<br />
der E-Stelle begrüßt. Während die<br />
Flugzeuge durch Mechaniker dieser<br />
Dienststelle gewartet wurden, konnten<br />
sich die Flugzeugführer im Coffee-<br />
Shop bei einem guten Kaffee ausruhen<br />
und sich mit einem Sandwich für den<br />
Weiterflug stärken. Änderungen am<br />
Flugplan wurden dann vom Flugleiter<br />
– gleichzeitig Controller – bearbeitet<br />
und weitergeleitet.<br />
Neben der französischen Erprobungsstelle<br />
waren und sind noch an<br />
diesem Platz die EPNER (École du Personnel<br />
Navigant d’Essais et de Réception /<br />
französische Ausbildungseinrichtung<br />
für Testpiloten und Flugversuchspersonal)<br />
sowie die Flugversuchsabteilungen<br />
der Firmen Avion Marcel Dassault<br />
(AMD), des Triebwerkherstellers<br />
SNECMA und weiterer Ausrüstungsfirmen<br />
ansässig. Heute befinden sich außerdem<br />
eine mit Mirage 2000N ausgerüstete<br />
Jagdbomberstaffel (Strike),<br />
eine mit KC-135F Stratotanker ausgerüstete<br />
Refuelling-Staffel und eine<br />
mit CSAR-Aufgaben beauftragte Hubschrauberstaffel<br />
auf dieser Basis.<br />
Von diesem Flugplatz aus wurden<br />
die Erprobungen aller Mirage- und<br />
Rafale-Flugzeuge sowie wesentliche<br />
Teile der Concordeerprobung – wie<br />
Startabbruchversuche – durchgeführt.<br />
Auch die Erprobung der deutsch–französischen<br />
Entwicklung Alpha Jet erfolgte<br />
hier. Wegen der langen Landebahn<br />
von mehr als 12.000 ft ist der<br />
Flugplatz ebenfalls von der NASA als<br />
Notlandeplatz im Falle einer Transoceanic<br />
Abort Landing (TAL) für das Space<br />
Shuttle vorgesehen.<br />
Getafe wurde gewählt, weil dieser<br />
Platz fast genau in der Mitte des Flugweges<br />
zwischen Istres und Beja liegt.<br />
Getafe Air Base (ICAO: LEGT) ist ein<br />
militärischer Flugplatz der spanischen<br />
Luftwaffe und liegt 14 km südlich von<br />
Madrid. Der Flugplatz wurde 1911<br />
errichtet und war der erste Flugplatz<br />
in Spanien. Neben der spanischen Regierungsstaffel<br />
und einer Lufttransportstaffel<br />
war und ist hier auch die<br />
Firma CASA – heute EADS – ansässig,<br />
die hier unter anderem den Eurofighter<br />
Typhoon für die spanische Luftwaffe<br />
endmontiert.<br />
Beja Air Base (Base Aérea de Beja),<br />
bezeichnet als Air Base No. 11 (portugisisch<br />
Base Aérea Nº 11/BA11), ist ein<br />
militärischer Flugplatz in Portugal nahe<br />
der Stadt Beja. Er hat zwei parallele<br />
Landebahnen, die längere ist 4.300 m<br />
lang und 60 m breit. Dieser Platz wurde<br />
als Zielflugplatz gewählt, da sich an<br />
diesem, in den frühen 1960er Jahren<br />
von den Deutschen erbauten Flugplatz<br />
sowohl eine portugiesische Luftwaffeneinheit<br />
als auch das Deutsche<br />
Luftwaffenübungsplatzkommando<br />
befand. Hier landeten die deutschen<br />
Ginas und verließen den Platz mit portugiesischer<br />
Zulassung in Richtung ihrer<br />
künftigen Stationierungsorte.<br />
Die 1. fliegende Staffel der Waffenschule<br />
der Luftwaffe 50 (1./WaSLw 50)<br />
hatte den Auftrag, am 25. Februar<br />
1976 sechs FIAT G-91 T3 von Fürstenfeldbruck<br />
nach Beja/Portugal zu<br />
überführen. Während die Maschinen<br />
der ersten Rotte vom Staffelkapitän,<br />
zugleich Verantwortlicher der Aktion,<br />
und vom Einsatzoffizier einsitzig geflogen<br />
wurden, setzten sich die Besatzungen<br />
der zweiten und dritten Rotte<br />
aus einem Fluglehrer im vorderen und<br />
einem Kampfbeobachterschüler (KBO-<br />
Schüler) im hinteren Cockpit zusammen.<br />
Für die KBO-Schüler war dieser<br />
Flug ein Teil des Schulungsprogramms.<br />
Ihre Aufgabe war es, den Funkverkehr<br />
abzuwickeln, ferner die Luftraumüberwachung<br />
und Navigation.<br />
Am Nachmittag des 24. Februar<br />
wurden die Flugpläne erstellt. Am<br />
Morgen des 25. Februar fand ein normales<br />
Crew-Briefing für die Piloten<br />
durch den Verantwortlichen statt.<br />
Innerhalb der Rotte wurden dann die<br />
anfallenden Emergencies und Abortprocedures<br />
grob durchgesprochen<br />
und ein Lead-change in case of radio<br />
failure abgesprochen. Anhand der einschlägigen<br />
Publikationen informierten<br />
sich die Luftfahrzeugführer über die<br />
Gegebenheiten der anzufliegenden<br />
Plätze. Dabei stellten sie fest, dass in<br />
Getafe eine MA-1A (mod) Fanganlage<br />
installiert war. Über die Eignung* dieser<br />
Fanganlage für die G-91 wussten<br />
sie nichts und informierten sich auch<br />
nicht weiter.<br />
Die Vorfluginspektion des (später<br />
verunglückten) Flugzeuges wurde<br />
durch einen Unteroffizier durchgeführt.<br />
Der stellte dabei fest, dass sich<br />
der Drag-Chute-Handle nicht ganz<br />
herausziehen ließ. Er meldete dies seinem<br />
Line-Chief, der darauf die Störbehebung<br />
und einen Prüfer anforderte.<br />
Während der Wart das Flugzeug weiter<br />
startklar machte, wurde von der<br />
Störbehebung an der Bremsschirmanlage<br />
gearbeitet.<br />
23
Flugsicherheit<br />
Als der Luftfahrzeugführer dieser<br />
Maschine – er war der Rottenflieger<br />
der zweiten Rotte – an das Flugzeug<br />
kam, legte ein Mechaniker gerade den<br />
Bremsschirm ein. In dem Augenblick,<br />
als der Pilot die Bremsschirmklappe<br />
schließen wollte, kam ein Prüfer hinzu.<br />
Der prüfte dann die richtige Lage<br />
des Kreuzkopfes und der Klaue. Ein<br />
Mechaniker schob dann auf Anweisung<br />
des Piloten den Auslösegriff rein,<br />
nachdem dieser den Hilfsschirm selber<br />
eingelegte und die Klappe mit der Zuhaltung<br />
geschlossen hielt. Um ganz<br />
sicher zu gehen, ließ der Prüfer noch<br />
einmal die Bremsschirmauslösung betätigten.<br />
Der Hilfsschirm sprang dem<br />
Luftfahrzeugführer ins Gesicht, als er<br />
hinter der Maschine stand. Für den<br />
Prüfer bestätigte dies eine einwandfreie<br />
Funktion. Weil die Bremsschirmbetätigungsgriffe<br />
bei verkantetem<br />
Ziehen schwer gingen, ohne dass die<br />
Anlage irgendeinen Fehler zeigt, handelte<br />
es sich für den Prüfer nicht um<br />
eine Störung. Deshalb veranlasste er<br />
auch keinen Eintrag in das Bordbuch.<br />
Nachdem der Flugzeugführer erneut<br />
die Bremsschirmklappe geschlossen<br />
und verriegelt hatte, setzte er seinen<br />
Walk around fort. Weil der 1. Wart<br />
die Lebenslaufakten der Maschine des<br />
Rottenführers im linken Waffenraum<br />
verstaut hatte, die Besatzung somit<br />
keinen Platz für ihre Reisetaschen und<br />
die Kälteschutzanzüge hatte, ließ er<br />
die Akten in der Kameranase verstauen.<br />
Über die erste Etappe der Überführung<br />
berichtete der Rottenführer der<br />
zweiten Rotte:<br />
„Ursprünglich sollten wir über Ulm<br />
exit fliegen, haben dann aber eine<br />
South departure geflogen. In Istres<br />
machten wir eine Single landing mit<br />
GCA recovery. Das macht der (deutsche)<br />
Controller gerne und außerdem<br />
braucht man keinen Bremsschirm. Im<br />
GCA haben wir in 1.500 ft gesplitted.<br />
Von 25.000 ft ab nach unten ist man<br />
ständig unter Kontrolle. Runter gingen<br />
wir noch in Formation. Im Downwind<br />
24<br />
hat er uns gesplitted – es war ein Riesenpattern.<br />
Da eine Maschine kommen<br />
sollte, mussten wir warten. Er hat<br />
uns über Wasser geführt, erst mal in<br />
1.500 ft. Da waren wir schon gesplitted.<br />
Wir sind Normal single gelandet.<br />
Ich brauchte keinen Drag-chute – das<br />
war so besprochen.“<br />
Während die Flugzeugbesatzungen<br />
sich im Coffe-Shop vom Flug erholten<br />
und die Flugpläne beim Flugleiter<br />
machten, wurden von den Mechanikern<br />
der E-Stelle die Zwischenfluginspektion<br />
an den Flugzeugen übernommen.<br />
Übrigens: Der Verfasser<br />
dieses Artikels, der als Angehöriger<br />
der Typenbegleitmannschaft Alpha Jet<br />
in dieser Zeit ebenfalls in Istres stationiert<br />
war, hat im Rahmen der Amtshilfe<br />
die Mechaniker der E-Stelle bei<br />
ihrer Arbeit unterstützt. Nachdem die<br />
Flugzeuge wieder startklar waren die<br />
Besatzungen ihre Kälteschutzanzüge<br />
angezogen hatten, starteten sie im<br />
Formationsstart zur zweiten Etappe<br />
über das Mittelmeer an Barcelona vorbei<br />
nach Getafe.<br />
In Getafe flog die Rotte einen TA-<br />
CAN-Anflug in Formation und eine<br />
Formationslandung. Dabei wurde –<br />
wie bei einer Formationslandung vorgeschrieben<br />
– der Bremsschirm benutzt.<br />
Während der Formationsführer<br />
seinen Bremsschirm nach dem Verlassen<br />
der Landebahn abwerfen konnte,<br />
gelang dies bei seinem Rottenflieger<br />
nicht. Er schleppte den Schirm bis zum<br />
Abstellplatz hinter sich her. Nach dem<br />
Abstellen der Flugzeuge gelang es<br />
ihm nur mit Mühe, den ausgelösten<br />
Bremsschirm aus der Verriegelung zu<br />
lösen. Während das spanische Cross-<br />
Servicing-Personal die Flugzeuge<br />
betankte und Sauerstoff nachfüllte,<br />
führten die Piloten die Zwischenfluginspektion<br />
an ihren Maschinen durch.<br />
Der Rottenflieger der dritten Rotte<br />
half dem Rottenflieger der zweiten<br />
Rotte, die Bremsschirmklappe durch<br />
das Betätigen des mechanischen Verriegelungsgestänges<br />
zu verschließen,<br />
was aber nicht gelang. Damit war die<br />
Bremsschirmanlage nicht mehr zu gebrauchen.<br />
Den Bremsschirm, den er<br />
nicht mehr einbauen konnte, brachte<br />
er dann zur Maschine des Rottenfliegers<br />
der dritten Rotte und bat diesen,<br />
ihn in seinem Flugzeug zu verstauen.<br />
Daraus schloss dieser, dass sein Kamerad<br />
die Absicht hatte, ohne Bremsschirm<br />
zu fliegen.<br />
Der Rottenflieger der zweiten Rotte<br />
blieb bei den sechs Flugzeugen, während<br />
die anderen die Flugpläne machten<br />
und im Casino einen Kaffee tranken.<br />
In dieser Zeit ließ er sich von den<br />
Cross-Servicing-Mechanikern ein Stück<br />
Draht bringen. Mit diesem sicherte<br />
er die Bremsschirmklappe. Da in Beja<br />
selbst die Notbahn über 3.000 m lang<br />
ist, war er der Meinung, darauf verzichten<br />
zu können.<br />
Zu Beginn der Zwischenfluginspektion<br />
öffnete er die Zugangsklappe<br />
zum Radiokompartement, die sich auf<br />
der linken Flugzeugseite unterhalb<br />
der Frontscheibe befand. Bei den dort<br />
untergebrachten Sicherungseinrichtungen<br />
suchte er nach einem Schraubendreher,<br />
den er aber nicht vorfand.<br />
Die beiden Kälteschutzanzüge – die<br />
nun nicht mehr benötigt wurden –<br />
verstaute er in einer Fallschirmtasche<br />
im linken Waffenraum. Die Vorflugkontrolle<br />
machte er wie gewöhnlich.<br />
Er überprüfte nochmals die Waffenraumklappen<br />
auf korrekten Verschluss.<br />
Den rechten Waffenraum hatte er geöffnet,<br />
weil das TACAN-Gerät kurzzeitig<br />
ausgefallen war und er deshalb die<br />
Steckerverbindung überprüft hatte.<br />
Die Klappe des Radiokompartements<br />
beachtete er aber überhaupt nicht.<br />
Nachdem die erste Rotte abgehoben<br />
hatte, rollte die zweite Rotte zur<br />
Startbahn. Der Rottenflieger erinnerte<br />
sich in seiner Aussage:<br />
„Ich setzte mich in die Maschine<br />
und stellte das Triebwerk an. Ich<br />
habe die Speedbrakes und Flaps eingefahren<br />
und bin nach dem normalen<br />
Verfahren rausgerollt. In No. 1 Position<br />
bekamen wir die Clearance. Dann<br />
erfolgte der Run-up-check. Nach der
Originalbild der Crews unmittelbar vor dem Start in Getafe, Bild von Jürgen Kropf<br />
Take-off-clearance folgte ein Formation<br />
take off. Ich war auf der linken<br />
Seite. Alles lief normal. Beim 2.000<br />
ft-Marker war die Linespeed 106 kts.<br />
Bei 110 kts wurde das Bugrad entlastet<br />
und ich nahm die Nase langsam<br />
hoch. Kurz vor dem Abheben schlug<br />
die Radio-Klappe vorne links hoch, ich<br />
schaute nach rechts nach dem anderen<br />
Flugzeug, sah das Hochschlagen<br />
der Klappe aber aus den Augenwinkeln<br />
heraus. Wir waren etwas über die<br />
Hälfte der Runway hinaus. Ich nahm<br />
sofort die Power weg, habe meinem<br />
Rottenführer Bescheid gesagt, dass<br />
ich den Start abbreche und zog den<br />
Bremsschirm. Ich bremste mit beiden<br />
Bremsen und versuchte, die Maschine<br />
zum Stehen zu bringen. Die Bremswirkung<br />
war nicht sehr groß und es<br />
wurde mir etwas mulmig. Den Entfaltungsstoß<br />
vom Bremsschirm habe ich<br />
nicht bewusst wahrgenommen. Den<br />
Gashebel habe ich ruckartig nach hinten<br />
gezogen, ich weiß aber nicht, ob<br />
er in ‚Off’ oder in ‚Idle’ war.<br />
Dem Rottenführer hatte ich Bescheid<br />
gesagt und zwei bis dreimal<br />
‚Barrier’ gerufen. Dann hörte ich über<br />
das Radio ‚Check – barrier is up’. In<br />
Getafe ist, glaube ich, eine MA-1-<br />
Anlage mit kleinem Netz, welches<br />
das Fahrwerk fangen soll. Ich sah,<br />
dass die Barrier stand und hab dann<br />
auf den Schlag gewartet. Es geschah<br />
aber nichts. Wir sind über die Barrier<br />
gerollt und ich merkte gar nichts. Meine<br />
Geschwindigkeit war ca.100 kts,<br />
aber ich habe bewusst nicht auf die<br />
Fahrt geachtet. Ich stand voll in den<br />
Bremsen. Ich rechnete damit, dass ein<br />
Reifen platzt. Aber es passierte nichts.<br />
Die Parkbremse zog ich erst langsam,<br />
dann voll. An der Bremswirkung änderte<br />
sich nichts. Am Runway-Ende<br />
kam ich auf die Mauer einer Fabrik zu.<br />
Rechts von uns standen viele Autos<br />
und ich dachte, es sei ein Schrottplatz.<br />
Dann dachte ich, mit dieser Geschwindigkeit<br />
würden wir gegen die Mauer<br />
rutschen. Das war der Moment, wo ich<br />
mich entschieden habe, auszusteigen.<br />
Ich sagte ‚bailout’, habe aber nicht<br />
gehört, wie der KBO-Schüler sich rausgeschossen<br />
hat. Der Ausschuss war<br />
weniger stark, als ich mir vorgestellt<br />
hatte. Es gab keinen Schlag. Ich ließ<br />
den Griff los und versuchte, wieder<br />
zu sehen. Ich glaubte, relativ niedrig<br />
zu sein. Der Entfaltungsstoß war auch<br />
nicht stark. Ich kam mit ca. 10 bis 15°<br />
Schräglage auf den Boden zu. Mein<br />
letzter Gedanke war ‚Lande-Fall’, und<br />
ich versuchte, eine halbe Rolle vorwärts<br />
zu machen. Ich fühlte mich völlig<br />
schmerzfrei. Dann sah ich, wie der<br />
KBO-Schüler runterkam und in einen<br />
Zaun fiel. Ich machte meinen Schirm<br />
los, wollte aufstehen und zu ihm gehen,<br />
merkte aber dann, dass ich mit<br />
dem linken Fuß nicht auftreten konnte.<br />
Der KBO-Schüler stand auf und<br />
sagte sofort, er habe Kreuzschmerzen.<br />
Ich sagte, er solle sich hinlegen. Alles<br />
ging sehr schnell.“<br />
25
Flugsicherheit<br />
Die Maschine kam auf einen Parkplatz<br />
hinter der gelandeten Besatzung<br />
zum Stillstand und brannte. Auf<br />
dem Parkplatz wurden elf Fahrzeuge<br />
zerstört und fünf Fahrzeuge beschädigt.<br />
Die Feuerwehr war innerhalb<br />
kürzester Zeit an der Unfallstelle und<br />
löschte das Flugzeug. Die verletzte Besatzung<br />
wurde in den Sanitätsbereich<br />
der Getafe Air Base gebracht und von<br />
dort aus später in ein Madrider Krankenhaus.<br />
Die dritte Rotte befand sich während<br />
des Unfalls auf dem Taxiway<br />
auf etwa halber Höhe der Startbahn,<br />
als sie vom Startabbruch hörten. Sie<br />
stoppten daraufhin den Rollvorgang<br />
und beobachteten die weiteren Vorgänge<br />
auf der Startbahn. Kurz darauf<br />
sahen sie zwei Fallschirme und unmittelbar<br />
darauf den Feuerschein der<br />
brennenden Maschine.<br />
Die Rotte rollte daraufhin zum Abstellplatz<br />
zurück und stellte ihre Flugzeuge<br />
ab. Der bereits gestartete Rottenführer<br />
der zweiten Rotte wurde<br />
von ihnen verständigt und ihm mitgeteilt,<br />
dass man am nächsten Morgen<br />
die Überführung nach Beja fortsetzen<br />
würde.<br />
26<br />
Die beschädigte Fanganlage in Getafe<br />
Die beiden Flugzeugführer der dritten<br />
Rotte gingen zum Tower. Dort<br />
erfuhren sie, dass die ausgestiegene<br />
Besatzung leichtverletzt in das Sanitätsrevier<br />
eingeliefert worden war.<br />
Daraufhin ließen sie sich zur ihren<br />
Kameraden bringen. Hier erzählte der<br />
verunfallte Flugzeugführer seinen Kameraden,<br />
dass er den Start abgebrochen<br />
habe, weil die Klappe des Radiokompartments<br />
während des Starts<br />
aufgegangen sei. Er bat sie, seine persönlichen<br />
Sachen aus dem Unglücksflugzeug<br />
sicherzustellen. Daraufhin<br />
fuhr der Rottenflieger der dritten Rotte<br />
mit seinem KBO-Schüler zum Unfallort.<br />
Der Rottenführer ging ins Kasino,<br />
um von dort aus den Militärattaché in<br />
Madrid anzurufen.<br />
Die in der Zwischenzeit am Unfallort<br />
angekommene Besatzung des<br />
Rottenfliegers holte aus dem linken<br />
Waffenraum des Wracks die zwei Taschen.<br />
Anschließend wollten sie noch<br />
die Lebenslaufakten aus der Kameranase<br />
herausnehmen. Die Nase war<br />
aber zerbeult und ließ sich nicht öffnen.<br />
Um den Zugang zu ermöglichen,<br />
bog die Feuerwehr sie schließlich mit<br />
einer Zange auf. Außerdem wurden<br />
noch ein Kniebrett, ein Supplement<br />
und das Bordbuch aus dem Cockpit<br />
entnommen.<br />
Der Flugzeugführer ging danach zur<br />
Bremsschirmklappe und entfernte dort<br />
– wie vom Unglücksflugzeugführer<br />
gebeten – einen Draht. Da erst wurde<br />
ihm schlagartig die Tragweite der<br />
Anbringung des Drahtes klar. Er entschloss<br />
sich aber, seinen Kameraden<br />
zu decken. Um niemand anderen mit<br />
in diesen Vorgang zu ziehen, schickte<br />
er seinen KBO für einen Moment fort.<br />
Den Draht nahm er an sich und zeigte<br />
ihn später dem Verunfallten beim Besuch<br />
im Krankenhaus in Madrid. Dort<br />
hatte er den Eindruck, dass dieser das<br />
erleichtert zur Kenntnis nahm. Er kam<br />
seiner Pflicht, dem Staffelkapitän davon<br />
in Kenntnis zusetzen, nicht nach,<br />
weil er ihn aus dieser Geschichte heraushalten<br />
wollte und hoffte, dass die<br />
bereits eingesetzten Aufräumarbeiten<br />
der Spanier eine Aufklärung des Sachverhaltes<br />
ausschließen würden.<br />
Nachdem der Rottenführer der<br />
dritten Rotte mit dem Militärattaché<br />
an der Unfallstelle eintraf, teilte der<br />
Rottenflieger ihm mit, dass er „den<br />
Draht“ vom Flugzeug entfernt habe.<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt war dem<br />
Rottenführer nicht bekannt, dass irgendein<br />
Draht angebracht worden<br />
war. Schlagartig der Tragweite dieses<br />
Umstandes bewusst geworden, beschlossen<br />
sie, diesen Umstand nicht<br />
anzusprechen. Man hatte sich darauf<br />
verständigt, den Kameraden zu decken.<br />
Als das Unfalluntersuchungsteam<br />
unter Leitung des General Flugsicherheit<br />
in der Bundeswehr (GenFlSichhBw)<br />
noch am Unfalltag in Getafe eintraf,<br />
war die Unfallstelle bereits abgeräumt.<br />
Das Wrack war ca.1 km entfernt am<br />
Rande des Hallenvorfeldes abgelegt,<br />
wo es auch bewacht wurde. Durch<br />
einen spanischen Offizier wurde dem<br />
Untersuchungsteam mitgeteilt, dass<br />
durch die Besatzung einer anderen<br />
Maschine am Unfallflugzeug Veränderungen<br />
vorgenommen wurden. Meh-
ere Klappen waren geöffnet und Teile<br />
entnommen worden. Da außerdem an<br />
der Stelle, an der das Flugzeug zum<br />
Stillstand kam, alle Spuren bereits beseitigt<br />
und die beschädigten und ausgebrannten<br />
Privatkraftfahrzeuge an<br />
einer anderen Stelle abgestellt worden<br />
waren, wurde die technische Untersuchung<br />
erheblich erschwert.<br />
Die dritte Rotte startete am nächsten<br />
Morgen zu ihrem Flug nach Beja. Dazu<br />
hatte sie von ihrem Staffelchef von<br />
Beja aus den Befehl erhalten, obwohl<br />
er wusste, dass ein Team des GenFl-<br />
SichhBw noch am Abend des Unfalltages<br />
in Getafe eintreffen würde. Der<br />
Rückflug der Überführungscrews mit<br />
einer Transall erfolgte mit einer kurzen<br />
Zwischenlandung in Getafe. Dort wurden<br />
einige Ausrüstungsgegenstände<br />
der Unfallmaschine – darunter die<br />
beiden Schleudersitze – in die Transall<br />
verladen und nach Fürstenfeldbruck<br />
gebracht. Wer dazu den Auftrag gegeben<br />
hatte, war nicht mehr festzustellen.<br />
Trotzdem konnte die Ursache<br />
des Unfalls ermittelt werden. Mit den<br />
Fakten konfrontiert, gaben sowohl<br />
der Unfallpilot wie auch seine in diesen<br />
Vorfall verstrickten Kameraden ihr<br />
Verhalten zu.<br />
Durch ein fünfköpfiges Team der<br />
Feldwerft G-91 des Luftwaffenversorgungsregiments<br />
3 aus Leipheim wurde<br />
das Wrack transport- und luftverladefähig<br />
gemacht. Einige Teile wurden<br />
ausgebaut und zur weiteren Untersuchung<br />
mit nach Deutschland genommen.<br />
Der Rest wurde mit einer Transall<br />
nach Beja gebracht.<br />
In einem diszplinargerichtlichen<br />
Verfahren gegen den Unfallflugzeugführer<br />
– mit immerhin mehr als 1.800<br />
Flugstunden, davon mehr als 1.100<br />
Stunden auf der Gina – behauptete<br />
dieser, sich konform der damaligen<br />
Vorschriftenlage verhalten zu haben.<br />
Demnach wäre es seiner Meinung<br />
nach völlig legitim, einen Flug ohne<br />
Bremsschirm anzutreten. Aber gemäß<br />
der Zwischenflugcheckliste GAF T.O.<br />
G-91 (T/3)-6 WC-TF war das Einlegen<br />
des Bremsschirms und das Schließen<br />
der Bremsschirmklappe für den Wart<br />
vorgeschrieben, außerdem war für<br />
die Gina die Auslösung des Bremsschirmes<br />
erforderlich (Vorschrift), um<br />
ein maximales Bremsen im Falle eines<br />
Startabbruchs zu erreichen. Weiter<br />
schrieb der GenFlSichhBw als Antwort<br />
auf eine Anfrage des Rechtsberaters<br />
der 1. Luftwaffendivision:<br />
„Da militärische Vorschriften auf<br />
dem Prinzip des Gebotes und nicht<br />
des Verbotes aufgebaut sind, kann<br />
der Aussage des Flugzeugführers, …,<br />
nicht gefolgt werden. Entscheidend<br />
ist hier nicht die Feststellung, ob der<br />
Bremsschirm für einen Flug erforderlich<br />
ist bzw. ob man auch ohne Schirm<br />
fliegen kann, sondern die Tatsache,<br />
dass der Bremsschirm für die Durchführung<br />
von Flugbetrieb mit der G-91<br />
– insbesondere im Hinblick auf Startabbrüche<br />
– gefordert wird.“<br />
Wie dieses Verfahren ausgegangen<br />
ist, ist aus den zur Verfügung stehenden<br />
Quellen nicht ersichtlich. Ob das<br />
zweifelhafte Verhalten der Flugzeugführer<br />
der dritten Rotte disziplinar<br />
gewürdigt wurde, kann nicht gesagt,<br />
aber doch vermutet werden.<br />
Was lernen wir nun aus diesem Vorgang?<br />
- Die Verfolgung eines Zieles – und<br />
sei es noch so interessant – darf<br />
nicht dazu führen, keine Risikobewertung<br />
durchzuführen.<br />
- Erkenntnisse, die aus Tests, Überprüfungen<br />
und aus den Ergebnissen<br />
von Zwischen- und Unfalluntersuchungen<br />
gewonnen werden,<br />
müssen unverzüglich zum betroffenen<br />
Personenkreis zur Kenntnis<br />
gelangen und in die entsprechende<br />
Dokumentation eingearbeitet werden.<br />
- Kameradschaft rechtfertigt in keinem<br />
Fall, Fehlverhalten von Kameraden<br />
zu decken, zu vertuschen<br />
oder die Aufklärung eines Ereignisses<br />
/ Vorkommnisses zu be- bzw.<br />
verhindern.<br />
* Dem Flugzeugführer war nicht bekannt,<br />
dass die MA-1A (mod) Fanganlage<br />
in Getafe für einen Fang der<br />
G-91 ungeeignet bzw. gefährlich<br />
war. Bei im Jahre 1963 durchgeführten<br />
Versuchen wurde durch die<br />
Ausbildungsgruppe der WaSLw 50<br />
festgestellt, dass bei der Benutzung<br />
dieser Fanganlage, wenn das Flugzeug<br />
mit höherer Geschwindigkeit<br />
in die Fanganlage einrollt, mit einem<br />
totalen Verlust der Maschine und<br />
evtl. mit dem Tod des Flugzeugführers<br />
gerechnet werden muss.<br />
Bei einem dieser Versuche bei einer<br />
Einrollgeschwindigkeit von nur<br />
50 kts wurde die Maschine um ihre<br />
Hochachse nach rechts gedreht und<br />
kam in etwa 160° Rollrichtung zum<br />
Stehen.<br />
Weder im Handbuch G-91 noch in<br />
anderen einschlägigen Vorschriften<br />
fanden sich Hinweise darauf, dass<br />
diese in der Zeit häufig auf Flugplätzen<br />
der NATO installierte Fanganlage<br />
für die G-91 höchst problematisch<br />
war und für den Flugzeugführer<br />
lebensgefährlich werden konnte.<br />
Für die G-91 gewährleistete ausschließlich<br />
eine Netzfanganlage<br />
einen erfolgreichen Fang. Obwohl<br />
schon 1963 die Nichteignung und<br />
Gefährlichkeit der MA-1A (mod)<br />
Fanganlagen durch Versuche festgestellt<br />
wurde, fand das Ergebnis<br />
dieser Versuche weder Einzug in<br />
die entsprechenden Vorschriften<br />
noch wurde der entsprechende Personenkreis<br />
darüber informiert.<br />
Bei der MA-1A (mod) Fanganlage<br />
handelt es sich um eine sogenannte<br />
Kettenfanganlage, bei der das<br />
einrollende Flugzeug am Fahrwerk<br />
gefangen wird und seine Energie<br />
durch das Ausziehen von am Startbahnrand<br />
entgegen der Einrollrichtung<br />
gelegte Ankerketten abgebaut<br />
wird.<br />
27
Flugsicherheit<br />
Situationsgerechte<br />
Aufmerksamkeitsverteilung<br />
von Hauptmann<br />
Carsten Schmietendorf,<br />
gem HFlgAbtKFOR<br />
Bei der Nachfluginspektion<br />
an einer Bell UH 1D<br />
wurde festgestellt, dass<br />
die Seilspannung der<br />
Heckrotorsteuerung zu<br />
gering war. Während<br />
der Kontrolle der Seilspannung<br />
wurde weiterhin<br />
festgestellt, dass ein<br />
Steuerseil nicht mehr<br />
richtig im Seilnippel saß.<br />
Daraufhin wurde durch<br />
den Prüfer angeordnet,<br />
das Seil zu wechseln.<br />
28<br />
Beim Wechseln der kurzen Steuerseile<br />
der Heckrotorsteuerung wurden<br />
die Verbindungsbolzen zwischen Seil<br />
und Steuerkette ausgebaut. Bei der<br />
Kontrolle der Bauteile zum Wiedereinbau<br />
entdeckte Stabsunteroffizier<br />
Oliver Ballin bei der zweiten einzubauenden<br />
Schraube eine nicht zu erklärende<br />
Nut am Übergang zum Gewinde<br />
mit einer Tiefe von mehr als einem<br />
Millimeter. Stabsunteroffizier Ballin<br />
meldete dies dem Wartungsgruppenführer<br />
Oberfeldwebel Robert Kolan.<br />
Sie entschieden, um einen Vergleich<br />
zu haben, die erste schon eingebaute<br />
Schraube wieder auszubauen. Beim<br />
Vergleich beider Schrauben wurden<br />
deutliche Abnutzungsspuren / Unterschiede<br />
an der zweiten Schraube<br />
festgestellt. Aufgrund dieses Unterschiedes<br />
forderte Oberfeldwebel Kolan<br />
in der Nachschubgruppe eine neue<br />
Schraube an, die jedoch in der NschGrp<br />
nicht vorrätig war. Da beide Mechaniker<br />
davon absehen wollten, die auffällige<br />
Schraube wieder einzubauen,<br />
wurde der zuständige Flugwerkprüfer,<br />
Stabsunteroffizier Oliver Ballin<br />
Stabsfeldwebel Edwin Förder, informiert.<br />
Stabsfeldwebel Förder stellte<br />
fest, dass die Schraube fehlerhaft sei<br />
und nicht wieder eingebaut werden<br />
durfte. Er entschied, dass alle Luftfahrzeuge<br />
der gem HFlgAbt KFOR vor dem<br />
nächsten Flugbetrieb zu überprüfen<br />
seien. Bei der weiteren Überprüfung<br />
der übrigen Luftfahrzeuge wurden bei
drei Maschinen insgesamt vier auffällige<br />
Schrauben gefunden.<br />
Weiterhin wurde eine „Dringende<br />
Beanstandungsmeldung“ (AFTO 29)<br />
erstellt.<br />
Rechts die beschädigte Schraube<br />
Situational Awareness<br />
Zur Beschreibung des Prozesses,<br />
der zu einem zutreffend richtigen Situationsbewusstsein<br />
führt, kann das<br />
Modell von Endsley aus 1988 verwendet<br />
werden. Danach läuft der Prozess<br />
folgendermaßen ab:<br />
- Die Objekte in der Umgebung werden<br />
wahrgenommen,<br />
- ihre Bedeutung wird verstanden<br />
und<br />
- die Veränderungen in der Umgebung<br />
und der zukünftige Zustand<br />
der Objekte werden zutreffend für<br />
eine ausreichende Zeitspanne vorhergesagt.<br />
Danach folgen die – vom Situationsbewusstsein<br />
getrennten – Prozesse:<br />
- Entscheidung,<br />
- Ausführungsplanung und<br />
- Handlung.<br />
Aus dem Modell ergibt sich, dass<br />
wichtige Voraussetzungen für ein<br />
angemessenes, ausreichendes Situationsbewusstsein<br />
die Fähigkeit zur<br />
Wahrnehmung und ein Mindestmaß<br />
an Aufmerksamkeit sind. Einflussgrößen,<br />
die zu einem guten Situationsbewusstsein<br />
beitragen, sind (nach<br />
Redden, 20<strong>01</strong>) Erfahrung, ausgebildete<br />
kognitive Fähigkeiten und hohe<br />
Geschwindigkeit und Genauigkeit der<br />
Wahrnehmung.<br />
Als Konstrukt ist Situationsbewusstsein<br />
nicht direkt messbar, fehlendes<br />
oder unzureichendes Situationsbewusstsein<br />
äußert sich auch nicht<br />
zwangsläufig in sichtbaren Fehlern,<br />
Zwischenfällen oder Unfällen. Folglich<br />
führt eine Beobachtung nur eingeschränkt<br />
zu Aussagen über die<br />
Qualität des Situationsbewusstseins.<br />
Dennoch sind Beobachtungen in der<br />
Arbeitsumgebung oder im Experiment<br />
und Befragung der Selbsteinschätzung<br />
Mittel zur Erfassung des Situationsbewusstseins.<br />
Viele menschliche Tätigkeiten, vor<br />
allem in der Prozess- und Fahrzeugführung,<br />
erfordern ein ausreichendes<br />
Situationsbewusstsein; viele Fälle von<br />
menschlichem Fehlverhalten können<br />
mit unzureichendem Situationsbewusstsein<br />
erklärt werden. Als Folge<br />
können technische oder organisatorische<br />
Maßnahmen eingeführt werden,<br />
die das Situationsbewusstsein<br />
erhöhen oder den Verlust des Situationsbewusstseins<br />
verhindern und damit<br />
die Sicherheit im Prozess, bei der<br />
Führung des Fahrzeuges oder generell<br />
im Mensch-Maschine-System erhöhen.<br />
Beispiele sind die ständige Darstellung<br />
relevanter Parameter in Prozessvisualisierungssystemen,<br />
die automatische<br />
Ansage der Höhe beim Landeanflug<br />
oder die Klingel der Schreibmaschine<br />
kurz vor Erreichen des Zeilenendes.<br />
Anmerkung<br />
Im Zuge der Informationsgewinnung<br />
wurde durch das WaSysKdo<br />
festgestellt, dass aufgrund nicht eindeutiger<br />
Beschreibung des Zusammenbaus<br />
der Verbindung Steuerseil –<br />
Steuerkette tatsächlich die Unterlegscheibe<br />
an einer falschen Position<br />
eingebaut werden kann. Die beschreibende<br />
Dokumentation wird mittels<br />
BTE konkretisiert. Weiterhin ist geplant,<br />
mit TA-Inspektionen alle Verbindungen<br />
auf korrekten Zusammenbau<br />
zu kontrollieren. Beim fehlerhaften<br />
Einbau kann die Unterlegscheibe unter<br />
der Mutter in die Nut rutschen<br />
oder die Gefahr bestehen, nicht mehr<br />
ausreichend Gewindegänge im Eingriff<br />
zu haben.<br />
Korrekter Zusammenbau<br />
Fazit<br />
Der Ablauf der Fehlerfeststellung<br />
und die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen<br />
sind beispielhaft und ein hervorragender<br />
Beweis für angewandtes<br />
Maintenance Ressource Management.<br />
Hier bewiesen alle involvierten Bereiche<br />
(WtgZgLTH, PrfGrp, ES und WaSys-<br />
Kdo) bei der Abarbeitung der Prozesse<br />
Entscheidung, Ausführungsplanung<br />
und Handlung ihre hohe Kompetenz<br />
und Bereitschaft, zusammen ein Ziel<br />
zu erreichen.<br />
Beachtenswert ist der Umstand,<br />
dass diese Schrauben in unterschiedlichen<br />
Verbänden der Luftwaffe und<br />
des Heeres schon seit längerer Zeit<br />
im Materialkreislauf waren und deutlich<br />
von den üblichen Schrauben abwichen,<br />
aber noch niemand diesen<br />
Umstand bearbeitet oder gemeldet<br />
hatte.<br />
29
Flugsicherheit<br />
Learning the hard way<br />
von Major Michael Fuhrmann,<br />
GenFlSichhBw<br />
Der Luftraum ist zwar<br />
groß und Flugzeuge sind<br />
klein, aber Flugzeuge<br />
konzentrieren sich an<br />
Sehenswürdigkeiten, an<br />
Flugplätzen, über Navigationsanlagen,<br />
Meldepunkten<br />
sowie Luftstraßen<br />
(Airways).<br />
30<br />
Nachdem sich in den 50er Jahren<br />
eine Reihe von Zusammenstößen in<br />
der Luft (Mid-Air Collisions) ereignete,<br />
wurde im Jahre 1956 die Forderung<br />
nach einem Zusammenstoßwarnsystem<br />
(Traffic Alert and Collision Avoidance<br />
System - TCAS) laut.<br />
Das TCAS wurde über einen Zeitraum<br />
von ca. 30 Jahren entwickelt<br />
und schließlich Ende der achtziger<br />
Jahre zunächst in den USA eingeführt.<br />
Den Ausschlag für die Pflicht zur Ausrüstung<br />
mit einem Kollisionswarnsystem<br />
gab der Zusammenstoß eines<br />
Kleinflugzeuges mit einer DC-9 am<br />
31. August 1986 bei Los Angeles. Ein<br />
Gesetz vom Dezember 1987 verlangte<br />
die Ausrüstung aller kommerziellen<br />
Luftfahrzeuge mit mehr als 30 Plätzen<br />
im US-Luftraum mit einem TCAS II bis<br />
Dezember 1993. Damit mussten alle<br />
Fluglinien weltweit ihre Luftfahrzeuge<br />
entsprechend ausrüsten, wenn sie den<br />
US-amerikanischen Luftraum bedienen<br />
wollten.<br />
Für den nachfolgend dargestellten<br />
Unfall hatten beide Luftfahrzeuge<br />
eine Ausnahmegenehmigung, ohne<br />
TCAS Einrüstung zu fliegen, da sie militärisch<br />
betrieben wurden. So konnte<br />
es dazu kommen, dass auf einer relativ<br />
gering frequentierten Flugstrecke vor<br />
der Küste Afrikas im unkontrollierten<br />
Luftraum eine deutsche Tu-154 M und<br />
eine amerikanische C-141 B in gleicher<br />
Flughöhe kollidierten. Beide Luftfahrzeuge<br />
stürzten in das Meer und wurden<br />
zerstört. Alle 24 Insassen des deutschen<br />
und die neun Besatzungsangehörigen<br />
des amerikanischen Luftfahrzeuges<br />
wurden getötet.<br />
Auftrag<br />
Tu-154 M<br />
Die Besatzung hatte den Auftrag<br />
für einen Flug nach Kapstadt (Südafrika)<br />
und zurück nach Köln/Bonn. Beim<br />
Hin- und Rückflug waren Zwischenlandungen<br />
in Niamey und Windhuk<br />
vorgesehen. Auf dem Hinflug sollten<br />
zwölf Soldaten der Bundesmarine<br />
nach Kapstadt transportiert werden,<br />
die dort auf Einladung der südafrikanischen<br />
Regierung an einer internationalen<br />
Regatta im Rahmen der 75-Jahr-<br />
Feier der südafrikanischen Marine<br />
teilnehmen sollten.<br />
Die sogenannten OPERATIONAL<br />
FLIGHT PLANS (OFP) für die Tu 154 M<br />
wurden von einer zivilen Firma erstellt.<br />
Die auf einer Teilstrecke vorgesehen<br />
Flughöhe von Flugfläche 390 entsprach<br />
nicht der Halbkreisflugflächenregelung<br />
gemäß den Vorgaben der<br />
ICAO. Der Flugplan wurde von einer<br />
angeschriebenen Flugverkehrskontrollstelle<br />
(FVK) in Afrika nicht empfangen.<br />
C-141 B<br />
Die Besatzung hatte den Auftrag,<br />
Personal und Material aus den USA<br />
nach Windhuk zu transportieren. Der<br />
Rückflug war mit einer Zwischenlandung<br />
auf der Atlantikinsel Ascension<br />
geplant. Der für den Flug Windhuk<br />
– Ascension notwendige Flugplan informierte<br />
u. a. über folgenden Flugverlauf:<br />
- Nach dem Start direkt nach ILDIR,<br />
- geplante Flugdauer bis ILDIR 1:11 h,<br />
- FL 350<br />
Die FVK Stellen Luanda, Dakar,<br />
Oceanic, Recife und Ascension wurden<br />
angeschrieben. Am Zielflugplatz<br />
wurde der Flugplan nicht empfangen,<br />
in der Fluginformationszentrale Luanda<br />
lag der Plan ab 13:00 z vor.<br />
Flugverlauf<br />
Der Flug der Tu-154 M von Köln/<br />
Bonn nach Niamey verlief ohne Auffälligkeiten.<br />
Nach der Landung führte die<br />
Besatzung ein Gespräch auf der Frequenz<br />
126,9 MHz mit einem anderen<br />
Luftfahrzeug des gleichen Verbandes,<br />
das den Luftraum des Fluginformationsgebietes<br />
(FIR) Niamey durchflog.<br />
Anmerkung:<br />
Die Nutzung der Frequenz 126,9<br />
MHz in Großteilen des afrikanischen<br />
Luftraumes entspricht einer Empfehlung<br />
der International Air Transport<br />
Association (IATA). Das Verfahren<br />
wird als In-Flight-Broadcast-Procedure<br />
(IFBP) bezeichnet und hat zum Ziel,<br />
Zusammenstöße zu vermeiden. Dazu<br />
übermittelt die Luftfahrzeugbesatzung<br />
regelmäßig Position, Flugweg<br />
und Flughöhe auf der Frequenz, ohne<br />
eine Rückantwort zu erwarten. Damit<br />
soll der unzureichenden Qualität der<br />
Flugverkehrsdienste, besonders des<br />
Fluginformationsdienstes, Rechnung<br />
getragen werden. Das Anwendungsgebiet<br />
endet im südlichen Afrika an<br />
der Grenze zwischen Luanda FIR und<br />
Windhuk FIR.<br />
Während der Startvorbereitung für<br />
den Weiterflug erkundigte sich der<br />
diensthabende Fluglotse nach der gewünschten<br />
Flughöhe, die von der Besat-
zung mit FL 350 angegeben wurde. Die<br />
anschließende Flugverkehrsfreigabe<br />
enthielt u. a. die Genehmigung, auf<br />
FL 350 steigen zu dürfen. Der Start erfolgte<br />
um 10:35 z.<br />
Zur weiteren Koordinierung gab die<br />
Flugsicherungsstelle die Startmeldung<br />
an mehrere FVK-Stellen. Die für die<br />
Behandlung des Fluges bedeutsamen<br />
FVK-Stellen Accra, Luanda und Windhuk<br />
empfingen diese Meldung nicht.<br />
Die Besatzung meldete das Erreichen<br />
von FL 350 und erbat nach Passieren<br />
des Meldepunkts ACCRA, den Punkt<br />
GAPEL direkt anfliegen zu dürfen, um<br />
einen Teil der Flugstrecke abzukürzen.<br />
Dieser Bitte wurde mit einer Freigabe<br />
durch die FVK-Stelle Accra entsprochen.<br />
Nach Überflug des Punktes ACCRA<br />
in südliche Richtung befand sich das<br />
Luftfahrzeug für den gesamten weiteren<br />
Flugverlauf im unkontrollierten<br />
Luftraum der Klassifizierung G.<br />
Um 12:14 z gab die Besatzung<br />
auf Nachfrage der FVK Accra die geschätzte<br />
Überflugzeit mit 13:22 z an<br />
und bestätigte wiederholt, in FL 350<br />
zu fliegen.<br />
Die FVK Accra versuchte daraufhin,<br />
die Bezirkskontrollstelle Luanda über<br />
den bevorstehenden Einflug des Luftfahrzeuges<br />
in deren Zuständigkeitsbereich<br />
zu informieren.<br />
Da keine direkte Kommunikationsverbindung<br />
zwischen den FVK Accra<br />
und Luanda besteht, wurden die relevanten<br />
Daten über SATCOM an die<br />
Bezirkskontrollstelle Libreville (Gabun)<br />
übermittelt, von wo aus sie an Luanda<br />
hätten weitergeleitet werden sollen.<br />
Die Übermittlung wurde in Accra dokumentiert.<br />
In Libreville wurde gegenüber<br />
Vertretern der deutschen Botschaft<br />
jedoch ausgesagt, diese Daten<br />
nie erhalten zu haben. Folglich wurde<br />
auch Luanda nicht informiert.<br />
Nach Überflug des Punktes GAPEL<br />
drehte das Luftfahrzeug auf den Steuerkurs<br />
148° in Richtung des Punktes IL-<br />
DIR. Für den Streckenabschnitt GAPEL –<br />
ILDIR ist die FVK Luanda zuständig. Die<br />
Besatzung versuchte ab 13:56 z mehrfach<br />
Funkkontakt zur FVK Luanda herzustellen.<br />
Um 14:19 z bestätigte die<br />
FVK Luanda erstmals das Rufzeichen<br />
des Luftfahrzeuges.<br />
Die Besatzung meldete, auf dem<br />
Weg Niamey nach Winkhuk in FL 350<br />
zu fliegen sowie u. a. den erwarteten<br />
Überflug von ILDIR um 14:58 z. Von<br />
allen gegebenen Informationen wiederholte<br />
die FVK Luanda das Rufzeichen,<br />
die Flughöhe von FL 350 und<br />
den Bestimmungsflugplatz Windhuk.<br />
Ein anschließender Versuch der FVK<br />
Luanda, über ein angolanisches Luftfahrzeug<br />
Funkkontakt zur Tu 154 M<br />
herzustellen, blieb erfolglos.<br />
Ab 14:37 z versuchte die Besatzung<br />
mehrfach erfolglos, auf der Frequenz<br />
124,7 MHz Funkkontakt zur FVK<br />
Windhuk aufzunehmen. Um 15:00 z<br />
gab die Besatzung eine Meldung auf<br />
der Frequenz 126,9 MHz gemäß der<br />
beschriebenen IATA-Empfehlung<br />
durch. Bevor um 15:08 z letztmalig<br />
der Versuch unternommen wurde, die<br />
FVK Windhuk zu erreichen, wurden<br />
vom Cockpit Voice Recorder (CVR) der<br />
Tu-154 M zwei Funksprüche der C-141<br />
B aufgezeichnet, in denen die amerikanische<br />
Besatzung der FVK Windhuk<br />
das Erreichen von FL 350 mitteilte.<br />
Die C-141 B empfing um 14:02 z<br />
die Flugverkehrsfreigabe für den Flug<br />
nach Ascension in FL 350. Der Start<br />
erfolgte um 14:11 z.<br />
Die Fluginformationszentrale Windhuk<br />
erstellte daraufhin die Startmeldung,<br />
die u. a. die geplante Flughöhe<br />
enthielt und übermittelte diese an<br />
die betroffenen FIRs. Dem diensthabenden<br />
Fluglotsen der FIR Luanda lag<br />
diese Meldung um 14:20 z vor.<br />
Um 14:35 z meldete die Besatzung<br />
der C-141 B das Erreichen von FL 350<br />
und die voraussichtliche Überflugzeit<br />
15:22 z für den Punkt ILDIR. Daraufhin<br />
verfasste die FVK Windhuk die Koordinationsmeldung,<br />
mit der die FIR Luanda<br />
über die Einflugzeit des Luftfahrzeuges<br />
in deren Luftraum in Kenntnis<br />
gesetzt werden sollte. Diese Meldung<br />
wurde um 14:37 z in der Fernmeldezentrale<br />
in Luanda empfangen. Die<br />
Weitergabe dieser Meldung an die<br />
FVK Luanda erfolgte erst um 15:39 z<br />
und lag damit dem diensthabenden<br />
Fluglotsen erst ab diesem Zeitpunkt<br />
vor.<br />
Die Annäherungsgeschwindigkeit<br />
der beiden Luftfahrzeuge betrug etwa<br />
910 kn, das entspricht ca. 500 m/s. Ein<br />
Besatzungsangehöriger der Tu 154 M<br />
erkannte 1,4 Sekunden vor dem Zusammenstoß<br />
das entgegenkommende<br />
Luftfahrzeug, die Besatzung der C-141<br />
B erkannte das entgegenkommende<br />
Luftfahrzeug zu keinem Zeitpunkt.<br />
Um 15:10 z kollidierten beide Luftfahrzeuge<br />
und stürzten ab.<br />
31
Flugsicherheit<br />
Feststellungen<br />
Am Unfallort herrschten gute<br />
Sichten und nur tiefliegende, aufgelockerte<br />
Bewölkung.<br />
Bei der automatischen Erstellung<br />
des OFP warf der Computer für den<br />
späteren Streckenabschnitt des Unfalls<br />
die korrekte Höhe, FL 370 oder<br />
alternativ FL 410 gemäß der Halbkreisflächenregelung<br />
aus. Da FL 410<br />
aufgrund der Leistungsdaten der Tu-<br />
154 M nicht erreicht werden konnte,<br />
griff der Berater in den Prozess ein,<br />
löschte beide Höhen und gab FL 390<br />
ein, ohne im Anschluss eine rechnergestützte<br />
Überprüfung des gesamten<br />
OFP anhand des Fehlererkennungsprogramms<br />
durchzuführen.<br />
Die Angabe der falschen FL für den<br />
Flug von Niamey nach Windhuk und<br />
der entsprechend falsche Übertrag in<br />
den dazugehörigen Flugplan blieb unbemerkt<br />
von der Besatzung.<br />
Die FVK Luanda hätte das Luftfahrzeug<br />
gemäß erhaltenem Flugplan in FL<br />
390 erwarten müssen. Aus dem Funkverkehr<br />
entnahm der Lotse, dass die<br />
tatsächliche Flughöhe FL 350 betrug,<br />
was er ohne weitere Bemerkung auf<br />
sich beruhen ließ.<br />
Aufgrund von unzuverlässigen<br />
AFTN-Leitungen im afrikanischen<br />
Raum kam es dazu, dass die Flugpläne<br />
und Folgemeldungen ihre Empfänger<br />
nur teilweise erreichten oder nur unvollständig<br />
empfangen wurden.<br />
Die Koordination zwischen den FVK<br />
Accra und Luanda hätte gemäß Vorgabe<br />
der ICAO über eine ständig verfügbare,<br />
direkte Kommunikationsverbindung<br />
erfolgen müssen. Eine solche<br />
Verbindung existiert nicht. Die Weitergabe<br />
von Daten über die Bezirkskontrollstelle<br />
Libreville war in diesem Fall<br />
erfolglos.<br />
Eine Koordinierungsmeldung der<br />
FVK Luanda an die FVK Windhuk über<br />
den bevorstehenden Einflug der Tu-<br />
154 M in deren Zuständigkeitsbereich<br />
in FL 350 erfolgte nicht.<br />
Die FVK Windhuk hatte Kenntnis<br />
vom Flugweg der C-141 B in Richtung<br />
32<br />
des Punktes ILDIR in FL 350, jedoch<br />
nicht von der Tu-154 M in Richtung<br />
desselben Punktes und ebenfalls in FL<br />
350.<br />
Im Abschlussbericht wird festgestellt,<br />
dass der Unfall hätte verhindert<br />
werden können, wenn die Besatzung<br />
der Tu 154 M die fehlerhafte Vorgabe<br />
der FL 390 im OFP erkannt hätte<br />
und eine Korrektur gemäß der Halbkreisflugflächenregelung<br />
im Flugplan<br />
und im Flug vorgenommen hätte. Der<br />
Zusammenstoß hätte ebenfalls vermieden<br />
werden können, wenn das<br />
Personal der FVK Luanda seinen Aufgaben<br />
korrekt nachgekommen wäre.<br />
Fehlende und/oder unzureichende<br />
Kommunikationsverbindungen trugen<br />
zum Unfallgeschehen bei.<br />
Ursachenfestlegung<br />
- Personal – Verantwortlicher Luftfahrzeugführer/Kommandant<br />
des<br />
Fluges Niamey-Windhuk<br />
Die Tu-154 M wurde in einer Flugfläche<br />
geflogen, die nicht den Halbkreisflugflächenregeln<br />
entspricht.<br />
- Personal – Besatzung (LFF, NAV) des<br />
Fluges Niamey-Windhuk<br />
Die Tu-154 M wurde in einer Flugfläche<br />
geflogen, die nicht den Halbkreisflugflächenregeln<br />
entspricht.<br />
- Personal – Verantwortlicher Luftfahrzeugführer<br />
für den Einsatz<br />
Er erkannte die im Flugplan falsch<br />
angegebene Flugfläche nicht.<br />
- Personal – Flugsicherungspersonal<br />
der FVK Luanda<br />
Das Flugsicherungspersonal leitete<br />
keine Maßnahmen zur Verhinderung<br />
des Unfalls ein.<br />
- Umwelt – Infrastruktur<br />
Unzuverlässige und fehlende Fernmeldeverbindungen<br />
be- und verhinderten<br />
den Austausch von flugsicherheitsrelevanten<br />
Informationen.<br />
Unter der Rubrik „Maßnahmen zur<br />
Unfallverhütung“ wurde aufgeführt:<br />
Es wird darauf hingewiesen, dass<br />
- das BMVg die Einrüstung von TCAS<br />
in Transport- und ausgewählte Sonder-Lfz<br />
der Bundeswehr angeordnet<br />
hat und die bei der Untersuchung<br />
aufgedeckten Flugsicherungsdefizite<br />
im afrikanischen Luftraum dem<br />
Bundesministerium für Verkehr angezeigt<br />
hat;<br />
- das LTKdo u. a. den Besatzungen<br />
von Luftfahrzeugen, die mit GPS/<br />
INS-gestützten FLIGHT MANAGE-<br />
MENT SYSTEMEN ausgerüstet sind,<br />
empfohlen hat, auf Luftstraßen mit<br />
unzureichender Radarabdeckung<br />
eine OF<strong>FS</strong>ET-Programmierung von<br />
mindestens 0,5 NM nach rechts<br />
vorzusehen;<br />
- ICAO für die afrikanische Region<br />
einen umfassenden Aktionsplan für<br />
das Jahrzehnt 1995-2005 entwickelt<br />
hat.<br />
Es wird empfohlen, ergänzende<br />
Möglichkeiten einer Überprüfung extern<br />
gelieferter Flugplanungsdaten zu<br />
untersuchen.<br />
Es wird gefordert,<br />
- zukünftig in die Bundeswehr einzuführende<br />
Luftfahrzeuge mit Flugdatenaufzeichnungsgeräten<br />
mit<br />
einer automatischen Ausstoßvorrichtung<br />
auszustatten sowie<br />
- die ICAO zu bitten, dass IFBP der<br />
IATA zu übernehmen und das Anwendungsgebiet<br />
auf den Süd-Atlantik<br />
(einschließlich FIR Windhuk)<br />
auszudehnen.<br />
Als Konsequenz aus diesem Unfall<br />
wurde die Ausrüstung mit TCAS für<br />
militärische Luftfahrzeuge, die sich<br />
häufig in Regionen mit schlechter<br />
Radarabdeckung bewegen, forciert.<br />
Darüber hinaus ist es seit diesem Unfall<br />
üblich, bei der Nutzung von FMS-<br />
Anlagen auf Flugstrecken besonders<br />
im afrikanischen Luftraum 2 NM nach<br />
rechts versetzt von der Luftstraße zu<br />
fliegen, um so potenziellen Gefahren<br />
bei Versäumnissen seitens der Flugsicherung<br />
zu begegnen.
In this issue:<br />
written by LtCol Paul Sutherland, German Armed Forces Flight Safety Directorate<br />
VIP versus Flugsicherheit // VIP versus Flight Safety<br />
The President of Brazil is inbound to Nörvenich Air Base, but there‘s a rocket laying in the infield, a 4-ship of F-104s running out of<br />
gas, and a decoy pilot who doesn‘t know where to park. How do you maintain flight safety on a day like this? Priorities!<br />
Schwieriger Anflug // A Difficult Approach<br />
Controlled Flight Into Terrain (CFIT). A rogue pilot and a shy, inexperienced co-pilot. Violations of training standards and documentation.<br />
Bad weather and an out-of-control sink rate. 15 dead (13 passengers). A tragic tale from Australia.<br />
Ihr <strong>FS</strong>O rät // Your <strong>FS</strong>O advises...<br />
Keep your <strong>FS</strong>O vehicle free of ice and snow – and don‘t EVER piss off a frigid snowplow driver!<br />
Post Crash Management<br />
Inhaling toxic carbon fibers at the scene of a post-crash fire is only one of a myriad of threats facing accident responders and<br />
investigators. A Royal Air Force veteran shares his experiences and recommendations for the training and proper equipping of the<br />
post-crash team.<br />
Gefahren an der Unfallstelle // Dangers at an Accident Site<br />
Physical, material, chemical, biological, psychological – dangers in each of these categories abound at a crash site. Arm yourself<br />
and your team with awareness, in-depth knowledge and preparedness to engage these threats.<br />
354312093034Y, tschüss... („bye bye...“)<br />
Air Traffic Control communication is, by its very nature, overflowing with numbers. And confusing those numbers can be deadly.<br />
Train your mouth, your ears and your mind to get the numbers right.<br />
Nobody kicks ass... without tanker‘s gas<br />
A USAF tanker over Germany, on its way from England to „Mesopotamia“, encounters smoke in the aircraft. And where there‘s<br />
smoke, there‘s... fire? In an airborne gas station? Stress leads to some non-standard comm, but controllers and aircrew work<br />
together toward a successful emergency landing at Frankfurt.<br />
(Brems-) Schirmlos // Without a Brakechute<br />
February, 1975. Spanish Air Force Base, Getafe. A Luftwaffe G-91 T/3 pilot, whose attention is narrowly focused on the „simple“<br />
task of a ferry flight, lets his risk-awareness guard slip. A misunderstanding of teamwork and the „buddy system“ leads to a<br />
destroyed aircraft.<br />
Praktizierte SA // SA in practice<br />
An alert and conscientious helicopter mechanic notices that a certain screw in the Huey‘s tail section just doesn‘t look quite right.<br />
Further investigation reveals that three other UH-1s also had similarly deteriorating screws installed in flight-critical steering components.<br />
A lesson in Maintenance Resource Management (MRM) and the benefits of practicing vigilant Situational Awareness<br />
(SA) in the Hangar, not just in the skies.<br />
Learning the hard way<br />
The sky is big and aircraft are (relatively) small. Yet these small aircraft in a big sky tend to concentrate in numbers around sightseeing<br />
locations, NAVAIDS, airfields, reporting fixes and airways. When they also fly at identical altitudes the risk of mid-air<br />
collisions escalates enormously. Lessons from the September, 1997 collision of a Luftwaffe Tu-154 and a USAF C-141 over the<br />
Atlantic, off the coast of southern Africa.
Foto Guido Sonnenberg • Bildbearbeitung www.schaltwerk.eu