Kapitel vier – Textanalyse der Apokalypse und deren Aussage
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Wie auch Jürgen Brokoff <strong>und</strong> Bernd U. Schipper betrachtet Tanja Busse den apokalyptischen Diskurs<br />
nicht nur als unterdrückten, son<strong>der</strong>n auch als unterdrückenden Diskurs, <strong>der</strong> vorherrschende<br />
Wahrheitsmodelle aushebeln <strong>und</strong> für sich selbst absolute Wahrheit beanspruchen will. Im Kontext <strong>der</strong><br />
Massenmedien, in dem Zeichen fast frei verfügbar sind, wirkt <strong>der</strong> apokalyptische Diskurs, so die<br />
Autorin, begrenzend <strong>und</strong> setzt sich dann durch, wenn auf breiter Ebene Bedarf nach neuem Sinn<br />
besteht. 79<br />
I.2.3 Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse zur Apokalyptik <strong>und</strong> Herstellung des Bezugs zu den<br />
Ereignissen des 11. September 2001<br />
Für die Apokalyptik konnten im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion in diesem <strong>Kapitel</strong><br />
verschiedene Aspekte zusammen getragen werden. An erster Stelle steht dabei die Verknüpfung <strong>der</strong><br />
Apokalyptik mit <strong>der</strong> Opposition gegen aktuelle Machtverhältnisse <strong>und</strong> die Ablehnung <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsordnung. Damit einhergehend wurde die Funktion <strong>der</strong> Apokalyptik als seelsorgerisch in<br />
dem Sinne benannt, als dass sie vor allem für Gruppen, die sich von <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Welt bedroht<br />
fühlen, von Interesse ist.<br />
Dieser Deutung wurde dann die Betonung <strong>der</strong> Genrebezeichnung gegenüber gestellt, die zu einem<br />
Rückschluss auf die Funktion <strong>der</strong> <strong>Apokalypse</strong> als Mittel <strong>der</strong> Enthüllung führte. Diese Analyse<br />
beinhaltete die Feststellung des absoluten Wahrheitsanspruchs <strong>der</strong> Apokalyptik <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit<br />
einhergehenden Beendigung von Diskursen.<br />
Des Weiteren konnte and <strong>der</strong> neueren historischen Entwicklung gezeigt werden, dass <strong>der</strong><br />
apokalyptische Diskurs im gesellschaftlichen Kontext die Bildung von einan<strong>der</strong> entgegengesetzten<br />
Gruppen unterstützt. Das bipolare Denken <strong>und</strong> die Ausschließlichkeit <strong>der</strong> Wahrheit bilden<br />
offensichtlich gut funktionierende Gr<strong>und</strong>lagen für die Definition von Gruppen.<br />
Ebenso hat sich erwiesen, dass das apokalyptische Denken anthropologisch so konstant ist, dass es<br />
in jede neue gesellschaftliche Situation eingepasst werden kann. Selbst unter den Bedingungen <strong>der</strong><br />
gesellschaftlichen Dominanz rationalen Denkens ist die Apokalyptik mit ihrer geheimnisvollen, nicht<br />
logisch beweisbaren <strong>und</strong> symbolträchtigen Weltbetrachtung für so viele Menschen anziehend, dass<br />
sie als Vorlage für teure <strong>und</strong> weltweit erfolgreiche Filme dienen kann.<br />
Die gesellschaftliche Funktion von Religion kann unter dem Aspekt <strong>der</strong> Apokalyptik neben ihrer<br />
Eigenschaft als Deutungs- <strong>und</strong> Symbolreservoir als Verarbeitungsmittel für Krisen <strong>der</strong> Weltordnung<br />
bezeichnet werden. Dabei wird betont, dass die Religion offensichtlich an den emotionalen Bereich<br />
<strong>der</strong> Bewältigung appelliert. Sowohl die dauerhafte Funktion als Vorrat von symbolischen Bil<strong>der</strong>n als<br />
auch die Rückbindung neuer Symbole an die religiöse Weltdeutung haben sich als im Gegensatz zum<br />
rationalen Denken stehend erwiesen. Zieht man Tanja Busses Ansatz <strong>der</strong> Entstehung von<br />
Diskursthemen durch Wechselwirkungen zwischen Kulturproduzierenden <strong>und</strong> Kulturrezipierenden<br />
heran, so ergibt sich die These, dass die stete Rückkehr apokalyptischer Deutungen ein Hinweis auf<br />
den konstanten emotionalen Bedarf an diese Form <strong>der</strong> Weltdeutung ist.<br />
Zum Verhältnis von Zeichen <strong>und</strong> Deutungssystem kann bezüglich <strong>der</strong> Apokalyptik festgestellt werden,<br />
dass ein gleich bleiben<strong>der</strong> Deutungszusammenhang in verschiedenen Zeiten durch in den Kontext <strong>der</strong><br />
Zeiten eingeb<strong>und</strong>ene äußere Zeichen in Gang gesetzt werden kann, wobei die Zeichen in <strong>der</strong><br />
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Vgl. BUSSE, Tanja, a.a.O., S. 121.<br />
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