Bibliothek - Verband Schweizer Bibliotheken SAB
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Weniger ist besser<br />
<strong>SAB</strong> / CLP<br />
Dort sein, wo die Leute<br />
hingehen<br />
Auszug aus dem Referat von Christian<br />
Relly, ehemaliger Direktor<br />
der Pestalozzi-<strong>Bibliothek</strong> Zürich<br />
(PBZ), anlässlich der Mitgliederversammlung<br />
der Regionalgruppe<br />
Deutschschweiz der <strong>SAB</strong> in der<br />
Filmarena Sihlcity Zürich:<br />
Die PBZ hat ihre Entwicklungsziele<br />
in einem Masterplan festgehalten.<br />
Dieser sieht eine Konzentration der<br />
Dienstleistungen auf weniger, dafür<br />
besser ausgestattete und damit leistungsfähigere<br />
<strong>Bibliothek</strong>en vor.<br />
Stadtbibliothek<br />
Die PBZ erfüllt in Zürich die Funktion<br />
der Stadtbibliothek. Sie wird weitgehend<br />
von der Stadt Zürich finanziert,<br />
hat aber eine private Trägerschaft,<br />
die Pestalozzigesellschaft in Zürich,<br />
ein Verein, der 1896 zur Feier des<br />
150. Geburtstags von Heinrich Pestalozzi<br />
gegründet wurde. Ausser dem<br />
Gründungsjahr hat der Trägerverein<br />
und hat die <strong>Bibliothek</strong> jedoch nichts<br />
mit dem grossen Heinrich Pestalozzi<br />
zu tun.<br />
Ich habe meine Tätigkeit als Direktor<br />
der PBZ 1979 aufgenommen. Ich<br />
traf ein Netz von 17 <strong>Bibliothek</strong>en an.<br />
Die ersten waren schon in den Zwanziger-<br />
und Dreissigerjahren des letzten<br />
Jahrhunderts entstanden, andere<br />
erst in den Sechziger- und Siebzigerjahren.<br />
Dies war eine Zeit der Hochkonjunktur,<br />
in der die Gemeinwesen<br />
ihren Wirkungsbereich ausdehnten<br />
und neue Aufgaben übernahmen.<br />
Es war in Zürich wie in der übrigen<br />
Schweiz auch eine Zeit reger Bautätigkeit,<br />
insbesondere in den Aussenquartieren,<br />
und die Stadt bemühte<br />
sich, diesen neuen, rasch sich entwickelnden<br />
Quartieren ein Gesicht,<br />
eine Identität zu geben, dazu gehörten<br />
Quartierzentren und oft auch <strong>Bibliothek</strong>en.<br />
Eine kluge Politik?<br />
Unter den <strong>Bibliothek</strong>sverantwortlichen<br />
jener Zeit galt die Devise: Jeder<br />
Gemeinde ihre <strong>Bibliothek</strong>! Übertragen<br />
auf die Stadt hiess das: Jedem<br />
Quartier seine <strong>Bibliothek</strong>! Ob dies<br />
damals eine kluge Politik war, will ich<br />
heute nicht beurteilen, sicher ist sie<br />
jetzt nicht mehr zeitgemäss. Die Folge<br />
dieser Politik in Zürich war ein gewisser<br />
Wildwuchs statt eines durchdachten<br />
Netzplanes. Beschönigend<br />
sagt man dem heute, das <strong>Bibliothek</strong>snetz<br />
sei historisch gewachsen.<br />
Dieses unkoordinierte Wachstum<br />
hatte zur Folge, dass zahlreiche <strong>Bibliothek</strong>en<br />
der PBZ ungenügend waren<br />
und teilweise heute noch sind:<br />
Sie sind zu klein, ungünstig gelegen,<br />
schlecht erreichbar, haben zu kurze<br />
Öffnungszeiten, befinden sich in einer<br />
unattraktiven Umgebung und<br />
sind ziemlich zufällig über die Stadt<br />
verteilt. Der Zustand, wie ich ihn bei<br />
der Übernahme meiner Funktion angetroffen<br />
hatte, blieb mit nur wenigen<br />
Ausnahmen bis Anfang des 21.<br />
Jahrhunderts unverändert. Alle Bemühungen<br />
zur Verbesserung blieben<br />
erfolglos wegen dem ausgetrockneten<br />
Liegenschaftsmarkt, wegen mangelnder<br />
finanzieller Mittel, aber vor<br />
allem natürlich wegen dem fehlenden<br />
politischen Willen.<br />
Fortschritte dank guter Arbeit<br />
Ein neuer Anlauf erfolgte Anfang<br />
dieses Jahrhunderts. Diesmal waren<br />
die Voraussetzungen günstiger: Die<br />
Finanzen der Stadt waren gesund;<br />
die PBZ hatte sich durch qualitätsvolle<br />
Arbeit einen guten Ruf erworben,<br />
und mindestens bei einem Teil der<br />
politisch Verantwortlichen hatte sich<br />
die Erkenntnis durchgesetzt, dass das<br />
in den Fünfziger- und Sechzigerjahren<br />
entstandene Netz der PBZ den<br />
heutigen Bedürfnissen angepasst<br />
werden müsse. Ziel war die Verbesserung<br />
der Dienstleistungen durch<br />
Optimierung der verfügbaren Mittel.<br />
Das hiess insbesondere Schaffung eines<br />
einheitlichen Mindeststandards<br />
für alle <strong>Bibliothek</strong>en – angemessene<br />
Öffnungszeiten, permanenter Auskunftsdienst,<br />
Mediensicherung und<br />
Selbstverbuchung, Lese- und Arbeitsplätze<br />
sowie Internet fürs Publikum,<br />
alle Mediengattungen, Online-Angebote<br />
und eine Mindestfläche von<br />
350 m 2 .<br />
Dabei war uns klar, dass es nicht<br />
möglich sein werde, alle bestehenden<br />
<strong>Bibliothek</strong>en zu erneuern und<br />
auf diesen Stand zu bringen. Selbst<br />
wenn die Gelder für die nötigen<br />
Um-, Erweiterungs- und Neubauten<br />
vielleicht noch zu beschaffen gewesen<br />
wären, hätten doch die Mittel<br />
für den Betrieb bei weitem nicht<br />
ausgereicht. Es musste deshalb der<br />
Netzplan überprüft und angepasst<br />
werden. Daraus ergab sich eine klare<br />
Strategie: Reduktion der Anzahl<br />
Standorte und Ausbau der verbleibenden<br />
Standorte oder anders gesagt:<br />
Weniger dafür grössere, besser<br />
dotierte und leistungsfähigere <strong>Bibliothek</strong>en.<br />
Masterplan<br />
Diese Strategie hat die PBZ in einem<br />
Masterplan zusammengefasst,<br />
der 2003 vom Vorstand genehmigt<br />
und danach dem Stadtrat vorgelegt<br />
wurde. Dieser nahm ihn zur Kenntnis<br />
und begrüsste ihn als Grundlage für<br />
die weitere Entwicklung. Es handelt<br />
sich beim Masterplan um ein knappes<br />
Papier von ca. 15 Seiten ergänzt<br />
mit Plänen und Statistiken.<br />
Die Umsetzung war selbstverständlich<br />
nicht kurzfristig machbar. Insbe-<br />
<strong>SAB</strong> / CLP info 02/08 27