Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz ... - Norton Rose
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Anlageberatung <strong>und</strong> Produktvertrieb vor einer gesetzlichen Neuordnung<br />
Anders als bei den „Wesentlichen Informationen“ zu Fonds, für die es<br />
mittlerweile h<strong>und</strong>erte Seiten „Bedienungsanweisung“ von CESR gibt,<br />
lässt der deutsche Gesetzgeber die Wertpapierdienstleister komplett im<br />
Dunkeln darüber, was unter diesem Punkt zu verstehen ist. Nehmen wir<br />
beispielsweise den Kurs einer Aktie. Dieser hängt von zahlreichen <strong>und</strong><br />
teilweise vollkommen unkorrelierten Marktbedingungen ab. Die Entwicklung<br />
der in- <strong>und</strong> ausländischen Aktienmärkte allgemein, des speziellen<br />
Wirtschaftssektors, der Ertragslage des betreffenden Unternehmens <strong>und</strong> im<br />
Vergleich hierzu seiner Mitbewerber, ja sogar das Zinsniveau – alles dies<br />
spielt eine Rolle für die Frage, wie Kurs <strong>und</strong> Ertrag eines Aktieninvestments<br />
sich entwickeln können. Aus Platzgründen wird es kaum möglich sein, in den<br />
PIB mehr als Allgemeinplätze von sich zu geben. Gerade dies aber birgt dann<br />
natürlich wieder Haftungsrisiken, denn Anleger werden sich darauf berufen,<br />
nicht über alle wesentlichen Aspekte vollständig aufgeklärt worden zu sein.<br />
Hinweis an den Projektleiter:<br />
Wenn Sie sich dafür entscheiden, die PIB von den Emittenten zu beziehen<br />
– beispielsweise von Zertifikate-Emittenten – dann sollten Sie diesen<br />
jedenfalls einige Vorgaben machen, wie detailtief die vorstehenden<br />
Angaben sein können <strong>und</strong> müssen, schon allein um eine Vergleichbarkeit<br />
Ihrer verschiedenen PIBs zu erzielen.<br />
Was die Risikohinweise betrifft, welche ebenfalls in jedem PIB enthalten<br />
sein müssen, ist es nach dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf möglich,<br />
auf die Risikohinweise in dem Verkaufsprospekt oder sonstige Dokumente<br />
zu verweisen – der frühere Diskussionsentwurf hatte noch verlangt, das<br />
sämtliche Risiken „ohne Hinzuziehung weiterer Unterlagen“ aus sich<br />
heraus vollständig dargestellt werden.<br />
Rechtsfolgen bei Gesetzesverstößen<br />
Unterlässt es ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dem K<strong>und</strong>en<br />
ein PIB zur Verfügung zu stellen, dann stellt dies zunächst einen –<br />
bußgeldbewehrten – Verstoß gegen die aufsichtsrechtlichen Vorschriften<br />
des WpHG dar. Gleiches dürfte gelten, wenn das PIB qualitativ so schlecht<br />
ist, dass es bei materieller Betrachtung nicht die gesetzlich geforderten<br />
Mindestinhalte erfüllt.<br />
Wesentlich schwerer aber wiegt die Aussage in der Gesetzesbegründung,<br />
dass die Verletzung der inhaltlichen Minimalanforderungen an das<br />
PIB als Schutzgesetzverletzung nach § 823 II BGB zivilrechtliche<br />
Schadenersatzansprüche nach sich zieht. Dies dürfte erst Recht gelten,<br />
wenn die PIBs nicht zur Verfügung gestellt werden.<br />
Die Frage, ob die §§ 31 ff. WpHG Schutzgesetze sind, hatte die<br />
Rechtsprechung bislang bewusst offen gelassen – nun ist diese Frage für<br />
einen Teilbereich vom Gesetzgeber bewusst bejaht worden – dies kann man<br />
mit Fug <strong>und</strong> Recht als „Dammbruch“ ansehen.<br />
06 <strong>Norton</strong> <strong>Rose</strong> LLP Oktober 2010