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Kriegserlebnis und Kriegserfahrung im Zweiten Weltkrieg

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Arbeitskreis für Landes- <strong>und</strong> Ortsgeschichte<br />

ausreichendes Schriftgutkorpus zur Verfügung, um die Umsetzung der amerikanischen<br />

Kriegsgefangenenpolitik auf regionaler Ebene <strong>und</strong> die administrativ-organisatorischen<br />

Gesichtspunkte des Lagerlebens in hinreichender Weise zu dokumentieren.<br />

Die Quellen von Hilfsorganisationen, wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, der<br />

Kirchen beider Konfession <strong>und</strong> der Caritas vermögen über zivile Hilfsmaßnahmen für die<br />

Gefangenen <strong>und</strong> die seelsorgerisch-religiöse Betreuung der Insassen Auskunft zu geben.<br />

Hinsichtlich der dritten Gruppe ist zunächst die lokale <strong>und</strong> regionale Quellenüberlieferung zu<br />

nennen, aus denen sich die Wechselwirkung der riesigen Lager mit dem zivilen Umfeld <strong>und</strong><br />

den unter Besatzungsbedingungen arbeitenden Stellen der deutschen Verwaltung erschließt.<br />

All diese Quellen vermögen jedoch eine Reihe von Fragen nicht zu beantworten, nämlich:<br />

wie gestalteten sich das soziale Verhalten <strong>und</strong> die sozialen Strukturen der Gefangenen angesichts<br />

der katastrophalen Lebensverhältnisse, wie rezipierten die Gefangenen subjektiv<br />

das Erlebnis der Gefangenschaft vor dem Hintergr<strong>und</strong> des deutschen Zusammenbruchs <strong>und</strong><br />

wie entwickelten sich die Lebensbedingungen der Insassen innerhalb des von den Amerikanern<br />

gesteckten organisatorischen Rahmens tatsächlich? Da die Bewachungssoldaten sich<br />

vom Inneren der Lager weitgehend fernhielten, gibt es nur eine Art von Quellen, die die oben<br />

gestellten Fragen hinreichend zu beantworten vermag: nämlich die Zeugnisse, die aus der<br />

Erinnerung der Gefangenen selbst gewonnen wurden.<br />

Versucht man, diese schwer umgrenzbare Quellengattung zu strukturieren, so lassen sich<br />

fünf verschiedene Arten derartiger Berichte voneinander unterscheiden:<br />

Zunächst lagen erstens jene Augenzeugenberichte vor, die von der Maschke-Kommission<br />

mittels schriftlicher Befragungen gewonnen <strong>und</strong> extensiv eingesetzt wurden <strong>und</strong> die angesichts<br />

des Umfangs des Gesamtprojekts <strong>und</strong> der sorgfältigen Auswertung wohl beispielhaften<br />

Charakter besitzen. Diese Berichte konnten angesichts der mangelnden regionalen<br />

Fokussierung <strong>im</strong> Hinblick auf das vorliegende Forschungsprojekt jedoch etlichen Anforderungen<br />

nicht gerecht werden.<br />

Darüber hinaus wurden zweitens Tagebücher <strong>und</strong> noch während der Lagerzeit abgefasste<br />

Berichte herangezogen. Gegenüber dem Quellenwert derartiger biographischer Aufzeichnungen<br />

ist zunächst Skepsis geboten, sofern sie in der Regel einen überaus persönlichen<br />

Charakter <strong>und</strong> somit sehr beschränkte Geltung besitzen. Denn bei tagebuchartigen Aufzeichnungen<br />

finden mehrere subjektive Brechungen statt, bevor konkret Erlebtes in schriftlicher<br />

Form fixiert wird. Im Hinblick auf die kurz nach dem deutschen Zusammenbruch in den<br />

Sammellagern niedergelegten Tagebuchaufzeichnungen muss diese methodische Kritik<br />

allerdings modifiziert werden, denn durch die schlechten Rahmenbedingungen bei ihre Entstehung<br />

sind derartige Tagebuchnotizen keine retrospektiv reflektierenden, stilistisch einwandfreien<br />

Abhandlungen, sondern vielmehr nur stichwortartige Notizen mit unmittelbarem<br />

<strong>und</strong> zeitnahem Bezug zu den persönlichen Lebensumständen, denen wegen des entsprechend<br />

geringen Grades an subjektiven Brechungen ein sehr hoher Quellenwert zukommt.

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