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ein Wimmelbuch. Wo man auch<br />
hinschaut, überall gibt es etwas<br />
zu entdecken. Vor allem liegt das<br />
daran, dass sich in Indien fast das<br />
gesamte Leben auf der Straße<br />
abspielt und nicht wie bei uns hinter<br />
verschlossenen Türen.<br />
Der beste<br />
Tee der Welt<br />
Am Anfang der Reise fuhren wir<br />
in den Nordosten Indiens, in die<br />
Stadt Darjeeling, nach der das<br />
beste Teeanbaugebiet der Welt<br />
benannt ist. Hier, an den Hängen<br />
des Himalayas, stimmt das Klima<br />
für den Tee. Mit Jeeps ging es<br />
vom Flughafen hinauf in die<br />
Berge, bis zu dem Bio-Teegarten<br />
Samabeong. Hier wurden wir<br />
herzlich von den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern empfangen.<br />
Etwa 50 Personen standen uns<br />
begeistert klatschend gegenüber,<br />
jedem von uns wurde zur Begrüßung<br />
ein bunter Schal umgehängt<br />
und ein Kleks mit gefärbtem Reis<br />
auf die Stirn gestrichen. Danach<br />
ging es fröhlich mit Gesang zu<br />
unserem Wohnhaus hinauf, wo<br />
die Frauen tanzten und versuchten,<br />
uns zum Mitmachen<br />
zu animieren. Das gelang ihnen<br />
nicht so richtig, wir Deutschen<br />
sind da eher schwerfällig. Aber<br />
die Inderinnen tanzten mit großer<br />
Fröhlichkeit und Leichtigkeit.<br />
In den nächsten Tagen hatten<br />
wir die Gelegenheit, uns mit den<br />
Einzelheiten des Teehandels zu<br />
beschäftigen und herauszufinden,<br />
was daran fair ist. Wir besuchten<br />
verschiedene Plantagen in der<br />
Umgebung und wurden überall<br />
herzlich empfangen. Wir lernten,<br />
wie Tee angebaut, ökologisch<br />
gedüngt und geerntet wird. In<br />
der Teefabrik wurde uns erklärt,<br />
wie nach der Ernte schwarzer,<br />
grüner oder weißer Tee aus der<br />
gleichen Pflanze entsteht. Allein<br />
die Weiterverarbeitung macht den<br />
Unterschied in der Bezeichnung<br />
und dem Geschmack.<br />
Fairer Teehandel<br />
Die Teeplantage Samabeong<br />
gehört seit 1989 zu den Tea<br />
Promoters India (TPI), dem<br />
Handelspartner der GEPA. Etwa<br />
230 Personen arbeiten auf den<br />
Plantagen <strong>als</strong> Teepflückerinnen<br />
und Pflücker und einige weitere in<br />
der Fabrik. Viermal im Jahr wird<br />
geerntet.<br />
Das Besondere an der Bezahlung<br />
ist nicht der Tageslohn, denn der<br />
ist in Indien für Teearbeiterinnen<br />
und -arbeiter gewerkschaftlich<br />
festgelegt. Würde die GEPA dem<br />
Einzelnen schlicht mehr zahlen,<br />
würde das für sozialen Unfrieden<br />
in der Region sorgen. Das<br />
Herausragende bei TPI ist die<br />
Mitbestimmung der Arbeiterinnen<br />
und Arbeiter, denn das ist etwas<br />
Neues in der kolonial geprägten<br />
indischen Plantagenwirtschaft.<br />
So entscheidet ein Komitee<br />
der Arbeiterinnen und Arbeiter<br />
zusammen mit dem Management<br />
über die Verwendung der<br />
Fair-Trade-Prämie, die zusätzlich<br />
zum Lohn gezahlt wird. 10 % des<br />
Teepreises werden in einen Fonds<br />
eingezahlt, der vor allem zur<br />
Verbesserung der Lebenssituation<br />
der Angestellten beitragen soll.<br />
Das Geld darf nicht für Investitionen<br />
verwendet werden, zu<br />
denen die PlantagenbesitzerInnen<br />
gesetzlich verpflichtet sind.<br />
Mit den ersten Geldern wurde<br />
beispielsweise ein Gemeinschaftszentrum<br />
errichtet, in dem<br />
größere Festivitäten, aber auch<br />
Kurse abgehalten werden können.<br />
Außerdem hat jede Familie eine<br />
eigene „GEPA-Kuh“ bekommen,<br />
um in<strong>direkt</strong> die Versorgung zu<br />
verbessern.<br />
SEITE 5<br />
Gut gefällt uns daran, dass dieses<br />
Geld der Gemeinschaft aller<br />
Dorfleute dient und nicht nur den<br />
bei TPI angestellten Teearbeiterinnen<br />
und -arbeitern. So wurde<br />
in Samabeong aus den Fondsgeldern<br />
eine Highschool gebaut,<br />
die es ohne die Gepazahlungen<br />
nicht gäbe. Kinder aus der Region<br />
hätten kaum die Möglichkeit,<br />
einen höheren Schulabschluss zu<br />
erwerben.<br />
Beim Besuch der Schule waren<br />
wir allerdings enttäuscht von der<br />
Ausstattung. Sie wirkte lieblos<br />
eingerichtet, denn außer einigen<br />
grob gezimmerten Tischen und<br />
Bänken waren die Klassenzimmer<br />
leer. Es gab keine Bilder an den<br />
Wänden, kein Anschauungsmaterial<br />
und kaum Bücher. Nichts, was<br />
<strong>als</strong> Anregung zum Lernen hätte<br />
dienen können. Lediglich der<br />
Computerraum war mit mehreren<br />
Geräten gut ausgestattet. Wie in<br />
dieser Umgebung gute pädagogische<br />
Arbeit möglich ist, fanden<br />
wir fraglich. Zum Zeitpunkt unseres<br />
Besuches waren allerdings<br />
Schulferien, so dass wir nur<br />
einige „herbestellte“ Schülerinnen<br />
und Schüler getroffen haben.<br />
Es gibt <strong>als</strong>o noch Entwicklungspotential.<br />
Aber vielleicht ist unser<br />
Denken an dieser Stelle auch<br />
einseitig europäisch geprägt.<br />
Kalkutta<br />
Aus der Himalayaregion flogen<br />
wir in das 700 km südlich davon<br />
gelegene Kalkutta. Kalkutta ist ein<br />
Moloch. So haben wir es jedenfalls<br />
erlebt. Übervolle, stinkende<br />
Straßen. Bettelnde Kinder und<br />
ganze Familien, deren „Wohnung“<br />
aus einer Plastikplane über<br />
<strong>GJW</strong> AKTUELL 1/2012<br />
dem Straßenrand besteht. Das<br />
Elend blickt einem an jeder Ecke<br />
entgegen.<br />
Da die GEPA besonders die Herstellung<br />
von Handwerksprodukten<br />
fördert, besuchten wir einen<br />
Handwerksbetrieb, der unter<br />
fairen Bedingungen Lederwaren,<br />
Stoffe und Musikinstrumente<br />
herstellt. Dieser Betrieb wirkte<br />
nach der Fahrt durch die dreckigen<br />
und heruntergekommenen<br />
Straßen Kalkuttas wie eine Oase.<br />
Zur Begrüßung gab es dieses Mal<br />
Blumen und Reis.<br />
Die Arbeitsbedingungen sind <strong>hier</strong><br />
wesentlich besser <strong>als</strong> in anderen<br />
Betrieben Indiens. In dem hellen,<br />
lichtdurchfluteten Raum haben<br />
die Arbeiterinnen und Arbeiter<br />
ausreichend Platz. Die Leute<br />
arbeiten gerne <strong>hier</strong> und das merkt<br />
man. Auch eine Behindertenwerkstatt<br />
gehört <strong>als</strong> ganz normaler Teil<br />
zum Gesamtbetrieb und ist nicht,<br />
wie in Deutschland, abgetrennt<br />
von anderen Werkstätten.<br />
In Kalkutta besuchten wir außerdem<br />
einen Laden der indischen