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SCHULEN<br />

die Grundschul-Methodik zu gehen. So entstand zum<br />

Beispiel der Lernmethodik-Ordner, mit dem man systematisch<br />

üben kann.<br />

Fries: Ihr neuestes Werk heißt „Präsentation und freies Sprechen<br />

in der Grundschule“. Wieso ist Rhetorik für Sie schon<br />

im Primarbereich so wichtig?<br />

Endres: Wenn ich in einer mündlichen Prüfung bestehen<br />

soll, ist das jedes Mal ein völliger Ausnahmezustand,<br />

weil ich diese Situation nicht geübt habe. Das führt zu<br />

ungünstig verlaufenden Lernerlebnissen, und danach<br />

beschließe ich: Nie wieder! Auch in der Erwachsenenwelt<br />

ist Sprechangst ja noch sehr weit verbreitet, dabei<br />

sind doch oft gerade die, die sich nichts zu sagen trauen,<br />

diejenigen, die am ehesten etwas zu sagen hätten. Das ist<br />

sehr bedenklich. Wichtig ist es, schon Kinder zu ermutigen<br />

und ihnen Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Ich habe<br />

bei solchen Übungen auch noch nie erlebt, dass jemand<br />

ausnahmslos einen Verriss abbekommt. Viele Kinder<br />

haben hier kein Selbstvertrauen, aber es geht doch genau<br />

darum, Kinder zu stärken und Wertschätzung zu üben,<br />

eine Bedarfslage, die in der Grundschule prägend ist!<br />

„Präsentation und freies Sprechen in der Grundschule“<br />

wurde gern aufgegriffen und von vielen Lehrern als Novum<br />

erlebt. In ihrer eigenen Ausbildung hatte das leider<br />

keine Rolle gespielt.<br />

Fries: Und wie sind Sie da mit der Schulpraxis verbunden?<br />

Endres: Bei diesem Projekt ist das Schöne, dass ich zwei<br />

Grundschullehrerinnen mit im Boot habe und Rückmeldungen<br />

von ihnen bekomme. Die eine ist seit Jahrzehnten<br />

im Dienst, eine erfahrene und versierte Kollegin, die andere<br />

ist Neueinsteigerin. Im Zusammenspiel der natürlich<br />

sehr unterschiedlichen Anregungen und Erfahrungen der<br />

beiden entwickelten sich sehr viele Dinge. Das war sehr<br />

spannend.<br />

Fries: Es ist ja erfreulich, wenn interessierte Lehrerinnen und<br />

Lehrer nach Ihrer Methodik arbeiten. Aber wie kommen<br />

Sie an die heran, die nach wie vor „Buch auf, Buch zu“<br />

unterrichten?<br />

Endres: Das findet vielfach durch pädagogische Tage im<br />

Rahmen der schulinternen Lehrerfortbildung (SchiLF)<br />

statt. Ich begleite zum Teil auch durch persönliches<br />

Mitmachen an den Schulen. Man muss den Kollegen<br />

das Gefühl vermitteln, das hilft ihm ja selber, das gibt<br />

eine Entlastung für ihn. So ist es schon gelungen, einige<br />

ins Boot zu holen, die dem Methodiklernen skeptisch<br />

gegenüber standen. Aber das kann nicht bei allen klappen<br />

und ist auch gut so: Nur Traum-Lehrer wären für ein Kind<br />

auch nicht so ideal! Abgesehen davon: „Schlechte“ Lehrer<br />

empfinde ich als Kind oft ja ganz anders als meine Eltern<br />

oder die Kollegen.<br />

Fries: In Rheinland-Pfalz wird ja allenthalben „geklippert“.<br />

Was ist der Unterschied zwischen Ihrem Angebot und dem<br />

von Klippert?<br />

Endres: Das ist der größere Freiraum. Meine Methodikangebote<br />

sind eher wie ein Buffet zu verstehen. Da bedient<br />

sich einer am Buffet und stellt am Tisch fest, die anderen<br />

haben ja alle was anderes auf dem Teller als ich. Es geht<br />

um eine breite Palette an verschiedenen Angeboten. Bei<br />

Heinz Klippert ist das eher eine strengere Struktur, ein<br />

klarer Aufbau.<br />

Fries: Also haben Sie das Buffet und er das 5-Gänge-<br />

Menü?<br />

Endres: So ist das. Vielleicht ist das 5-Gänge-Menü auch<br />

hie und da von edleren Substanzen, während mein Buffet<br />

neben den markigen Dingen auch Exotisches und Unbekanntes<br />

enthält. Mir ist wichtig, dass die Experimentierfreude<br />

der Kinder erhalten bleibt. Sich mit Unbekanntem<br />

befassen wollen, dem Unbekannten den Stempel des<br />

Unpassenden zu nehmen. Das ist zur Erweiterung der<br />

Frustrationstoleranz sehr wichtig: Man muss auch mal<br />

Misslingen aushalten und sich ums Gelingen wirklich<br />

bemühen lernen. Hohe Frustrationstoleranz korreliert<br />

ja mit einer hohen Motivation. Und das ist besonders in<br />

der Grundschule ein lohnendes Feld. Ich bemerke, dass<br />

besonders Grundschullehrer dafür eine Antenne haben.<br />

Das ist im Gymnasium nicht so.<br />

Fries: Logisch! In der Grundschule ist es notwendig, weil man<br />

alle Kinder zusammen hat, aber wer im Gymnasium nicht<br />

klarkommt, der muss halt gehen.<br />

Endres: Ja. Der Umgang mit heterogenen Gruppen hat<br />

häufig nach gleichen Regeln für alle abzulaufen, und<br />

wenn das nicht klappt, nehme ich das entsprechende<br />

Kind raus. Hilfreicher wäre, Arbeitsformen zu finden, in<br />

denen alle mitkommen. Da kommen dann ganz andere<br />

Lernformen zustande. Das kann auf den ersten Blick<br />

nach Chaos aussehen. Aber am Buffet kann sich jeder<br />

das Passende aussuchen. Der eine kann selber schöpfen,<br />

dem anderen muss ich eben noch das Fleisch schneiden.<br />

Ja, und deshalb arbeite ich seit zwanzig Jahren auch in<br />

der Lehrerfortbildung. Zum Beispiel das „LernForum“<br />

in Bad Wörishofen. In diesem Jahr fand es zum zehnten<br />

Male statt.<br />

Fries: Wer kommt dahin?<br />

Endres: Diesmal 700 Leute, die Vorträge hören und<br />

Workshops mitmachen konnten.<br />

Fries: Sie haben illustre Namen versammelt!<br />

Endres: Ja, 2008 waren etwa Reinhard Kahl, Heinz<br />

Klippert, Reinhold Miller, Bischof Wolfgang Huber oder<br />

Peter Sloterdijk dabei. Eine „Lernklimagipfelkonferenz“<br />

sozusagen! Und daneben gab es eben die vielen schul- und<br />

fachspezifischen Lernmethodik-Angebote. Oder kennen<br />

Sie „Willi will‘s wissen“?<br />

Fries: Den aus dem Fernsehen?<br />

Endres: Genau! Den habe ich jetzt mit dabei, weil ich<br />

seine Art zu fragen und sich die Welt zu erschließen, so<br />

gut finde. So finden 2009 Lerntage für Eltern und Schüler<br />

in Bad Wörishofen statt. Das ist auch immer wichtig, dass<br />

man in einer angenehmen Atmosphäre lernen kann!<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 12 / 2008<br />

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