PDF downloaden - GEW
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BILDUNGSPOLITIK<br />
Liegen wir richtig mit der Vermutung, dass als Staatssekretärin<br />
Ihr Verhältnis zur <strong>GEW</strong> merklich abgekühlt ist?<br />
Man muss immer an Beziehungen arbeiten. Ich arbeite<br />
an meiner Beziehung zur <strong>GEW</strong> jeden Tag und finde, dass<br />
wir da noch in einem ganz guten Verhältnis sind. Was mir<br />
wichtig ist: Ich glaube, ich habe wirklich zu einer ganzen<br />
Reihe von <strong>GEW</strong>-Kolleginnen und <strong>GEW</strong>-Kollegen ein<br />
ausgesprochenes gutes und freundschaftliches Verhältnis,<br />
und wünsche mir, dass es auch so bleibt.<br />
In Ihrem Amt müssen Sie permanent inhaltliche und personelle<br />
Entscheidungen fällen, die einige freuen und viele<br />
ärgern. Wie gehen Sie damit um, was sich daraus z.B. an<br />
Anfeindungen ergeben kann?<br />
Ganz wichtig ist, dass man sich sehr verantwortungsvoll<br />
mit Entscheidungen auseinandersetzt, weil sie ja in der Tat<br />
ganz individuelle Auswirkungen haben können, das muss<br />
man sich auch immer klarmachen. Ich glaube, das tun<br />
wir hier im Bildungsministerium sehr stark. Deswegen<br />
ist es ganz wichtig, sorgsam Entscheidungen zu treffen,<br />
keine falschen natürlich, die dem Menschen zum Nachteil<br />
gereichen. Wenn man sich dem gewärtig ist und versucht,<br />
es so gut wie nur möglich zu machen, dann kann man<br />
auch damit umgehen, wenn man mal mit Kritik und<br />
Unzufriedenheit konfrontiert wird.<br />
Das große Projekt Schulstruktur ist nun bald gesetzlich verabschiedet.<br />
Wo setzen Sie dann Ihre Schwerpunkte?<br />
Als erstes wird mich noch auf längere Zeit die Umsetzung<br />
der neuen Schulstruktur und deren Verankerung im Land<br />
beschäftigen. Wirklich sehr wichtig ist uns aber auch,<br />
dass wir auf einem Feld deutlich weiterkommen, über<br />
das allgemein im Moment noch nicht so sehr gesprochen<br />
wird: Es geht um die bessere und stärkere Kooperation<br />
der Systeme, die wir hier im Haus vertreten - das ist die<br />
Schule auf der einen Seite, die Jugendarbeit und die<br />
Jugendhilfe auf der anderen Seite. Wenn wir mal den<br />
Spielraum hätten, hier bewusst den Schwerpunkt zu<br />
setzen, wäre das ein lohnenswertes Feld, das mir auch<br />
Spaß machen würde.<br />
PISA: <strong>GEW</strong> FORDERT MEHR CHANCENGLEICHHEIT AN<br />
„Die fehlende Chancengleichheit an den Schulen ist<br />
nach wie vor das größte Problem in Rheinland-Pfalz<br />
sowie des deutschen Bildungssystems insgesamt“,<br />
bewertete der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter<br />
Hammer die PISA-Testergebnisse 2006. Schülerinnen<br />
und Schüler aus Arbeiterfamilien oder der unteren<br />
Mittelschicht seien ebenso wie Kinder aus Migrantenfamilien<br />
unverändert die Verlierer innerhalb unseres<br />
Schulsystems.<br />
„Die Bemühungen der Landesregierung in den vergangenen<br />
Jahren, Verbesserungen für das rheinland-pfälzische<br />
Bildungssystem zu erreichen und Schülerinnen und Schüler<br />
mehr individuell zu fördern, sind durchaus anzuerkennen<br />
und finden auch unsere Unterstützung“ , sagte Hammer. Er<br />
stellte fest, dass sich Rheinland-Pfalz in den Bereichen Lesekompetenz,<br />
Mathematik und Naturwissenschaften deutlich<br />
verbessert habe. Die rheinland-pfälzischen Lehrkräfte vor Ort<br />
hätten hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet.<br />
Die Bemühungen gingen allerdings nicht weit genug, um<br />
entscheidende Veränderungen für den größten Teil der Schülerinnen<br />
und Schüler und hier insbesondere der gesellschaftlich<br />
WEITERENTWICKLUNG DER<br />
REFORMIERTEN OBERSTUFE<br />
Am 9. März 2009 wird die <strong>GEW</strong>-Fachgruppe Gymnasien in Mainz im<br />
Erbacher Hof bei einem Tag der Bildung die Weiterentwicklung der Reformierten<br />
Oberstufe erörtern. Eva-Maria Hartmann wird die Entwicklung<br />
der Oberstufe in anderen Bundesländern vorstellen, Andreas Keller die Frage<br />
nach „Oberstufe und OECD: Wo steht Rheinland-Pfalz bei der Umsetzung<br />
europäischer Standards?“ untersuchen.<br />
Red<br />
Benachteiligten zu erreichen. Die Praxis in den Schulen<br />
sähe oft so aus: Die Klassen seien zu groß, insbesondere die<br />
schwächeren Schülerinnen und Schüler würden zu wenig<br />
unterstützt, individuelle Förderung bleibe weitgehend ein<br />
frommer Wunsch, ein Pädagogenmangel drohe und die Auslese<br />
der Kinder in einem unterfinanzierten Bildungssystem<br />
werde verschärft. Viele der Reformen der letzten Jahre seien<br />
auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen<br />
worden, ohne dass die finanziellen Investitionen in Bildung<br />
entscheidend erhöht worden wäre oder sich die Arbeitssituation<br />
der Kolleginnen und Kollegen grundlegend verbessert<br />
hätte. Bei den Bildungsausgaben befinde sich Rheinland-<br />
Pfalz im Vergleich zu den anderen Bundesländern noch<br />
immer am unteren Ende.<br />
„Politik muss jetzt in das Bildungswesen investieren und<br />
Bildungsbarrieren abbauen. Insbesondere die schwächeren<br />
Schülerinnen und Schüler müssen gefördert werden. Halbherzige<br />
Absichtserklärungen, wie der Bildungsgipfel sie jüngst<br />
verabschiedet hat, ignorieren den Problemdruck. Nicht nur<br />
die Hauptschule, sondern der Hauptschulbildungsgang muss<br />
abgeschafft werden, alle Jugendlichen müssen mindestens<br />
zu einem mittleren Bildungsabschluss geführt werden“, so<br />
Hammer.<br />
Die <strong>GEW</strong> hält das gemeinsame Lernen bis zum Ende der<br />
Pflichtschulzeit für die einzig sinnvolle Antwort auf viele<br />
Probleme des traditionellen Schulsystems. Mit 10 Jahren<br />
können Kinder Entwicklungsrückstände, die sie von zu<br />
Hause mitbringen, noch nicht aufgeholt haben. Eine noch<br />
so gute Förderung im Kindergarten kann herkunftsbedingte<br />
Benachteiligung zwar mildern, aber nicht auflösen. Erst<br />
wenn alle Kinder gemeinsam lernen, wird sich eine menschenfreundliche<br />
und unterstützende Schul- und Lernkultur<br />
entwickeln Wir brauchen die „Eine Schule für alle Kinder“,<br />
betonte Hammer.<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 12 / 2008<br />
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