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KAPITEL<br />
5<br />
Der Aufstieg Asiens<br />
Japan: kalte Freundschaft zu den USA<br />
Die beiden pazifischen Mächte<br />
haben sowohl wirtschaftlich<br />
als auch vor allem militärpolitisch<br />
viele gemeinsame<br />
Interessen. Doch inzwischen<br />
werden die Rufe nach einem<br />
»Bündnis ohne Militärbasen«<br />
lauter.<br />
N<br />
te Japan US-Staatsanleihen und finanzierte<br />
damit zum Teil die Handels- und<br />
Haushaltsdefizite Washingtons. Die ausgewogene<br />
wechselseitige Abhängigkeit,<br />
die sich trotz vieler Reibungen daraus ergab,<br />
wird heute durch den rasanten Aufstieg<br />
Chinas unterlaufen: Seit einigen<br />
Jahren hat Peking als Großkäufer von US-<br />
Schatzanweisungen Tokio abgelöst und<br />
ist zugleich der wichtigste Handelspartner<br />
Japans geworden, was dessen schwierige<br />
wirtschaftliche Erholung unterstützt.<br />
Die antiamerikanischen Nationalisten<br />
Japans sehen in dieser Entwicklung<br />
eine Schwächung des Verhältnisses<br />
zu den USA. Für die proamerikanischen<br />
Nationalisten dagegen ist eine Vertiefung<br />
der Beziehungen mit Washington unerlässlich,<br />
damit das Land seine Position<br />
behaupten kann.<br />
Auf der strategischen Ebene bleibt der<br />
1952 geschlossene Vertrag mit den USA<br />
für die Sicherheit Japans lebenswichtig.<br />
Obwohl Tokio heute eine mächtige Armee<br />
besitzt und mit fast 50 Milliarden<br />
Dollar das – nach Angaben des Friedensforschungsinstituts<br />
Sipri für das Jahr<br />
2005 – vierthöchste Militärbudget der<br />
Welt aufzuweisen hat, wird sein Handlungsspielraum<br />
durch die Verfassung<br />
stark eingeschränkt. Dies gilt insbesondere<br />
in Hinblick auf ballistische Waffen,<br />
über die nicht nur Nordkorea verfügt,<br />
sondern vor allem China, das seine regioachdem<br />
sich Japan 1868 der Welt<br />
wieder geöffnet hatte, orientierte es<br />
sich an europäischen Staats- und Entwicklungsmodellen.<br />
Die Niederlage von<br />
1945 führte dann aber zu einer immer<br />
stärkeren Orientierung an den USA, die<br />
das Land bis 1952 besetzt hielten. Die daraus<br />
entstandenen bilateralen Beziehungen<br />
waren entscheidend für das ökonomische<br />
und geostrategische Gleichgewicht<br />
des Kalten Kriegs in Ostasien und<br />
im westlichen Pazifik. Seit 1989 versucht<br />
Tokio, sie zu vertiefen. Zugleich will es<br />
sich von dem Partner emanzipieren, dessen<br />
neue Rolle als globale Hegemonialmacht<br />
ihn noch unersetzlicher, zugleich<br />
aber auch weniger berechenbar macht.<br />
Auch wirtschaftlich waren die USA ein<br />
halbes Jahrhundert lang der wichtigste<br />
Partner Japans. Mit den Dollarerlösen<br />
seiner enormen Exportüberschüsse kauf-<br />
nale Vormacht wiederherstellen möchte.<br />
Die Eindämmung der »chinesischen Bedrohung«<br />
– dieser Ausdruck wurde 2004<br />
erstmals gebraucht – ist die größte strategisch-diplomatische<br />
Sorge Tokios. Weitere<br />
Prioritäten sind die Stabilisierung der<br />
koreanischen Halbinsel, der Einfluss im<br />
Mittleren Osten, auf dessen Öl Japan angewiesen<br />
ist, und das Streben nach einem<br />
Ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.<br />
Keines dieser Ziele kann ohne Unterstützung<br />
Washingtons erreicht werden.<br />
Diese Abhängigkeit äußert sich seit gut<br />
zehn Jahren in der Teilnahme an bilateralen<br />
Raketenabwehrplänen und der wachsenden<br />
militärischen Zusammenarbeit,<br />
neuerdings auch in den Diensten der japanischen<br />
Marine beim Transport von<br />
US-Truppen nach Afghanistan (2001) und<br />
in der Entsendung von 600 Soldaten in<br />
»humanitärer Mission« in den Irak<br />
(2004). Mit neuen Richtlinien für die Anwendung<br />
des Sicherheitsvertrags (1996)<br />
verpflichtete sich Tokio gegenüber den<br />
US-Streitkräften zu logistischer Hilfe,<br />
sollte es im asiatischen Raum – entsprechend<br />
der Erklärung vom Februar 2005<br />
einschließlich Taiwans – zu einer Krise<br />
kommen. So hat Japan seinen Status als<br />
Protegé überwunden und ist zum aktiven<br />
Partner der Supermacht USA geworden.<br />
Diese Partnerschaft bleibt jedoch begrenzt.<br />
Die japanischen Streitkräfte dürfen<br />
sich nicht an Kampfhandlungen be-<br />
3 Wo Japan investiert: Industrieländer verlieren an Attraktivität, und Asien bleibt nachrangig<br />
Mrd. Dollar<br />
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35<br />
Nordamerika Europa Asien Lateinamerika Afrika<br />
40<br />
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