DAS UNTERNEHMEN IN POSITION BRINGEN - Ihr Magazin als E ...
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26 HR_administration<br />
terlagen ausgewählt werden, ist der Aufwand zur Überprüfung<br />
der Bewerber deutlich höher – mit negativen Folgen für die<br />
Wirtschaft. In den USA z.B. wurden in den vergangenen Jahren<br />
daher Gesetze erlassen, um Arbeitgeber zu motivieren, Zeugnisse<br />
(references) auszustellen.<br />
Gegen die Abschaffung des Arbeitszeugnisses spricht auch,<br />
dass viele Unternehmen in Deutschland durchaus differenzierte,<br />
aussagekräftige Zeugnisse ausstellen und damit anderen<br />
Arbeitgebern die Personalauswahl erleichtern. Das bestätigt<br />
Barbara Huesmann, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
am Institut für Management an der Freien Universität<br />
Berlin. Sie hat das Arbeitszeugnis und seine wirtschaftliche<br />
Bedeutung aus personalpolitischer Perspektive analysiert und<br />
WISSENSWERTES ZUR GESETZGEBUNG<br />
UND RECHTSPRECHUNG<br />
FORMULIERUNGSFREIHEIT:<br />
Auf Basis von Gerichtsurteilen und Fachpublikationen haben<br />
sich in Deutschland Standards der Zeugnisschreibung<br />
entwickelt. Laut Bundesarbeitsgericht sind Arbeitgeber<br />
aber „grundsätzlich frei in der Formulierung des Zeugnisses“,<br />
solange der Wahrheits-, der Klarheits- und der<br />
Wohlwollensgrundsatz beachtet werden. Allerdings ist es<br />
nicht empfehlenswert, auf Kosten der Mitarbeiter die weit<br />
verbreitete Zeugnissprache mit ihren nach Schulnoten<br />
abgestuften Formulierungen zu missachten und durch<br />
vollständig frei formulierte Zeugnisse und das Weglassen<br />
gewohnter Elemente, z.B. der Leistungszusammenfassung,<br />
Missverständnisse zu provozieren.<br />
CODES UND GEHEIMMERKMALE:<br />
Mit der Novellierung der Gewerbeordnung 2002 wurde der<br />
§ 113 GewO <strong>als</strong> Bestimmung zur Zeugniserteilung durch<br />
den neuen § 109 GewO ersetzt. Während in dem bis 2002<br />
geltenden Gesetz „Merkmale“ verboten wurden, „welche<br />
den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaute<br />
des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen“,<br />
verbietet der neue § 109 GewO „Merkmale oder<br />
Formulierungen [...], die den Zweck haben, eine andere <strong>als</strong><br />
aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche<br />
Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen“ und fügt hinzu:<br />
„Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein.“<br />
Der Gesetzgeber hat <strong>als</strong>o den Anspruch auf Zeugnisklarheit<br />
und -verständlichkeit stärker und deutlicher betont.<br />
BEURTEILUNG BERUFSSPEZIFISCHER MERKMALE UND<br />
FÄHIGKEITEN:<br />
Laut neueren Urteilen des Bundesarbeitsgerichts (2008)<br />
sowie des Landesarbeitsgerichts Hamm (2006) muss im<br />
Arbeitszeugnis beurteilt werden, ob der Arbeitnehmer die<br />
wesentlichen berufsspezifischen Anforderungen erfüllt hat.<br />
In der Praxis ist <strong>als</strong>o bei der Verwendung von Textbausteinen<br />
darauf zu achten, dass diese auch zu den spezifischen<br />
Berufsanforderungen passen.<br />
manage_HR | Heft 03 | August 2010<br />
kommt zu dem Schluss: „Arbeitszeugnisse sind [...] besser <strong>als</strong><br />
ihr Ruf.“<br />
VORSICHT MIT GEHEIMCODES!<br />
Wie aber können Konflikte und Rechtsstreitigkeiten in Sachen<br />
Arbeitszeugnisse vermieden werden? Erfahrungsgemäß wird<br />
ein Großteil der Zeugniskonflikte dadurch verursacht, dass die<br />
spezifische Zeugnissprache nicht beachtet und mit Textbausteinen<br />
f<strong>als</strong>ch umgegangen wird. Zudem werden Zeugnisse oft<br />
ohne die nötige Sorgfalt geschrieben. Im Umkehrschluss heißt<br />
das: Bestimmte Grundsätze müssen bei der Zeugnisschreibung<br />
berücksichtigt werden.<br />
Einer der Grundsätze betrifft die in Fachpublikationen häufig<br />
zitierten Geheimcodes. Sie stammen überwiegend aus einer<br />
Liste, die bereits 1976 veröffentlicht wurde, und sollten nicht<br />
verwendet werden. Codes der Zeugnissprache weisen Aussagen<br />
andere Bedeutungen zu <strong>als</strong> aus dem Wortlaut ersichtlich ist. In<br />
der Regel handelt es sich um negative Beurteilungen „zwischen<br />
den Zeilen“. So wird zum Beispiel die harmlos klingende Aussage<br />
„Wir lernten ihn <strong>als</strong> umgänglichen Mitarbeiter kennen“ <strong>als</strong><br />
Hinweis auf einen unangenehmen Mitarbeiter verstanden.<br />
Arbeitnehmer fühlen sich durch derartig verdeckte Kritik zu<br />
Recht getäuscht. Die Verwendung solcher Codes ist gemäß §<br />
109 der Gewerbeordnung auch verboten. Darin heißt es: „Das<br />
Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine<br />
Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben,<br />
eine andere <strong>als</strong> aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut<br />
ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“<br />
SCHULNOTEN‑BEWERTUNGEN DURCH TEXT‑BAUSTE<strong>IN</strong>E<br />
In der Praxis hingegen durchgesetzt haben sich Textbausteine,<br />
die nach Schulnoten abgestuft sind. Fachliteratur und Zeugnis-<br />
Software beruhen heute überwiegend auf diesen Textbaustein-<br />
Systemen, die z.T. auch durch Gerichtsurteile bestätigt sind. Im<br />
Gegensatz zu den Codes weisen die Textbausteine Aussagen<br />
keine geheime Bedeutung zu, sondern werten positive Aussagen<br />
zusätzlich auf.<br />
Die Aufwertungstechnik wird für Bewertungen des Schulnotenbereichs<br />
1 (sehr gut) bis 3 (befriedigend) verwendet: Eine<br />
Aussage, wie „<strong>Ihr</strong>e Arbeitsergebnisse waren gut“ (Note 3) wird<br />
in einer guten Beurteilung durch Temporaladverbien (stets,<br />
jederzeit, immer) aufgewertet: „<strong>Ihr</strong>e Arbeitsergebnisse waren<br />
stets gut“ (Note 2). In einer sehr guten Beurteilung wird sie<br />
durch einen Superlativ oder ein Modaladverb weiter verstärkt:<br />
„<strong>Ihr</strong>e Arbeitsergebnisse waren stets sehr gut“ (Note 1).<br />
Personaler sollten allerdings vermeiden, mehrere Temporaladverbien<br />
und Superlative in einem Satz zu verwenden. Eine<br />
Beurteilung wie „Er war ein stets höchst engagierter, immer<br />
stark motivierter und äußerst einsatzfreudiger Mitarbeiter ...“<br />
wirkt nicht „sehr gut“, sondern übertrieben. Es reicht aus, z.B.<br />
zu schreiben: „Er war ein stets sehr engagierter, einsatzfreudiger<br />
und hoch motivierter Mitarbeiter ...“.<br />
Um einen Mitarbeiter kritisch zu beurteilen, kann ein knapp<br />
formuliertes „durchschnittliches“ Zeugnis (Note 3) auf Basis