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Willem J. Ouweneel: Die "Lehre der Brüder" - bruederbewegung.de

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WILLEM J. OUWENEEL: DIE »BRÜDER« UND IHRE LEHRE 8<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Stelle: »Ich wer<strong>de</strong> wohl kaum beschuldigt wer<strong>de</strong>n, die Theologie und <strong>de</strong>n Dogmatismus<br />

aufrechtzuerhalten. Ich betrachte sie mit Abscheu. (…) Für die meisten, die sich<br />

damit beschäftigen, ist die Theologie wie ein Chirurg, <strong><strong>de</strong>r</strong> seinen Freund seziert, anstatt<br />

ihn zu lieben. Aber Wahrheit, die nicht Christus ist, ist nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es als Dogma.« Was<br />

die protestantische Scholastik und die Aufklärungstheologie seiner Zeit betrifft, hatte er<br />

vollkommen Recht!<br />

Manche <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>« waren übrigens theologisch sehr gut bewan<strong><strong>de</strong>r</strong>t, und es<br />

hat auch immer »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>« gegeben – wenn auch nicht viele –, die die Gefahr <strong>de</strong>s Biblizismus<br />

und <strong>de</strong>s Irrationalismus erkannten und sich eine soli<strong>de</strong> Kenntnis <strong><strong>de</strong>r</strong> biblischen<br />

Grundsprachen sowie exegetischer und dogmatischer Werke aneigneten. Dennoch fehlt<br />

<strong>de</strong>n »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n« eine gediegene exegetische Tradition; beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t gibt<br />

es aus ihren Reihen herzlich wenig Vers-für-Vers-Bibelkommentare, die von <strong>de</strong>n Grundsprachen<br />

ausgehen und die exegetische Literatur kritisch berücksichtigen.<br />

Das Fehlen einer theologischen Ausbildung hat die Bibelkenntnis unter <strong>de</strong>n »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n«<br />

übrigens eher geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t als beeinträchtigt. So konnte nämlich nicht die Gefahr entstehen,<br />

dass die Schriftkenntnis auf eine Handvoll Professioneller beschränkt blieb. Außer<strong>de</strong>m<br />

– direkt damit verbun<strong>de</strong>n – weiß je<strong><strong>de</strong>r</strong> (junge) »Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>«, dass er eines Tages vom<br />

Herrn zur Wortverkündigung in <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeindlichen Zusammenkunft berufen wer<strong>de</strong>n<br />

könnte. <strong>Die</strong> Verkündigung ist ja nicht an Ämter gebun<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n an bestimmte Gaben<br />

(charismata) <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nstes am Wort, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong> offenbaren. <strong>Die</strong>ser für je<strong>de</strong>n<br />

begabten Bru<strong><strong>de</strong>r</strong> zugängliche »Laiendienst« ist ein starkes Motiv, um die Schrift gut zu<br />

studieren (abgesehen natürlich von <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Liebe zur Bibel, die für alle bibeltreuen<br />

Christen charakteristisch ist).<br />

6. Typologie<br />

<strong>Die</strong> »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>«-Auslegung beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> historischen Bücher <strong>de</strong>s Alten Testaments, aber<br />

auch z. B. <strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelien ist stark von <strong><strong>de</strong>r</strong> typologischen Herangehensweise geprägt. Einer<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten Ausleger unter <strong>de</strong>n »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n«, William Kelly, schrieb 1856 in The<br />

Bible Treasury: »Je<strong><strong>de</strong>r</strong> verständige Christ wird zustimmen, dass das Thema <strong><strong>de</strong>r</strong> Typen<br />

(Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong>) sehr interessant und wichtig ist. Es ist jedoch auffallend, dass viele davor zurückschrecken,<br />

als ob es ein verbotenes, gefährliches Gebiet wäre, in ständigen Nebel<br />

gehüllt, durch <strong>de</strong>n von Zeit zu Zeit nur mühsam einige Strahlen <strong>de</strong>s Sonnenscheins dringen<br />

…«<br />

In gewisser Hinsicht unterschei<strong>de</strong>t sich diese Typologie nicht so sehr von <strong>de</strong>m, was<br />

man die reformierte typologische Betrachtungsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> prophetischen Bücher nennen<br />

könnte, wo Israel z.B. typologisch für die neutestamentliche Gemein<strong>de</strong> steht. Während in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> reformierten Tradition die typologische Auslegung <strong><strong>de</strong>r</strong> historischen Bücher viel mehr<br />

im Hintergrund steht, haben die »Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>« ihrerseits die »wörtliche« Auslegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Prophetien<br />

(»Israel« ist das ethnische Israel) so stark betont, dass sie die typologische Auslegung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> prophetischen Bücher vernachlässigt haben. <strong>Die</strong> historische Typologie wird<br />

natürlich stark von <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunftslehre bestimmt: So ist Lea z. B. ein Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong> »himmlischen«<br />

Braut (<strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong>) und Rahel ein Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong> »irdischen« Braut Christi (Israel);<br />

Josef und David als Verfolgte sind Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Christus (verbun<strong>de</strong>n mit<br />

<strong>de</strong>m lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Überrest Israels während <strong><strong>de</strong>r</strong> »großen Drangsal«, nach <strong><strong>de</strong>r</strong> »Entrückung«<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong>), Josef und David als Erhöhte sind Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong> von Christus im tausendjährigen<br />

Frie<strong>de</strong>nsreich.<br />

<strong>Die</strong> Typologie hat insofern auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenzen für die Gemein<strong>de</strong>lehre, als<br />

Regeln für Gemein<strong>de</strong>leitung und -zucht mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Typologie stark auf die zeremoniellen<br />

Gesetze Moses gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Dass ein gewisses Maß an Willkür dabei nicht zu

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