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Hauteffloreszenzen bei Infektionskranklheiten, Teil II, H. Klinker, P ...

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<strong>Hauteffloreszenzen</strong> <strong>bei</strong> Infektionserkrankungen<br />

H. <strong>Klinker</strong> 1 , P. Langmann 1 , R. Gillitzer 2<br />

1 Medizinische Poliklinik, Standort Luitpoldkrankenhaus, Schwerpunkt<br />

Hepatologie/Infektiologie, Universität Würzburg<br />

2 Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Universität Würzburg<br />

<strong>Hauteffloreszenzen</strong> <strong>bei</strong> bakteriellen Erkrankungen,<br />

Dermatomykosen und Epizoonosen<br />

Einen Überblick über <strong>Hauteffloreszenzen</strong> <strong>bei</strong> bakteriellen Erkrankungen,<br />

Dermatomykosen und Epizoonosen gibt Tabelle 1.<br />

Erkrankung Hautmanifestation Ausbreitung Erreger<br />

Borreliose Erythema migrans (1), Einstichstelle (1),<br />

Acrodermatitis chronica Streckseiten der<br />

atrophicans (2)<br />

Extremitäten (2)<br />

Culicose juckende, urtikarielle Papeln juckende,<br />

urtikarielle Papeln<br />

Endokarditis Osler Knötchen Finger-<br />

/Zehenkuppen<br />

Erysipel schmerzhaftes, scharf lokalisiert<br />

begrenztes Erythem<br />

Erysipeloid rötlich-violette, schmerzhafte Eintrittsstelle<br />

Rötung<br />

(häufig Hande)<br />

Erythrasma flächiges, scharf begrenztes inguinal,axillär,<br />

Erythem mit diskreter submammär<br />

Schuppung<br />

Follikulitis Haar-assoziierte gelbliche lokalisiert, ggf.<br />

Pusteln<br />

multipel<br />

Impetigo Bläschen, größere Blasen, Gesicht,<br />

krustöse Läsionen<br />

Extremitäten<br />

Katzenkratzkrankheit Papel oder Pustel<br />

Lepra knotige Hautveränderungen,<br />

Papeln oder Makulae,<br />

depigmentierte Herde<br />

Lues <strong>II</strong><br />

kleinfleckiges,<br />

makulopapulöses Exanthem<br />

Lupus vulgaris rötlich-bräunliche Knötchen,<br />

ggf. ulzerierend<br />

Milzbrand (Haut-) Papel, dann Pustel mit<br />

schwärzlichem Schorf und<br />

Umgebungsreaktion<br />

Eintrittsstelle,<br />

Hautläsionen<br />

Streckseiten der<br />

Extremitäten,<br />

Stirn, Ohrmuschel<br />

u. a.<br />

Stamm,<br />

Extremitäten<br />

lokalisiert<br />

lokalisiert,<br />

Eintrittsstelle<br />

Borrelia burgdorferi, B. garinii, B.<br />

afzelii<br />

Mücken<br />

Mykobakteriosen kleine Papeln, Pusteln,<br />

(nicht tuberkulös) verruköse Läsionen,<br />

einschmelzende Lymphadenitis<br />

Pediculose stark juckende, flache Papeln v.a.behaarter Kopf Läuse<br />

Pulikose<br />

stark juckende, papulöse, teils<br />

urtikarielle Läsionen<br />

Streptokokken, Staphylokokken,<br />

Enterokokken u. a.<br />

ß-hämolysierende Streptokokken<br />

der Gruppe A<br />

Erysipelothrix rhusiopathiae<br />

Corynebacterium minutissimum<br />

Staphylococcus aureus<br />

Staphylococcus aureus, hämolysierende<br />

Streptokokken der<br />

Gruppe A<br />

Bartonella henselae<br />

Mykobacterium leprae<br />

Treponema pallidum<br />

Mykobacterium tuberculosis<br />

Bacillus anthracis<br />

lokalisiert Mycobakterium fortuitum,<br />

Mycobact. avium intracellulare,<br />

Mycobact. kansasii u. a.<br />

lokalisiert<br />

Flöhe<br />

1


Scharlach fein-makulös, groblamelläre<br />

Schuppung<br />

Schwimmbadgranulo entzündliche Papeln mit<br />

m<br />

verruköser Oberfläche<br />

Sepsis petechiale, auch makulöse<br />

Effloreszenzen, Nekrosen<br />

Skabies<br />

Milbengänge, an deren Ende<br />

punktfömige Parasiten<br />

Tinea<br />

Toxisches<br />

Schocksyndrom<br />

Thrombidiose<br />

konzentrische, rot schuppende<br />

Herde, zentrifugale Ausbreitung<br />

makulöses Exanthem,<br />

nachfolgende Desquamation<br />

Quaddeln, Seropapeln und oft<br />

begleitender Hämorrhagie<br />

disseminiert<br />

Ellenbogen,<br />

Finger, Knie<br />

v. a. untere<br />

Körperhälfte<br />

Finger-Zwischenräume,<br />

Genitalbereich,<br />

Axillen<br />

ß-hämolysierende Streptokokken<br />

der Gruppe A<br />

Mykobacterium marinum.<br />

Meningokokken u. a., diverse<br />

Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei)<br />

lokalisiert Trichophyton, Mikrosporum u. a.<br />

disseminiert Streptococcus pyogenes,<br />

Staphylococcus aureus<br />

v. a. Beine Trombidien (Laufmilben)<br />

Bakterielle Erkrankungen<br />

Scharlach<br />

Ausgelöst wird die Erkrankung durch das ►erythrogene Toxin ß-hämolysierender<br />

Streptokokken der Gruppe A. Die Übertragung der Streptokokken erfolgt durch<br />

Tröpfcheninfektion. Da es 5 verschiedene Serotypen gibt, kann Scharlach wiederholt<br />

auftreten. Die Fähigkeit zur Toxinbildung ist auf labilen DNA-Elementen der<br />

Streptokokken kodiert, sodass diese Fähigkeit verloren gehen oder auf andere<br />

Stämme übertragen werden kann (9). Als typische Kinderkrankheit (Auftreten<br />

zwischen 3 und 10 Jahren) tritt das Krankheitsbild meist in Zusammenhang mit einer<br />

Streptokokkenangina auf, selten nach einer Streptokokkeninfektion anderer<br />

Lokalisation (Wundscharlach).<br />

Nach einer Inkubationszeit von 3 bis 5 Tagen treten plötzlich hohes Fieber,<br />

Schluckbeschwerden sowie ein schweres allgemeines Krankheitsgefühl auf. Es<br />

findet sich eine Pharyngitis mit diffuser Rötung und Petechien, die Tonsillen sind<br />

geschwollen, meist hochrot, mit Stippchen belegt, die Kieferlymphknoten<br />

schmerzhaft geschwollen. Das ►Exanthem folgt 12 - 48 Stunden nach<br />

Fieberbeginn. Es entwickelt sich in den großen Beugen (axillär, inguinal)<br />

stecknadelkopfgroß bis feinfleckig, überzieht das gesamte Integument, wo<strong>bei</strong> es<br />

typischerweise die Mundpartie ausspart (periorale Blässe). Beim Betasten vermittelt<br />

es einen samtartigen Eindruck. Die Zunge ist weißlich belegt und zeigt am 3. – 4.<br />

Krankheitstag die typische Erdbeer- oder ►Himbeerzunge mit den ödematösen,<br />

prominenten, hochrot glänzenden Papillen. Am Ende der ersten Krankheitswoche<br />

sind Exanthem und Tonsillopharyngitis rückläufig, wo<strong>bei</strong> gleichzeitig eine<br />

►Desquamation einsetzt, die im Gesicht und am Stamm kleieförmig und<br />

palmoplantar ausgeprägt groblamellär verläuft. Die Schuppung kann unabhängig von<br />

einem vorausgegangenen Exanthem auftreten, was differentialdiagnostisch<br />

irreführend sein kann.<br />

Komplikationen sind akute bakterielle Infektionen (v.a. Otitis media, septische<br />

Arthritis, Myokarditis), sowie in 3% - 4% immunologisch bedingte Folgeerkrankungen<br />

wie rheumatisches Fieber oder Glomerulonephritis.<br />

2


Klinisch sind Fieber, Tonsillopharyngitis und ein kleinpapullöses, in den großen<br />

Beugen beginnendes Exanthem die wesentlichen Leitsymptome. Gesichert wird die<br />

Diagnose durch den Nachweis ß-hämolysierender Streptokokken im<br />

Tonsillenabstrich in Kultur (Ergebnis nach 24-48 Stunden) oder Schnelltest. Der<br />

Antistreptolysin-Titer steigt im Verlauf der Erkrankung. Nach 3-4 Wochen sollte eine<br />

Urinuntersuchung zum Ausschluß einer Glomerulonephritis durchgeführt werden.<br />

Differenzialdiagnosen umfassen das Kawasaki-Syndrom, das streptogene toxische<br />

Schocksyndrom, die infektiöse Mononukleose, sowie andere virale (Coxsackie,<br />

Adeno-, Masernviren), oder medikamentöse Exantheme.<br />

Die ►frühzeitige Antibiotikagabe kürzt den Krankheitsverlauf ab und verhindert<br />

Komplikationen. Antibiotikum der Wahl ist unverändert Penicillin, z.B. Penicillin V 3 x<br />

1,2 – 2,4 Mio.IE p.o. für 10 Tage. Bei engen Kontaktpersonen soll eine<br />

Umgebungsprophylaxe durchgeführt werden. Erkrankte gelten ab dem 2. Tag nach<br />

Beginn einer wirksamen Behandlung , ohne Antibiotikatherapie frühestens nach 3<br />

Wochen als nicht mehr infektiös.<br />

Toxisches Schocksyndrom<br />

Die Erstbeschreibung des Toxischen Schocksyndroms (TSS) als Krankheitsentität<br />

erfolgte <strong>bei</strong> jungen Frauen in Verbindung mit der Verwendung von Tampons (15).<br />

Inzwischen tritt es vermehrt im Rahmen anderer Eintrittspforten wie z.B. kutaner<br />

Abszesse, Wundinfektionen oder OP-Wunden auf (9).<br />

Der fulminante Krankheitsverlauf beruht auf der Produktion von ►Exotoxinen durch<br />

Staphylokokken der Phagengruppe I (Toxisches Schocksyndrom I Toxin) oder <strong>bei</strong><br />

nicht-menstruell assoziierten Formen Staphylokokken-Enterotoxinen B und C.<br />

►Leitsymptome eines Toxischen Schocksyndroms sind hohes Fieber, ein<br />

generalisiertes makulöses Exanthem, arterielle Hypotension, eine<br />

Multiorganbeteiligung sowie eine charakteristische Desquamation vor allem im<br />

Bereich der Hände und Füße während der Rekonvaleszenz in der zweiten<br />

Krankheitswoche (12).<br />

Ein Toxisches Schocksyndrom kann weiterhin auch von Streptokokken ausgelöst<br />

werden. Das streptogene Toxische Schocksyndrom zeigt einen Häufigkeitsgipfel im<br />

mittleren Lebensalter (20 - 50 Jahre), wo<strong>bei</strong> Patienten mit anderen<br />

Grunderkrankungen z.B. Diabetes mellitus, <strong>bei</strong> Wundheilungsstörungen oder nach<br />

Virusinfektionen, besonders gefährdet sind.<br />

Das hauptsächlich ► von Streptokokken der Gruppe A produzierte Toxin bewirkt<br />

durch die massive Freisetzung von Zytokinen (TNFα, IL1b, IL6) ein hochtoxisches<br />

Krankheitsbild mit Multiorganversagen.<br />

Bei vielen Patienten findet sich ebenfalls begleitend ► ein generalisiertes,<br />

makulöses Exanthem mit nachfolgender Desquamation, was neben den<br />

geschilderten systemischen Manifestationen diagnostisch richtungsweisend sein<br />

kann.<br />

Bei bestehendem Verdacht auf ein Toxisches Schocksyndrom können Abstriche<br />

auch von primär "unverdächtigen" oberflächlichen Hautläsionen, den Nasenvorhöfen,<br />

der Vagina, in Achselfalten und der Leistenregion für die Erregerdiagnostik<br />

entscheidend sein und sollten deshalb großzügig durchgeführt werden.<br />

3


Bei bis zu 60% der Patienten mit TSS lassen sich die entsprechenden Bakterien in<br />

der Blutkultur kulturell nachweisen.<br />

Neben einer evtl. Herdsanierung wird die ► antibiotische Therapie mit β-<br />

Laktamase-stabilen Penicillinen empfohlen. Alternativ kann die systemische<br />

Antibiose mit Clindamycin, Erythromycin, Vancomycin oder Teicoplanin erfolgen.<br />

Endocarditis<br />

Die Häufigkeit einer bakteriellen Endokarditis liegt <strong>bei</strong> 1-10 Fällen pro 100.000<br />

Einwohner jährlich, wo<strong>bei</strong> die Überlebenswahrscheinlichkeit nach 8 Jahren ca. 60%<br />

beträgt und im wesentlichen von einer frühen Diagnosestellung, Fehlen anderer<br />

schwerwiegender Begleiterkrankungen und dem Erregerspektrum abhängt.<br />

Die ► Klinik der Endokarditis umfasst als häufigstes Symptom Fieber (14), weiterhin<br />

Gewichtsverlust, thromboembolische Komplikationen (periphere Gefäßverschlüsse<br />

der Extremitäten, Schlaganfall, Zentralarterienverschluß mit Sehstörungen), und<br />

Immunphänomene (Glomerulonephritis, rheumatische Beschwerden). An der Haut<br />

können gering erhabene, purpurrote <strong>Hauteffloreszenzen</strong> von 2-5 mm Durchmesser<br />

auftreten und diagnostisch wegweisend sein ► (Osler Knötchen).<br />

Prädilektionsstellen für diese Veränderungen sind die Finger- und Zehenkuppen.<br />

Seltener treten septisch metastatische Herde (Nieren-, Milz-, Hirnabszesse) oder<br />

hämorrhagische Komplikationen (rupturiertes Aortenaneurysma) auf. In akuten Fällen<br />

steht die Sepsis und/oder die akute Herzinsuffizienz infolge Klappendysfunktion und -<br />

destruktion im Vordergrund. Laborchemisch finden sich neben einer BSG-<br />

Beschleunigung eine Anämie sowie Zeichen einer Akut-Phase-Reaktion<br />

(Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP). Die wichtigsten Symptome sind in<br />

Tabelle 2 zusammengefasst.<br />

Symptom Häufigkeit (%)<br />

Fieber 90<br />

Schüttelfrost 40<br />

Nachtschweiß 25<br />

Gewichtsabnahme 25<br />

Husten 25<br />

Kopfschmerz 20<br />

Arthralgien/Myalgien 15<br />

Herzgeräusche 85<br />

Hautmanifestationen 20-50<br />

Embolische Phänomene > 50<br />

Osler-Knötchen 10-20<br />

Petechien 20-40<br />

Splenomegalie 20-60<br />

Tabelle 2<br />

Diagnostisch entscheidend ist neben der ►Echokardiographie die Abnahme von<br />

mindestens 4-6 ►Blutkulturen vor Beginn der antibiotischen Therapie. Bestimmte<br />

Bakteriämieerreger müssen per se den Verdacht auf eine Endokarditis lenken und<br />

Indikation für eine Abklärung in der Regel mittels transösophaealer<br />

Echokardiographie sein. Dazu gehören vergrünende Streptokokken, Streptococcus<br />

4


ovis, Staphylococcus aureus, Enterokokken (<strong>bei</strong> nicht erkennbarem Fokus),<br />

Haemophilus, Actinobacillus, Cardiobacterium, Eikenella, Kingella (= HACEK)<br />

Die Behandlung erfolgt mit einem ß-Laktam-Antibiotikum bzw. Glykopeptid in<br />

Kombination mit einem Aminoglykosid (z. B. Penicillin G 4-6 Wochen + Gentamicin<br />

2 Wochen). Die Notwendigkeit zur Klappenersatzoperation ist individuell abhängig<br />

von der Größe der Vegetationen und dem Grad der Klappeninsuffizienz (4).<br />

Sepsis<br />

Eine Sepsis als schwere Allgemeinreaktion wird durch Bakterien oder ihre<br />

Bestandteile (gramnegative Keime: Lipopolysacharide, Endotoxin; grampositive<br />

Bakterien Peptidoglykan, Lipoteichonsäure, Exotoxine) ausgelöst und führt zu einer<br />

►Freisetzung endogener Mediatoren (TNF-α, IL-1) mit dem klinischen Bild eines<br />

„systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS) bis zum septischen Schock.<br />

Auslöser können Primärherde wie Abszesse, Pneumonie, Venenkatheter,<br />

Harnwegsinfektionen, sekundäre Streuherde oder nichtinfektiöse Ursachen wie z.B.<br />

Pankreatitis oder Polytraumata sein.<br />

Die Kenntnis der Eintrittspforte erlaubt Hinweise auf die Erregerart. ►Häufigste<br />

Erreger einer bakteriellen Sepsis sind E. coli, Staphylokoccus aureus, Koagulasenegative<br />

Staphylokokken, Enterokokken, Streptokokken, Enterobacter,<br />

Pseudomonas aeruginosa und Klebsiella (5).<br />

Die Klinik wird bestimmt durch Schüttelfrost, hohes Fieber oder Hypothermie. Initial<br />

ist die Kreislaufsituation hyperdynam, dann kommt es zu Zentralisation,<br />

Blutdruckabfall, Tachykardie und Tachypnoe. Laborchemisch finden sich eine<br />

Leukozytose oder Leukopenie mit Linksverschiebung im Differentialblutbild (>10%<br />

Stabkernige), CRP- und oft auch ein Lactat-Anstieg. Bei Verbrauchskoagulopathie<br />

zeigt sich ein Abfall von Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren, <strong>bei</strong> Organversagen<br />

der Anstieg von Kreatinin, Transaminasen und Bilirubin.<br />

An der ►Haut entstehen insbesondere <strong>bei</strong> Meningokokkensepsis disseminierte<br />

petechiale, auch makulöse Effloreszenzen mit Betonung der unteren Körperhälfte.<br />

Nekrotische Ulzerationen sind gelegentlich <strong>bei</strong> Septikämie durch Pseudomonaden<br />

oder Stenotrophomonas maltophilia zu beobachten.<br />

Die Klinik eines septischen Krankheitsbildes erfordert zum Erregernachweis vor<br />

Beginn der Antibiotikatherapie die ►Asservierung von Blutkulturen und, je nach<br />

vermutetem Infektionsherd, die mikrobiologische Untersuchung von Sputum, Urin,<br />

Wundabstrich, Abszesspunktat, Katheterspitze oder Stuhlprobe. Eine Fokussuche ist<br />

unerlässlich.<br />

Die ►systemische Antibiotikatherapie erfolgt sofort nach Materialentnahme und<br />

richtet sich nach dem vermuten Infektionsherd, dem Erregerspektrum (ambulant,<br />

nosokomial) und sollte initial ein maximal breites Erregerspektrum treffen.<br />

Bei Patienten mit Antibiotikavorbehandlung sollte eine pseudomonaswirksame<br />

Substanz (Ceftazidim, Ciprofloxacin, Carbapeneme) und evtl. ein Antimykotikum<br />

zugegeben werden.<br />

Neben intensivmedizinischer Stabilisierung und Optimierung vitaler Funktionen ist die<br />

Sanierung der Eintrittspforte entscheidend für die Prognose.<br />

5


Erysipel<br />

Ein Erysipel stellt eine ►Entzündung des subepidermalen Hautgewebes durch ß-<br />

hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, seltener der Gruppen C und G, oder<br />

Staphylococcus aureus dar. Eintrittspforten sind Miniläsionen (z. B. Tinea pedum),<br />

wo<strong>bei</strong> sich die Erreger über Lymphspalten in der Dermis ausbreiten.<br />

Klinisch imponiert ein ►schmerzhaftes, scharf begrenztes Erythem („flammende<br />

Rötung“) mit zunehmender Schwellung, verbunden mit Krankheitsgefühl,<br />

►Schüttelfrost und Fieber. Im weiteren Verlauf können Bläschen bis hin zu<br />

Nekrosen auftreten. Laborchemisch findet sich eine massiv beschleunigte<br />

Blutsenkung, eine CRP-Erhöhung sowie eine Leukozytose. Unbehandelt breitet sich<br />

die Entzündung flächig aus und kann zur Sepsis führen. Ein Problem stellt eine<br />

Persistenz der Erreger im Gewebe dar, die nach Wochen oder Monaten zu einem<br />

endogenen Rezidiv (rezidivierendes Erysipel) führen kann.<br />

Die Diagnose ist <strong>bei</strong> typischem klinischen Bild einfach zu stellen. Serologisch zeigen<br />

sich erhöhte Antikörper gegen Streptolysin oder Streptodornase (A-Streptokokken)<br />

und zunehmend Antikörper gegen Staphylokokkenprodukte.<br />

►Differenzialdiagnostisch ist an eine Phlegmone zu denken, die eine Entzündung<br />

des subkutanen Gewebes darstellt. Die Begrenzung ist eher unregelmäßig. Erreger<br />

sind Staphylokokken oder ß-hämolysierende Streptokokken, nach Tierbissen<br />

Pasteurella multocida, nosokomial auch Enterobakterien oder Pseudomonaden.<br />

Von einem Erysipel abzugrenzen ist ferner die nekrotisierende Fasziitis, eine rasch<br />

progrediente, mit heftigen Schmerzen, starker Rötung und Schwellung<br />

einhergehende, später dunkelrote oder blaugraue Hautverfärbung mit Bildung von<br />

Nekrosen zusammen mit einem septischen Krankheitsbild und Multiorganversagen.<br />

Als Fourniersche Gangrän wird die Infektion des männlichen Genitales mit Gangrän<br />

des Scrotums und des Dammes bezeichnet. Erreger der nekrotisierenden Fasziitis<br />

sind ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptokokkengangrän Typ I),<br />

seltener eine Mischinfektion mit Anaerobiern und Enterobakterien (Typ <strong>II</strong> z.B. nach<br />

bauchchirurgischen Eingriffen). Eine unverzügliche chirugische Intervention ist neben<br />

der Antibiotikagabe unbedingt erforderlich.<br />

Die Therapie eines Erysipels besteht in der Gabe von Penicillin G ( 3-mal 10 Mio IE)<br />

für 10 bis 14 Tage i.v., alternativ Erythromycin (3-mal 1g i.v.) oder Cephalosporine<br />

der 1. oder 2. Generation (Cefazolin, Cefuroxim). Zusätzlich ist eine Sanierung<br />

erkennbarer Eintrittspforten erforderlich.<br />

Erysipeloid<br />

Erreger des Erysipeloids, einer klinisch dem Erysipel nicht unähnlichen Hautinfektion,<br />

ist ►Erysipelothrix rhusiopathiae, ein grampositives Stäbchenbakterium. Das<br />

Hauptreservoir des Erregers stellen ►Geflügel und Schweine dar. Die<br />

Übertragung erfolgt meistens im Rahmen beruflicher Exposition über kleine<br />

Hautverletzungen durch direkten Kontakt.<br />

6


An der Eintrittsstelle der Bakterien bildet sich eine rötlich-violette, schmerzhafte<br />

Rötung, die sich allmählich zentrifugal ausbreitet. Begleitend kommt es zu<br />

Lymphadenitis und Fieber.<br />

Die Erregerdiagnose kann aus Hautbiopsien und Blutkulturen gestellt werden. Selten<br />

können Endokarditiden auftreten (1). Die Therapie des Erysipeloids erfolgt mit<br />

Penicillin, <strong>bei</strong> Penicillinallergie können Chinolone eingesetzt werden.<br />

Follikulitis, Furunkel, Karbunkel<br />

Die ►staphylogene Infektion der Haarfollikel kann oberflächlich oder tief,<br />

abszedierend sein. Bei oberflächlicher Infektion im cranialen <strong>Teil</strong> des Haarfollikels<br />

bzw. im Bereich der Haaraustrittstelle kommt es zur Follikulitis mit dem typischen Bild<br />

einzelner bis multipler kleiner Haar-assoziierter gelblicher Pusteln, die <strong>bei</strong> geringer<br />

mechanischer Irritation kleine Mengen Pus entleeren.<br />

Bei tieferliegender Infektion des Haarbalges ohne Möglichkeit der Spontanentleerung<br />

kommt es zur ►Furunkelbildung, die sich meist durch einen zunehmend<br />

schmerzhaften, roten Knoten mit Randödem und gelegentlich zentral nachweisbarer<br />

Pore manifestiert. Durch zunehmende zentrale Einschmelzung unter teilweiser<br />

Einbeziehung angrenzender Follikel kommt es zu Fluktuation und letztendlich mit<br />

weiterer Einschmelzung des oberflächlichen Gewebes zur Spontanruptur und<br />

Entleerung.<br />

Die schwerste Verlaufsform des Furunkels mit Befall multipler Follikel und<br />

phlegmonöser Ausbreitung ist der ►Karbunkel. Dieser zeigt multiple<br />

Einschmelzungen mit gruppierten Pusteln, die ohne Behandlung zu größeren<br />

nekrotischen Arealen konfluieren. Follikulitiden, Furunkel und Karbunkel sind<br />

aufgrund der Eintrittspforte Haar auf behaarte Körperpartien beschränkt.<br />

Sonderformen eines Furunkels sind z.B. das Gerstenkorn (Hordeolum) durch<br />

staphylogenen Befall der Wimpernhaare.<br />

Die Diagnose erfolgt klinisch, ein Erregernachweis ist nur in schweren oder<br />

rezidivierenden Fällen notwendig.<br />

Die Therapie des Furunkels erfolgt lokal mittels ►Inzision. Bei drohenden<br />

Komplikationen (Phlegmone, Sepsis, Furunkel im Oberlippen-Nasen-Bereich mit der<br />

Gefahr einer Sinus-cavernosus-Thrombose, - cave mechanische Manipulationen im<br />

Gesichtsbereich!) oder multiplen Furunkeln oder Karbunkeln erfolgt die antibiotische<br />

Abdeckung mit Flucloxacillin oder Clindamycin. Bei rezidivierender Furunkulose ist<br />

eine Therapie für 1-2 Monate notwendig, daneben die Diagnostik prädisponierender<br />

Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus).<br />

Im Gegensatz zu obigen Follikel-assoziierten Entzündungen ist der Begriff<br />

►Abszess ein allgemeiner Oberbegriff und beschreibt eine nekrotisierende,<br />

einschmelzende Entzündung unter Bildung eines Eiter gefüllten Hohlraums, der im<br />

Prinzip in allen Organen entstehen kann.<br />

Abszesse entstehen posttraumatisch, hämatogen oder als fortgeleitete<br />

Weichteilinfektion. Typischer Erreger ist Staphylokokkus aureus.<br />

Klinisch finden sich eine lokale Rötung, Schwellung, Schmerzen, eine Überwärmung,<br />

später eine Fluktuation, Lymphangitis, Lymphadenitis, oft mit Fieber und<br />

Leukozytose.<br />

7


Die Diagnose eines Abszesses wird, soweit einsehbar, klinisch gestellt, <strong>bei</strong> tieferen<br />

Prozessen kann je nach Lokalisation eine Bildgebung mittels Sonographie,<br />

Computertomographie oder auch Magnetresonanztomographie notwendig sein. Der<br />

mikrobiologische Erregernachweis erfolgt nach Inzision oder Punktion.<br />

Therapeutisch vordringlich ist die chirurgische Inzision und Drainage. Bei<br />

ausgedehnter Weichteilinfiltration erfolgt die Gabe von Antibiotika wie Flucloxacillin,<br />

Clindamycin oder Cephalosporin (Cefazolin, Cefuroxim, Cefotiam) zur Verhinderung<br />

einer septischen Streuung.<br />

Impetigo<br />

Als Impetigo wird eine oberflächliche bakterielle Hautinfektion unter Bildung von<br />

Bläschen, die bis zu größeren Blasen konfluieren und im späteren Verlauf zu<br />

►krustösen Läsionen führen, bezeichnet. Durch ►Autoinokulation wird die<br />

Infektion oft über größere Hautareale verbreitet. Hauptsächlich sind Kinder betroffen.<br />

Erreger sind Staphylococcus aureus und hämolysierende Streptokokken der Gruppe<br />

A, oft als Mischinfektion. Infektiosität besteht bis zur Abheilung der letzten<br />

Effloreszenz. Eine Wiederzulassung zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen<br />

kann 24 h nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie erfolgen, ohne Therapie<br />

nach Abheilung der befallenen Hautbezirke.<br />

Typisch sind vorwiegend im Gesicht und an den Extremitäten lokalisierte, häufig<br />

beetartige kleine Bläschen und Pusteln, nach deren Austrocknen dicke gelb-braune<br />

Krusten entstehen („Borkenflechte“).<br />

Diagnostisch wegweisend ist die typische Morphologie <strong>bei</strong> positivem<br />

Erregernachweis im Abstrichpräparat.<br />

Die Therapie erfolgt <strong>bei</strong> leichtem Verlauf lokal mit ►antiseptischen Maßnahmen in<br />

Form von feuchten Umschlägen mit Chinosollösung oder PVP-Jod-Lösung,<br />

Fusidinsäure oder Mupirocin, <strong>bei</strong> schwerem Befall oral mit einem Makrolid-<br />

Antibiotikum oder Cephalosporin der 1. Generation; <strong>bei</strong> Nachweis von<br />

Staphylokokken wird Flucloxacillin verabreicht.<br />

Katzenkratzkrankheit<br />

Haupterreger der Katzenkratzkrankheit ist ►Bartonella henselae, eindeutig ist die<br />

Ätiologie des Syndroms allerdings bislang nicht geklärt (10).<br />

Die weltweit vorkommende Erkrankung wird ►durch Katzen übertragen, die<br />

offensichtlich eine symptomlose Bakteriämie aufweisen können. Die Inokulation<br />

erfolgt über Kratzverletzungen oder vorbestehende Hautläsionen (Wunden,<br />

Rhagaden).<br />

Zunächst entsteht an der Eintrittsstelle eine ►Papel oder Pustel. Bei einem <strong>Teil</strong> der<br />

Patienten kommt es zum Auftreten von Allgemeinsymptomen in Form von Müdigkeit,<br />

Kopfschmerzen und Fieber. Nach ca. zwei Wochen entsteht eine ►regionale<br />

Lymphadenopathie, die eitrig einschmelzen kann. Während die Primärlaäsion über<br />

etwa 1-3 Wochen besteht, bildet sich die Lymphknotenschwellung nach 2-4 Monaten<br />

zurück.<br />

Die Diagnose kann anhand der Anamnese und des klinischen Befundes gestellt<br />

werden. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch oder immunzytochemisch aus<br />

8


Lymphknotengewebe. Darüberhinaus können mittels Immunfluoreszenztest und<br />

Enzymimmunoassay Antikörper nachgewiesen werden.<br />

In der Regel ist der Verlauf der Erkrankung milde und bedarf keiner Therapie. Nur <strong>bei</strong><br />

schweren Verläufen wird antibiotisch mit Makroliden oder Doxycyclin behandelt.<br />

Erythrasma<br />

Das Erythrasma ist eine oberflächliche Dermatitis in Form eines flächigen, scharf<br />

begrenzten Erythems mit diskreter Schuppung dar. Die häufigsten Lokalisationen<br />

dieser ►intertriginösen Infektion sind inguinal und axillär, gelegentlich<br />

submammär. Prädisponierend sind ein feucht-warmes Milieu, besonders betroffen<br />

sind deshalb Patienten mit Adipositas, Hyperhidrosis oder Diabetes mellitus.<br />

Differentialdiagnostisch ist eine Verwechselung mit Dermatomykosen oder auch<br />

einer intertriginösen Psoriasis möglich.<br />

Der Erreger des Erythrasmas ist Corynebacterium minutissimum. Das Bakterium ist<br />

Bestandteil der normalen Hautflora, führt jedoch unter o. g. Bedingungen zum Bild<br />

des Erythrasmas.<br />

Therapeutisch im Vordergrund steht die Beseitigung der Milieufaktoren, daneben<br />

werden austrocknende oder antiseptisch/antimykotische (Azole) Externa verwendet.<br />

Borreliose<br />

Der Erreger der Lyme-Disease in Nordamerika ist überwiegend Borrelia burgdorferi<br />

(Erstbeschreibung durch W. Burgdorfer 1982(2)), während in Europa und Asien B.<br />

garinii und B afzelii überwiegen. Dies bedingt die differenten regionalen<br />

Verlaufsformen der Erkrankung.<br />

Nach Übertragung der Borrelien durch einen ►Zeckenbiss erfolgt zunächst eine<br />

lokale Vermehrung der Erreger, die <strong>bei</strong> 40%-60% der Patienten als ►Erythema<br />

migrans (Stadium I) sichtbar wird. Bei 15% der unbehandelten Patienten entwickeln<br />

sich Allgemeinsymptome mit Fieber, Kopfschmerzen, Nackensteife und Zeichen<br />

einer Encephalitis. Die Erreger breiten sich im weiteren Verlauf hämatogen und<br />

lymphogen aus. 5% der Patienten ohne Behandlung können eine ►chronische<br />

Neuroborreliose (Stadium <strong>II</strong>) entwickeln. Eine ►kardiale Mitbeteiligung im<br />

Stadium <strong>II</strong> der Erkrankung manifestiert sich meist als Rhythmusstörung, gelegentlich<br />

in Form einer Myoperikarditis oder einer leichtgradigen linksventrikulären Dysfunktion<br />

<strong>bei</strong> 5% der Patienten.<br />

Ungefähr 60% der Patienten ohne Therapie weisen Im Stadium <strong>II</strong>I eine<br />

Gelenkbeteiligung auf, die als ►Arthritis <strong>bei</strong> bis zu 10% der Patienten trotz einer 30<br />

tägigen Antibiotikatherapie persistiert. Diese Patienten weisen als Hinweis auf eine<br />

gesteigerte Immunreaktion eine höhere Konzentration spezifischer, gegen das outersurface-protein<br />

A von Borrelia burgdorferi (OaspA) gerichteter T-Zellen der Synovia<br />

auf. Als weitere, typische Manifestation im Stadium <strong>II</strong>I gilt die Acrodermatitis<br />

chronica atrophicans.<br />

Die typischen klinischen Manifestationen im Verlauf der Borrelieninfektion sind in<br />

Tab. 3 dargestellt:<br />

9


Stadieneinteilung<br />

Zeitraum nach<br />

Zeckenbiss<br />

Stadium I Tage bis<br />

Wochen<br />

Stadium <strong>II</strong> Wochen bis<br />

Monate<br />

Stadium <strong>II</strong>I Monate bis<br />

Jahre<br />

Tabelle 3<br />

Klinisches Bild Seropositivität<br />

(%)<br />

Therapie<br />

- Erythema migrans 20 – 50% Doxycyclin 2x100<br />

mg/d<br />

oder<br />

Amoxicillin 3x500<br />

- Neuroborreliose<br />

(Meningitis,<br />

Meningoenzephaliti<br />

s,<br />

Meningoradikulitis)<br />

- Karditis<br />

- Arthritis<br />

- Akrodermatitis<br />

chronica<br />

atrophicans<br />

- chronische<br />

Neuroborreliose<br />

(Enzephalopathie,<br />

Polyneuropathie)<br />

mg/d<br />

70 – 90% <strong>bei</strong> leichten Verläufen:<br />

wie oben, ansonsten:<br />

Ceftriaxon 1x2g/d<br />

oder<br />

3x2g/d<br />

Cefotaxim<br />

90 – 100% Ceftriaxon 1x2g/d<br />

oder Cefotaxim<br />

3x2g/d<br />

Die Diagnostik stützt sich auf den ►Antikörpernachweis. Bei einer akuten<br />

Erkrankung (unter einem Monat Dauer) sollen IgM und IgG im Serum zur<br />

Differenzierung einer akuten oder chronischen Phase bestimmt werden. Ein positiver<br />

Westernblot für IgM wird <strong>bei</strong> mindestens 2 der 3 Banden gegen 23, 39 und 41 kd<br />

angenommen, positive IgG-Antikörper sind <strong>bei</strong>m Nachweis von mindestens 5 der 10<br />

Banden (18, 23, 28, 30, 39, 41, 45, 58, 66, 93) vorhanden.<br />

Basierend auf Leitlinen der Infectious Diseases Society of America können folgende<br />

►Empfehlungen für die Therapie Erwachsener gegeben werden:<br />

Bei früher Infektion (lokal oder disseminiert) erfolgt die antibiotische Behandlung mit<br />

Doxycyclin, 100 mg (2mal /Tag) für 14 Tage oder Amoxicillin, 500 mg (3mal / Tag) für<br />

14 Tage, im Falle einer neurologischen Manifestation (Stadium <strong>II</strong>) und im Stadium <strong>II</strong>I<br />

wird mit Ceftriaxone, 2g i.v. (1x /Tag) für 14 – 21 Tage oder Cefotaxim, 2g i.v. ( 3x/<br />

Tag) für 14 – 21 Tage behandelt.<br />

Lues<br />

Der Erreger der Lues, Treponema pallidum, wird durch engen Kontakt, in der Regel<br />

venerisch, selten durch Bluttransfusion oder diaplazentar übertragen. Die<br />

Treponemen durchdringen die intakte Schleimhaut, vermehren sich an der<br />

Eintrittspforte, und befallen regionale Lymphknoten. Die Erkrankung verläuft in 3<br />

Stadien:<br />

10


Primärstadium (lokale Infektion)<br />

An der Eintrittsstelle bilden sich nach 3 Wochen kleine schmerzlose Papeln, die sich<br />

zu derben Geschwüren (harter Schanker, Ulcus durum) weiterentwickeln können,<br />

zusätzlich besteht eine lokale Lymphknotenschwellung ► (Primärkomplex). Nach 3-<br />

6 Wochen kommt es zur Abheilung unter Narbenbildung.<br />

Die Differentialdiagnose umfasst überwiegend andere sexuell übertragbare<br />

Erkrankungen wie das Granuloma inguinale, das Ulcus molle oder den Herpes<br />

simplex genitalis.<br />

Sekundärstadium (Disseminationsstadium)<br />

Hier besteht zu Beginn häufig eine Allgemeinsymptomatik mit Fieber,<br />

Krankheitsgefühl, Myalgien und Arthalgien. Über 75% der Patienten entwickeln einen<br />

symmetrisch angeordneten, kleinfleckigen, makulopapulösen Hautausschlag ►<br />

(Syphilide), besonders am Stamm und den Extremitäten. Die Hautveränderungen<br />

zeigen eine große Formenvielfalt („Chamäleon“) mit einem Spektrum von makulösen<br />

Syphiliden bis hin zu ulzerösen Läsionen, die allesamt erregerreich sind. Im<br />

Gegensatz zu anderen exanthematischen Erkrankungen finden sich diese<br />

Veränderungen typischerweise auch an den Handinnenflächen und Fußsohlen. Im<br />

Anogenitalbereich treten nässende ► Condylomata lata auf. Diese Effloreszenzen<br />

sind hochkontagiös.<br />

Differentialdiagnostisch ist in diesem Stadium an Virus- oder Arzneimittelexantheme<br />

zu denken, die Zuordnung ist rein klinisch allerdings oft schwierig.<br />

Tertiärstadium (Organmanifestationen)<br />

Bei bis zu 30% der unbehandelten Patienten kommt es nach einem symptomfreien<br />

Intervall von 3 - 30 Jahren zu Manifestationen in vielen Organen. Im Bereich der Haut<br />

treten braunrote, derbe, erhabene Knoten mit Tendenz zu Ulzeration und<br />

Narbenbildung auf. Derartige ► Gummata können sich in allen Organen entwickeln.<br />

Neben den beschriebenen Hautveränderungen manifestiert sich die Lues im<br />

Tertiärstadium als ► Neurosyphilis (Gummata, Tabes dorsalis oder Progressive<br />

Paralyse) und auch als ►kardiovaskuläre Syphilis (Medianekrose,<br />

Aneurysmabildung, in den meisten Fällen im Bereich der Aorta ascendens).<br />

Die ►Diagnose kann im Primärstadium (Ulcus durum) und z. T. im<br />

Sekundärstadium durch den Direktnachweis von Treponemen im Exsudat gestellt<br />

werden.<br />

Als serologischer Suchtest ist der Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest<br />

(TPHA) etabliert. Die unspezifische Cardiolipin-Reaktion (VDRL ) wird erst in der<br />

zweiten Phase der Primärsyphilis positiv, im Spätstadium ist sie meist negativ. Die<br />

Bestätigung erfolgt mittels indirekter Immunfluoreszenztechnik (FTA-ABS-Test) zum<br />

Nachweis Treponemen-spezifischer IgG- und IgM-Antikörper. IgM-Antikörper sind 3-<br />

24 Monate nach Behandlungsende nicht mehr nachweisbar, während IgG-Antikörper<br />

lebenslang bestehenbleiben (Seronarbe).<br />

Bei Diagnosestellung einer Lues sollte immer auch an die Möglichkeit des Bestehens<br />

anderer sexuell übertragbarer Krankheiten, z.B. auch HIV-Infektion (11) oder<br />

Hepatitis B, gedacht und die serologische Untersuchung auf diese Erkrankungen<br />

ausgedehnt werden!<br />

Die ►Therapie der erworbenen Lues (Lues I und <strong>II</strong>) erfolgt mit Depot-Penicillin 2,4<br />

Mio.E. i.m. für 14 Tage, <strong>bei</strong> gleichzeitiger HIV-Infektion muß höher dosiert werden<br />

11


(Penicillin G 10 Mio.E. 2mal /Tag). Bei Lues <strong>II</strong>I und Neurolues muß intravenös<br />

(Penicillin G 10 Mio.E 2mal /Tag) behandelt werden.<br />

Bei Penicillinallergie gibt man Ceftriaxon (2g 1mal/Tag für 2 Wochen), <strong>bei</strong><br />

gleichzeitiger Cephalosporin-Allergie kann Doxycylin oder Minocyclin gegeben<br />

werden. Gyrase-Hemmer sind <strong>bei</strong> Lues unwirksam.<br />

Am 1. Behandlungstag, meist wenige Stunden nach Therapiebeginn, kann eine<br />

►Herxheimer- Reaktion (Fieber, Schüttelfrost, Zunahme der syphilitischen<br />

Läsionen) auftreten, die nicht mit einer Penicillinallergie verwechselt werden darf.<br />

Ausgelöst wird diese Reaktion durch bakterielle Zerfallsprodukte (Toxine). Eine<br />

Therapieunterbrechung ist nicht notwendig. Sie wird mit Antipyretika, <strong>bei</strong> schweren<br />

Manifestationen mit Prednisolon, behandelt.<br />

Tuberkulose<br />

Die Inzidenz der Tuberkulose hat sich in Deutschland zwar seit 1985 halbiert und<br />

beträgt mit 12,7 pro 100.000 Einwohner nur noch ein Zehntel der Inzidenz von 1960,<br />

alarmierend ist jedoch der Anstieg der Tuberkulose und der Erregerresistenz in<br />

einzelnen Staaten Osteuropas.<br />

Die primäre Infektion mit Mycobakterium tuberculosis erfolgt in den allermeisten<br />

Fällen durch Exspirationströpfchen, die <strong>bei</strong>m Husten und Niesen freigesetzt werden.<br />

Von extrapulmonalen Tuberkulosen (Lymphknoten, Urogenitalsystem, Knochen,<br />

Gelenke, Verdauungsorgane) geht ohne direkten Kontakt kein Infektionsrisiko aus.<br />

Gefährdet sind hier ggf. Metzger oder Tierärzte.<br />

Entsprechend der häufigsten Primärlokalisation einer Tuberkulose entsteht zunächst<br />

ein ►pulmonaler Primärkomplex mit einem radiologisch fassbaren, peripheren,<br />

nicht einschmelzenden Rundherd sowie unilateraler Vergrößerung von<br />

Hiluslymphknoten. Die Initialsymptomatik ist in der Regel mild und unspezifisch,<br />

weshalb länger als 3 Wochen bestehender Husten unbedingt, <strong>bei</strong> blutigem Auswurf<br />

sofort, abgeklärt werden sollte. Bei den meisten Infizierten ist die Erkrankung mit der<br />

Abheilung des Primärherdes beendet. Die Erreger persistieren allerdings in<br />

„abgekapselter“ Form. Eine positive Tuberkulinreaktion findet man 4-12 Wochen<br />

nach einer Neuinfektion.<br />

Eine ►Reaktivierung latenter Herde kann auch noch nach Jahrzehnten auftreten.<br />

Auch <strong>bei</strong> der postprimären Tuberkulose ist der häufigste Manifestationsort mit 60-<br />

80% die Lunge, die Erkrankung kann prinzipiell aber jedes Organsystem befallen und<br />

präsentiert sich dementsprechend vielgestaltig.<br />

Relativ häufig sind das Skelettsystem, Lymphknoten oder das Urogenitalsystem<br />

betroffen.<br />

Die Haut ist insgesamt ein seltener Manifestationsort einer Tuberkulose. Am relativ<br />

häufigsten tritt sie noch als ►Lupus vulgaris auf. Es entwickeln sich zunächst<br />

rötlich-bräunliche Lupusknötchen, die allmählich an Größe zunehmen. Das sog.<br />

„Sondenphänomen“, d. h. das Einbrechen einer Knopfsonde <strong>bei</strong> Druck auf das<br />

betroffene Hautareal (Einbruch in das zentral nekrotische Granulom), ist typisch für<br />

das Vorliegen einer Lupusläsion. Bei gewöhnlich chronischem Verlauf ist eine<br />

Ulzeration und auch die Zerstörung des darunterliegenden Gewebes möglich (Lupus<br />

ulcerosus bzw. mutilans).<br />

Sehr viel seltener als ein Lupus vulgaris ist ein tuberkulöser Primärkomplex der Haut<br />

oder eine Tuberculosis cutis miliaris disseminata <strong>bei</strong> schwerer Immunsuppression.<br />

12


Die Therapie einer Tuberkulose erfolgt mit einer Medikamentenkombination, wo<strong>bei</strong><br />

als Standard eine ►Behandlung über 6 Monate durchgeführt wird. In der<br />

Initialphase besteht diese aus Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA)<br />

und Ethambutol (EMB) oder Streptomycin (SM) über die Dauer von 2 Monaten, an<br />

die sich eine Stabilisierungsphase mit INH und RMP über einen Zeitraum von 4<br />

Monaten anschließt.<br />

Unter einer wirksamen tuberkulostatischen Therapie klingt die Ansteckungsfähigkeit<br />

nach 2-3 Wochen ab. Bei Vorliegen eines resistenten Stammes (Multiresistenz <strong>bei</strong><br />

fehlender Empfindlichkeit gegen INH und RMP) muss nach Austestung aller zur<br />

Verfügung stehender Medikamente nach dem individuellen Resistenzmuster<br />

behandelt werden.<br />

Atypische Mykobakteriosen<br />

Nicht-tuberkulöse, ubiquitär vorkommende Mykobakterien wie Mycobakterium<br />

fortuitum, Mycobacterium avium intracellulare oder Mycobacterium kansasii können<br />

<strong>bei</strong> Patienten mit HIV-assoziierter Immunschwäche schwere, disseminierte<br />

Infektionen, z. <strong>Teil</strong> mit einer Hautbeteiligung, hervorrufen. Diese Hautveränderungen<br />

können als kleine Papeln oder Pusteln, verruköse Läsionen oder auch<br />

einschmelzende Lymphadenitis oder Ulcera imponieren. Bei Auftreten derartiger<br />

Veränderungen <strong>bei</strong> AIDS-Patienten ist es deshalb wichtig, an eine mykobakterielle<br />

Ursache zu denken und entsprechende mikrobiologische Diagnostik (Ziehl-Neelsen-<br />

Färbung) aus Biopsiematerial o.ä. zu veranlassen.<br />

Daneben werden durch atypische Mykobakterien Inokulationsinfektionen der Haut,<br />

auch <strong>bei</strong> Immunkompetenten, hervorgerufen.<br />

Bedeutsam ist hier das durchaus häufiger vorkommende ►Schwimmbadgranulom<br />

(8). Erreger ist Mycobacterium marinum, welches in warmen Gewässern vorkommt.<br />

Etwa 3 Wochen nach einer oberflächlichen Verletzung entstehen lokal langsam<br />

wachsende, entzündliche Papeln mit verruköser Oberfläche. Häufig finden sich diese<br />

Veränderungen im Bereich der Finger oder Ellenbogen. Zur Diagnose führen die<br />

Anamnese (Verletzung in warmen Gewässern), der klinische Befund und die<br />

Histologie sowie Kultur. Therapeutisch empfiehlt sich die Exzision der Herde, ggf. ist<br />

eine systemische Behandlung mit Minocyclin oder antituberkulöse Therapie mit<br />

Rifampicin plus Ethambutol durchzuführen.<br />

Lepra<br />

Die Lepra wird durch Mycobacterium leprae (säurefeste Stäbchenbakterien)<br />

ausgelöst und manifestiert sich als chronisch granulomatöse Erkrankung der Haut,<br />

der Schleimhäute, peripherer Nerven und innerer Organe. Die Erkrankung ist<br />

weltweit, v.a. in Südostasien, Afrika, Lateinamerika aber auch in den europäischen<br />

Mittelmeerländern verbreitet. Die Übertragung erfolgt durch intensiven (d. h. langen<br />

und engen) Kontakt mit Patienten mit „offener Lepra“ (lepromatöse Lepra), der<br />

genaue Infektionsweg ist nicht bekannt.<br />

Klinisch finden sich <strong>bei</strong> der ►lepromatösen Lepra knotige Hautveränderungen an<br />

den Streckseiten der Arme und Beine, Stirn, Wange, Ohrmuschel. Durch<br />

13


Infiltrationen im Gesicht und Keratokonjunktivitis kommt es zum „Löwengesicht“,<br />

später tritt ein Schleimhautbefall mit chronischem Schupfen und Heiserkeit auf.<br />

Die ►tuberkuloide Lepra betrifft Haut und periphere Nerven. Auf der Haut zeigen<br />

sich Papeln oder Makulae, die nach Abheilung depigmentierte Herde hinterlassen,<br />

die gegen Berührung oder Hitze unempfindlich sind. Periphere Nerven sind später<br />

als verdickte Stränge tastbar, es treten Nervenschmerzen und an den Extremitäten<br />

trophische Ulcera und Verstümmelungen auf.<br />

Die Diagnosestellung erfolgt zunächst klinisch, wo<strong>bei</strong> ein großes Spektrum an<br />

Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen ist. Erwogen werden sollte eine Lepra <strong>bei</strong><br />

Patienten mit einem langen Auslandsaufenthalt in entsprechenden Gebieten.<br />

Der mikroskopische Nachweis säurefester Bakterien erfolgt <strong>bei</strong> der lepromatösen<br />

Form in Hautläsionen oder im Nasenschleim (multibazilläre Lepra). Bei der<br />

tuberkuloiden Lepra ist M. leprae in Ausstrichpräparaten skarifizierter Haut nicht<br />

nachweisbar (paucibazilläre Lepra). Die histologische Untersuchung gestattet eine<br />

Klassifikation der Krankheit und eine Aussage zur Prognose.<br />

Die Behandlung erfolgt, nach Empfehlung der WHO, als kombinierte Therapie mit<br />

Dapson plus Rifampicin (paucibazilläre Lepra), zusätzlich mit Clofazimin <strong>bei</strong> der<br />

multibazillären Lepra (6).<br />

Hautmilzbrand<br />

Nachdem Milzbrand über viele Jahre fast ausschließlich eine Erkrankung in<br />

Entwicklungsgebieten war, ist das Interesse an dieser Erkrankung durch die<br />

Ereignisse der letzten Monate im Zusammenhang mit Bioterrorismus auch in den<br />

Industrienationen sprunghaft gestiegen.<br />

Erreger des Milzbrandes ist Bacillus anthracis, ein grampositives, aerobes,<br />

sporenbildendes Stäbchenbakterium. Die Sporen sind sehr widerstandsfähig und<br />

können über Jahrzehnte persistieren. ►Bacillus anthracis kommt ubiquitär vor.<br />

Anthrax ist primär eine Zoonose, betroffen sind pflanzenfressende Tiere, vor allem<br />

Ziegen, Schafe, Schweine und Rinder.<br />

Menschen sind nur sehr selten betroffen, ein gewisses Risiko besteht für Personen,<br />

die mit Tierhäuten, Fellen oder tierischen Knochen in Berührung kommen. Eine<br />

direkte Infektionsübertragung von Mensch zu Mensch findet nicht statt. Eine Infektion<br />

vieler Menschen kann nur stattfinden, wenn Milzbrandsporen in großer Menge als<br />

Aerosol verbreitet werden. Die für eine Infektion notwendige Erregermenge ist<br />

vergleichsweise hoch, die Infektionsdosis beträgt ca. 8.000-50.000 Keime.<br />

Die Übertragung von Milzbrand kann über die Haut, die Atemwege oder den<br />

Verdauungstrakt erfolgen. Die Inkubationszeit beträgt 2 –7 Tage, in seltenen Fällen<br />

bis zu 60 Tagen.<br />

Entsprechend der Übertragungswege kommt es zu drei verschiedenen klinischen<br />

Manifestationen.<br />

Mit Abstand am häufigsten ist der ►Hautmilzbrand nach direktem Kontakt mit<br />

erregerhaltigen tierischen Materialien über winzige Hautverletzungen. An der<br />

Eintrittsstelle entsteht zunächst eine Papel, die sich im Verlauf von wenigen Tagen<br />

zu einer Pustel mit später schwärzlichem Schorf und entzündlicher<br />

Umgebungsreaktion entwickelt (Pustula maligna). Die nicht schmerzhaften Läsionen<br />

haben einen Durchmesser von 1-3 cm, neben der Primärläsion können<br />

Tochtervesikel entstehen. In bis zu 80% der Fälle heilt die Effloreszenz innerhalb von<br />

2-3 Wochen unter Narbenbildung ab.<br />

14


Über eine Lymphangitis und hämatogene Streuung kann es zu einem schweren<br />

allgemeinen Krankheitsbild kommen, welches unbehandelt in 5-20% tödlich verläuft<br />

(7). Wesentlich verantwortlich hierfür ist ein Exotoxin.<br />

Der ►pulmonale Milzbrand verläuft zunächst unter dem Bild einer atypischen<br />

Pneumonie und geht dann innerhalb kurzer Zeit in ein septisch-toxisches<br />

Krankheitsbild über, welches fast immer letal endet. Radiologisch auffällig ist eine<br />

erhebliche Mediastinalverbreiterung.<br />

►Darmmilzbrand ist eine äußerst seltene Erkrankung, die mit starken abdominellen<br />

Schmerzen und blutigen Diarrhoen einhergeht und meistens rasch zum Tode führt.<br />

Die Therapie erfolgt antibiotisch mit Penicillin G, alternativ Doxycyclin oder<br />

Ciprofloxacin (3). Eine Impfung ist möglich, steht allerdings nur begrenzt zur<br />

Verfügung und ist aufwendig (mehrere Impfungen über mehrere Monate, häufige<br />

Boosterimpfungen)<br />

Dermatomykosen<br />

Dermatophyten besiedeln entweder die Hornschicht (Epidermomykosen) oder<br />

dringen in den Haarfollikel ein (Trichomykosen).<br />

►Epidermomykosen, die prinzipiell an allen Körperstellen auftreten können (Tinea<br />

corporis, Tinea manuum, Tinea inguinalis etc.), zeigen in der Regel konzentrische,<br />

rot schuppende Herde, von denen der Patient meist berichtet, dass sie eine<br />

zentrifugale Ausbreitung zeigen (13). Während der Randbereich aufgeworfen,<br />

schuppig und stark gerötet ist, kommt es mit zunehmendem Größerwerden des<br />

Herdes zentral zur Abblassung .<br />

Die oberflächliche ►Trichophytie zeigt lediglich eine geringe entzündliche Reaktion<br />

mit pityriasiformer Schuppung, dagegen findet sich <strong>bei</strong> der tiefen Trichphytie<br />

meistens eine erhebliche Entzündungsreaktion des perifollikulären Gewebes mit<br />

Bildung von Pusteln.<br />

Wenngleich das klinische Bild einer reifen, unbehandelten Läsion recht typisch ist,<br />

gibt es zahlreiche Hauterkrankungen mit ähnlichen Effloreszenzen, die<br />

differentialdiagnostisch abgegrenzt werden müssen. Insbesondere nummuläre und<br />

intertriginöse Ekzeme, Psoriasisläsionen und erythematöse, annuläre Dermatosen<br />

(z.B. chronisch diskoider Lupus erythematosus) zeigen ein ähnliches<br />

Effloreszenzbild. Anamnestische Angaben helfen sehr oft <strong>bei</strong> der Zuordnung. So<br />

kommt die Tinea corporis relativ häufig <strong>bei</strong> Landwirten mit Viehhaltung vor. Auch das<br />

Halten von Haustieren mit Fellerkrankungen geben wichtige Hinweise.<br />

Die häufigste Manifestation der Pilzerkrankung findet sich in den lateralen<br />

Zehenzwischenräumen und zeigt mazerierte, schuppige Läsionen, die vom Patienten<br />

oft nicht registriert werden, gelegentlich aber Eintrittpforten für Streptokokken und<br />

Staphylokokken sind, die ein Fußerysipel verursachen (s. o.).<br />

Die bisher erwähnten oberflächlichen Dermatomykosen können bis auf wenige<br />

Ausnahmen (ausgedehnte oder refraktäre Fälle, Nagelmykosen) lokal mit<br />

antimykotischen Cremes und Salben behandelt werden.<br />

Im Gegensatz dazu entziehen sich tiefe Trichomykosen einer Lokalbehandlung<br />

gänzlich und bedürfen einer systemischen Therapie, da durch den Follikelbefall<br />

auch tiefe Hautanteile infiziert werden und Lokaltherapeutika nicht so tief mit<br />

ausreichendem lokalen Wirkungsspiegel vordringen. Am häufigsten treten diese<br />

Trichomykosen im Bartbereich, gelegentlich auch am behaarten Kopf (Mikrosporie,<br />

Favus) auf. Typisch sind livid-rote furunkelartige Tumore mit einzelnen kleinen<br />

15


Pusteln und pyogener Superinfektion. In Extremfällen kann der ganze Bartbereich<br />

betroffen sein. Durch Epilieren einzelner Haare aus dem Herd kann oft bereits<br />

mikroskopisch ein Pilznachweis geführt werden, der jedoch immer durch eine<br />

Pilzkultur bestätigt und der Erreger klassifiziert werden sollte.<br />

Bei einer Trichomykose sollte eine konsequente systemische Antimykose<br />

(Itraconazol oder Terbinafin) meist über Monate, unter Kontrolle der Laborparameter,<br />

insbesondere Leberenzyme, erfolgen.<br />

Epizoonosen<br />

Da<strong>bei</strong> handelt es sich um ►Hauterkrankungen durch Ektoparasiten, wo<strong>bei</strong> in<br />

vielen Fällen der Mensch nur als Nebenwirt fungiert. Wenngleich in unseren<br />

Klimazonen Insektenstiche und Bisse eher harmlos verlaufen und eine geringe<br />

Komplikationsrate aufweisen, werden wir durch den Fernreisetourismus zunehmend<br />

mit blutsaugenden Parasiten konfrontiert, deren Stich bzw. Biss zusätzlich die<br />

Gefahr der Übertragung gefährlicher Infektionskrankheiten (Malaria, Schlafkrankheit,<br />

Leishmaniose) birgt. Deshalb sollte immer der Ort und Zeitpunkt eines<br />

Stichereignisses erfragt und gegebenenfalls eine Tropenerkrankung in das Spektrum<br />

der Differenzialdiagnosen eingeschlossen werden.<br />

Abgesehen von der Gefahr der Übertragung von Infektionen durch diese Vektoren,<br />

sollten Insektenstiche <strong>bei</strong> Juckreiz differenzialdiagnostisch nicht übersehen werden –<br />

die aufwendige und kostenintensive Abklärung anderer Dermatosen kann damit u. U.<br />

vermieden werden (z.B. bullöse Insektenstichreaktion vs. blasenbildende<br />

Autoimmunerkrankung). Prinzipiell bestehen sehr große interindividuelle<br />

Unterschiede <strong>bei</strong> der Reaktion auf Insektenstiche. Während einzelne Personen<br />

kaum Stichreaktionen aufweisen, kann <strong>bei</strong> anderen Menschen ein Stich zu<br />

ausgeprägter Lokalreaktion mit Schwellung und Rötung führen.<br />

Im folgenden sollen die in unseren Klimazonen am häufigsten auftretenden<br />

Epizoonosen kurz besprochen werden, wo<strong>bei</strong> auf eine zoologische Systematik<br />

verzichtet wird und nur die häufigsten Infestationen beschrieben werden.<br />

Pedikulose<br />

►Läuse (Kopf, Kleider und Filzläuse) saugen in mehrstündigem Abstand Blut. An<br />

der Einstichstelle kommt es zu stark juckenden, flachen Papeln. Intensives Kratzen,<br />

welches dazu dient, durch den Kratzschmerz den Juckreiz zu eliminieren, führt häufig<br />

zu Sekundärinfektion und Ekzematisation. Epidemisches Auftreten von Kopfläusen in<br />

Kindergärten und Schulen ist nicht selten und wird oft bereits von Eltern <strong>bei</strong><br />

Vorstellung ihres Kindes erwähnt. Die Verdachtsdiagnose kann schnell durch den<br />

Nachweis von ►Nissen (an Haaren und Kleidung klebenden Eiern), seltener durch<br />

den direkten Nachweis der Läuse bestätigt werden. Therapeutisch müssen sowohl<br />

die Laus wie auch die Eier abgetötet bzw. entfernt werden. Neben dem<br />

mechanischen Entfernen (Waschen, Lauskamm) kommen verschiedene lokal<br />

applizierbare Mittel (Permethrin, Goldgeist, Hexachlorcyclohexan) zum Einsatz.<br />

16


Pulikose<br />

Durch ►Flohstiche, meist im Bereich von Stellen, an denen die Kleider dem Körper<br />

anliegen, kommt es zu stark juckenden, papulösen, teils urtikariellen Läsionen.<br />

Typisch sind meist gruppierte, in Dreierkombination angeordnete und oft durch<br />

Kratzen zentral exkoriierte Papeln im Gürtelbereich. Neben der direkten,<br />

antipuriginösen Therapie steht die Entwesung der Kleidung und Wohnung im<br />

Vordergrund. Meist reicht es aus, die komplette getragene Kleidung zu waschen,<br />

wenn Flohstiche außerhalb der eigenen häuslichen Umgebung aquiriert wurden.<br />

Mückenstiche (Culicose)<br />

Neben den meist sehr juckenden urtikariellen Papeln durch Mückenstiche ist<br />

insbesondere die lokale Infektion, die in ein Erysipel (siehe Streptokokken und<br />

Staphylokokkeninfektionen) übergehen und persistierende Infiltrate<br />

(Pseudolymphome) bilden kann, eine unangenehme Komplikation. Eine<br />

Maximalvariante des Mückenstichs ist die bullöse Reaktion mit meist praller Blase<br />

auf erythematösem Grund (Culicosis bullosa). Langfristig können durch chronische<br />

Irritation (Kratzen) an der ehemaligen Stichstelle ►Histiozytome entstehen, die oft<br />

an papulöse Pigmentnaevi errinnern und von Patienten immer wieder mechanisch<br />

bear<strong>bei</strong>tet werden. Die beste Therapie ist wohl das Meiden von Insektenstichen<br />

durch Anwendung von Repellents, Tragen langer, luftiger Kleidung, Moskitonetze<br />

über dem Bett, um insbesondere Kinder vor den nachtaktiven Insekten zu schützen.<br />

Juckende Stiche können durch Externa mit Steroid und antimikrobiellem Zusatz<br />

symptomatisch bis zum Sistieren des Juckreizes behandelt werden.<br />

Skabies<br />

Skabies (Krätze) ist eine relativ häufige, gelegentlich epidemisch auftretende höchst<br />

pruriginöse Hauterkrankung, die durch Krätzmilben, die ausschließlich die<br />

Hornschicht besiedeln, verursacht wird.<br />

Typisch sind die ekzematösen Hautveränderungen an den ►Prädilektionsstellen<br />

wie Finger-Zwischenräumen, Genitalbereich, Brustbereich und Axillen. Da<strong>bei</strong> handelt<br />

sich meist um Regionen mit dünner Haut und hoher Temperatur. Sofern keine<br />

eindeutigen Milbengänge und an deren Ende punktfömige Parasiten erkennbar sind,<br />

ist das Freibleiben von Handinnenflächen und Fußsohlen (cave: nicht <strong>bei</strong><br />

Säuglingen) sowie des Kopfes eine wesentliche diagnostische Hilfe.<br />

Differentialdiagnostisch können aber allergische Hand-Ekzeme mit vorwiegendem<br />

Befall der Fingerzwischenpartien und Finger-/Handrücken vor abschließender<br />

allergologischer Testung und Berufsanamnese oft schwer abgegrenzt werden. Auch<br />

atopische Ekzeme müssen gelegentlich in die Differentialdiagnose einbezogen<br />

werden. Wenn eine umgehende diagnotische Zuordnung nicht möglich ist, wird eine<br />

Skabies-verdächtige Hautmanifestation ex juvantibus primär als Skabies behandelt.<br />

Therapieziel ist die Elimination der Milben (meist nur 10-20 Milben pro Wirt) und das<br />

Vermeiden einer Reinfektion. Mittel der Wahl unter den heute angebotenen Externa<br />

17


ist Permethrin. Bei epidemieartigem Ausbruch in Pflegeheimen wird aus<br />

organisatorischen Gründen oft systemisch mit Ivermectin (Einmaldosis) erfolgreich<br />

behandelt. Während der Lokaltherapie sollte der Bettbereich durch mehrtägiges<br />

Lüften und Nichtbenützen saniert werden, da in dieser Periode nicht auf dem<br />

Menschen lebende Parasiten absterben. Neben der Therapie von Kontaktpersonen<br />

ist auch eine konsequente antiekzematöse Nachbehandlung empfehlenswert, da<br />

gerade postskabiöse Papeln stark juckende Beschwerden verursachen und oft durch<br />

Kratzen reaktiviert werden.<br />

Erntekrätze (Thrombidiose)<br />

Der Stich der Larven der Trombidien (Laufmilben), die sich im Herbst oft in großer<br />

Dichte im Gebüsch und auf Gräsern aufhalten, führt zu meist zahlreichen<br />

Hauterscheinungen mit Quaddeln, Seropapeln und oft begleitender Hämorrhagie.<br />

Das anfallsartige Auftreten, die Jahreszeit und die ►stropholusartige<br />

Hautveränderung sind meist diagnoseweisend. Aufgrund der in der Regel<br />

einmaligen Attacke kommt es zu einem synchronen Abheilen der Läsionen binnen 1-<br />

2 Wochen, weshalb eine symptomatische antipruriginöse Lokaltherapie in den<br />

meisten Fällen ausreichend ist.<br />

Danksagung:<br />

Herrn Prof. Dr. Klaus Fleischer, Chefarzt der Tropenmedizinischen Abteilung der<br />

Missions-ärztlichen Klinik Würzburg, danken wir herzlich für die Überlassung der<br />

Abbildung 9.<br />

Literatur<br />

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Priv. Doz. Dr. Hartwig <strong>Klinker</strong><br />

Schwerpunkt Hepatologie/Infektiologie<br />

Medizinische Poliklinik, Standort Luitpoldkrankenhaus<br />

Josef-Schneider-Str. 2<br />

D-97080 Wuerzburg<br />

Tel.: 0931/201-36179<br />

Fax: 0931/201-36485<br />

e-mail: h.klinker@medizin.uni-wuerzburg.de<br />

www.medpoli.uni-wuerzburg.de/hepinf<br />

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