Wahlkampf Interview Ausbeutung - Biss
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Lüge<br />
Versprochen<br />
und gebrochen?<br />
Angekündigt wird viel, wenn es Wählerstimmen<br />
bringt. Verschwiegen auch.<br />
BISS erinnert die regierenden Landes- und<br />
Stadtpolitiker an ihre Vorsätze<br />
So eine Gelegenheit konnte sich Guido<br />
Westerwelle nicht entgehen lassen. „Zwei<br />
Prozent Merkelsteuer auf alles – Deutschland<br />
kann sich CDU/CSU nicht leisten“<br />
– so hatte die SPD im Bundestagswahlkampf<br />
2005 gegen die von CDU-Chefin<br />
Angela Merkel vorgeschlagene Mehrwertsteuererhöhung<br />
Stimmung gemacht.<br />
Nach der Wahl waren SPD und Union in<br />
der Regierung – und beschlossen gemeinsam<br />
gleich eine dreiprozentige Erhöhung<br />
der Mehrwertsteuer. Westerwelle konnte<br />
das in der Aussprache zur Regierungserklärung<br />
Angela Merkels 2005 genüsslich<br />
ausweiden. Er hatte ein SPD-Merkelsteuer-Plakat<br />
mitgebracht, hielt es am Rednerpult<br />
in die Höhe und verspottete die<br />
Sozialdemokraten, insbesondere ihren<br />
Vizekanzler: „Jetzt kommen zwei Prozent<br />
Merkelsteuer und ein Prozent Münte-<br />
Steuer noch obendrauf.“ So klar hatte<br />
sich schon lange kein gebrochenes Wahlversprechen<br />
mehr dokumentieren lassen.<br />
Am 27. September wird der nächste Bundestag<br />
gewählt; dann wird der FDP-Chef<br />
an seinen Wahlversprechen gemessen.<br />
Auch in Bayern handelte die Regierung<br />
nach der Wahl anders als vorher<br />
versprochen. Nach der Landtagswahl<br />
2003 verkündete Ministerpräsident Stoiber<br />
ein radikales Sparprogramm, unter<br />
anderem die Verlängerung der Arbeitszeit<br />
von Beamten auf 42 Wochenstunden.<br />
„Das ist ein klarer Wortbruch gegenüber<br />
den Beschäftigten im öffentlichen<br />
Dienst! Anscheinend leidet Stoiber jetzt<br />
unter Gedächtnisschwund“, erregte sich<br />
Rolf Habermann, Vorsitzender des Bayerischen<br />
Beamtenbunds. Außerdem kün<br />
digte Stoiber an, die Gymnasialzeit schon<br />
zum Schuljahr 2004/05 von neun auf<br />
acht Jahre zu verkürzen. Im CSU-Regierungsprogramm<br />
von 2003 war davon<br />
nicht die Rede gewesen. Philologenverbandschef<br />
Max Schmidt sagte im Herbst<br />
2003, kurz vor der Landtagswahl habe<br />
ihm Stoiber zugesichert, dass eine Verkürzung<br />
der Schulzeit für die CSU nicht<br />
aktuell sei. Ungewohnt scharfe Worte<br />
fand SPD-Fraktionschef Franz Maget am<br />
Tag der Regierungserklärung: „Es handelt<br />
sich um Wählertäuschung, bei der im<br />
Bund ein Lügenausschuss fällig wäre. Vor<br />
der Wahl war weder von der 42-Stunden-<br />
Woche im öffentlichen Dienst noch von<br />
der Abschaffung der 9. Klasse am Gymnasium<br />
die Rede.“<br />
In der CSU sieht man das anders. „In<br />
Bayern gab es bereits vor der Landtagswahl<br />
2003 Modellprojekte zur Einführung<br />
des achtjährigen Gymnasiums“, sagt<br />
ein Sprecher der Landtagsfraktion. Auch<br />
bei der verlängerten Arbeitszeit für Beamte<br />
sieht die Landtagsfraktion kein gebrochenes<br />
Wahlversprechen: „Vor der<br />
vorletzten Landtagswahl gab es keine offizielle<br />
und abschließende Aussage zur<br />
Arbeitszeit der Beschäftigten im öffentlichen<br />
Dienst“, sagt der Dachauer Landtagsabgeordnete<br />
Bernhard Seidenath auf<br />
BISS-Anfrage. Inzwischen hat Ministerpräsident<br />
Seehofer aber angekündigt,<br />
diese ungerechte, da ungleiche Behandlung<br />
von Beamten und Angestellten rückgängig<br />
machen und bei Beamten noch in<br />
dieser Legislaturperiode zur 40-Stunden-<br />
Woche zurückkehren zu wollen. „Und<br />
das, obwohl wir es vor der letzten Land<br />
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