RathausKurier
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RATHAUSKURIER<br />
| AMTSBLATT DER STADT WEIMAR<br />
Auch Eltern sind sich nicht immer nur grün. Nicht so schlimm. Nur auf dem Rücken<br />
der Kinder sollten sie dies nicht austragen. Im Rahmen der Kinderschutztagung des<br />
Weimarer Familienamtes zeigte die Puppentheater-Familie »Sonnenschein« der LKJ<br />
Thüringen e.V. den Alltag mit seinen ganz normalen Problemen.<br />
auszuweiten und zu stabilisieren. Ausgerichtet<br />
wurde die Ein-Tages-Veranstaltung vom<br />
Weimarer Amt für Familie und Soziales unter<br />
Federführung von Kerstin Wiesner – in Kooperation<br />
mit dem Thüringer Ministerium für<br />
Soziales, Familie und Gesundheit. Für die Vorbereitung<br />
und inhaltliche Ausgestaltung<br />
zeichneten weitgehend die Mitglieder des<br />
Arbeitskreises »Frühwarnsystem« verantwortlich,<br />
zu denen neben den entsprechenden<br />
Ämtern der Stadt und der Kinder- und Jugendklinik<br />
unter anderem auch der Kinderschutzdienst<br />
»Känguru« oder die Familienhebammen<br />
gehören.<br />
Adressaten der Veranstaltung waren Leh -<br />
rerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und<br />
Erzieher, Kinderärztinnen und Kinderärzte,<br />
Therapeuten und Hebammen. Die Tagung<br />
sollte dazu beitragen, diese zu sensibilisieren,<br />
frühzeitig riskante Verhältnisse und Situationen<br />
für ein Kind, zu erkennen, Verantwortung<br />
zu übernehmen und professionell zu handeln.<br />
In seinem Grußwort betonte Oberbürgermeister<br />
Stefan Wolf: »Die Fälle von Kindesmisshandlungen<br />
oder -entführungen, manche<br />
sogar mit Todesfolge, bewegen die Öffentlichkeit<br />
zu Recht in besonderem Maße. Bundesweit<br />
… aber leider auch immer wieder in<br />
Weimar.« Aufmerksamkeit, Kreativität, mitfühlende<br />
Abstraktionsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft<br />
seien gefragt, um hier ein effektives<br />
Frühwarnsystem gegen Kindesmisshandlungen<br />
lebendig zu halten: »Nicht zuletzt das<br />
Von-Einander-Wissen, das vertraute Gesicht«<br />
spiele bei diesen Netzwerken in Städten von<br />
der Größe Weimars eine entscheidende Rolle.<br />
Gesetzlicher Hintergrund der Tagung ist das<br />
Recht aller Kinder auf gewaltfreie Erziehung.<br />
Um vernachlässigten oder misshandelten<br />
Kindern rechtzeitig und wirksam zu helfen,<br />
FOTO: SKP<br />
bedarf es der Aufmerksamkeit und der Verantwortungsübernahme<br />
insbesondere derjenigen,<br />
die im Alltag mit Kindern und Jugendlichen<br />
zu tun haben und dadurch mögliche<br />
Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung<br />
erkennen können.<br />
Deshalb wurde im März 2009 in Weimar der<br />
Arbeitskreis »Frühwarnsystem« initiiert und<br />
eine Broschüre zum Thema »Wahrnehmen –<br />
Verantwortung übernehmen – Handeln«<br />
herausgegeben. Die Tagung bedeutete hier<br />
einen weiteren Schritt der Vernetzung und<br />
Information.<br />
Detailgenau informierte der Initiativvortrag<br />
des Dresdner Professors für Sozialpädagogik<br />
Ullrich Gintzel (Dresden) über gesetzliche<br />
Grundlagen zum Kindeswohlschutz, berichtete<br />
mit umfangreichem Material über die Entwicklungen<br />
in den vergangenen zehn Jahren<br />
und präzisierte die Bereiche, die in ein Netzwerk<br />
eingebunden werden sollten, damit es<br />
funktioniert. Seine Botschaft: Die Bemühungen<br />
und die erhöhte Aufmerksamkeit tragen<br />
Früchte – die Fälle von Kindesmisshandlungen<br />
sind (bei einer Million Kindern) von 15 Fällen<br />
auf 5 Fälle um zwei Drittel zurück gegangen.<br />
Im zweiten Vortrag des Tages – »Kinder haften<br />
für ihre Eltern« – entwickelte der Leiter der<br />
Weimarer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin<br />
Dr. Thomas Rusche (im Sophien- und Hufelandklinikum)<br />
anhand von konkreten Fällen<br />
der körperlichen und seelischen Misshandlung<br />
in Weimar seine Anregungen und Ratschläge<br />
für die weitere Entwicklung des »Frühwarnsystems<br />
Kindeswohl«, dessen Initiator er vor<br />
anderthalb Jahren war.<br />
Diskussionsfreudig und meinungsstark<br />
zeigten sich die Teilnehmer der Tagung dann<br />
in den fünf Arbeitsgruppen am Nachmittag,<br />
die sich jeweils an unterschiedliche Adressatengruppen<br />
richteten und Themen wie »Professionelles<br />
Handeln bei Verdachtsfällen«,<br />
»Geschulte Beobachtung im medizinischen<br />
Kontext«, »Zusammenarbeit von Schule und<br />
Familienamt«, »Gewalt in Paarbeziehungen«<br />
oder Fragen des Datenschutzes behandelten.<br />
»Wie kann ich meinem Schutzauftrag als<br />
Lehrer oder Erzieher gerecht werden?«, »Wie<br />
gehe ich mit meinem Verdacht auf eine Misshandlung<br />
um?«, »Wann informiere ich ›das<br />
Jugendamt‹?«, »Was macht das Familienamt<br />
dann mit meinen Informationen?«, »Warum<br />
bekomme ich keine Rückmeldung?«: In den<br />
Rollenspielen und den engagierten Diskussionen<br />
am Nachmittag wurde deutlich, wie viel<br />
offene Fragen es noch gibt und wie sinnvoll<br />
der persönliche Kontakt über die beruflichen<br />
Grenzen ist: »Die zarte Pflanze des gegenseitigen<br />
Verständnisses ist gewachsen«, so das<br />
Resümee aus den Arbeitsgruppen. Aber auch<br />
die Frage eines noch effektiveren Notrufsystems<br />
jenseits der Sprechzeiten im Familienamt<br />
wurde diskutiert.<br />
Verdeutlicht wurde in den Gesprächen zudem<br />
die Spannweite des Begriffs »Kindesmisshandlung«:<br />
»Die allabendlichen, gar gewalt -<br />
tätigen Auseinandersetzungen der Eltern jenseits<br />
der verschlossenen Kinderzimmertür«<br />
könnten dazu genauso gehören wie die vielfältigen<br />
Formen der seelischen Verwahrlosung.<br />
»Wer schlägt, der geht«, bleibe hier grundsätzlich<br />
die Devise, wenn sich die Ämter oder<br />
Gerichte der Fälle annehmen. Für viele neu:<br />
Es gibt in Weimar übrigens auch eine »Täterberatung«:<br />
den Verein »Notbremse« e.V.<br />
Eine Dokumentation der Tagung wird das Amt für Familie<br />
und Soziales in Kürze unter www.weimar.de auf der Startseite<br />
der »Stadt« oder unter »Anliegen A–Z: Kindeswohlgefährdung«<br />
einstellen. Hier findet sich schon jetzt der<br />
Handlungs-Leitfaden zur »Früherkennung von Kindeswohlgefährdung«<br />
mit zahlreichen Kontaktadressen.<br />
Die Sieger stehen fest:<br />
Gewinner sind alle<br />
Sieben Mal machte die »Null-Promillo-<br />
Show« der Thüringer Sportjugend auf<br />
Einladung des Familienamtes in Weimarer<br />
Jugendeinrichtungen Station.<br />
Ziel des Präventionsprojektes war vor allem,<br />
den Jugendlichen Wissen über die Gefahren<br />
des Alkoholkonsums zu vermitteln, sie zu<br />
einem vernünftigen Umgang mit der legalen<br />
Droge zu ermuntern und mit Vorurteilen aufzuräumen.<br />
Das Ganze fand ohne den erhobenen<br />
Zeigefinger, aber dafür sehr jugendgemäß<br />
mit viel Spaß, Action und einigen – natürlich<br />
alkoholfreien – Selbstversuchen statt. So konnten<br />
die Jugendlichen beim Rauschbrillenparcours<br />
erleben, wie es ist, mit 1,5 Promille um<br />
einen Kegel laufen zu müssen. Hier wird klar,<br />
5136 NICHTAMTLICHER TEIL | NR. 21 | 2010 | 21. JAHRGANG