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II. Was ist Staatsrechtslehre? 11<br />

Methoden‐ und Richtungsstreit 47 so wohl nicht gegeben 48 . Denn Staatsrechtslehrertagungen<br />

sind ein zentrales Medium für wissenschaftliche Kontroversen<br />

als in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit schriftlich und mündlich geführter<br />

Streit zur kritischen Prüfung wissenschaftlicher Erkenntnisansprüche 49 : Sie sind<br />

eine spezifische Form der Kommunikation in der Institution der Staatsrechtslehre<br />

als Wissenschaft im Sinne eines organisierten Skeptizismus 50 . Ihr Ziel ist es,<br />

ohne misstrauische Argumente ad personam gemäß den dialogischen Prinzipien<br />

des Verstehens, des Überzeugens und des Begründens 51 durch argumentatives<br />

Zusammen‐ und Gegeneinanderarbeiten der einzelnen Wissenschaftler und<br />

in kritischer Prüfung von Tendenzen zur immunisierenden Selbstbestätigung<br />

und zu vorschnellen Gewissheiten kollektive Erkenntnisprozesse in der Wissenschaft<br />

zu fördern 52 . Insofern sind sachliche Kontroversen als förderliche<br />

Normalität zu begreifen 53 , verbinden sich mit der Wissenschaftlichkeit der<br />

Vereinigung Dialoge und Kontroversen, nicht Monologe 54 .<br />

Hilfreiche Voraussetzung ist eine adäquate Tagungsstruktur. Sie soll zwar<br />

einerseits spezifische Anreize zu besonderer Leistungsbereitschaft der Vortragenden<br />

im Blick auf den Reputationsgewinn durch ein Staatsrechtslehrerreferat<br />

setzen 55 , andererseits in der Aussprache Reputationsasymmetrien einebnen und<br />

etwa die in früheren Jahrzehnten der Tagungspraxis „strenge Hierarchie“ in<br />

den Diskussionen 56 – bei denen „einerseits harmonistische, andererseits autoritär‐hierarchische<br />

Umgangsformen sehr ausgeprägt“ gewesen sein sollen 57 – im<br />

Sinne der Gleichheit in der „Gelehrtenrepublik“ auflockern (etwa durch gleichen<br />

47<br />

Zuletzt M. Gangl (Hrsg.), Die Weimarer Staatsrechtsdebatte, 2011; ausf. M. Friedrich,<br />

Der Methoden‐ und Richtungsstreit, AöR 102 (1977), S. 161 ff.; W. März, Der Richtungs‐ und<br />

Methodenstreit der Staatsrechtslehre, oder der staatsrechtliche Antipositivismus, in: K. W. Nörr<br />

u. a. (Hrsg.), Geisteswissenschaften zwischen Kaiserreich und Republik, 1994, S. 75 ff.; Stolleis,<br />

Geschichte III (Fn. 24), S. 153 ff.<br />

48<br />

M. Friedrich, Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft, 1997, S. 330.<br />

49<br />

Vgl. zur Definition wissenschaftlicher Kontroversen G. Albert/S. Sigmund, Soziologische<br />

Theorie kontrovers – eine Einführung, in: dies. (Hrsg.), Soziologische Theorie kontrovers,<br />

2010, S. 11 (13).<br />

50<br />

Vgl. Albert/Sigmund, Theorie (Fn. 49), S. 15, in Anknüpfung an R. K. Merton, Die normative<br />

Struktur der Wissenschaft (1942), in: ders., Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen,<br />

1985, S. 86 ff.<br />

51<br />

Vgl. R. Gröschner, Dialogik und Jurisprudenz, 1982, S. 86 ff., 134 ff., 189 ff.<br />

52<br />

Vgl. Albert/Sigmund, Theorie (Fn. 49), S. 20.<br />

53<br />

Vgl. P. Häberle, Pädagogische Briefe an einen jungen Verfassungsjuristen, 2010, S. 110 ff.<br />

54<br />

So schon für die Weimarer Zeit: U. Scheuner, 50 Jahre deutsche Staatsrechtswissenschaft<br />

im Spiegel der Verhandlungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer. I. Die Vereinigung<br />

der Deutschen Staatsrechtslehrer in der Zeit der Weimarer Republik, AöR 97 (1972),<br />

S. 349 (374).<br />

55<br />

Vgl. näher in diesem Bande S. 145 ff.<br />

56<br />

Dazu Häberle, Briefe (Fn. 53), S. 101, 107 f.<br />

57<br />

F. Günther, Denken vom Staat her, 2004, S. 192; krit. („legenda negra“) J. Isensee, Staatsrechtslehre<br />

als Wissenschaft, JZ 2009, S. 949 (954).

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