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06/07 - Evangelische Kirchen in Erfurt

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KOLUMNE 4<br />

Gesprächskreis sozial – richtig oder falsch?<br />

Ilse Neumeister<br />

Seit mehr als 13 Jahren trifft sich wöchentlich e<strong>in</strong>e Gruppe von rauen, die sich die<br />

„Klosterrunde“ nennt, entstanden als Initiative Arbeitsloser und Vorruheständler<strong>in</strong>nen<br />

im evangelischen <strong>Kirchen</strong>kreis. Noch bevor die erste Arbeitslosenwelle here<strong>in</strong>brach,<br />

haben wir, evangelische und katholische rauen, überlegt, was die Kirche bzw. wir<br />

Betroffenen anbieten können. Da wir vorwiegend solche Menschen im Blick hatten,<br />

die ke<strong>in</strong>e konfessionelle B<strong>in</strong>dung haben und weil wir <strong>in</strong> kirchliche Räume e<strong>in</strong>laden<br />

mussten, luden wir e<strong>in</strong> mit der Bemerkung: ...jeder ist willkommen, ke<strong>in</strong>er muss beten.<br />

Am 19. Januar 1991 warteten wir im August<strong>in</strong>erkloster, ob wohl jemand kommen<br />

würde. Und es kamen we<strong>in</strong>ende rauen, jede kam <strong>in</strong> die Kathar<strong>in</strong>enkapelle und sagte,<br />

sie gehöre ke<strong>in</strong>er Kirche an, aber sie hätte sich selbst nicht mehr ausgehalten. So g<strong>in</strong>g<br />

es Woche um Woche weiter. Wir hatten ke<strong>in</strong> Konzept außer unserer Hilfsbereitschaft,<br />

das zerbrochene Selbstbewusstse<strong>in</strong> der rauen wieder aufzubauen. Manchmal war es<br />

nicht „nur“ die Arbeitslosigkeit selbst, sondern auch die Art und Weise, wie man es<br />

erfahren oder mitgeteilt bekommen hatte. Nachdem sich etliche schon e<strong>in</strong> bisschen<br />

stabilisiert hatten, wurde es e<strong>in</strong>facher. Jede half jeder, sich e<strong>in</strong>zugewöhnen, und bald<br />

wurden auch Wünsche für das Zusammense<strong>in</strong> geäußert. Bald hatte sich so e<strong>in</strong>e Art<br />

Ritus e<strong>in</strong>gebürgert: E<strong>in</strong> bißchen „quasseln“ und dann thematisch arbeiten. So ist es bis<br />

jetzt geblieben. Außer Gesprächen über Kultur, Politik und vieles andere werden sehr<br />

gern biblische Gespräche angenommen. Hier e<strong>in</strong> herzlicher Dank an die <strong>Erfurt</strong>er Pfarrerschaft<br />

– ke<strong>in</strong>er hat bisher e<strong>in</strong>e Bitte abgeschlagen. Zwei Sommer und auch später<br />

noch manchmal haben wir unsere <strong>Kirchen</strong> besucht und besichtigt. Wir haben Reisen<br />

gemacht und Brücken geschlagen zu rauengruppen aus der alten Bundesrepublik, die<br />

Gespräche suchten. E<strong>in</strong>ige arbeiten auch nebenbei kreativ und unterstützen so manchen<br />

Basar. Unter uns s<strong>in</strong>d auch „zugezogene“ rauen, die nicht die Anhängsel ihrer<br />

Männer se<strong>in</strong> möchten und selbst Kontakte aufbauen wollten. Sie haben uns sehr gut<br />

getan. Heute s<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong> ganz normaler Gesprächskreis, vorwiegend Ruheständler<strong>in</strong>nen.<br />

Aber me<strong>in</strong> Vorschlag, nur e<strong>in</strong>mal im Monat zusammenzukommen, stieß auf<br />

heftige Ablehnung. Das letzte Argument, ich g<strong>in</strong>ge ja auch allsonntags zur Kirche, sie<br />

kämen eben donnerstags <strong>in</strong>s Kloster, war nicht zu widerlegen.<br />

Nun noch etwas zum Namen „Klosterrunde“: 1991 hätte wohl ke<strong>in</strong>e der rauen gern<br />

gesagt, sie gehe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Arbeitslosengruppe. Als ich damals im Krankenhaus lag, kam<br />

e<strong>in</strong>e Karte mit Grüßen „von Ihrer Klosterrunde“. Aus dem Leben war der Name erfunden<br />

worden. Die rauen sagen: „Wer hat sich damals um uns gekümmert? Nur die<br />

Kirche.“ Trotzdem s<strong>in</strong>d sie geblieben, was sie waren: konfessionslos – ich verwende<br />

bewusst das Wort Atheisten nicht und habe dafür gute Gründe. Meistens s<strong>in</strong>d wir etwa<br />

20 bis 25 Leute, manchmal auch 30 bis 40. Me<strong>in</strong> Dank gilt rau Pfarrer<strong>in</strong> i.R. Pabel<br />

und Herrn Altpropst Dr. alcke, die damals festgelegt haben, dass jede Woche für uns<br />

e<strong>in</strong> Raum im August<strong>in</strong>erkloster zur Verfügung steht. Und Dank nun auch der jetzigen<br />

Mitarbeiterschaft im August<strong>in</strong>erkloster. Wenn die Klosterrunde e<strong>in</strong>en Gottesdienst feiern<br />

möchte, dann geht das nur mit e<strong>in</strong>em Pfarrer, der angesichts der „selbstgestrickten“<br />

Klosterrunden-Liturgie nicht den Mut verliert: Herr Pfarrer Dr. Remus f<strong>in</strong>det immer<br />

e<strong>in</strong> Bibelwort, um alle die Vorschläge s<strong>in</strong>nvoll zusammenzub<strong>in</strong>den.

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