emilia Galotti - Schauspiel Stuttgart
emilia Galotti - Schauspiel Stuttgart
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wie Maler, Räuber und Bedienstete eine weitere Beschleunigung<br />
sowie Intensivierung des Geschehens anstrebt. In diesem<br />
Aspekt, der Leerstelle im Zentrum, dem Fragezeichen im<br />
Mittelpunkt des Spiels haben wir das für uns Spannende in der<br />
Auseinandersetzung mit <strong>emilia</strong> galotti gefunden.<br />
Gleich zu Beginn des Stückes fällt auf, dass Lessing Emilia<br />
zunächst nur als Name und visuell in Form eines Bildes<br />
‚auftreten‘ lässt. Er etabliert sie als Assoziationsfläche, als einen<br />
Namen, der jeweils mit eigenen Vorstellungen aufgeladen wird<br />
und als Abbild, als Kopie des Originals, das ebenfalls anhand<br />
der eigenen Imagination lebendig gemacht wird. Erst nach dem<br />
Vorfall in der Kirche sehen wir Emilia selber, um Fassung ringend<br />
und gänzlich außer sich, auf der Bühne. Die Tatsache,<br />
dass sie von Lessing mehr als Objekt denn als eigenständiges<br />
Subjekt, mehr als Leerstelle, in die ein jeder seine Bedürfnisse<br />
einschreibt, denn als junge Frau, die sich mit ihren Fragen<br />
und Bedürfnissen an ihre Umwelt wenden kann, etabliert<br />
wird, tritt bereits in den ersten Szenen des Textes deutlich<br />
hervor. Emilia wird von den sie Umgebenden nicht erkannt<br />
(wenn das (Er-) Kennen eines Menschen überhaupt möglich<br />
ist) sondern verkannt. Wo der Prinz in Emilia seine Chance auf<br />
ein anderes, durch Liebe erfülltes Leben sieht und er sie als diese<br />
Chance auch haben möchte, da braucht Claudia ihre Tochter,<br />
um ein Leben in der Stadt fernab von der Ödnis des Landes und<br />
dem verkümmerten Eheleben genießen zu können. Ebenso ist<br />
Odoardo <strong>Galotti</strong> in seiner Vaterliebe mehr an Emilia als gelungenem<br />
Beispiel für seine tugendhafte Erziehung interessiert,<br />
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