Privathaftpflichtversicherung Lösung - Hochschule für Verwaltung ...
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<strong>Privathaftpflichtversicherung</strong> –<strong>Lösung</strong> 1<br />
<strong>Privathaftpflichtversicherung</strong><br />
<strong>Lösung</strong><br />
1. § 823 Abs.1 Schadensersatzansprüche gegen S<br />
S lief vor das Fahrzeug des G, das hierbei beschädigt wurde. S hat eine kausal<br />
adäquate Verletzungshandlung am Eigentum des G begangen. 1 Die<br />
Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit.<br />
Die im Unfallzeitpunkt erst 7-jährige S ist <strong>für</strong> die Beschädigung des Pkw des G nach<br />
§ 828 Abs.2 Satz 1 nicht verantwortlich. Für eine vorsätzliche Begehung bestehen<br />
keine Anhaltspunkte. Eine Haftung aus § 823 Abs.1 entfällt mangels Deliktsfähigkeit.<br />
Deshalb entfallen zugleich Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 303<br />
StGB.<br />
2. § 832 Abs.1 S.1 Schadensersatzansprüche gegen die Eltern (E)<br />
Die nach § 1626 Abs.1 aufsichtspflichtigen Eltern haften <strong>für</strong> die von ihrer Tochter<br />
widerrechtlich Dritten zugefügten Schäden. Wie oben gezeigt hat die Tochter S das<br />
Eigentum des G widerrechtlich beschädigt.<br />
Jedoch kommt eine Exkulpationsmöglichkeit der Eltern nach § 832 Abs.1 S.2 in<br />
Betracht, wenn sie nachweisen können, dass sie ihrer Aufsichtspflicht genügt<br />
haben. 2 Bei 7-jährigen Schulkindern besteht grundsätzlich keine umfassende<br />
Aufsichtspflicht der Eltern auf dem Schulweg mehr. Eine Ausnahme könnte allenfalls<br />
gelten, wenn besondere Vorkommnisse Anlass zu besonderen Überwachungs- oder<br />
Kontrollmaßnahmen geben würden, wo<strong>für</strong> der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt<br />
liefert. Schadensersatzansprüche des G gegen die Eltern E kommen nicht in<br />
Betracht, da keinerlei Anhaltspunkte <strong>für</strong> eine Aufsichtspflichtverletzung festgestellt<br />
werden konnten. Die Eltern können sich exkulpieren.<br />
Der Satz „Eltern haften <strong>für</strong> ihre Kinder“ steht auf Baustellenschildern und ist keine<br />
Anspruchsgrundlage nach BGB.<br />
3. § 829 Schadensersatzansprüche gegen S<br />
1<br />
Der Beitrag des G an der Schadensentstehung ist bei dieser Fragestellung nur im Rahmen eines<br />
Mitverschuldens von Bedeutung.<br />
2<br />
Beweislastumkehr<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
<strong>Verwaltung</strong> und Finanzen<br />
Ludwigsburg<br />
Online-Dokumente BGB<br />
Unerlaubte Handlung<br />
Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 04-2011
<strong>Privathaftpflichtversicherung</strong> –<strong>Lösung</strong> 2<br />
Ein Anspruch des G könnte sich aus der Billigkeitshaftung des § 829 ergeben. Diese<br />
greift nur ein, wenn die Aufsichtspflichtigen keinen Schadensersatz leisten. Wie<br />
bereits gezeigt, besteht kein Schadensersatzanspruch gegen die aufsichtspflichtigen<br />
Eltern.<br />
Nach dieser Vorschrift ist eine aufgrund der §§ 827, 828 nicht verantwortliche Person<br />
<strong>für</strong> einen von ihr verursachten Schaden ersatzpflichtig, wenn die Billigkeit die<br />
Schadloshaltung des Geschädigten nach den Umständen, insbesondere nach den<br />
Verhältnissen der Beteiligten, erfordert. Wie oben bereits gezeigt, haftet die S nach §<br />
828 Abs.2 nicht <strong>für</strong> den dem G widerrechtlich zugefügten Schaden mangels<br />
Deliktsfähigkeit. 3<br />
Es stellt sich die Frage, ob die Billigkeit eine Schadensersatzpflicht der S erfordert.<br />
An die Erfüllung des Tatbestands des § 829 sind hohe Anforderungen zu stellen. §<br />
829 stellt im Haftungssystem des BGB eine Ausnahmevorschrift dar. Auf diese<br />
Vorschrift kann eine Haftung nicht schon gestützt werden, wenn es die Billigkeit<br />
erlaubt. Vielmehr müssen die gesamten Umstände des Falls eine Haftung des<br />
schuldlosen Schädigers aus Billigkeitsgründen erfordern. 4 Dies setzt ein<br />
wirtschaftliches Gefälle voraus, also erheblich bessere Vermögensverhältnisse des<br />
Schädigers gegenüber dem Geschädigten. 5 Daneben sind die Lebensverhältnisse<br />
der Beteiligten, die Bedürfnisse des Geschädigten und besondere die Umstände der<br />
Tat zu berücksichtigen. 6<br />
Dabei hatte es die Rechtsprechung bisher abgelehnt, das Bestehen einer freiwilligen<br />
Versicherung haftungsbegründend heranzuziehen, wenn eine Ersatzpflicht sonst bei<br />
Berücksichtigung aller Umstände nicht bestünde. Diese Haftpflichtversicherung 7<br />
begründet kein wirtschaftliches Gefälle. Dies lässt sich formal damit begründen, dass<br />
die Haftung der Versicherung voraussetzt, dass die versicherte Person nach §§ 823<br />
ff., 829 haftet. Erst wenn die Haftung aus §§ 823 ff., 829 vorliegt, löst dies die<br />
Leistungspflicht der Versicherung aus. Deshalb darf die Leistungspflicht der<br />
3<br />
Aufbauhinweis: Wegen der Subsidiarität des § 829 ist sinnvoller weise zuerst die Haftung des<br />
Minderjährigen und die Haftung der Eltern zu prüfen, bevor § 829 geprüft wird.<br />
4 BGHZ 127, 186<br />
5 BGH in NJW 1979 S. 2096<br />
6<br />
Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln nach Fallgruppen<br />
7<br />
Hinweis: Bei <strong>Privathaftpflichtversicherung</strong>en gibt es keinen Direktanspruch des Geschädigten gegen<br />
die Versicherung wie ihn § 115 VVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung begründet.<br />
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Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
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<strong>Privathaftpflichtversicherung</strong> –<strong>Lösung</strong> 3<br />
Versicherung nicht schon bei der Prüfung der Vermögensverhältnisse nach § 829<br />
vorausgesetzt und dem Vermögen des Schädigers zugerechnet werden. Aus diesem<br />
Grunde darf bei der Prüfung des § 829 und der Frage, ob ein wirtschaftliches Gefälle<br />
herrscht, die Versicherung nicht dem Vermögen des Schädigers zugerechnet<br />
werden. Eine solche Versicherung kann allenfalls im Rahmen der Berechnung eines<br />
wegen sonstiger Umstände nach § 829 zu zahlenden Betrags bei der Höhe der<br />
Entschädigung berücksichtigt werden. 8<br />
Mit der Neufassung des § 828 Abs.2 durch das 2. Gesetz zur Änderung<br />
schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 hat der Gesetzgeber die<br />
Verantwortlichkeit von Kindern im Straßenverkehr bewusst eingeschränkt und das<br />
Risiko, durch im Straßenverkehr unerfahrene Kinder einen Schaden zu erleiden, den<br />
anderen Verkehrsteilnehmern aufgebürdet. Ausweislich des Regierungsentwurfs<br />
zum 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz 9 hat der Gesetzgeber auch gesehen,<br />
dass mit der Neuregelung des § 828 Abs.2 eine Haftung Minderjähriger nach § 829<br />
stärker in den Blick genommen werden kann. Hätte er in Abweichung von der<br />
langjährigen Rechtsprechung des BGH 10 allein das Bestehen einer freiwilligen<br />
Haftpflichtversicherung <strong>für</strong> eine Billigkeitshaftung nach § 829 ausreichen lassen<br />
wollen, hätte ihm eine entsprechende Änderung des § 829 frei gestanden. 11 Dies hat<br />
er gleichwohl nicht getan. Wollte man nun dennoch über eine geänderte Auslegung<br />
dieser Vorschrift das bloße Bestehen einer Haftpflichtversicherung <strong>für</strong> eine Haftung<br />
nach § 829 ausreichen lassen, würde das auch weiterhin im Tatbestand dieser Norm<br />
vorhandene Billigkeits-Erfordernis vollständig ausgehöhlt. Angesichts der weiten<br />
Verbreitung freiwilliger Haftpflichtversicherungen würde der § 828 Abs.2 entgegen<br />
seinem aus dem Wortlaut erkennbaren Zweck, geistigen Unzulänglichkeiten von<br />
Kindern im Straßenverkehr Rechnung zu tragen, sogar zu einer Ausweitung ihrer<br />
Haftung führen. Dieses Ergebnis wäre widersinnig. Zudem ginge der<br />
Ausnahmecharakter des § 829 im Haftungssystem des BGB verloren. 12<br />
Nach diesen Grundsätzen kommt eine Haftung der S nicht in Betracht. 13<br />
8<br />
9<br />
BGHZ 76, 279<br />
BR-Dr 742/01 S. 37<br />
10 vgl. BGHZ 76 S. 279, 283<br />
11<br />
historische Auslegung; diese kann in einer Klausur nicht erwartet werden, da der Zugriff auf die<br />
Gesetzesbegründung nicht möglich ist, im Rahmen einer Bachelorarbeit ist diese geboten<br />
12<br />
Es gilt die Auslegungsregel, dass Ausnahmevorschriften grundsätzlich eng auszulegen sind.<br />
13<br />
Fall nach LG Heilbronn NZV 2004, 464<br />
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