Zigarren - Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg
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<strong>Zigarren</strong> – Lösung<br />
1<br />
<strong>Zigarren</strong><br />
Lösung<br />
§§ 437 Abs. 1 Nr. 1, 439 Abs. 1<br />
R könnte nach § 439 Abs. 1 Nachlieferung mangelfreier <strong>Zigarren</strong> verlangen. Nach §<br />
437 Abs. 1 müsste ein Mangel der Kaufsache vorliegen. Der widerliche Geschmack<br />
<strong>und</strong> der unerträgliche Geruch der <strong>Zigarren</strong> ist ein objektiver Fehler nach § 434 Abs. 1<br />
S. 2 Nr. 2, der die Tauglichkeit der <strong>Zigarren</strong> zum gewöhnlichen Gebrauch aufhebt.<br />
Der Fehler hat sich sogleich nach Übergabe herausgestellt. Er ist also bereits zur<br />
Zeit des Gefahrübergangs nach §§ 434 Abs. 1 S. 1, 446 vorhanden gewesen. Im<br />
übrigen kommt beim Verbrauchsgüterkauf die Beweislastumkehr des § 476 zur<br />
Anwendung. Zeigt sich ein Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang<br />
nach § 446, wird vermutet, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang – der<br />
Übergabe – vorlag. Infolgedessen kann der Käufer Nacherfüllung verlangen.<br />
Das Recht steht dem Käufer zu. Es stellt sich die Frage, ob der Anspruch auf<br />
Nacherfüllung von R oder seinem Schwiegersohn S geltend gemacht werden kann.<br />
a. Der Vertrag könnte in der Person des R zustande gekommen sein, wenn die von S<br />
gegenüber V abgegebene Willenserklärung im Rahmen einer Stellvertretung nach<br />
§§ 164 ff erfolgt wäre.<br />
aa. Jedoch hat S im Laden des V nicht sein Handeln <strong>für</strong> seinen Schwiegervater<br />
deutlich gemacht. Er hat nicht gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 im Namen seines<br />
Schwiegervaters gehandelt. Im Recht der Stellvertretung gilt das<br />
Offenk<strong>und</strong>igkeitsprinzip. Es muss offenk<strong>und</strong>ig sein, dass die Willenserklärung im<br />
Namen eines anderen erfolgt. Da der Wille, im Namen des Schwiegervaters zu<br />
handeln, nicht erkennbar hervortrat, gilt an sich die Willenserklärung als im eigenen<br />
Namen des S nach § 164 Abs. 2 abgegeben.<br />
bb. Nach § 164 Abs. 2 wäre folglich S <strong>und</strong> nicht sein Vater R als Käufer anzusehen.<br />
S hätte den Kaufvertrag abgeschlossen <strong>und</strong> ihm stünde der Anspruch auf<br />
Nacherfüllung zu. R könnte nicht aus eigenem Recht Nachlieferung verlangen.<br />
b. Eine Ausnahme zum Offenk<strong>und</strong>igkeitsprinzip des § 164 Abs 1 <strong>und</strong> Abs. 2 besteht<br />
bei Geschäften, wen es angeht. Solch ein Geschäft, wen es angeht, kann bei<br />
Bargeschäften des täglichen Lebens vorliegen. Bei diesen Bargeschäften des<br />
Fachhochschule <strong>Ludwigsburg</strong><br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
<strong>Verwaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong><br />
Online-Dokumente BGB<br />
Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 06-2006
<strong>Zigarren</strong> – Lösung<br />
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täglichen Lebens spielt <strong>für</strong> den Verkäufer die Person seines Vertragspartners<br />
regelmäßig keine Rolle. Er ist bereit mit jedem den Vertrag abzuschließen, wenn der<br />
Kaufpreis sogleich bezahlt wird.<br />
aa. Die <strong>Zigarren</strong> wurden von R bezahlt. R hat ein offenbares Interesse daran den<br />
Anspruch auf Nachlieferung unmittelbar durchsetzen zu können. S wäre wenig<br />
erfreut, wenn er aus einer bloßen Gefälligkeit in weitere Unannehmlichkeiten<br />
verwickelt würde.<br />
bb. Nur ein besonderes Interesse des V könnte es rechtfertigen, R die Stellung als<br />
Vertragspartei <strong>und</strong> damit als Nachlieferungsberechtigten vorzuenthalten. Bei<br />
Geschäften des täglichen Lebens, die bar über den Ladentisch abgewickelt werden,<br />
hat der Verkäufer regelmäßig keinerlei Interesse an der Person des Käufers. Er<br />
überlässt die Bestimmung des Käufers dem anderen Teil.<br />
cc. Der wirkliche Wille des Verkäufers V, auf den es nach §§ 133, 157 bei der<br />
Auslegung des Vertrages ankommt, ist also regelmäßig auf Verkauf <strong>und</strong><br />
Übereignung an denjenigen, den es angeht gerichtet <strong>und</strong> nicht auf den unmittelbar<br />
Handelnden fixiert. Die Person des Käufers bestimmt sich daher nach dem Willen<br />
des gegenüber dem Käufer handelnden S. S aber wollte das Geschäft alleinig im<br />
Interesse <strong>und</strong> <strong>für</strong> Rechnung seines Vaters abwickeln. R sollte nach dem Willen des S<br />
Käufer sein.<br />
Zwischen R <strong>und</strong> V kam der Kaufvertrag wirksam zustande. Deshalb steht das<br />
Nachlieferungsverlangen unmittelbar R zu.<br />
Fachhochschule <strong>Ludwigsburg</strong><br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> öffentliche<br />
<strong>Verwaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong><br />
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Prof. Dr. Eleonora Kohler-Gehrig<br />
Stand 06-2006