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Die Deportationen ungarischer Juden nach Theresienstadt

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Adler vermischte hier zwei Transporte, die <strong>Theresienstadt</strong> aus Österreich erreichten: den oben erwähnten<br />

Transport IV/16, der am 8. März 1945 aus Strasshof ankam und in dem sich Deportierte aus der<br />

ungarischen Provinz befanden, 166 und Transport IV/16a, mit dem im April 77 Budapester <strong>Juden</strong><br />

eintrafen, die <strong>nach</strong> den Todesmärschen zur österreichisch-ungarischen Grenze unter unmenschlichen<br />

Bedingungen hatten Schanzarbeiten durchführen müssen. 167 Sie gehörten zur letzten Gruppe<br />

<strong>ungarischer</strong> Jüdinnen und <strong>Juden</strong>, die in die Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten gerieten.<br />

Nachdem Horthy am 15. Oktober 1944 den Austritt Ungarns aus dem Weltkrieg bekannt gegeben hatte,<br />

rissen die Nyílas, die faschistischen Pfeilkreuzler, unter der Führung von Ferenc Szálasi mithilfe der<br />

Deutschen die Macht an sich. Sofort begann der Terror gegen die Budapester <strong>Juden</strong>, der bis zur<br />

Befreiung der Stadt Tausenden das Leben kostete. Am 18. Oktober erklärte sich der ungarische<br />

Innenminister Gabor Vajna bereit, dem Deutschen Reich bis Kriegsende 50.000 jüdische Männer und<br />

Frauen als Arbeitssklaven für die Rüstungsindustrie zur Verfügung zu stellen. Am 20. Oktober begann die<br />

Zwangsrekrutierung von Budapester <strong>Juden</strong> zwischen 16 und 60 Jahren, wobei die Nyílas-Kommandos<br />

weder die Altersgrenze noch die Arbeitsfähigkeit der von ihnen Rekrutierten sonderlich beachteten. Am<br />

22. Oktober wurden neuerlich jüdische Männer zwischen 16 und 60 Jahren sowie jüdische Frauen<br />

zwischen 14 und 40 Jahren zum Zwangsarbeitsdienst aufgerufen. Bis zum 26. Oktober waren ungefähr<br />

25.000 Männer und 10.000 Frauen zu Schanzarbeiten bei Budapest eingezogen worden. 168 Aufgrund<br />

des Vormarschs der sowjetischen Truppen wurde die Mehrzahl dieser SchanzarbeiterInnen Ende<br />

Oktober/Anfang November in Richtung Hegyeshalom zur Übergabe an das Deutsche Reich in Marsch<br />

gesetzt. 169 Zwei weitere Aufrufe zur Rekrutierung von Jüdinnen zwischen 16 und 50 Jahren, „die nähen<br />

konnten“, sowie ein allgemeiner Aufruf zur Registrierung für den „Arbeitseinsatz in Verbindung mit der<br />

nationalen Verteidigung“ folgten am 2. und 3. November. Auch diese Zwangsrekrutierten fielen in die<br />

Klasse der so genannten „Leihjuden“, 170 welche die ungarische Regierung dem Deutschen Reich „bis<br />

Kriegsende“ übergab, und mussten ab 8. November von Óbuda <strong>nach</strong> Hegyeshalom marschieren. 171 Bei<br />

diesen Märschen erhielten die Verschleppten fast keine Nahrung und mussten im Freien über<strong>nach</strong>ten.<br />

Erschöpfte, die das Marschtempo nicht einhalten konnten, wurden gnadenlos erschossen und von den<br />

Wachmannschaften gequält. In Hegyeshalom erhielten sie bessere Verpflegung und waren in Scheunen<br />

166 Liste des Transports IV/16.<br />

167 Information von Vojtch Blodig von der Gedenkstätte <strong>Theresienstadt</strong>.<br />

168 Gerlach, Aly, Das letzte Kapitel, S. 358.<br />

169 Braham, Politics, S. 835–838; siehe auch: Szabolcs Szita, Verschleppt, verhungert, vernichtet. <strong>Die</strong><br />

Deportation von ungarischen <strong>Juden</strong> auf das Gebiet des annektierten Österreich 1944–1945, Wien 1999,<br />

S. 194 f.<br />

170 Neben den Budapester <strong>Juden</strong> wurden jüdische Arbeitsdienstler der ungarischen Armee der SS<br />

ausgeliefert.<br />

171 Braham, Politics, S. 838.

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