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Die Deportationen ungarischer Juden nach Theresienstadt

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Leitung der Selbstverwaltung übernahm Georg Vogel, ein Prager Kommunist. 195 Wie Jolan Klein<br />

berichtete, brachte die Übernahme des Lagers durch die russischen Truppen neue Probleme und Chaos.<br />

Frauen aus den Strasshofer Transporten, die noch einigermaßen gut aussahen, hatten besonders unter<br />

den russischen Befreiern zu leiden, die jede Nacht kamen, um Mädchen zu suchen. <strong>Die</strong> Jüdinnen zogen<br />

sich zunächst auf einen Frauendachboden zurück, schließlich übersiedelten sie zu den Männern. Später<br />

sei es zu Plünderungen, insbesondere von Nahrungsmitteln, gekommen, an denen sich sowohl russische<br />

Soldaten als auch Häftlinge beteiligten. Ein Bursch aus ihrer Heimatstadt Mako, der als russischer Soldat<br />

<strong>nach</strong> <strong>Theresienstadt</strong> gekommen war, erzählte ihr, dass ihr Vater überlebt hatte. Daraufhin warteten auch<br />

sie und ihre ältesten Schwestern nicht die Repatriierung ab, sondern begaben sich aus eigener Kraft <strong>nach</strong><br />

Budapest, wo sie ihren Vater fanden. 196<br />

<strong>Die</strong> Repatriierungen aus <strong>Theresienstadt</strong> verzögerten sich, da das Lager zwischen dem 14. und dem 28.<br />

Mai wegen der dort herrschenden Seuchen unter Quarantäne gestellt wurde. Wie Adler berichtet, hatten<br />

die Russen „am 12. Mai eine Sanitätsgruppe ins Lager dirigiert, die Außerordentliches leistete und sich<br />

durch ihr Wohlwollen gegenüber den Theresienstädtern angenehm von manchen tschechischen Helfern<br />

unterschied“. 197 Am 30. Juni befanden sich nur noch 5.952 InsassInnen im Lager, der letzte<br />

Repatriierungstransport verließ <strong>Theresienstadt</strong> am 8. August in Richtung Berlin. 198<br />

<strong>Die</strong> exakte Zahl der ungarischen Jüdinnen und <strong>Juden</strong>, die ihre Deportation <strong>nach</strong> <strong>Theresienstadt</strong> nicht<br />

überlebten, ist nicht bekannt. Ebenso wenig gibt es eine genaue Zahl der Opfer der <strong>nach</strong> Österreich<br />

Deportierten. Randolph L. Braham verglich bei einigen Städten und Dörfern, aus denen Menschen <strong>nach</strong><br />

Strasshof verschleppt wurden, die Größe der dortigen jüdischen Gemeinden in den Jahren 1941 und<br />

1946. Aus diesem Zahlenmaterial schloss er, dass etwa 75 % dieser Gruppe überlebten, 199 Dow Dinur<br />

geht von 12.000 Überlebenden aus. 200 <strong>Die</strong> Mehrheit der Todesfälle ereignete sich jedoch nicht während<br />

des Arbeitseinsatzes, sondern in den letzten Kriegs- bzw. den ersten Wochen <strong>nach</strong> der Befreiung. <strong>Die</strong><br />

meisten Opfer verloren ihr Leben in Österreich, insbesondere während der Todesmärsche und der<br />

Internierung in Mauthausen und Gunskirchen.<br />

195 Adler, <strong>Theresienstadt</strong>, S. 212 f.<br />

196 Jolan (Bluma) Klein, Moreshet A.1523.<br />

197 Adler, <strong>Theresienstadt</strong>, S. 214.<br />

198 Ebenda.<br />

199 Braham, Genocide, S. 654.<br />

200 Dow Dinur, Dokh Kastner, Hotzaah Atzmit, Tel Aviv 1981, S. 25. Zitiert in Bauer, Sale, S. 201.

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