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Regeln sind für Mädchen - Jungen brauchen ... - Peter-may.de

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Aus <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>r relativen Stärken und Schwächen von <strong>Jungen</strong> und <strong>Mädchen</strong> ergibt<br />

sich, daß <strong>Mädchen</strong> eher nach verallgemeinerbaren <strong>Regeln</strong> (z.B. Kürzezeichen, Satzzeichen)<br />

schreiben, während <strong>Jungen</strong> sich beson<strong>de</strong>rs wortspezifische Beson<strong>de</strong>rheiten (z.B.<br />

Längezeichen) merken, und daß <strong>für</strong> <strong>Jungen</strong> <strong>de</strong>r persönliche Bezug zu <strong>de</strong>n Wörtern <strong>für</strong> ihre<br />

orthographische Leistung eine größere Rolle spielt. Nimmt man hinzu, daß die<br />

Rechtschreibleistung von <strong>Mädchen</strong> <strong>de</strong>utlich stärker mit Bedingungen <strong>de</strong>s Unterrichts<br />

zusammenhängt, während <strong>Jungen</strong> ihre Leistung eher aus außerunterrichtlichen Quellen (v.a.<br />

das Lesen von Lektüre) schöpfen, so muß man sich fragen, ob <strong>de</strong>r Rechtschreibunterricht, wie<br />

er vielfach betrieben wird, nicht in erster Linie eine Veranstaltung <strong>für</strong> <strong>Mädchen</strong> ist. Diese lassen<br />

sich eher auf formale Regelungen und mittelschichtsspezifische Ordnungsvorstellungen ein.<br />

<strong>Jungen</strong> lernen dagegen autonomer. Sie <strong>brauchen</strong> noch stärker einen inhaltlichen und persönlich<br />

wichtigen Bezug zum Schreiben bzw. generell zum Lernen.<br />

Persönlich wichtige Wörter, wie beispielsweise Schiedsrichter und Computer, interessieren<br />

und beeindrucken <strong>Jungen</strong> so nachhaltig, daß sie diese gleich gut o<strong>de</strong>r sogar besser schreiben<br />

können als <strong>Mädchen</strong>. Für <strong>Mädchen</strong> ist die persönliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Schreibwörter natürlich<br />

ebenfalls wichtig, wie die Ergebnisse zeigen, aber sie geben sich eher auch bei <strong>für</strong> sie<br />

persönlich weniger be<strong>de</strong>utungsvoll erscheinen<strong>de</strong>n Aufgaben Mühe, weil sie die institutionelle<br />

Autorität <strong>de</strong>r Schule mehr beeindruckt als <strong>Jungen</strong>. Dies ist ein bekannter<br />

geschlechtsspezifischer Sozialisiationseffekt. Es stellt sich die Frage, ob <strong>de</strong>r schriftsprachliche<br />

Unterricht in <strong>de</strong>r Grundschule, wo die Lehrkräfte meist Frauen <strong>sind</strong>, nicht zu "weiblich"<br />

ausgerichtet ist. Berücksichtigen die Inhalte <strong>de</strong>r Lehrgangsmaterialien und <strong>de</strong>r Lektüren<br />

genügend die jungenspezifischen Interessen? Setzt die Form <strong>de</strong>r meisten Papier-Bleistift-<br />

Übungen nicht vielleicht zu viel "weibliche" Sekundärtugen<strong>de</strong>n voraus, nämlich sich auf<br />

vor<strong>de</strong>rgründige, formale Handlungen einzulassen?<br />

Dazu ein mir sehr vertrautes Beispiel: In <strong>de</strong>r Klasse von Lennart wur<strong>de</strong>n viele Schreibanlässe<br />

aufgegriffen: Es wur<strong>de</strong>n Briefe an die Partnerklasse geschrieben, Erlebnisse in <strong>de</strong>r<br />

Klassengemeinschaft schriftlich nie<strong>de</strong>rgelegt, Projekte beschrieben usw. Aber Lennart schrieb<br />

nur das Allernötigste und han<strong>de</strong>lte die Schreibaufgaben weitgehend als pure Pflichterfüllung<br />

ab. Als aber in <strong>de</strong>r Klasse das Thema "Dinosaurier" behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, schrieb er drei Seiten<br />

freiwillig über die Regelung <strong>de</strong>s Temperaturausgleichs bei Dinosauriern.<br />

<strong>Jungen</strong> <strong>sind</strong> aufgrund ihrer vor- und außerschulischen Erziehung stärker auf beson<strong>de</strong>rs<br />

aufsehenerregen<strong>de</strong>, sensationelle Inhalte ausgerichtet. Sie lassen sich weniger als <strong>Mädchen</strong> auf<br />

die "kleinen" Dinge <strong>de</strong>s Lebens, das alltäglich Erscheinen<strong>de</strong>, ein. Dies zeigt sich auch beim<br />

Rechtschreiblernen, wo <strong>Jungen</strong> stärker durch die einzelnen Wörter beeindruckt und angeregt<br />

wer<strong>de</strong>n als durch allgemeine Rechtschreibübungen.<br />

Aus <strong>de</strong>m eben Gesagten könnte <strong>de</strong>r falsche Schluß gezogen wer<strong>de</strong>n, die Grundschule müsse<br />

stets mit beson<strong>de</strong>rs bemerkenswerten, aufsehenerregen<strong>de</strong>n, also sensationellen Inhalten<br />

aufwarten, damit auch <strong>Jungen</strong> sich <strong>de</strong>m Unterricht nicht entziehen. Dies hieße in pädagogischer<br />

Hinsicht jedoch, <strong>de</strong>n "Bock zum Gärtner zu machen". Denn erstens kann die Schule gar nicht<br />

ständig mit Fernsehprogrammen wie "Sesamstraße" konkurrieren, und zweitens ist es ja auch<br />

<strong>für</strong> <strong>Jungen</strong> wichtig, Disziplin und Selbstverantwortung beim Lernen zu entwickeln, ohne daß<br />

ihnen stets alles auf <strong>de</strong>n Leib zugeschnitten wird. Der Schule wächst bekanntlich angesichts<br />

schwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r erzieherischer Einwirkungen von Seiten <strong>de</strong>s Elternhauses gera<strong>de</strong> <strong>für</strong> <strong>Jungen</strong><br />

zunehmend auch die Aufgabe zu, die Kin<strong>de</strong>r zum regelmäßigen und systematischen Lernen<br />

anzuhalten und sich auch zunächst weniger wichtig erscheinen<strong>de</strong>n Themen zu widmen.<br />

Insofern ist es beson<strong>de</strong>rs <strong>für</strong> <strong>Jungen</strong> wichtig, daß <strong>de</strong>r Unterricht gut strukturiert, nach klaren<br />

<strong>Regeln</strong> und mit routinierten Abläufen funktioniert. Sie müssen mehr als <strong>Mädchen</strong> lernen, daß<br />

beim Schreiben und Rechtschreiben auch formale Gesichtspunkte, wie or<strong>de</strong>ntliche Schrift,<br />

eigene Kontrolle <strong>de</strong>r Fehler usw., ernst zu nehmen <strong>sind</strong>. Und mehr als <strong>Mädchen</strong> müssen<br />

<strong>Jungen</strong> dazu angehalten wer<strong>de</strong>n, regelmäßig und in einem Min<strong>de</strong>stumfang zu schreiben Dazu<br />

Rechtschreiblernen und Geschlecht (PM 92/12) 22

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