22.11.2013 Aufrufe

Peter von Staufenberg - PASSWORTGESCHÜTZT!!!

Peter von Staufenberg - PASSWORTGESCHÜTZT!!!

Peter von Staufenberg - PASSWORTGESCHÜTZT!!!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

'<br />

(j '~-D<br />

.<br />

,"<br />

tJ<br />

ERZÄHLUNGEN<br />

DES SPÄTEN MITTELALTERS<br />

UND IHR WEITERLEBEN<br />

IN LITERATUR UND VOLKSDICHTUNG<br />

BISZUR GEGENWART<br />

Sagen, Märchen, Exempel und Schwänke<br />

mit einem Kommentar herausgegeben <strong>von</strong><br />

LUTZ~?HRICH<br />

BandI<br />

FRANCKE VERLAG BERN<br />

UND<br />

MÜNCHEN


1I<br />

r . - , -- - - u 0<br />

auf' ihn, und er ergriff vor ~em ~ilden Tiere die ~l~cht. ~lr -'"\ät~rwieder<br />

seIn Ruf erscholl: Lena, gIb mIr Graupen I schne Ihm di


28 DIE GESTÖRTE MAHl(TENEHE',. PETER'VON STAUFENBERG<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE'.<br />

PETERiVON STAUFENDER.<br />

sprach er alle morgetttzno:i$':. :,~~'ilitda<strong>von</strong>[sinlobwart wite erkant:<br />

«hilf mir daz ich:also getuo~J:j; Swaben Beiem Ungerlant<br />

daz ich din hulde erwerbe"~" H5jdie muostent im daz beste jehen.<br />

e denne ich hie ersterbe.» "inEngellant wart er gesehen<br />

75 des enliez er niemer tag. und ouch da in Frankenrich<br />

da<strong>von</strong> sin got <strong>von</strong> himeI pBag, was 'Crden besten ie gelich.<br />

als er noch viI manges pfligr, in Tuscan; in Lamparten<br />

der in striten wol gesigt<br />

und ouch in turneie.<br />

120 hort man' die frauwen zarten<br />

und mit flize im heiles biten.<br />

80 Der hochgeborne leie"; alsus bate er erstriten<br />

der diente gerne frouwen: mit manheit und mit ritters kraft<br />

swa er die mohte schauwen, .ViIeren in der heidenschaft,<br />

so was er <strong>von</strong> herzen fro. I2~ wan er sluog in mangen tot.<br />

uns seit die aventüre also. daz gras maht rr <strong>von</strong> bluote rot<br />

8~ daz er nie so zomic wart, swaer in striten an sü kan.<br />

seh er er ein schrene frouwe zart,' viI manger ungetoufter man<br />

im verswünd sin ungemach. ' gar dicke zuo dem andern sprach<br />

da<strong>von</strong> man im daz bestejach<br />

in diser wildenweItewit.<br />

13° «so werden man ich nie gesach<br />

!als diserstolzeritter ist.»<br />

90 man seit daz weder e noch sit ,rj sü sprachentbi der seIben frist,<br />

nie stolzer ritter würde erkant er were in rehter maze,<br />

der het ervam so manig lant. ze kleine noch ze groze,<br />

Der seIbe degen here .~t I 3~ weder ze kurz noch ze lanc:<br />

macht mangen sateIlere:'<br />

«sin herze ist luter ane wane<br />

95 in turnein und in striten und bat eins rehten mannes lip.»<br />

wart ze beden siten<br />

gar manges wilden heiden wip<br />

fromer ritter nie erkant. .<br />

seite lob danc und ere<br />

swaz er begreif mit sinerhant 14° der werden frauwen here,<br />

und in sim zorne gerte,<br />

die in' zer weIte ie gebar.<br />

100 s';az er mit sinem swerte sü sprachent allesamen gar<br />

moht umbe sich erlangen, daz er der türste were<br />

umb die was ez ergangen. . den muoter ie gebere,<br />

des lag vor im viI manger tot. ) 145 darzuo bescheiden, milte:<br />

auch braht er mangen sit in not «so het er mit dem schilte<br />

105 die sich durch werde frauwen geworben ritterlichen pris,<br />

uf hoven liezent schouwen. er blüejet als dazmandelris<br />

Also man stechen saIte,<br />

an tugent und an ere.»<br />

swer an in riten wolte, 15° Der werde ritter here<br />

so stiez er ras unde man<br />

durchfuor mit eren manig lant,<br />

110 mit einander dort hindan. . <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong> was er genant.<br />

auch fuorte er an dem schafte sin swa er in den landen fuor,<br />

viI mangen für die frauwen hin. viI manger tobelichen swuor:<br />

I 5~.rit alle weIt uf einen plan, . wanich viI gerngehorsan1"bin.»<br />

'man müeste in für den besten alsolieter zem'stal:hinin'1('?t'!:<br />

han.<br />

19~ und zach haruz rosunC:l;ouch<br />

Der unverzagte werde man pfert, t ~<br />

truog auch riche cleider an huot mantel sporn und,ouch daz<br />

die sinem libe stuondent wal, swert. , , ;, 'M'-t[!,i,;~p '1\"1<br />

160 fürwar ich üch daz sagen sol: truog er dabi an;siner hant;t;<br />

bretspiles kunde er auch vil dar daier sinen herren-;'vant;<br />

und mangerleie seitenspil, sü sazentuf und ritent


'<br />

,<br />

J:"t'<br />

",.<<br />

3° DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG<br />

'~<br />

<strong>von</strong> palmatsiden rosevar~ . mit zühten im die frouwe neig<br />

sp was ir wunneclichezcleit, und gruozte also den knaben.<br />

Qaruf <strong>von</strong> golde was geleit er torst nüt stille haben,<br />

2.35 viI manig tier erhaben ,~ 2.75wan er den herren sin entSa2<br />

<strong>von</strong> golde wol durchgraben. der im so rehte nahe was .<br />

<strong>von</strong> irem richen cleide erschein geriten zuo der selben stunt:<br />

mang wunneclicher edelstein des wart sin herze an freuden<br />

was meisterlich gewjirkt darin, wunt<br />

2.4° reht als ich underwiset bin,<br />

die man so rich anhefte vant:<br />

und was sin allergrrestez leit<br />

2.80 daz im sin herr so nahe reit.<br />

swem man sü leite in die hant, da<strong>von</strong> torst er nüt stille haben,<br />

Undwer ein mensche tot gewesen, <strong>von</strong> not so muoste er für sich<br />

die steinemachtentin genesen, traben '<br />

2.45als ich ir kraft vemomen han. und neig ir doch mit zühten gar.<br />

sü truog ouch ein rich lUrspang Nu was sin herre komen dar<br />

an, '], 2.85 viI schier da uf dem steine<br />

die seIhe schrenefrouwe' dar die schren Sa2muotereine.<br />

vor irme herzen, daz ist war, do sü der ritter an gesach,<br />

als ir viI wol gezeme.:was: verswunden was sin ungemach.<br />

2.5° da<strong>von</strong> ichz ouch geschriben las. do er die schrene alleine vant,<br />

viI koste was daran geleit .2.9° sin herz durchschoz der minne<br />

<strong>von</strong> manger hande schrenheit. brant:<br />

darin lag ein karfunkel:- , <strong>von</strong>' herzen wart er sunderfro,<br />

die naht wart nie so dunkel, viI zühteclich e+sprach also<br />

2.55 man gesehe wol davan. «Got gtÜeze üch, frou, durch<br />

- der stein der wasso lobesan allezuht,<br />

daz er gab wun1J.eclichenschin, got gtÜeze üch, hohgelopte<br />

und was geleit da mitten. in, fruht.<br />

darumb viI manig edelstein, 2.95ich gtÜeze üch, allerschrenstez<br />

2.60bede groz und ouch klein, , wip,<br />

der besten die man ienavant.<br />

den minsten möhte nüt ein ,lant<br />

die ie gewan sel unde lip,<br />

die mir uf erden ie wart kunt:<br />

yergelten nach sim werde. ich gtÜeze üch, frouwe, tusentez<br />

wart uf aller erde .' stunt»<br />

2.65kein keisernie so lobesah, , sprach der ritter do zuo ir.<br />

der sü vergolten möhte han . 3°° «Min lieber front, nu danke dir<br />

mit allem sinem riche..<br />

der werde got <strong>von</strong> himelrich.<br />

sü was so lobeliche",<br />

du gtÜezest mich als tugentlich.»<br />

und also wunneclich gevar" hiemit die frouwe uf gestuont.<br />

2.7° Der knabe nam der frouwen war des ritters herze wart enzunt:<br />

und reit doch für sich unde ' 3°5 er sprang <strong>von</strong> dempferdesin.<br />

sweig.<br />

die frouwe im bot ir hendelin.<br />

~<br />

,,'<br />

.~~~<br />

~.f" ~~<br />

~ '~~ .",.<br />

~.<br />

.<br />

~<br />

,11;<br />

!'f<br />

..<br />

,<br />

'1\'1<br />

,.,<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE' PETER'VON STAUBBNa-BRG 31<br />

do huob der wandels eine<br />

die frouwe ab dem steine,<br />

da<strong>von</strong> sin tturen gar zergieng.<br />

31° mit armen er sü umbevieng<br />

und bat sü zuo im sitzen nider:<br />

do rett die schrene nüt dawider.<br />

sü Sa2entbeide in daz gras.<br />

der ritter rette fürbaz<br />

3I 5 «genade, frouwe hohgeborn,<br />

getar ich reden ane zorn<br />

mit üch des min herz begert?»<br />

die frouwe sprach «du bist<br />

gewert. »<br />

des wart der ritter harte fro<br />

32.0und sprach viI tugentlich also<br />

«genade, werde reine,<br />

wie sint ir hie so eine<br />

daz üch nieman wonet bi?»<br />

die frouwe dar und schanden fri 365<br />

32.5den ritter güetlich ane sach,<br />

daz wort sü lachenliche sprach<br />

«Daz mag dich wol wunder han.<br />

dir sag ich, ritter lobesan,<br />

wie sich het gefüeget daz,<br />

HO daz ich hie so einig Sa2:<br />

da han ich, front, gewartet din.<br />

dir sag ich uf die trüwe min<br />

daz ich dir bin mit trüwen mite:<br />

sit du pfert ie überschrite,<br />

335 so han ich, ritter, din gepBegen:<br />

bede an sttazen und an stegen,<br />

., in stürmen und in striten<br />

huot ich din zallen ziten,<br />

'( I als ein front des andernsol.<br />

340 in turnein huote ich din viI wol<br />

daz dir leides nie geschach.<br />

swa man ze hove stechen sach,<br />

da pBag ich, ritter milte,<br />

din mit dinem schilte,<br />

345 ouch ane alle widerhabe<br />

.f'<br />

dort bi d~m fronen gotes grabe,<br />

da du wurde ritter wert,<br />

-,~'<br />

als din herze.haG~ert.~~\irt<br />

swie manger darerslagennwtt"<br />

35° do huote ich,din. minfrünt'so<br />

zart. f ',"', . -",;;;""<br />

mit miner Erlenhende' ..<br />

huot ich din in-ellende, i<br />

da<strong>von</strong> din lob wart wite erkant<br />

in Swaben,Beiem.Ungerlant.<br />

355 ouch huotdch'din.in,prüZen<br />

vor Valwen und vor RÜ%e.n;<br />

in Engellant, in Frankenrlch<br />

da pBagich din:garmdsterlich;<br />

ze Tuscan, in Lamparten~,.<br />

360 kund ichdinwol'gewirten;<br />

ich huote in allen'landen~b<br />

din viI wol vor'schanden,tt<br />

swar ie gestuont dins herzen gir,<br />

da was ich alle zit bi dir. .:!<br />

daz du mich 'doch gesehe nie.<br />

min front, nu schouwest du!mich<br />

hie, ..<br />

daz ich din ie mit trüwen pBag.»<br />

«Wol mir daz ich,disen tag ,<br />

gelebte ie. des fröuwc ich mich».<br />

37° so sprach der rittet lobelich.\<br />

«daz ich üch, schrenezw1p; sol<br />

; sehen: , ~;..r;'..", 0<br />

mir kUnde liebers 'nüt ,geschehen.<br />

, wan solte ich nach dem willen<br />

min ' " ><br />

(genade. frouwel).biüch sin<br />

375 iemer um an minentotb>q"<br />

Die frouwe spraChU2munde rot<br />

«min lieber front, dazmag wol<br />

sin;' ' , ,.., -t ;'~p',:)<br />

joch'volgest du.der lere min,<br />

als ich nu hie bescheide dich.<br />

38o Swenn du denn wilt. so hastu<br />

mich, " .+.<br />

swa du alterseine bist. '<br />

nu sag ich dir,bi diser frist:<br />

und wiltu trüten minen lip.


32. DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE .PETER VON STAUFENBERG 33<br />

so muostu ane elich wip<br />

38~ iemer sin unz an din tot<br />

und lebest gar an alle not<br />

biz an den jungestlichen tag,<br />

daz dich nüt gekrenken mag<br />

und daz du niemer swecher<br />

wirst,<br />

39° ist daz du elich wip verbirst.<br />

nim swelch du wilt, wan nüt zer e.<br />

darzuo hastu iemer me<br />

guotes swes din herz begert,<br />

des bistu, frünt, <strong>von</strong> mir gewert.<br />

39~ aber nimst ein elich wip,<br />

so stirbet din vil stolzer lip<br />

darnach am dritten tage:<br />

fürwar ich dir daz sage,<br />

wan ez nieman erwenden kan.<br />

4°0 darumb so soltu dich verstan<br />

in herzen und in muote.»<br />

Do sprach der ritter guote<br />

«frouwe, ist die rede war?»<br />

«ja», sprach die minneliche dar,<br />

40~ «ichwil dir got ze bürgen geben 44~<br />

und darzuo lip unde leben,<br />

ob ich unrehte sage dir,<br />

daz got gehelfe niemer mir.»<br />

Do sprach der tugenthafte man<br />

410 «got den wil ich ze bürgen han,<br />

wan er getruwez herze nie<br />

mit der hilfe sin verlie,<br />

er hülfe im uz aller not.<br />

lip unde sele an gotte stot:<br />

41~ der müeze ouch unser beider<br />

pflegen.<br />

frouwe, ich hanmich deserwegen<br />

daz ich bede lip und leben<br />

für eigen üch wil iemer geben<br />

die wil mir got daz leben gan.»<br />

42.0 sü umbevieng den werden man<br />

und er daz minnencliche wip,<br />

die truhte er nach an sinen lip<br />

und kustes an ir roten munt.<br />

so tet die clare ouch ze der stunt<br />

42.~ und kuste in tugentlichen wider.<br />

man seit daz weder e noch sider<br />

grcezer liebe nie enwart,<br />

da man mit tribe der minne art,<br />

als sü da hattent beide.<br />

43° Nu wolt do uf der heide<br />

der helt bi ir geslafen han.<br />

do sprach die frouwe lobesan<br />

«davor behüete uns min Crist,<br />

der unser aller helfer ist,<br />

43~ daz semlich ding iht hie geschehe<br />

und kein mensche niemer sehe<br />

unser erste hohgezit<br />

uf dirre grüenen heide wit,<br />

min frünt, des wil ich bitten dich,<br />

44° ach herzeliep, gewere mich<br />

und laz ez nu zemale varn;<br />

wir sont ez hein ze huse sparn,<br />

da wil ich tuon den willen din.»<br />

Er sprach «genade, frouwe min,<br />

swaz ir gebietent daz tuon ich.»<br />

do sprach die frouwe zühteclich<br />

«des maht du wol geniezen;<br />

es sol dich nüt verdriezen,<br />

du sitz reht wider uf din pfert<br />

4~o und scheide <strong>von</strong> mir, ritter wert.<br />

du bist uf gotes verte:<br />

er süote swer dirz werte.<br />

der sünd wil ich entladen sin.<br />

und so nim, trut, diz vingerlin:<br />

4~~ darin so lit ein edelstein,<br />

die sunn nie bessern überschein.»<br />

Er sprach «mag ez nüt anders sin,<br />

so trage ichz durch den willen<br />

din: .<br />

wan daz ich <strong>von</strong> üch scheide,<br />

460 so geschach mir nie so leide<br />

als mir <strong>von</strong> üch hie wil beschehen.<br />

ach, wenn sol ich üch aber sehen?<br />

daz tuont mir, werde frouwe,<br />

kunt.»<br />

Sü sprach «man lüt bi dirre<br />

stunt:<br />

46~ du solt vor hceren messe<br />

durch daz got vergesse<br />

alle dine missetat.<br />

so man den segen geben hat,<br />

so rit, guot ritter, wider hein<br />

47° und ganc denne almuoterein<br />

in die kemenate din:<br />

werlich, da wil ich bi dir sin.<br />

swenn du wünschest da nach<br />

mir,<br />

so bin ich endelich bi dir<br />

~I 5 da daz dorf gelegen ist.<br />

47~ und leiste swes din herze gert.» man lute ouch bi der selben frist<br />

Do sprach der edel ritter wert mit lobelichem schalle<br />

«so wil ich frcelich riten.»<br />

die glocken alle und alle:<br />

sü sprach «du solt nüt biten, da<strong>von</strong> er deste balder reit.<br />

du solt dahin din straze varn. ~2.0 nach alter gewonheit<br />

480 <strong>von</strong> himel got müez dich bewarn<br />

und tuo uns beden hilfe kunt.»<br />

mit dem krüz man umbe gie,<br />

e man die messe an gevie.<br />

mit urlobe er do uf gestuont do gie der tugenthafte man<br />

und huob die frouwe werde<br />

mit zühten <strong>von</strong> der erde<br />

behend hin für den alter stan<br />

~2.5 und liez sich nider uf die knie<br />

48 ~ uf der geblüemten heide.<br />

die wile man daz ampt begie.<br />

do lachetent sü beide<br />

do ru oft der tugenthafte man<br />

einander tougenlichen an.<br />

den werden got <strong>von</strong> himel an<br />

hie umbevieng der werde man und ouch die zarte muoter sin<br />

daz schcene minnediche wip; 53o «Maria, himelkünigin,<br />

49° sü umbesloz ouch sinen lip, ich bevilh dir iemer mere<br />

und <strong>von</strong> ir beder gluste<br />

lip sele guot und ere,<br />

ietweder daz ander kuste<br />

daz ich han ie an dich verlan.»<br />

an roten munt, an wengelin.<br />

Er sprach «genade, frouwe min, ~3~<br />

49 ~ wem sol ich üch hie eine lan?»<br />

do sprach die frouwe wol getan<br />

des du noch wol geniezen maht.»<br />

Do ruoft der ritter wol geslaht<br />

sinem guoten pferde do.<br />

daz hate er gewent also,<br />

~o~ swenne er im «geselle» rief,<br />

daz ez behende zuo im lief.<br />

do ruofte er im «geselle mim>:<br />

ez kam geloufen bald für in.<br />

mit fröiden er daruf gesaz.<br />

~10 urlobes er do nüt vergaz<br />

und reit geswinde sinen pfat.<br />

der knabe sin gebeitet hat.<br />

Sü ritent bi der wile<br />

ein vierteil einer mile<br />

hiemit die messe ein ende nan,<br />

und do der segen geben wart,<br />

er huob sich balde uf die vart<br />

und reit mit fröiden wider hein:<br />

«min liep, daz laz besorgen mich. sin hohgemüete was nüt klein.<br />

swa daz ich wil, da bin ich:<br />

Do er nu uf die veste kan,<br />

den wunsch den hat mir got<br />

gegeben.<br />

~4° do lief der tugenthafte<br />

in sine kemenate<br />

man<br />

~oo da<strong>von</strong> han ich ein friez leben, viI balde und vil getrate


34 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG<br />

und sprach «ach got <strong>von</strong> himelrieh,<br />

het ich die schrene minneclieh<br />

545 bi mir alterseine,<br />

die ich vant uf dem steine!»<br />

e er daz wort ie vol gesprach,<br />

die schrenefrouwe er vor im sach<br />

kluog unde weidenliche.<br />

550 des wart er fröidenriche<br />

und sprach «ach, schrene frouwe<br />

min,<br />

ir sont got willekome sin.»<br />

sü sprach «min frünt, got<br />

dir.»<br />

er umbevieng sü mit begir.<br />

555 als er sü früntlich umbevieng,<br />

hin an ein bette er mit ir gieng, 595<br />

daz was nach wunsche wol<br />

gemaht.<br />

er und die frouwe wol geslaht<br />

hattent kurzewiIe viI:<br />

560 mit der viI süezen minne spiI<br />

so was in beden also wol<br />

als noch zwein gelieben sol<br />

die ganzer minne wellent pflegen.<br />

sü liezent wenig under wegen<br />

565 swaz zuo der minne hreren mag,<br />

wan grrezer liebe nie gepflag 605<br />

uf erden weder man noch wip.<br />

ietwederz hat des andern lip<br />

mit armen umbeslossen.<br />

570 sü warent unverdrossen:<br />

swaz zuo der minne hreren sol,<br />

daz kundent sü getriben wol,<br />

wan süs einander gunden.<br />

Die schrene zuo den stunden<br />

575 zuo dem werden ritter sprach<br />

«min lieber frünt, diz gemach<br />

han wir biz an den jüngsten tag 615<br />

daz uns nieman gescheiden mag,<br />

tuost du, als ich nu seite dir.»<br />

580 «Genade, frouwe» sprach er zir,<br />

«swaz ir gebietent daz tuon ich.<br />

lieb, ich ergibe mich an dich,<br />

wan du solt min gewaltig sin<br />

die wiIe ich han daz leben min<br />

585 und mir got der sunne gan.»<br />

Die schrene sprach «min lieber<br />

man,<br />

<strong>von</strong> mir so soltu sin gewert<br />

guots so viI din herz begert;<br />

und swaz du wiIt, daz heisch<br />

ouch mir,<br />

590 daz gibe ich willeclichen dir.»<br />

lone sü gab im guotes wunderviI,<br />

als ich üch bescheiden wiI,<br />

daz er fründ und geselleschaft<br />

ouch alle machte unnothaft<br />

mit der milten hende sin.<br />

er liez viI wol werden schin<br />

daz er ein miltez herze truog,<br />

wan er gab fründe und gsellen<br />

gnuog.<br />

Darnach durchfuor er wite lant<br />

600 die im vor warent wol bekant,<br />

und dar er vor ouch niene kan<br />

dar fuor der tugenthafte man<br />

mit einer wunneclichen schar.<br />

sin nam viI gnote eben war<br />

graven frien dienestman<br />

und manig frouwe wunnesan,<br />

die sprachent daz er were<br />

ein rehter lantvarere,<br />

den da nüt bevilte.<br />

610 und swa der degen milte<br />

in der witen welt hin kan,<br />

wolt er die schrene frouwe han,<br />

swenn er sins wunsches nach ir<br />

pflag,<br />

ez were naht oder tag,<br />

so was sü bi im da zestunt<br />

und tet im ganze liebe kunt<br />

mit libe und ouch mit guote.<br />

Nu ez sich also fuogte<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 35<br />

daz er ze lande wider kam<br />

620 ze sinen brüedern lobesam<br />

und andern lieben magen sin.<br />

do wart im michel ere schin,<br />

wan er in liep in trüwe was,<br />

als ich hievor geschriben las.<br />

625 sin brüeder und die mage<br />

die leitent daruf lage,<br />

wie man im gebe ein elich wip.<br />

sü sprachent «sol sin stolzer lip<br />

an libes erben sterben?<br />

63° sol er alsus verderben<br />

daz er ouch lat kein kindelin?<br />

daz muoz uns iemer schande sin.<br />

viI gerne im git ein fürst sin<br />

kint,<br />

da<strong>von</strong> wir alle geret sint.»<br />

635 des wurdent sü ze rate:<br />

in eine kemenate<br />

fuortent sü den werden gast<br />

und sprachent «lieber frünt, du<br />

hast<br />

eren und ouch guotes viI:<br />

640 nu ist ez doch wol uf dem ziI<br />

daz du solt ein ewip nemen<br />

die dinen eren mag gezemen.<br />

des bittent wir nu alle dich.<br />

du bist ein helt so ritterlich:<br />

645 soltestu vor zite gan<br />

und keinen erben nach dir lan, 685<br />

daz were uns allen schande und<br />

leit.<br />

so ist noch manig fürst gemeit<br />

der dir sin tohter gunde wol.<br />

650 din herz darzuo gedenken sol<br />

daz du des wellest völgig sin:<br />

des habent er die fründe din<br />

und wirt erhebet din gesleht.<br />

ez ist ouch zimlich unde reht<br />

655 daz du solt ein gemahel han 695<br />

die din mit zuht gewarten kan.»<br />

Der ritter <strong>von</strong> der rede erschrac:<br />

«min lieben frünt», sprach er, «in<br />

mac .<br />

mir selber nüt gestemen noch.<br />

660 mir ist ze manger hande gach<br />

daz zuo der e nüt hreret.<br />

die e gar viI zerstreret<br />

manger hande fröiden viI.<br />

davor ich mich noch hüeten wiI:<br />

665 ich wiI ein friez leben han<br />

die wiIeich heize ein junger man.»<br />

mit disen und andern worten sin<br />

rett er sich <strong>von</strong> den fründen hin,<br />

daz sü ez liezent bliben<br />

670 und woltent in nüt triben.<br />

Doch über unlange gar<br />

nament sü in aber har<br />

und brahtent einen wisen man,<br />

der solt ez aber tragen an.<br />

675 der selb sin naher sippe was.<br />

do er viI rede im vor gelas,<br />

wan er wol kunde reden viI,<br />

do sprach er «lieber frünt, ich wiI<br />

dich bitten und die brüeder din<br />

680 und alle die hie bi dir sin<br />

daz du uns werst der ersten bet.»<br />

Der ritter sprach «min herz daz<br />

het<br />

geswinde des beraten sich:<br />

swaz ir gebietent daz tuon ich,<br />

an einz: ich wiI kein elich wip.<br />

solt man darumbe minen lip<br />

ze riemen gar zersniden,<br />

die e die wiI ich miden:<br />

daz si üch allen vor geseit.<br />

690 ich spriche diz uf minen eit:<br />

der rede sont ir mich erlan,<br />

went ir mich gerne bi üch han.»<br />

Der alte do mit zühten sprach<br />

«ist üch die rede als ungemach,<br />

die ich durch trüwe üch han<br />

getan?<br />

ich wande nüt alz unreht han,


36 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG 37<br />

daz nim ich uf die truwe min: den tuo also mit worten schin:<br />

ich tet ez durch die ere din.» ein wip mit dir bekümert si,<br />

Der rede wart geswigen do. die won dir alle zite bi,<br />

7°0 nu fuogte ez sich aber also swa du in den landen verst,<br />

daz die naht harzuo gezoch. 74° und swaz du guotes da verzerst,<br />

do wart dem jungen ritter gach daz gebe dir dins herzen trut:<br />

daz er slafen keme.<br />

und sag ez stille und überlut,<br />

da hiez er viI gezeme<br />

wie ich mit dir gelebet han,<br />

7°5 im sinen knaben zünden nider. daz erlaube ich dir, min lieber<br />

da rett der jüngeling nüt wider, man,<br />

und nam der ritter wal geslaht 745 und laz dich überreden niht,<br />

<strong>von</strong> in allen guote naht,<br />

oder werlich dir geschiht<br />

wan er zemal betruebet was. swaz ich dir gesaget han.»<br />

710 sinen knaben hiez er daz hiemit begund der tag uf gan,<br />

daz er auch gienge an sin gemach. urlob die schcenefrouwe nam.<br />

zuo im selben er da sprach 75° uf stuont der ritter lobesam,<br />

«ach herzeliebe frouwe min, <strong>von</strong> himel got er ane rief<br />

min herze daz begeret din.» uz grunde sines herzen tief,<br />

715 und do er des gedankes pRag, als er auch alle morgen tet,<br />

sin liep an sinem arme lag. swenn er uf stuont<strong>von</strong> sinem bete<br />

Sü sprach «min trut, waz bristet 755 In disen ziten fuogte ez sich<br />

dir?<br />

<strong>von</strong> geschihte sunderlich,<br />

bekümert so bistu <strong>von</strong> mir. als ich die mer vernomen han:<br />

ein elich wip wiI man dir geben. gen Frankenfurt ein fürste kam,<br />

72.0 so hastu, liep, din werdez leben den man ze künge walte erhaben.<br />

gar geswinde dann verlorn. 760 dar sach man auch viI herren<br />

ich walte wal, ich hets enborn traben,<br />

daz ich nie worden wer din wip. fürsten graven frien<br />

din junger werder stolzer lip al uf dem hove schrien.<br />

72.5 der muoz iemer rüwen mich.» ouch manig werder dienestman<br />

Da sprach der ritter lobelich gar schiere do ze hove kam<br />

«mich nieman überreden kan: 765 durch des künges ere.<br />

swaz ich dir, liep, gelobet han, Der werde ritter here,<br />

daz leiste ich unz an minen tot.» <strong>von</strong> dem ich üch hie han geseit,<br />

73° Sü sprach «min trut, ich gib dir<br />

rot:<br />

mit eren uf den hof ouch reit<br />

mit einer wunneclichen schar<br />

man wirt dich ane keren viI 77° er hate siner mage dar<br />

daz man dich nüt erlazen wiI, wol drizig uf die vart bereit:<br />

man welle dir ein ewip gen. den gab der ritter unverzeit<br />

so soltu dine brüeder nen ras harnesch unde pfert<br />

735 und ouch die liebsten fründe kostlich, der milte ritter wert,<br />

din,<br />

775 und guotes swaz sü soltent han.<br />

Sin brüeder giengent für in stan, die nigent tief dem künge hin.<br />

die vart hiezents in miden: sich huob ein ritterlicher just:<br />

er möhte es nüt erliden<br />

viI manger wart u( sine brust<br />

den kosten den er walte han. gestozen daz er balde viel,<br />

780 «Nein» sprach der tugenthafte 820 daz im daz bluot zem munde uz<br />

man,<br />

wie!.<br />

«swaz ich guotes kan verzern, Da bereite sich auch uf die ban<br />

noch me mag mir got beschern<br />

und sin werde muoter zart.»<br />

<strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong> her <strong>Peter</strong>man<br />

und reit mit schalle über hof.<br />

Sü ritent mit im uf die vart, des warte manig bischof<br />

785 die brüeder und die mage sin. 825 und auch viI manig frouwe dar.<br />

da wart in michel ere schin der künig nam sin selber war.<br />

erboten viI <strong>von</strong> mangem man swaz rehter stecher an in reit,<br />

der ouch dar ze hove kam. die hat er alle bald geleit<br />

do man in sach so rilich varn, geswinde zuo der erde,<br />

79° viI manges edeln fürsten barn 83° wan er nach sinem werde<br />

sprach «daz ist der werde degen iegelichen kunde erhaben.<br />

der alle zit sich hat verwegen er schonte da der jungen knaben,<br />

libes unde guotes.<br />

und swer im uf dem hove<br />

er ist so freches muotes<br />

entweich,<br />

795 daz in nieman mag bestan.» für den reit er unde streich<br />

Da sprach der künig lobesan 835 daz im kein leit <strong>von</strong> im geschach.<br />

«wer ist der ritter unverzeit?» ViI manig reine frouwe sprach<br />

daz wart dem künge bald geseit. «<strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong> der milte<br />

mit schalle sprach des küngs wirbt hie mit sinem schilte<br />

getwerg<br />

daz er wol füert der Eren van.»<br />

800 «ezist der milt <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong>, 840 und do der hof ein ende nam,<br />

den sich ich ritterliche varn, und er der beste was genant,<br />

<strong>von</strong> himel got müez in bewarn, der küng den ritter do besant,<br />

wan er vert so weideclich, daz er für in keme.<br />

er machet mangen armen rich. do gieng der viI gezeme<br />

805 e diser hof ein ende nimt, 845 mit den die er auch brahte dar<br />

so ert er manger muoter kint.» für den erwelten künig gar,<br />

Der küng den ritter wol enpf1e: und da er für den künig kam.<br />

mit zuht er im engegen gie, Da sprach der fürste lobesam<br />

wan im was viI <strong>von</strong> im geseit: zuo dem ritter unverzaget<br />

810 siner kunft was er gemeit, 850 «üch hat ein selger tag betaget<br />

daz er in solte sehen do,<br />

daz ir ze hove ie kament her.»<br />

des was der fürste harte fro, «genade, herre», also sprach er,<br />

daz er ze sinen eren kam. «ich und die lieben mage min<br />

des danket im der werde man, ze üwern eren kamen sin,<br />

815 und auch die lieben mage sin 855 wan wir bedürfent üwer wol.»


)<br />

38 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG<br />

Der küng sprach «ich üch helfen<br />

sol<br />

und ouch den andern allen.<br />

ez ist also gevallen<br />

daz ich ein einig muomen han,<br />

860 die ist so rehte wol getan<br />

und also minneclich gestalt:<br />

ahzehen jar so ist sü alt.<br />

vater und muoter sint ir tot.<br />

der gewalt wol an mir stot,<br />

865 daz ichs üch gibe zuo der e,<br />

und wil üch sagen darzuo me:<br />

ich gibe üch landes darzuo vil,<br />

als ich üch bescheiden wil,<br />

daz ir des gewaltig sint<br />

87° ein herre wol und üwer kint<br />

mit miner muomen werden.<br />

ir herschaft ist ze Kerden.»<br />

Do wart der ritter missevar,<br />

wan er erschrocken was so gar<br />

875 daz er nüt mohte sprechen.<br />

die werden und die frechen<br />

fürsten sprachent alle do<br />

«herre, wie tuont ir also<br />

daz ir nüt antwurt gebent<br />

88o und also widerstrebent?» 920<br />

Da <strong>von</strong> der küng bettÜebet wart.<br />

er sprach «vii werder ritter zart,<br />

du wenst villihte, ich spotte din.<br />

nein werlich, uf die trüwe min,<br />

885 du solt frilich min muomen nen 925<br />

die ich nie fürsten wolte gen.»<br />

Und do der ritter sich versan<br />

daz er zuo im selben kan,<br />

er sprach «genade, herre min I<br />

89° die maget edel unde vin<br />

die sont ir geben einem man<br />

den sü mit eren wol mag han<br />

und ir ouch gemeze si,<br />

wan ir geburt ist hoch und fri.<br />

895 ez were ir ungezeme<br />

daz sü mich armen neme.»<br />

Do sprach der künig sa zehant<br />

«dir tuon ich, ritter guot, bekant:<br />

und gebe ich ir ein armen kneht,<br />

9°° ez duht sü billich unde reht,<br />

und müeste im undertenig sin:<br />

daz weiz ich an der muomen<br />

min.»<br />

Do sich der ritter wolte wern,<br />

vii manger fürst begunde swern,<br />

9°5 er were ein unversunnen man,<br />

sprachent die fürsten wol getan<br />

die dise rede hortent wol.<br />

der sal was landes herren vol;<br />

vii bischove ouch darinne was,<br />

910 die den ritter fragten daz,<br />

ob er ein ewip hete.<br />

Do sprach der ritter stete<br />

«ich han ein minneclichez wip:<br />

sü hat den allerscha:nsten lip<br />

915 den menschen ouge ie gesach.<br />

mit der so han ich daz gemach,<br />

swa ich in den landen var,<br />

so nimet sü min alzit war<br />

und ist ouch, swenne ich wiI, bi<br />

mir.<br />

darzuo so han ich guots <strong>von</strong> ir,<br />

swie vii ich sin verzeren mag,<br />

heide naht und ouch den tag,<br />

daz git mir alz min frouwe dar.<br />

daz ich üch sage daz ist war:<br />

swenne ich nime ein elich wip,<br />

so stirbet mir min junger lip<br />

darnach an dem dritten tage.<br />

ez ist war daz ich üch sage,<br />

als mir min frouwe hat geseit.<br />

930 die rede ist war uf minen eit.»<br />

Do begunde ein bischof jehen<br />

«herr, lant mich die frouwe<br />

sehen.»<br />

Do sprach der ritterliche man<br />

«sü lat sich nieman sehen an<br />

935 wan mich alterseine.»<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG 39<br />

Sü sprachent algemeine<br />

er wunschte nach der frouwen<br />

«so ist sü nüt ein rehtez wip, sin:<br />

ir verlieret sele und lip.»<br />

bi im so was die scha:ne vin<br />

Do sprach ein alter cappelan: die sin ie mit trüwen pflag.<br />

94° «nu sint ir doch ein kristenman. 980 der ritter an irm arme lag.<br />

wie sint ir so besinnet<br />

sü sprach «ach herzelieber man,<br />

daz ir den tüvel minnet<br />

swaz ich dir ie verboten han,<br />

für alle reine frouwen zart? des wiItu wenig volgen mir.»<br />

swaz guotes ie uf erden wart Er sprach «min frou, waz<br />

945 gesprochen oder gesungen, meinet ir?»<br />

da<strong>von</strong> sint ir vertrungen, 985 die scha:ne sprach «da tuot<br />

<strong>von</strong> leien und <strong>von</strong> pfaffen.<br />

mir we<br />

der tüvel sich geschaffen<br />

hat ze einem wibe.<br />

ein wip du nimest zuo der e,<br />

daz mich wol iemer rüwen<br />

95° die sele in üwerm libe mag.<br />

muoz eweclichen sin verlorn, du lebst um an den dritten tag,<br />

wan ir hant reine wip versworn: swenn sü dir vereinet wirt,<br />

der tüvel in der helle<br />

99° min herze niemer daz verbirt;<br />

ist üwer slafgeselle.»<br />

dir sage ich daz geschehen<br />

955 mit im so wart gesprochen vii:<br />

die rede ich hie bekürzen wiI.<br />

muoz:<br />

ich wiIlan sehen minen fuoz<br />

Die pfafheit hat in überret<br />

daz der ritter an der stet<br />

bede frouwen unde man,<br />

swenn din hohzit vahet an.<br />

sprach «swaz der künic heizet 995 so din ouge daz gesiht,<br />

mich,<br />

so solt dich sumen lenger niht<br />

960 daz wiI ich tuon gewilleclich.» und solt balde bihten<br />

zestunt im da gelobet wart eim priester hohgewihten<br />

die maget rich <strong>von</strong> hoher art, und solt got enpfahen.<br />

daz sü sin ewip solte sin. 1000 den priester heiz denn gahen,<br />

der küng tet im auch hilfe schin daz er dir vii geringe<br />

965 und gab im cleinote viI. daz heilig öl ouch bringe:<br />

Der ritter sprach zem selben ziI daz tuot dir sicherlichen not.<br />

«ir sont mir die jungfrouwe got der tuo diner sele rot.»<br />

senden gen Mortenouwe, 1°°5 Do gedaht der ritter unverzeit<br />

da wil ich die hohzit han.» waz im die pfafheit hat geseit,<br />

97° daz gelobte im der küng hindan. daz sü villihte lüge<br />

ein zil wart daran gemaht<br />

und in der tüvel trüge,<br />

daz man im die juncfrouwe braht. und glaubte baz der wisen ler.<br />

Do diz also gelobet wart, 1010 also schiet <strong>von</strong> dem ritter her,<br />

der ritter huob sich uf die vart, die scha:ne frouwe minneclich.<br />

975 mit den sinn er dannen reit. der ritter sorget wunderlich.<br />

Do er ze naht sich hat geleit, Hiemit der ritter vii gedaht,


) )<br />

40 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 41<br />

die brut gen Stoufenberg wart<br />

braht,<br />

1015 mit ir kam manig werder man<br />

und manig frouwe lobesan.<br />

ouch kerte <strong>von</strong> dem lande dar<br />

vil manig wunnencliche schar<br />

<strong>von</strong> herren und <strong>von</strong> frouwen,<br />

1020 die sich da liezent schouwen<br />

durch des ritters ere.<br />

Was sol ich sagen mere?<br />

do man obe tische saz<br />

und an dem ersten essen was<br />

1025 in einem wunnendichen sal,<br />

do sach menglich überal,<br />

beide frouwen unde man<br />

und swer ie dar ze hove kan,<br />

(der ritter der saz gegen der<br />

bru0 1065<br />

1°3° do sach man stille und überlut<br />

daz neizwaz durch die büne<br />

stiez:<br />

eins menschen fuoz ez sehen liez<br />

bloz in dem sal unz an die knie.<br />

uf erden so wart scha:ner nie<br />

1°35 noch minnenclicher fuoz<br />

gesehen:<br />

daz muostent alle menschen<br />

jehen.<br />

der fuoz über den sal erschein<br />

wizer denne ie helfenbein.<br />

Do menneglich den fuoz<br />

ersach,<br />

1°4° do schrei der ritter unde sprach<br />

«owe, owe mir armen manI»<br />

sin har er ziehen do began IO80<br />

und zarte ez uz dem houpte sin.<br />

er sprach «villieben fründe min,<br />

1045 ir hant mich und üch verderbet.<br />

nu sint ir alle enterbet:<br />

über dri tage bin ich tot.» IO85<br />

Vil manger sprang do uf getrat<br />

und liefen balde uf den palas,<br />

1050 dadurch der fuoz gestozen was.<br />

und do sü kament uf den sal,<br />

sü sahent nieman überal.<br />

sü suochtent hin, sü suochtent<br />

har,<br />

sü wurdent niemans da gewar.<br />

1°55 und hettent sü gesuochet noch,<br />

sü kundent vinden niena loch;<br />

durch diebüne waskein schranz:<br />

der sal was worden wider<br />

ganz,<br />

do der fuoz <strong>von</strong> dannen kan.<br />

1060 ez sprachent frouwen unde man,<br />

der tüvel hete daz getan.<br />

Do hiez der ritter balde gan<br />

im einen priester bringen.<br />

pfifen tanzen singen<br />

was allez nider do geleit.<br />

da wart mang ritter ungemeit<br />

und manig wunneclichez wip,<br />

do man sach des herren lip<br />

so degelich gebaren.<br />

1°7° Der ritter sprach zer daren<br />

die sin gemahel solte sin<br />

«min trut, min liep, min<br />

frouwelin,<br />

nu müeze ez got erbarmen<br />

daz ich nüt sol erwarmen<br />

1°75 mit fröiden an dem arme din.»<br />

Des antwurt im daz megetin,<br />

wan sü <strong>von</strong> art bescheiden was,<br />

so sprach sü zühteclichen daz<br />

«ach ritter guot, gehab dich<br />

wol,<br />

<strong>von</strong> himel got dich tra:sten sol<br />

und ouch die zarte muoter sin.»<br />

Er sprach «ach,edlefrouwe min,<br />

heiz alle die bi dir gestan,<br />

bede frouwen unde man,<br />

die mit dir hie ze hove sint,<br />

bede wip man unde kint:<br />

ist daz ich verdirbe<br />

und also nu hie stirbe,<br />

daz du denn helfst begraben<br />

mich.»<br />

IO9° do weint die maget minnendich<br />

und alle die da waren.<br />

do hiez er die daren<br />

füeren hin an ir gemach<br />

(mit grozem jamer daz beschach)<br />

1°95 und hiez do nüt me beiten,<br />

man solte im bereiten<br />

ein bett daz er da leite sich.<br />

den priester hiez er endelich<br />

komen und got bringen:<br />

110° «der tot wH mit mir ringen.»<br />

der priester wart gefüeret dar.<br />

do tet er ganze bihte gar:<br />

der priester im got selben gab.<br />

Er sprach «bereitent mir ein<br />

grab<br />

I 105 und tuont mir alle mine reht.»<br />

do weintent ritter unde kneht,<br />

graven frien dienestman<br />

und ouch die maget lobesan<br />

die im was geben zuo der e.<br />

I I 1° Er sprach «mins dinges ist nüt<br />

me.<br />

ich bitte üch, lieben brüeder min,<br />

daz ir der zarten maget vin<br />

gent swaz ich ir gelobet han.»<br />

«Nein», sprach sü, «herzelieber<br />

man,<br />

I I I 5 swaz ich guotes har han braht,<br />

des wirt niemerme gedaht:<br />

ez sollent han die fründe din.<br />

nu se, du liep, die trüwe min.»<br />

sü bot im dar ir wizen hant:<br />

I 120 «dir bin ich gen in frömde lant<br />

und wirde witwe ane wip,<br />

daz mich keines mannes lip<br />

sol niemerme berüeren,<br />

sol ich dich vor mir füeren<br />

I IZ5 ze grabe, als uns din munt<br />

vergiht.»<br />

Er sprach «morne daz beschiht,<br />

so bin ich lebend unde tot.»<br />

Die brut sprach uz grozer not<br />

«du hast verlorn durch mich din<br />

leben:<br />

I 13° so wil ich mich durch dich<br />

begeben,<br />

daz ich wil in ein doster varn.<br />

mich selben wil ich so bewarn<br />

daz mich niemerme kein man<br />

mit ougen sol gesehen an.<br />

I 135 so wil ich bitten got für dich<br />

und ouch die maget lobelich<br />

die den werden got gebar:<br />

die neme diner sele war.»<br />

des danket ir der ritter guot.<br />

II4° «Wa sint ir, brüeder hochgemuot<br />

?»<br />

sü sprachent bede «wir sint hie.»<br />

ietwedern er bin henden vie<br />

und sprach «vil lieben brüeder<br />

min,<br />

lant üch die magt bevolhen sin.»<br />

II45 hiemit er urlob <strong>von</strong> in nano<br />

<strong>von</strong> himel got den ruofte er an<br />

er sprach «Maria, künigin,<br />

laz dir min sel bevolhen sin.»<br />

daz wort er degeliche sprach.<br />

I I 5° hiemit der tot sin herze brach.<br />

Alsus nam er sin ende.<br />

drumb manger sine hende<br />

<strong>von</strong> schrecken degelichen want.<br />

die brut fuor in ir eigen lant,<br />

I I 55 do der helt begraben wart:<br />

sü wart ein dosterfrouwe zart.<br />

II60<br />

Waz sol ich sagen mere?<br />

der edel ritter here<br />

wart dagt in allen landen,<br />

wan er sich vor schanden<br />

behüetet<br />

hate al sine jar.


42 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG 43<br />

II65<br />

man sprach stille und offenbar,<br />

«da ist der türste ritter tot<br />

der ie pfert überschriten hat.»<br />

Hiemit die rede ein ende hat.<br />

ir jungen lüte, ich gib üch rat,<br />

daz ir nach eren werben:<br />

swenn ir beginnent sterben,<br />

daz man der sele spreche wol.<br />

117° ez ist ein jemerlicher zol,<br />

swer uf sich selben vasset<br />

daz in gemeinlich hasset<br />

bede frouwen unde man:<br />

dem ist ouch got <strong>von</strong> himel<br />

gram,<br />

II 75 darzuo die werde muoter sin.<br />

die tuo uns ir hilfe schin<br />

und si uns armen sündern holt:<br />

2. Herr Petter Diemringer <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong><br />

daz wünschet uns her Egenolt.<br />

Also finden wir, das ain theurer, fürnemer ritter ußer der Ortnow,<br />

genannt herr Petter Diemringer <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong>, vor viIen jaren ain<br />

solche merfainen zu weib überkomen, wiewol sie ime kain kindt geboren.<br />

Der ritter, herr Petter, hat <strong>von</strong> jugendt uf den höfen nachgewandlet, ist zum<br />

hailigen grab zu ritter geschlagen worden, hernach hat er in Ungern und<br />

Preußen, dergleichen in Engellandt und Frankreich, auch in teutschen und<br />

welschen landen die ritterschaft gesucht und sich allenthalben also erwisen,<br />

das sein lob und preis für andere ritter derzeit weit erschollen und übertroffen.<br />

Uf ain zeit ist er nach langem wider haim geen <strong>Staufenberg</strong> zu baiden<br />

seinen brüedern kommen, und unlangs do gewest, ist er an aim pfingstag<br />

mit ainem vertrawten diener in ain dorf unter dem schloß, genannt<br />

Nußbach, zur kirchen geritten. Underwegen findt er ain schöne frawen,<br />

dergleichen er seins erachtens nie gesehen haben vermaint. Er sprücht ir<br />

zu; sie erzeIlt im, welcher gestalt sie im in ferren landen in nöten, gleichwol<br />

seinethalben unbewist, beigestanden, in aller gefahr dar<strong>von</strong> geholfen;<br />

kompt dahin nach viIen reden und zusprechen, das sie im bewilliget, zu<br />

allen zeiten er allain ir beger, sie bei im sein, auch ehren und guets biß an<br />

jungsten tag genug zubringen und fertigen welle, jedoch mit der beschaidenhait,<br />

das er ir verhaiß, sein leben lang kain eheweib zu nemen;<br />

dann wa das beschehen, werde er am dritten tag darnach one alles felen<br />

sterben müeßen, bei dem warzaichen, das sie uf den hochzeittag in beisein<br />

meclgclichs ain bloßen fueß und schenkel biß an das knie sichtbarlichen erzaigen<br />

werd. Der ritter, der ain sonder wolgefallens ab solcher schönen<br />

creatur, verhaist ir nach allem irem begern, darauf sie auch im vilmals, zu<br />

aller zeit er ir begern was, beiwonung thuet, gibt im auch gelt und guet so<br />

viI, das er mit verwundern menigclichs ein so großen stat über sein und<br />

seiner gebrüeder vermegen füeren konto Das weret nun so lang, das ain<br />

großer hof geen Frankfuert an Main wardt ußgeschriben, und wardt auch<br />

aldo ein römischer künig erwelt. Dieweil aber dieser herr Petter Diemringer<br />

sich so ritterlichen mit allen ritterspillen zu Frankfurt erwisen, auch die<br />

dänk alle vor allen andern erworben, also das alles lob und der rum er<br />

allain erlangt, do gewann der römisch künig ain solliche gnad zu im, das<br />

er im ain schöne junkfraw, seiner basen aine, war ain geborne herzogin <strong>von</strong><br />

Kernten, mit ainem großen heiratguet, auch irer zugehörigen landtschaft<br />

zu vermeheln anbot. Herr <strong>Peter</strong> entschuldiget sich lang, das er nit willens<br />

sich zu verheiraten; zudem erkannt er sich zu schlecht und kleinfüeg, ein<br />

solchen hochen heirat zu bewilligen, welche entschuldigung doch der römisch<br />

künig <strong>von</strong> ime nit annemen wolt, zudem auch ander fürsten und<br />

herren darzu redten. Damit wardt der ritter dermaßen geengstiget, das er<br />

inen bekennen muest, wie er ain schöne fraw, die im in allen landen beiwonung<br />

thet, auch het er <strong>von</strong> ir ehr und gut, der het er verhaißen sich nit zu<br />

verhairaten, darauf stüende im auch sein leben, das er gewißlichen, da er<br />

sein versprechen nit halten, am dritten tag darnach verlieren wurde. Hiebei<br />

waren etlich bischof und priester, die hörten alle wort und wie es im biß<br />

daher ergangen; die sprachen, es were kain rechtes naturlichs weib, sonder<br />

ain böser gaist, der hett sich also, ine zu betrüegen und letzstlich umb sein<br />

leib und seel zu bringen, verstellt und ains weibs form an sich genommen,<br />

und triben das arguim mit ime so lang, das er sich doch nach langem verwilliget,<br />

des künigs basen zu nemen, die ime der künig verlobet, auch ehrlichen<br />

<strong>von</strong> hof wider abfertigt. Es wardt baldt hernach die hochzeit geen<br />

<strong>Staufenberg</strong> ins schloß angeschlagen. Dahin pracht man die jung herzogin<br />

<strong>von</strong> Kernten uf die bestimpt zeit; so kamen auch vil grafen, herrn, ritter<br />

und knecht im zu ehren und zu gefallen, deren ainstails ire frawenzimmer<br />

und weiber mitprachten. Wie nun die hochzeit mit großer kostlichait<br />

wardt angefangen und der hochzeiter und die braut sampt der ganzen messanei<br />

ob disch saßen in frewden, einsmals, da man sich dessen am wenigisten<br />

versahe, so sicht man sichtbarlichen ein mentsch, oder wer es dann gewest,<br />

ein zarten schneweißen fueß biß an die knie durch den soler oder boden<br />

herab lassen. So baldt das der theur ritter, herr Petter, ersicht, schreit er<br />

überlaut: «Wee mir armen man, das ich hab mich und euch verderbt! dann' - -<br />

über drei tag kan ich nit mer leben und wurd müeßen sterben.» Es liefen<br />

iren viI eilends uf den soler, aber sie konten niemands finden, viI weniger<br />

den riß oder spalt in dem estrich. Zu dem, so baldt das gespenst den fueß<br />

widerumb über sich gezogen, da konte man im sal auch nichts mehr sehen,<br />

und sprach menigclich, es were des bösen gaists geferdt und betrüegnus.<br />

Nichs destoweniger als der ritter ein geschwinden scharpfen siechtagen<br />

an ime selbs empfande, do hieß er im ain priester holen, legt sich in ain bett<br />

nider, beichtet seine sünde mit großem ernst, ließ sich darauf mit allen<br />

sacramenten versehen, und als es an dritten tag kam, auch seiner vertrawten<br />

und seinen brüedern gnadet, do starb er mit rew und andacht ganz seligclichen.<br />

Nach seiner begrept do schied die jung herzogin <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong>,


44 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 45<br />

raiset wider in ir haimat. Da kam sie in ain frawencloster, darin blieb sie<br />

biß an ir ende, welches sie irem liebsten ritter, herr Pettern, im todbett<br />

also het verhaißen. Zu welcher zeit aber und under welchem römischen<br />

kaiser diser theur heldt, das ist lenge halb der zeit, und <strong>von</strong> wegen liederlichkait<br />

unserer vorfaren in ain vergess kommen. Zu verwundern, das die<br />

edelleut <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong> solchs nit wissen. Es haben etlich vermaint, es<br />

sey under dem römischen könig Conrado ergangen, der ain herzog <strong>von</strong><br />

Teck gewest und den ersten tag des monats May im jar 1292 gestorben,<br />

auch im stettlin Ow im Würtenberger landt begraben, wie das sein grabstain<br />

daselbs mit dem halben adler usweist; aber dise handlung ist vil elter,<br />

wie das ußer allerlai vermuetungen und anzaigungen wol zu erweisen, und<br />

guetlichen zu glauben, so ist es bei zeiten dem Henrico oder villeucht darvor<br />

fürgangen.<br />

J. De Empusa liberi Baronis Petri a Stauffenberg<br />

Von der Braut deß Preyherrns <strong>Peter</strong>s <strong>von</strong> Stauffenberg<br />

Eine warhaffte Historien ist es <strong>von</strong> der Nymphen in Stauffenberg / welche<br />

da in einem eygnen Büchlein zu Straßburg beschrieben / derhalben allhie<br />

nach der länge zuerzehlen ohn noth ich achte / wil nur kurtzlich sie vberschreiten<br />

/ den guthertzigen Leser an die History weil sie bekant / hiemit<br />

gewiesen haben.<br />

Diese Nympha hat sich mit jhrer schöne in den Weg gesetzet / vnnd den<br />

heyligen <strong>Peter</strong> <strong>von</strong> Stauffenberg als er an einem Sontag früh nach der Greß<br />

vber ein Feldwegs reitten müssen / erwartet. Nun war dieselbige Nymph ein<br />

Wasserfraw/ versprach sich demselbigen<strong>von</strong> Stauffenberg/ blieb auch<br />

bey jhm / so lang biß er einander Eheweib nam / vnnd sie für ein Teuffelin<br />

hielt: Da er sie also dafür hielt vnd achtet / nam ein ander Weib / darauff<br />

folget nun / daß er jhr die Gelübdnuß brach / darumb sie jhm auff der<br />

Hochzeit das Warzeichen gab durch die Biene auff sein Tisch bey jhrem<br />

Schenckel / vnd er als am dritten Tag todt war.<br />

Nun ist es nicht minder / bey den Theologen ist solch Ding Teuffelsgesp:'lnst<br />

/ aber nicht bey den rechten Theologen / was ist in der Schrifft<br />

grossers/ als nichts verachten / alleDing wol ermessenmit zeitlichemVerstandt<br />

vnd Vrtheil / vnnd alle Ding ergründen / vnnd ohne gründt nichts<br />

verwerffen.<br />

Daß sich dann wol erscheint / daß sie wenig in den Dingen verstehen /<br />

vberhoblenmit der kürtze/ sagen es seyen Teuffel / so siedochden Teuffel<br />

selbst nicht wol erkennen. Das ist aber zuwissen / daß GOTT solche Miracul<br />

geschehen läst / darumb daß wir nicht alle dermassen zun Nymphen weiben<br />

sollen / oder bey jhnen wohnen / sonder etwan einer zu einem Anzeigen der<br />

seltzsamen Wercken in Göttlichen Creaturen / vnnd daß wir sehen die<br />

Werck seiner Arbeit. So es aber ein Werck vom Teuffel wer / so sol es<br />

verachtet werden / das aber nicht ist / dann das kan er nicht allein / Gott<br />

kan es. In solchen Dingen zuvrtheilen / brauchet große Kunst vnd Erfahrenheit/<br />

dann Gelübnuß zubrechen bleibt nicht vngerochen / sie geschehe<br />

wie siewollezu Ehren vnnd zu Erbarkeit/ vnd zu nutz/ fürzukommen anderm<br />

Vbel vnd Laster. So sie ein Gespänst gewesen were / woher hat sie<br />

Fleisch vnd Blut bekommen oder genommen? So sie ein Teuffel gewesen<br />

were / wo weren denn die Teuffelische Zeichen blieben / die allezeitmit<br />

vnterlauffen? Ist es dann ein Geist gewesen / was hat es dann der Dingen<br />

bedörfet? Es ist ein Mensch gewesen / vnnd ein Nympha wie beschrieben<br />

ist / zu Ehren ein Fraw vnd nicht zu Vnehrn / darumb sie die Pflichtvnd<br />

Trew hat wöllen gehalten haben / da es aber nicht geschehen / ist noch<br />

wahr / da strafft sie den Ehebruch auß Göttlicher Verhängnuß selbst / (dann<br />

kein Richter vrtheilet auff jhre Begeren / dieweil sie nicht <strong>von</strong> Adam war)<br />

auff solches warde jhr die Straff <strong>von</strong> Gott / so einem Ehebruch gebühret /<br />

zugelassen / vnnd selbst da Richter zuseyn / dieweil er vnd die Welt sie<br />

verwarff als einen Geist vnnd Teuffelin. Deren Dingen seyndt viel mehr beschehen<br />

/ die <strong>von</strong> Menschen in Verachtung gestelt sindt / vnd aber vbel bestehn<br />

/ ist ein Anzeigung großer Thorheit.<br />

4. Me/usine im Stollenwald<br />

Im Durbacher Thale sieht man noch im Großen Stollenwald die Trümmer<br />

einer alten Burg, am Eingang des Thales aber erhebt sich links das Schloß<br />

<strong>Staufenberg</strong>. Von jener alten Burg geht folgende Sage.<br />

Einst wohnte ein Amtmann zu <strong>Staufenberg</strong>, der hatte einen Sohn Sebald.<br />

Dieser liebte den Vogelfang und begab sich im Herbste oftmals an den Fuß<br />

des großen Stollenwaldes, um Maisen zu kloben. Da hörte er einmal vom<br />

Berg herab so lieblich singen, daß er hinauf gieng, um zu sehen, was es<br />

wäre. Auf dem Gipfel des Stollenberges erblickte er in einem Busche ein<br />

wunderschönes Weib, das zu ihm sagte: erbarme dich meiner, und erlöse<br />

mich; ich bin verwünscht, und harre seit langer Zeit auf dich, erhöre meine<br />

Bitte, du darfst mich nur dreimal dreifach küssen, so bin ich erlöst. Sebald<br />

fragte sie, wer sie denn sey? und sie gab zur Antwort: ich bin Himmel-<br />

Stollens Tochter, und heiße Melusine, ich habe einen großen Brautschatz,<br />

und wenn du mich erlösest, so bin ich und der Schatz dein eigen. Du mußt<br />

mich drei Morgen nach einander, um neun Uhr in der Frühe, auf beide<br />

Wangen und auf den Mund küssen, dann ist die Erlösung vollbracht.<br />

Fürchte dich nicht, besonders nicht am dritten Tag. Sebald betrachtete Melusinen,<br />

die aus dem Busch hervorkam, sehr genau. Sie war blond, hatte


46 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 47<br />

blaue Augen und ein schönes Angesicht, aber an ihren Händen keine Finger,<br />

sondern eine trichterartige Höhlung, und statt der Füße einen Schlangenschwanz.<br />

Sebald gab ihr die ersten drei Küsse, worüber Melusine sehr<br />

froh war und ihn bat, am zweiten und dritten Tag wieder zur rechten Zeit<br />

da zu seyn. Sie kroch in ihren Busch zurück und sang: komm' und erlöse<br />

deine Braut, hüte dich wohl zu erschrecken,<br />

Sebald, nimm dich wohl in Acht,<br />

einmal war es recht gemacht.<br />

Da versank sie in die Erde und Sebald ging heim. Am andern Tage kam er<br />

zur rechten Zeit wieder in den Stollenwald und hörte sie auf der Höhe<br />

singen. Dieses Mal hatte sie Flügel und einen Drachenschweif, aber Sebald<br />

nahte sich ohne Furcht und gab ihr die drei andern Küsse. Sie sang ihm<br />

wieder dankbar zu, wie am ersten Tage und bat ihn wieder zu kommen,<br />

worauf sie wieder in die Erde verschwand. Sebald konnte die Nacht kaum<br />

ruhen, er gieng wieder früh in den Stollenwald und hörte ihr Lied, wie an<br />

den vorigen Tagen. Aber dießmal hatte sie einen Krötenkopf und der<br />

Drachenschwanz umschlang furchtbar ihren Leib. Es graute dem Sebald<br />

vor dieser giftigen Gestalt und er sprach zu ihr: kannst du dein Antlitz<br />

nicht entblößen, so kann ich dich nicht küssen. Nein, rief sie, und schlug<br />

mit einem lauten Schrei ihre Arme empor. Die Angst ergriff den Sebald,<br />

er sprang den Berg hinab und gerade schlug es neun Uhr, als er im schnellen<br />

Laufe in der Burg bei seinem Vater ankam. Diesem erzählte er, was ihm<br />

begegnet war, und er wurde über seine Furchtsamkeit <strong>von</strong> dem Vater gescholten,<br />

der die Geschichte zum ewigen Andenken aufschreiben ließ, wodurch<br />

sie bis auf den heutigen Tag bekannt ist.<br />

So vergiengen zwei Jahre. Sebald gieng nicht mehr in den Stollenwald<br />

und dachte wohl manchmal daran, daß er die Melusine betrogen habe.<br />

Doch war ihm seitdem nichts geschehen. Als er nun den Dienst seines Vaters<br />

bekommen sollte, da sah sich dieser um eine Frau für seinen Sohn um,<br />

und gab ihm die Tochter eines Amtsvogtes. Bei der Hochzeit im Schlosse<br />

<strong>Staufenberg</strong> war alles recht fröhlich am Tische, als auf einmal die Decke des<br />

Saales einen Spalt bekam, woraus ein Tropfen in den Teller Sebalds fiel,<br />

der, ohne es zu wissen, die Speise aß, und sogleich tot niedersank. Man sah<br />

zu gleicher Zeit einen kleinen Schlangenschweif sich in die Decke zurückziehen.<br />

Noch ist die Geschichte in Stein gehauen auf dem <strong>Staufenberg</strong> zu<br />

sehen.<br />

J. <strong>Peter</strong> <strong>von</strong> Stauffenberg<br />

Als eines Sonntags früh <strong>Peter</strong> <strong>von</strong> Stauffenberg über Feld ritt, sah er am<br />

Ufer des Flusses ein schönes, holdseliges Weib sitzen, singend, und Blumen<br />

zu einem Kranze sammelnd. Er ritt der Schönen näher, stieg vom Pferde,<br />

und kam bald mit ihr in ein freundliches Gespräch. In demselben entdeckte<br />

sie ihm, sie sey eine Nymphe, und würde ihm, wolle er sie lieben, Huld und<br />

Liebe gewähren. Der Bund wurde bald geschlossen, die zärtliche Schöne<br />

war glücklich, und glücklich war <strong>Peter</strong> in ihren Armen.<br />

Bald aber vergaß der Flatterhafte sein Versprechen, brach seine Schwüre,<br />

nahm ein Weib, und verließ die ihm so freundlich ergebene Wasserfeine.<br />

Dies konnte sie nicht ertragen. Sie erschien am Hochzeitstage auf ihres<br />

Liebhabers Schlosse, gab ihm ein fürchterliches Wahrzeichen ihrer Gegenwart,<br />

und am dritten Tage war er tot.<br />

6. Ritter <strong>Peter</strong> <strong>von</strong> Stauffenberg und die Meerfeie<br />

Wahrhafte Geschichte Herrn P. v. St. (Straßburg bei B. Tobias Erben 1595)<br />

Vorüberzieht manch edler Aar,<br />

Herr <strong>Peter</strong> ein teurer Ritter war,<br />

Er war so keusch, er war so rein<br />

Wie seines Antlitz' edler Schein,<br />

Er war bereit zu jeder Zeit<br />

Zu Schimpf, zu Ernst, zu Lust, zu<br />

Streit.<br />

In junger Kraft, in fremdem Land<br />

Sein Mannheit machte ihn bekannt.<br />

Als er nach Hause kehrt zurück,<br />

Bedenkt in sich sein hohes Glück,<br />

Langsam zur Burg hinauf tut reiten,<br />

Was sieht sein Knecht zu einer Seiten?<br />

Er sieht ein schönes Weib da sitzen,<br />

Von Gold und Silber herrlich blitzen,<br />

Von Perlen und <strong>von</strong> Edelstein,<br />

Wie eine Sonne reich und rein.<br />

Der Knecht winkt seinen Herrn zu<br />

sich:<br />

«Gern diente dieser Fraue ich!»<br />

Der Ritter grüßt in großer Zucht,<br />

Er drückt an sich die edle Frucht:<br />

Erste Romanze<br />

«Ihr seid es, Ritter, edler Herr,<br />

Das Wunder, das mich treibet her;<br />

In allen Landen, wo Ihr wart,<br />

Hab ich Euch glücklich stets bewahrt.»<br />

«Kein schöner Weib hab ich erblickt,<br />

Ich lieb Euch, wie es aus mir blickt.<br />

Ich sah Euch oft im tiefsten Traum,<br />

Jetzt glaub ich meinen Sinnen kaum,<br />

Wollt Gott, Ihr wärt mein ehlichWeib,<br />

In Ehren dient ich Eurem Leib.»<br />

«Nun so wohl hin», sprach da die Zart, -<br />

«Auf diese Red hab ich gewart, .-<br />

Ich zog dich auf mit Liebeskraft,<br />

Die alles wirkt, die alles schafft,<br />

leh bin die Deine, ewig dein,<br />

Doch mußt Du auch der Meine sein.<br />

Nie darfst du nehmen ein ander Weib!<br />

Dir eigen ist mein schöner Leib<br />

In jeder Nacht, wo du begehrst,<br />

Und Macht und Reichtum dir beschert,<br />

Ein ewig endeloses Leben<br />

Will ich durch meine Kraft dir geben.


) \<br />

48 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE' PETER VON STAUFENBERG<br />

Unangefocht wirst du nicht bleiben,<br />

Man wird dich treiben, dich zu<br />

weiben,<br />

Wo du's dann tust, red ich ohn<br />

Zagen,<br />

So bist du tot in dreien Tagen;<br />

Sieh weg <strong>von</strong> mir und denke nach,<br />

Was dir dein eignes Herze sagt.»<br />

«Nun, herzigs Weib, ist dem also,<br />

So werdet meiner Treue froh,<br />

Was soll ich für ein Zeichen haben,<br />

Zweite Romanze<br />

Daß Ihr <strong>von</strong> mir wollt nimmer<br />

lassen?»<br />

«So trag <strong>von</strong> mir den goldnen Ring,<br />

Vor Unglück schützet dich der Ring.»<br />

Mit spielendem Kuß er Abschied<br />

nahm,<br />

Zur Messe er nach Nußbach kam,<br />

Da ging er mit den Kreuzer auch<br />

Und nahte sich dem Weiherauch,<br />

Sein Leib und Seel er Gott befaW,<br />

Er sollt ihn schützen überall.<br />

Als er auf Stauffenberg nun kam, Er zog sich ab, setzt sich aufs Bett<br />

Schnell sprang da ab der edle Mann, Und zu sich selber also redt:<br />

Ein jeder wollt ihn sehen, hören, «0 hätt ich sie im Arm allein,<br />

Ein jeder wollt ihn höher ehren, Die heut ich fand auf hohem Stein!»<br />

Von seinen Dienern große Eil,<br />

Von Fraun und Mädchen groß<br />

Kurzweil.<br />

Als er die Worte kaum noch sprach,<br />

Die Schöne er mit Augen sah.<br />

Viel hoher Minne sie begehn,<br />

Zu Bette trachtet nur der Herr, Siemochten einander ins Herze sehn;<br />

Nach seiner Frau verlangt er sehr, Wenn einer tät dem nachgedenken,<br />

Viel herrlich Rauchwerk ward ge- So möchte ihn wohl die Sehnsucht<br />

macht,<br />

kränken.<br />

Das Bett verhängt mit großer Pracht, Als er erwachte, glaubt er's kaum,<br />

Den Dienern bald erlauben tät, Er fand den Ring, sonst war's ein<br />

Daß sie sich legten all zu Bett. Traum.<br />

«Ihr wisset nun zu dieser Frist,<br />

Daß unser Geschlecht im Abgang<br />

ist,<br />

So nehmt ein Weib, berühmt und<br />

reich,<br />

Ihr seid schon jedem Fürsten gleich;<br />

Wir bringen Euch viel Fräulein<br />

schön,<br />

Die Euch gar gerne alle sehn.»<br />

Dritte Romanze<br />

Herr <strong>Peter</strong> war erschrocken sehr,<br />

Sein Bruder schweigt, da sprach der<br />

Herr:<br />

«Ich dank Euch, edle Brüder<br />

mein,<br />

Doch kann es also noch nicht sein,<br />

Zur Kaiserkrönung geh ich hin,<br />

Nach Ruhm und Ehre steht mein<br />

Sinn.»<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG 49<br />

Die Meerfei gab ihm diesen Rat,<br />

Sie hat es ihm vorausgesagt,<br />

Sie gibt ihm Gold und edlen<br />

Schmuck,<br />

Der Zierlichste meinte ein jeder zu<br />

sein,<br />

Der Stauffenberger zog auch ein,<br />

Seinsgleichen war zugegen nicht,<br />

Der so zierlich einherritt,<br />

Der König nahm sein eben wahr,<br />

Dazu die Frauen ernsthaft gar.<br />

Trommeten fingen an zu blasen,<br />

Die Pferde fingen an zu tosen,<br />

Da lustig ward so Roß als Mann,<br />

Wie das Turnier gefangen an;<br />

Herr <strong>Peter</strong> alle darniederrennt,<br />

Er macht dem Rennen bald ein<br />

End.<br />

Der König lag in seinem Bett,<br />

Des Nachts seltsam Gedanken hätt,<br />

Und seine Gedanken gingen ein<br />

In seiner Base Schlafkämmerlein,<br />

Und immer schwerer kamen wieder,<br />

Wie Bienen ziehn vom Schwärmen<br />

nieder.<br />

Am Morgen schickt er seinen Zwerg<br />

Zu <strong>Peter</strong> Herrn <strong>von</strong> Stauffenberg:<br />

«Die Base mein <strong>von</strong> hoher Art,<br />

Die Fürstin, jung und reich und zart,<br />

Die will ich geben Euch zum Weib,<br />

Mit ihrem Kärtnerland und Leut.»<br />

Vierte Romanze<br />

Wie keiner ihn so herrlich trug,<br />

Sie küsset ihn und warnet ihn,<br />

Daß er sich nicht geb Weibern<br />

hin.<br />

Als nun der Abend kam herbei,<br />

Von neuem ging Trommetenschrei:<br />

Als sie zu Hof gesessen hatten,<br />

Den fürstlichen Tanz sie allda taten;<br />

Des Königs Base, schön geziert,<br />

Den ersten Dank in Handen führt.<br />

Von Gold und Perlen diesen Kranz,<br />

Dem Ritter setzt sie auf zum Tanz,<br />

Tät auf das gelbe Haar ihm setzen,<br />

Tät freundlich ihm den Finger<br />

pfetzen,<br />

Gab ihre Lieb ihm zu verstehn<br />

Durch manchen Blick, schön anzusehn.<br />

Fünfte Romanze<br />

Und nimm hiemit zu Zeugen Gott,<br />

Daß es mein ewger Ernst fürwahr,<br />

Daß Euer die Fürstin ganz und gar.»<br />

Herr <strong>Peter</strong> sprach mit großen Treuen,<br />

Der hohe Lohn könnt ihn nicht<br />

freuen,<br />

Wie er der Meerfei schon verlobt,<br />

Der Untreu sei der Tod gelobt,<br />

Sonst sei er frei <strong>von</strong> Not und Leid,<br />

Mit Gut und Geld <strong>von</strong> ihr erfreut.<br />

«Weh Eurer Seele an dem Ort,<br />

Sie ist verloren hier und dort,<br />

Seht Gottes Auge nimmermehr,<br />

KeinWort kam aus desRitters Mund, Wenn Ihr Euch nicht <strong>von</strong> ihr abkehrt;<br />

Erschrocken stand er da zur Stund: Sollt Ihr 'nen Geist zum Weibe haben,<br />

«Mein Red halt mir für keinen Spott, Nie werden Euch die Kinder laben.


~o<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE .PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG ~I<br />

Dem Teufel seid ihr zugesellt, Wem strahlet er mit Freudenschein.<br />

Ihr armer Mann I Ihr teurer HeldI» Nach Stauffenberg sie ziehen fort,<br />

So sprach der Bischof und derKönig, Zu feiern ihre Hochzeit dort /<br />

Der Ritter sagt darauf zum König:<br />

Ih d .. W " ld<br />

", r ustren a er au<br />

f d em W ege<br />

' '<br />

U«Esd geht G mtrG tiefdzu meInem<br />

11 h Herzen, .',<br />

Was streckt dle Aste lhr entgegen, ;>'<br />

nscherzen.» ottes na Wl mc t ver- V' l.e1froher Sch aren Zle . h en Ja .<br />

Mlt hellem Klange fern und nah,<br />

Herr <strong>Peter</strong> ward verlobt sogleich, Mit bunten Bändern, Scherz und<br />

An Gold und edlen Steinen reich, Streit,<br />

0 heller Glanz der Jungfrau fein, Ist alles Lust, ist alles Freud,<br />

Auf Stauffenberg zur ersten Nacht<br />

Zur schönen Frau sein Herze dacht;<br />

Alsbald an seinem Arme lag<br />

Die sein mit steten Treuen pflag.<br />

Sie weinet, sprach: «Nun wehe dir,<br />

Du folgtest gar zu wenig mir.»<br />

Daß du ein Weib nimmst zu der Eh,<br />

Am dritten Tag du lebst nicht mehr,<br />

Ich sag dir, was geschehen muß,<br />

Ich lasse sehen meinen Fuß,<br />

Den sollen sehen Frau und Mann<br />

Sechste Romanze<br />

Ihr dauret mich im Herzen mein,<br />

Daß ich nicht mehr kann bei Euch<br />

sein,<br />

Daß mich nun nimmer sieht ein<br />

Mann,<br />

Ich fall in ewger Liebe Bann,»<br />

Dem Ritter liefen die Augen über:<br />

«Soll ich denn nie dich sehen wieder,<br />

So sei's geklagt dem höchsten Gott,<br />

Der ende balde meine Not.<br />

Ach, daß ich je zu Ruhm gekommen,<br />

Daß mich ein fürstlich Weib<br />

Und sollen sich verwundern dran.<br />

.<br />

So nun deln Aug den auch ersieht,<br />

genommen/»<br />

So sollst da länger säumen nicht Sie küßte ihn auf seinen Mund,<br />

Denn es sich nimmer anders wendt, Sie weinten beide zu der Stund,<br />

Empfangt das heilge Sakrament. Umfingen einander noch mit Lieb,<br />

Du weißt, daß ich dir Glauben halten Sie drückten zusammen beide Brüst:<br />

Auf ewig sind wir nun zerspalten.» ' «Ach, Sterben, das ist jetzt Euer<br />

Gewinn,<br />

Mit nassem Aug sie zu ihm sprach: Ich nimmermehr wieder bei Euch<br />

«Herr, denket fleißig nach der Sach, bin /»<br />

Kein Hochzeit je mit solcher Pracht<br />

Gehalten ward bis tief in die Nacht,<br />

Viel Lieder und viel Saitenspiel<br />

Siebente Romanze<br />

Man hörte in dem Schlosse viel,<br />

Und alles bei dem Tische saß,<br />

Man war da fröhlich ohne Maß.<br />

Sie saßen da im großen Saal, Wo doch der Fuß wär kommen hin,<br />

Alsbald da sah man überall, Kein Loch sah man da in der Bühn.<br />

Die Männer sahen's und die Frauen,<br />

All F d d T7 ' I<br />

..<br />

S ' k b ' d h reu un ~~urzwel war zerstort,<br />

le onnten el e es ansc auen,. ,<br />

W . d h d ' B " ' Ketn Instrument wurd mmmer<br />

h ß<br />

le etwas urc le u ne stIe , h "<br />

Ein Menschenfuß sich sehen ließ.<br />

A ge ort' us war das Tanzen und das S Ingen,<br />

.<br />

Bloß zeigt er sich bis an die Knie, Turnieren, Kämpfen, Fechten,<br />

Kein schönem Fuß sie sahen nie, Ringen,<br />

Der Fuß wohl überm Saal erscheint Das alles still darniederleit,<br />

So schön und weiß wie Elfenbein. Die Gäste fliehn in die Felder weit.<br />

Der Ritter still saß bei der Braut,<br />

.' , D ' le Braut nur bl el ' bt b el1 " h rem Mann,<br />

D1e schne auf und schne laut.<br />

. ' ,<br />

Der Ritter S1e h t Sle traung an:<br />

Der Ritter, als er den Fuß ersah, «Gesegne dich, du edle Braut,<br />

Erschrak er und ganz traurig sprach: Du bleibst bei mir, hast mir<br />

«0 weh, 0 weh mir armem Mann!» vertraut,»<br />

Und wurde bleich <strong>von</strong> Stunde an. «Durch mich verliert Ihr Euer<br />

Man bracht ihm sein kristallnes Glas, Leben,<br />

Er sah es an und wurde blaß. In geistlichem Stand will ich nun<br />

Er sah in dem kristallnen Pokale<br />

Ein Kind, das schlief beim lauten<br />

leben,»<br />

Das heilge Öl empfing er dann,<br />

MaWe,<br />

Nach dreien Tagen rief der Mann:<br />

Es schlief vom Weine überdeckt,<br />

Ein Füßchen hat es vorgestreckt,<br />

«Mein Herr und Gott, in deine Händ<br />

Ich meine arme Seele send,<br />

Doch wie der Wein getrunken aus, Mein Seel tu ich befehlen dir,<br />

So schwand das Kindlein auch<br />

hinaus.<br />

Ein sanftes Ende gibst du mir.»<br />

Der Ritter sprach: «Der großen<br />

Not!<br />

In dreien Tagen da bin ich tot.»<br />

Der Fuß, der war verschwunden da,<br />

Ein jeder trat der Bühne nah,<br />

Ein Denkmal ward ihm aufgericht<br />

Von seiner Frau aus Liebespflicht,<br />

Dabei sie baut die Zelle klein<br />

Und betet da für ihn so rein.<br />

Oft betend kam die Meerfei hin,<br />

Sie sprach mit ihr aus gleichem Sinn.<br />

1. Herr <strong>Peter</strong> Dimringer <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong><br />

In der Ortenau unweit Offenburg liegt <strong>Staufenberg</strong>, das Stammschloß<br />

Ritter <strong>Peter</strong>s Dimringer, <strong>von</strong> dem die Sage lautet, er hieß einen Pfingsttag<br />

früh den Knecht das Pferd satteln und wollte <strong>von</strong> seiner Feste gen Nußbach<br />

reiten, daselbst Metten zu hören. Der Knabe ritt voran, unterwegs am Eingang<br />

des Waldes sah er auf einem Stein eine wunderschöne, reichge-


52 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG<br />

schmückte Jungfrau mutterallein sitzen; sie grüßte ihn, der Knecht ritt<br />

vorüber. Bald darauf kam Herr <strong>Peter</strong> selbst daher, sah sie mit Freuden,<br />

grüßte und sprach die Jungfrau freundlich an. Sie neigte ihm und sagte:<br />

«Gott danke dir deines Grußes.» Da stund <strong>Peter</strong> vom Pferde, sie bot ihm<br />

ihre Hände, und er hob sie vom Steine auf, mit Armen umfing er sie; sie<br />

setzten sich beide ins Gras und redeten, was ihr Wille war. «Gnade, schöne<br />

Fraue, darf ich fragen was mir zu Herzen liegt, so sagt mir, warum Ihr hier<br />

so einsam sitzet und niemand bei Euch ist?» - «Das sag ich dir, Freund,<br />

auf meine Treue, weil ich hier dein warten wollte; ich liebe dich, seit du je<br />

Pferd überschrittest; und überall in Kampf und in Streit, in Weg und auf<br />

Straßen hab ich dich heimlich gepfleget und gehütet mit meiner freien Hand,<br />

daß dir nie kein Leid geschah.» Da antWortete der Ritter tugendlich: «Daß<br />

ich Euch erblickt habe, nichts Liebers konnte mir geschehen, und mein<br />

Wille wäre bei Euch zu sein bis an den Tod.» «Dies mag wohl geschehen»,<br />

sprach die Jungfrau, «wenn du meiner Lehre folgest, willst du mich lieb<br />

haben, darfst du fürder kein ehelich Weib nehmen, und tätest du's doch,<br />

würde dein Leib den dritten Tag sterben. Wo du aber allein bist und mein<br />

begehrest, da hast du mich gleich bei dir und lebest glücklich und in Wonne.»<br />

Herr <strong>Peter</strong> sagte: «Frau, ist das alles wahr?» Und sie gab ihm Gott zum<br />

Bürgen der Wahrheit und Treue. Darauf versprach er sich ihr zu eigen, und<br />

beidc verpflichteten sich zueinander. Die Hochzeit sollte auf der Frauen<br />

Bitte zu <strong>Staufenberg</strong> gehalten werden; sie gab ihm einen schönen Ring, und<br />

nachdem sie sich tugendlich angelacht und einander umfangen hatten, ritt<br />

Herr <strong>Peter</strong> weiter fort seine Straße. In dem Dorfe hörte er eine Messe lesen<br />

und tat sein Gebet, kehrte alsdann heim auf seine Feste, und sobald er allein<br />

in der Kemenate war, dachte er bei sich im Herzen: Wenn ich doch nun<br />

meine liebe Braut hier bei mir hätte, die ich draußen auf dem Stein fand I<br />

Und wie er das Wort ausgesprochen hatte, stand sie schon vor seinen<br />

Augen, sie küßten sich und waren in Freuden beisammen.<br />

Also lebten sie eine Weile, sie gab ihm auch Geld und Gut, daß er fröhlich<br />

auf der Welt leben konnte. Nachher fuhr er aus in die Lande, und wohin<br />

er kam, war seine Frau bei ihm, so oft er sie wünschte.<br />

Endlich kehrte er wieder heim in seine Heimat. Da lagen ihm seine<br />

Brüder und Freunde an, daß er ein ehelich Weib nehmen sollte; er erschrak<br />

und suchte es auszureden. Sie ließen ihm aber härter zusetzen durch einen<br />

weisen Mann, auch aus seiner Sippe. Herr <strong>Peter</strong> antwortete: «Eh will ich<br />

meinen Leib in Riemen schneiden lassen, als ich mich vereheliche.» Abends<br />

nun, wie er allein war, wußte es seine Frau schon, was sie mit ihm vorhatten,<br />

und er sagte ihr <strong>von</strong> neuem sein Wort zu. Es sollte aber zu damal der deutsche<br />

König in Frankfurt gewählt werden; dahin zog auch der <strong>Staufenberg</strong>er<br />

unter viel andern Dienstmännern und Edelleuten. Da tat er sich so heraus<br />

im Ritterspiel, daß er die Augen des Königs auf sich zog und der König ihm<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG<br />

endlich seine Muhme aus Kärnten zur Ehe antrug. Herr <strong>Peter</strong> geriet in<br />

heftigen Kummer und schlug das Erbieten aus; und weil alle Fürsten dareinredeten<br />

und die Ursache wissen wollten, sprach er zuletzt, daß er schon<br />

eine schöne Frau und <strong>von</strong> ihr alles Gute hätte, aber um ihretwillen keine<br />

andere nehmen dürfte, sonst müßte er tot liegen innerhalb drei Tagcn. Da<br />

sagte der Bischof: «Herr, laßt mich die Frau sehen.» Da sprach er: «Sie<br />

läßt sich vor niemand denn vor mir sehen.» «Soist sie kein rechtes Weib»,<br />

redeten sie alle, «sondern vom Teufel; und daß Ihr die Teufelin minnet<br />

mehr denn reine Frauen, das verdirbt Euren Namen und Eure Ehre vor<br />

aller Welt.» Verwirrt durch diese Reden sagte dcr <strong>Staufenberg</strong>er, er wolle<br />

alles tun, was dem König gefalle, und alsobald war ihm die Jungfrau verlobet<br />

unter kostbaren königlichen Geschenken. Die Hochzeit sollte nach<br />

<strong>Peter</strong>s Willcn in der Ortenau gehalten werden. Als ~r seine Frau wieder<br />

das erstemal bei sich hatte, tat sie ihm klägliche VoIWÜrfe,daß er ihr Verbot<br />

und seine Zusage dennoch übertreten hätte, so sei nun sein junges Leben<br />

verloren, «und zum Zeichen wilI ich dir folgendes geben: wenn du meinen<br />

Fuß erblicken wirst und ihn alle andere sehen, Frauen und Männer, auf<br />

deiner Hochzeit, dann sollst du nicht säumen, sondern beichten und dich zum<br />

Tod bereiten.» Da dachte aber <strong>Peter</strong> an der PfaffenWorte, daß sie ihn vielleicht<br />

nur mit solchen Drohungen berücken wolle, und es eitel Lüge wäre.<br />

Als nun bald die junge Braut nach <strong>Staufenberg</strong> gebracht wurde, ein großes<br />

Fest gehaltcn wurde und der Ritter ihr über Tafel gegenüber saß, da sah<br />

man plötzlich etwas durch die Bühne stoßen, einen wundcrschönen Menschenfuß<br />

bis an die Knie, weiß wie Elfenbein. Der Ritter erblaßte und rief:<br />

«Weh, meinc Freunde, ihr habt mich verderbet, und in drei Tagen bin ich<br />

des Todes.» Der Fuß war wiedcr verschwunden, ohne ein Loch in der<br />

Bühne zurückzulassen. Pfeifen, Tanzen und Singen lagen darnieder, ein<br />

Pfaffwurde gerufen, und nachdem er <strong>von</strong> seiner Braut Abschied genommen<br />

und seine Sünden gebeichtet hatte, brach sein Herz. Seine junge Ehcfrau<br />

begab sich ins Kloster und betete zu Gott für seine Seele, und in allen deut- . - .<br />

schen Landen wurde der mannhafte Ritter beklaget.<br />

Im 16. Jahrhundert nach Fischarts Zeugnis wußte das Volk der ganzen<br />

Gegend noch die Gcschichte <strong>von</strong> <strong>Peter</strong> dem <strong>Staufenberg</strong>er und der schönen<br />

Meerfei, wie man sie damals nannte. Noch jetzt ist der Zwölfstein zwischen<br />

<strong>Staufenberg</strong>, Nußbach und Weilershofen zu sehcn, wo sie ihm das erstemal<br />

erschienen war; und auf dem Schlosse wird die Stube gezeigt, da sich die<br />

Meerfei soll unterweilen aufgehalten haben.<br />

53


54<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 55<br />

3.Der Fuß an der Wand<br />

Der <strong>Staufenberg</strong>er ritt zu seiner Burg geschwinde;<br />

Wie bald entließ der Graf sein lästig Ingesinde!<br />

Zur Ruhe sehn ich mich, ich bin so müd geritten.<br />

Er dachte: Lieb, 0 Lieb! da kam sein Lieb geschritten.<br />

Sie gab ihm Kuß auf Kuß die kurze Nacht voll Wonne,<br />

Er meint' es wär der Mond, da schien die lichte Sonne.<br />

Er sprach: «Du bist so schön, wie könnt ich dein vergessen?<br />

Den lockt kein ander Weib, der solch ein Glück besessen.» -<br />

«So leicht ist Treue nicht, man wird dich schlau umgarnen,<br />

Drum sei wohl auf der Hut, mein Lieb, ich muß dich warnen.<br />

«Ich bin kein sterblich Weib, ich bin der Feineneine,<br />

Mein Reich ist in der Flut, mein Schloß im tiefen Rheine.<br />

«Wir lieben einmal nur, die Liebe nimmer schwindet,<br />

Der muß gar stäte sein, der sich mit mir verbindet.<br />

«Bist du ein stäter Mann, ich will dir Freude geben,<br />

Und Reichthum, Ehre, Macht, dazu ein langes Leben.<br />

«Wenn du die Treue brächst, so müßt ich ewig klagen,<br />

Du aber siechtest hin und stürbst in dreien Tagen.<br />

«Du sähst nichts mehr <strong>von</strong> mir als diesen Fuß erscheinen,<br />

Du hörtest auch nichts mehr als mein inbrünstig Weinen.»<br />

Der <strong>Staufenberg</strong>er schwur ihr stäts getreu zu bleiben,<br />

Er schwur dem schönen Weib sich niemals zu beweiben.<br />

Sie gab ihm hohen Muth und volles Gut und Ehre,<br />

Und dacht er: Lieb, 0 Lieb! so stand bei ihm die Hehre.<br />

Sie gab ihm Glück und Sieg in jedem Ritterspiele,<br />

Wenn er die Lanze schwang, so traf er stäts zum Ziele.<br />

Wie hat er oft den Dank aus schöner Hand empfangen!<br />

Des Kaisers Töchterlein ergriff ein süß Verlangen.<br />

Sie sprach dem Kaiser zu, der Kaiser sprach zum Grafen:<br />

Mein junges Töchterlein läßt Liebe nicht mehr schlafen.<br />

Willst du mein Eidam sein, so kommt es wohl ins Gleiche,<br />

Ich gebe dir Tyrol und Kärnthen <strong>von</strong> dem Reiche.<br />

Er sprach: «Ich bin vermählt, Herr, laßt es euch vertrauen,<br />

Es ist kein sterblich Weib, die schönste doch der Frauen.»-<br />

«So weh dir, theurer Held, mußt ewig sein verloren,<br />

Bist du dem Geist vermählt und hast ihm Treu geschworen.<br />

«Doch bindet nicht der Eid, der Bischof kann ihn lösen,<br />

Geweihtes Wasser tilgt das Bündniß mit dem Bösen.»<br />

Dem Ritter wurde bang, er nahm es sich zu Herzen:.<br />

«Nicht will ich eure Gunst und Gottes Huld verscherzen.»<br />

Viel Messen lasen sie, der Weihrauch stieg zum Himmel,<br />

Und an die Brüste schlug der Graf im Volksgewimmel.<br />

Man hat die Hochzeit schön und herrlich ausgerichtet,<br />

Viel Rosen hingestreut und Lieder viel gedichtet.<br />

Als es zu Tische ging, wie die Posaunen klangen I<br />

Wie schienen rosenroth die Launen und die Wangen I<br />

Das Pärchen saß vergnügt, die Männer und die Frauen:<br />

Da ließ sich an der Wand ein seltsam Wunder schauen.<br />

Die Wand blieb unverletzt, doch kam hindurchgefahren<br />

Ein Frauenfuß so schön als jemals Füße waren.<br />

Bloß war er bis zum Knie und weiß wie elfenbeinen,<br />

So zarten sah man nie so zierlich kleinen.<br />

Auch ward ein Jammerlaut gehört in allen Kammern<br />

Und in dem Saal zumeist ein Weinen und ein Jammern.<br />

Sie konnten <strong>von</strong> dem Fuß die Blicke nicht verwenden,<br />

Der Graf erschrack, das Glas zerbrach in seinen Händen.<br />

Er sah den schönen Fuß, sein Herz zerschnitt das Klagen.<br />

Er sprach: «Das ist mein Lohn, ich sterb in dreien Tagen.<br />

«Du edle Braut bist frei, mich tödtet bald die Reue;<br />

Wähl einen andern Mann und halt ihm stäte Treue.<br />

«Wähl einen Königssohn, der deinem Stand gebühret,<br />

Du siehst, zu welchem Leid ungleiche Ehe führet.»<br />

Ins Kloster ging die Braut, das schien ihr gleiche Ehe;<br />

Am dritten Tage brach des Grafen Herz vor Wehe.<br />

9. Der Ritter <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong><br />

Der Ritter <strong>von</strong> <strong>Staufenberg</strong> war aus einem Seitenast eures Geschlechtes. Er<br />

kam vom heiligen Grabe zurück, und weder See noch Wüste, noch Sarazenenpfeile<br />

noch Pest hatten ihm Schaden getan, stolz und froh ritt er mit<br />

seinen Gefährten in die Heimat ein und sah schon den Turm seiner Burg,<br />

da saß ein Weib auf einem Stein an der Straße, bei deren Anblick sein Herz<br />

erschrak. Nach ihr schauend, riß er sein Roß zurück und schwang sich ab<br />

und setzte sich zu ihr und vergaß die Welt.


56<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG 57<br />

Nun ist es eigentlich fertig. Aber es geht noch weiter, weil wir Menschen<br />

schwach sind und uns betören lassen und uns selbst vergessen und verirren<br />

können.<br />

Der <strong>Staufenberg</strong>er bat die Frau, mit ihm auf sein Schloß zu kommen und<br />

die Seine zu werden; denn nachdem er sie nun gesehen, wisse er, daß er sich<br />

schon immer nach ihr gesehnt habe und daß er ohne sie nicht mehr leben<br />

könnte. Sie erwiderte, sie sei stets schon um ihn gewesen und habe ihn<br />

behütet, ohne daß er es merkte, und sie wünschte sich nichts anderes, als<br />

immer bei ihm zu sein. Wenn er ihr versprechen könnte, keinem Menschen<br />

je ein Wort <strong>von</strong> ihr zu reden und ihr sein Leben lang treu bleiben zu wollen,<br />

dann werde sie sich ihm zum Weibe geben und, so oft er nach ihrer Gegenwart<br />

verlange, alsbald bei ihm sein; nur - den andern Menschen müßte es<br />

verborgen bleiben, denn sie sei eine Wasserfey. Sollte er ihr aber je die<br />

Treue brechen, so würde das sein Tod sein. Drum bat sie ihn, es wohl zu<br />

bedenken. Er entgegnete, ihm sei, als habe er es bedacht, seitdem er lebe,<br />

und versprach es ihr mit den teuersten Eiden. So schlossen sie ihren Bund,<br />

sie ward sein Weib und sie lebten lange Zeit in ungestörter Freude. Niemals<br />

kam ihm der Gedanke, daß er etwas anderes wünschen könnte als dieses<br />

heimliche, <strong>von</strong> den Menschen unbetastete Glück. Und wenn ihn seine<br />

Freunde und Verwandten baten, sich doch eine Frau zu nehmen, so schüttelte<br />

er nur mit verträumtem Lächeln den Kopf.<br />

So waren Jahre vergangen, da ritt er einst mit seinen Vasallen nach<br />

Mainz, um dem Kaiser, der gerade dort Hof hielt, Ehre zu erweisen und in<br />

den Kampfspielen selbst Ehre zu suchen. Und dies gelang ihm so gut, daß<br />

er der höchste Sieger blieb, daß die Männer ihn beneideten und die Jungfrauen<br />

erröteten, wenn er vorbeiging. Der Kaiser rief ihn zu sich, rühmte<br />

ihn, und um sich den tapferen Mann zu verpflichten, bot er ihm seine eigene<br />

Nichte, die Herzogin <strong>von</strong> Kärnten, zur Gemahlin an. Der <strong>Staufenberg</strong>er<br />

erschrak über diese gefährliche Ehre, faßte sich aber und erwiderte mit<br />

beschämtem Lächeln, er wünsche unvermählt zu bleiben. Der Kaiser verübelte<br />

ihm diese Antwort nicht, obschon er über sie erstaunt war; die<br />

Freunde aber, die den Ritter längst vermählt wünschten, drangen auf ihn<br />

ein, diese Ehre nicht zu verschmähen und schickten, als all ihr Reden umsonst<br />

war, den Erzbischof zu ihm. Dieser stellte ihm vor, daß er vor Gott<br />

verpflichtet sei, dem Lande einen Erben seines edlen Stammes zu geben,<br />

damit es nicht in geringere Hände käme, er machte ihm alle Gründe gegen<br />

eine Vermählung zunichte und schnitt ihm alle Ausflüchte ab, er zwang ihn<br />

endlich, zu gestehen, er habe schon eine Frau, und entriß ihm unter Androhung<br />

des Zornes der Kirche schließlich sogar das Bekenntnis, er lebe in<br />

heimlicher Ehe mit einer Meerminne. Nun ließ ihn der Bischof nicht mehr<br />

los, er erklärte diese Ehe ohne Segen der Kirche für nichtig, ja, für Sünde,<br />

er nannte die Meerfrau nichts anderes als eine teuflische Versucherin, die<br />

I<br />

j<br />

ihn noch um sein zeitliches und ewiges Heil bringen werde, wenn er sie<br />

nicht <strong>von</strong> sich stoße und Buße tue - ja, er bewies ihm eben aus der unendlichen<br />

Liebe und Güte der Wasserfrau, die ihn nie durch eineu Hauch <strong>von</strong><br />

Bösem oder Häßlichem betrübt habe, daß sie nur eine L~ckspeise des Bösen<br />

sein könne; er befahl ihm im Namen Gottes und der Kirche, ihr abzusagen<br />

und die Kaisernichte zu ehelichen. So ward der <strong>Staufenberg</strong>er irre an seinem<br />

Glück so mancher Jahre. In Zweifel und Seelenangst gab er nach. Aber<br />

sein Herz war voller Trauer, als nun unverzüglich das Verlöbnis mit der<br />

lieblichen jungen Herzogin vollzogen und gefeiert wurde. Im Jubel des<br />

Festes, in der lauten und aus so vielen Augen leuchtenden Freude, die ihm<br />

ja nur aufgezwungen war, im Genuß der allgemeinen Teilnahme wurde<br />

sein Herz doch warm und der Gedanke wandelte ihn an, sein bisheriges<br />

Glück möchte nicht das wahre gewesen sein, sondern des höchsten Segens,<br />

der Weiterwirkung entbehrt haben, und neue Hoffnung begann seinem<br />

Herzen zuzusprechen.<br />

Spät abends, allein in seiner Herberge, bedachte er, daß er der Meerminne<br />

nun nicht mehr rufen dürfe. Aber zornig empfand er die abscheuliche Feigheit,<br />

sie ohne Abschied zu verlassen, und sein Herz, das soviel Liebe <strong>von</strong> ihr<br />

erfahren, gebot ihm, sich nun auch ihrer Rache auszusetzen, wenn sie denn<br />

wirklich eine Teufelin wäre. Er rief, und alsbald trat sie ihm entgegen; und<br />

war ihr Blick bisher stets voll Liebe und Freude gewesen, so war er nun<br />

voll Schmerz und Liebe. Sie nahm sein Gesicht in ihre beiden Hände und<br />

sah ihm in die Augen: er fühlte, daß er nie andere Frauenaugen, nie ein<br />

anderes Frauenantlitz schauen werde, im Wachen und im Traum, im Leben<br />

und Sterben, und sie küßte ihn wie zum Trost. «Nun darf ich nie mehr zu<br />

dir kommen», sagte sie. «Du - laß den Dingen ihren Lauf und tue, was du<br />

versprochen hast! Es wird dich nicht beschweren. Aber wenn dir mein Fuß<br />

erscheint, dann bedenke, daß du nach drei Tagen dieses Leben lassen wirst I»<br />

Und sie nahm Abschied und verschwand.<br />

Des <strong>Staufenberg</strong>ers Hochzeit kam und wurde viele Tage lang gefeiert.<br />

Er dachte mit stillem Herzen ohne Reue der Meerminne, und da er alles,<br />

was die Festtage verlangten, mit heiterer Gelassenheit begehen konnte, so<br />

träumte er wohl gar manchmal, es werde ihm doch noch bei seligem Erinnern<br />

an die Verlorene ein ruhiges Leben und Wirken blühen. Als er aber<br />

am Vermählungstage neben der Kaisernichte an der Hochzeitstafel saß, da<br />

erschien ihm an der braungetäfelten Decke ein elfenbeinweißer Frauenfuß,<br />

den er einst am Rande der Straße unter dem S:;um.~inesbraunen Gewandes<br />

gesehen hatte. Er starrte hinauf, und alle im Saale staunten hinauf, bis er<br />

stöhnend zusammensank und das Gesicht mit den Händen bedeckte. Er<br />

stand auf <strong>von</strong> der Tafel und schloß sich in sein Gemach, er verschenkte<br />

alles, was er besaß, er nahm nicht mehr Speise noch Trank und starb am<br />

dritten Tage.


58 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG<br />

IO. Die sieben Meerminnen<br />

Ein friesischer Schiffer hatte sein Schiff klar gemacht zu weiter Fahrt; er<br />

stand am Bord, hob die Hand und gelobte sich dem Meere. Die See solle<br />

ihn schirmen, und schonen sein Schiff und seine Ladung, so wolle er auch<br />

ihr getreu sein all sein Leben lang und nimmer auf längere Zeit an Land<br />

gehen. Da hoben sieben Meerminnen ihre Leiber halb aus der Flut, hörten<br />

seinen Schwur und tauchten wieder unter. Lange fuhr der Schiffer<strong>von</strong> Meer<br />

zu Meer, <strong>von</strong> Land zu Land, und sein Reichtum wuchs immer mehr. Aber<br />

er hatte keine rechte Freude an allen Schätzen auf dem Schiffe, und allmählich<br />

bekam er große Sehnsucht nach dem Lande. Da kam sein Schiffeinmal<br />

an einen blumenreichen Strand mit stolzen Schlössern und blühenden Gärten.<br />

Dort sah er ein schönes Mädchen, in das verliebte er sich. Und er freite<br />

um sie, verkaufte sein Schiff, erbaute ein herrliches Haus am Strande,<br />

schmückte es aus mit seinen Schätzen wie ein Königsschloß, und dahinein<br />

führte er seine liebe Braut.<br />

Aber in der Nacht, als der Schiffer in den Armen seiner Liebsten ruhte,<br />

da hoben sich die sieben Meerfrauen aus der See nahe dem Ufer an des<br />

Schiffers Palast und sangen ein seltsames Lied. Und es rollte eine hohe<br />

Woge heran, die übersprang das Ufer und den Deich und stieß ans Haus;<br />

da bebte es in seinen Fugen. Der ersten sprang eine zweite nach, die brach<br />

die Türen ein und rauschte in den Flur. Eine dritte brach durch die unteren<br />

Fenster, und eine vierte brach oben durch, und eine fünfte riß den Schiffer<br />

hinweg, und eine sechste, die fing den Schifferauf und warf ihn im Zurück.<br />

branden in die wildwogende See.<br />

Da umfingen die Seeweiber den Schiffer und führten ihn tief hinab zum<br />

Grunde. Dort muß er wohnen. Von dort springt er mit den Wellen im<br />

Maimond herauf nach seinem zerstörten Hause und will sein Lieb retten;<br />

aber immer ziehen ihn die Meerminnen wieder zurück in ihr feuchtes<br />

Reich.<br />

I I. Die schöneWaldfee<br />

Vor vielen hundert Jahren lebte in Europa ein Prinz bei seinen Eltern. Der<br />

Prinz hatte viele Schulen besucht und hatte sehr gottesfürchtig bei seinen<br />

Eltern gelebt. Er ging sogar jeden Sonntag in die Frühmesse. Aber die<br />

Kirche war zehn Kilometer vom Schloß entfernt, und man mußte durch<br />

einen großen Wald gehen. Mitten in dem Wald war ein schöner Brunnen<br />

errichtet. Er und sein Begleiter ritten an einem Sonntag früh durch den<br />

Wald bis zu diesem Brunnen hin. Der Diener war 20 Meter hinter seinem<br />

Herrn geblieben. Auf einmal sah der Prinz ein so schönes Frauenzimmer,<br />

wie er es noch nie gesehen hatte. Er konnte nicht vorbei reiten, stieg schnell<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE' PETER VON STAUFENBERG 59<br />

ab und grüßte sie höflich. Ebenso höflich kam der Gruß auch zurück. Vor<br />

lauter Schönheit konnte er das Mädchen gar nicht ansehen. Es war eine<br />

Waldfee. Doch redete er sie an: «Schöne Jungfrau, was sucht Ihr in so<br />

früher Morgenstunde hier bei dem Brunnen?» Sie lächelte und sagte: «Ich<br />

warte auf Erlösung.» Da fragte er, was er tun solle, um sie zu erlösen.<br />

«Wenn ich Euch aber erlösen soll, so müßt Ihr mir mit einem Eide versprechen,<br />

daß Ihr meine Braut werdet.» Das versprach sie ihm auch sofort.<br />

Sie sagte zu ihm, er müsse sich beeilen, wenn er noch in die Frühmesse<br />

kommen wolle. Er solle aber am nächsten Sonntag zu derselben Stunde<br />

wieder herkommen und: «Wir werden uns dann hier vereinigen.» Da nahmen<br />

sie herzlich Abschied <strong>von</strong> einander.<br />

Der Diener des Prinzen konnte garnicht begreifen, was sein Herr so<br />

lange bei dem Brunnen tat. Als er jetzt an den Brunnen kam, sah er die<br />

Jungfrau, so schön, wie er noch gar keine gesehen hatte. Er wußte nicht,<br />

sollte er absitzen, oder sollte er vorbeireiten. Aber der Prinz winkte ihm,<br />

er solle ihm nur schnell folgen, was er aber mit schwerem Herzen tat.<br />

Acht Tage später kam der Sonntag, auf den der Prinz mit Sehnsucht und<br />

Verlangen gewartet hatte. Er ging ganz, ganz früh zu dem Brunnen, wo die<br />

Allerschönste schon lange auf ihn wartete. Da fiel er vor ihr nieder und<br />

küßte ihr die Hände. Doch sie hob ihn auf, und sie setzten sich auf einen<br />

Stein am Brunnen. Sein Verlangen, sie zu erlösen, ließ ihm keine Ruhe,<br />

und er begehrte zu wissen, was er tun solle, um sie zu erlösen. Die Jungfrau<br />

aber sagte, er brauche nichts zu tun. Er brauche nur fünf Jahre mit ihr zu<br />

leben, ohne daß ein Mensch sie sehe und ohne daß ein Mensch es wisse,<br />

«wie nur Du, mein Geliebter, allein. Du kannst Dich in allen Ländern<br />

befinden und überall, wo Du willst, ich bin immer unbemerkt an Deiner<br />

Seite. Ich werde Dich beschützen und behüten, in Friedenszeiten und in<br />

Kriegszeiten. Wenn Du mich verlangst, dann rufe mich, dann werde ich bei<br />

Dir sein. Aber Du mußt das ganz allein tun in einem Zimmer, in dem uns<br />

niemand sieht. Es darf niemand wissen, daß Du so mit einem Weibe lebst.<br />

Deine Eltern und Freunde und Verwandten werden mit der Zeit in Dich' - .<br />

dringen, daß Du eine Frau nehmen sollst. Siewerden Dir alle Ehre erweisen<br />

und alles Mögliche antun, um Dich zu überwinden. Sie werden Dir die<br />

schönsten Prinzessinnen und Jungfrauen der Welt vorführen I Mein lieber<br />

Prinz, wenn Du Dich verführen läßt, dann wirst Du am Hochzeitstage mit<br />

allen Anwesenden durch die Decke (den plafond) des Zimmers einen Fuß<br />

kommen sehen; dann weißt Du, daß Du einen Priester holen mußt, der<br />

Dich fertig macht (vorbereitet) für die Ewigkeit. Du hast dann noch drei<br />

Tage zu leben.» Er versprach ihr, daß er lieber sterben wolle, ehe er eine<br />

andere Gemahlin nehmen würde. «Und ich schwöre Dir zehn Eide, daß<br />

ich halten werde, was ich Dir verspreche!» Da sagte die Waldfee: «Man<br />

soll nicht leichtsinnig Eide schwören, man ist immer nur Mensch.» Danach


60 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFENBERG<br />

nahmen sie Abschied <strong>von</strong> einander und reichten einander die Hand zur<br />

Verlobung.<br />

Das erste Jahr ging gut vorüber, ohne Störung, das zweite Jahr mußte er<br />

in den Krieg, der ein Jahr dauerte. Aber im Krieg hatte er immer Glück,<br />

und wenn er seine Verlobte sehen wollte, ging er allein in ein Zimmer und<br />

rief sie, und schon war seine Geliebte da. Einmal jedoch begehrte er seine<br />

Geliebte, und wie sie da war, weinte sie, und er fragte sie, was das bedeuten<br />

sollte. Sie sagte: «Erschrick nicht! Morgen im Gefecht wirst Du schwer<br />

verwundet. Mache Dir aber nichts daraus, denn Du wirst gleich wieder<br />

gesund sein.»<br />

Am anderen Tage kam er auch in ein großes Gefecht und wurde schwer<br />

verwundet, wie ihm seine Braut gesagt hatte. Doch seine unsichtbare Jungfrau<br />

wußte es und kurierte ihn in kurzer Zeit wieder.<br />

Als der Krieg zu Ende war, kam er wieder zurück auf das Schloß zu<br />

seinen Eltern, Bekannten und Freunden. Als sie sich bewillkommt hatten,<br />

zeigte er ihnen seine geheilte Wunde. Sie wollten wissen, wer ihn so schnell<br />

geheilt hätte. Er verschwieg aber alles, so sehr sie auch in ihn drangen, um<br />

etwas zu erfahren. Er schwieg immer und sagte nichts. Da richteten sie ein<br />

Freudenmahl her, weil er so glücklich vom Kriege heimgekommen war.<br />

Nun drangen (gingen an ihn) seine Eltern, Verwandten und Freunde wieder<br />

in ihn: er wäre jetzt alt genug, und er solle sich jetzt eine Braut suchen.<br />

Doch er hielt sich wieder tapfer und sagte, er hätte noch Zeit genug. Da<br />

ermunterten ihn seine Verwandten, er solle <strong>von</strong> dem guten Wein nur tüchtig<br />

trinken, denn er hätte doch solchen solange nicht mehr getrunken. Sie<br />

gedachten, auf diese Art etwas <strong>von</strong> ihm zu erfahren. Er trank ihnen auch<br />

tüchtig zu. Und so gingen seine Eltern, Verwandten und Freunde wieder<br />

an ihn heran, er solle sich doch jetzt eine schöne Frau suchen; es wäre doch<br />

wohl jetzt Zeit und seine Eltern würden alt, und sie möchten doch wissen,<br />

wie er einmal unterkäme. Auf einmal gestand er, daß er eine Frau hätte, und<br />

erzählte ihnen alles: wo er sie gefunden hatte und was ihm seither alles<br />

schon begegnet war. Da drangen sie noch mehr in ihn, bis er nachgab und<br />

ihnen sogar versprach, zu heiraten. Er hatte zuviel Wein getrunken und<br />

hatte einen Rausch. Als er wieder ein bißchen zu sich gekommen war, ging<br />

er in sein Zimmer. Plötzlich kam ihm alles ein, was er seinen Eltern und<br />

Verwandten versprochen hatte. Da wurde er traurig und sagte: «Wäre<br />

doch meine Braut bei mir», und auf der Stelle war sie da, weinte bitterlich<br />

und sagte: «lch bedauere Dich und habe großes Mitleid mit Dir. Du weißt,<br />

was Dir bevorsteht, und mir ist auch nicht mehr zu helfen. Ich werde jetzt<br />

auch nicht mehr erlöst. Und <strong>von</strong> jetzt ab verlange nicht mehr nach mir;<br />

denn Du wirst mich nicht mehr sehen.» Sie reichte ihm die Hand und war<br />

für immer verschwunden.<br />

Jetzt fing er an, nach ihr zu rufen und zu weinen und zu schreien. Aber<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE. PETER VON STAUFEN BERG 61<br />

sie kam nicht mehr. Sie war verschwunden für immer! Er war seiner Braut<br />

die fünf Jahre der Verwünschung nicht treu geblieben! Von nun an ging er<br />

immer traurig umher und dachte nur daran, daß er ihr versprochen hatte,<br />

die fünf Jahre treu zu bleiben, um sie zu erlösen. Er hatte aber sein Versprechen<br />

nicht gehalten! Drum war es mit ihm vorbei.<br />

Inzwischen war der Tag gekommen, an dem er eine reiche Prinzessin<br />

heiraten sollte, wie er es seinen Eltern und Verwandten im Rausche versprochen<br />

hatte. Er verheiratete sich mit der prinzessin. Aber er sah immer<br />

traurig aus am Hochzeitstage. Alle Gäste kamen zu ihm und munterten ihn<br />

auf. Es half nichts. Er wußte viel zu gut, was er der Waldfrau versprochen<br />

hatte und was ihm jetzt bevorstand, weil er untreu gewesen war.<br />

Auf einmal hörte man ein Geräusch an der Decke des Zimmers. Alles<br />

schaute hinauf in die Höhe. Da sah man einen schönen Frauenfuß durch die<br />

Decke des Zimmers dringen. Der Prinz wollte den Fuß holen, stieg auf den<br />

Tisch und langte danach. Doch der Fuß verschwand, und man sah kein<br />

Loch in der Decke. Da fiel der Prinz vom Tisch auf den Boden und verlangte<br />

gleich nach einem Priester. Der kam sofort und machte ihn fertig für<br />

die Reise in die Ewigkeit, die er am Tage nach der Hochzeit antrat. Alles<br />

ging in Erfüllung, wie es ihm seine Waldfee gesagt hatte. Die Hochzeitsgäste<br />

mitsamt der reichen Prinzessin waren bestürzt und sie zogen in ihre<br />

Heimat.<br />

.-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!