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Die Hypothekenbank des Landes Vorarlberg 1897 bis 1925

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Belle Etage im zweiten Stock bezog Oberdirektor<br />

Ölz als <strong>Die</strong>nstwohnung. Ihm folgte 1915 Otto<br />

Ender, der die Wohnung auch als Lan<strong>des</strong>hauptmann<br />

beibehielt. So diente sie <strong>bis</strong> 1938 als <strong>Die</strong>nstwohnung<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>hauptmanns. 124 Als Landhaus<br />

war das Gebäude wohl von vornherein ungeeignet.<br />

Es fand die mit Lan<strong>des</strong>unterstützung errichtete<br />

Filiale der Niederösterreichischen Lan<strong>des</strong>-Lebensund<br />

Rentenversicherungsanstalt Platz. 1904 nistete<br />

sich das Lan<strong>des</strong>archiv mit Räumen für seine<br />

neue Lan<strong>des</strong>bibliothek ein. Der Lan<strong>des</strong>ausschuss<br />

ließ im Anschluss an das „<strong>Hypothekenbank</strong>gebäude“<br />

einen Neubau planen, die enormen Hochwasserschäden<br />

von 1910 rückten jedoch eine Realisierung<br />

in weite Ferne. (Erst über 60 Jahre später wird<br />

dort ein neues Landhaus gebaut werden.) 1912<br />

klagte Ölz im Landtag, dass die Akten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>archivs,<br />

das in der „Seekaserne“ in der Inselstraße<br />

untergebracht war, nach und nach zugrunde gingen.<br />

Wenn man beim Landhaus in der Kirchstraße<br />

statt eines neuen Schuppens gleich einen soliden<br />

Anbau mache, könnte das Archiv das Parterre<br />

beziehen – und die <strong>Hypothekenbank</strong> moderne<br />

Bankräume im ersten Stock. Der Landtag stimmte<br />

zu. 125 Im Hinblick auf den zu erwartenden Zwillingsbau<br />

gegenüber, wurde über dem zweiten<br />

Stock <strong>des</strong> Anbaus ein repräsentativer „Jubelbalkon“<br />

errichtet. Eine „Verhübschung“ im Heimatstil<br />

konnte der Denkmalschutz immerhin verhindern.<br />

Im Juli 1919 beschloss der Landtag die Trockenlegung<br />

und Adaptierung der alten Weinkeller<br />

als Archivdepots. Weitergehende Umbaupläne <strong>des</strong><br />

Architekten Willibald Braun (1882 <strong>bis</strong> 1969) sahen<br />

ein seitwärts angebautes Stiegenhaus und die<br />

Verlängerung <strong>des</strong> Giebels über die rückwärtigen<br />

Terrasse vor, wodurch der „Jubelbalkon“ zu einer<br />

„Jubelloggia“ verkleinert worden wäre. Der Landtag<br />

stellte diese Pläne aber aufgrund der Notzeit<br />

zurück. 126 1923 wird die Übersiedlung der <strong>Hypothekenbank</strong><br />

in das „Lan<strong>des</strong>bankgebäude“ in der<br />

Bahnhofstraße beschlossen werden.<br />

Kriegszeit und Hyperinflation<br />

Das rasche Wachstum in den ersten Aufbaujahren<br />

erfolgte in einer politisch und wirtschaftlich stabilen<br />

Zeit, die 1908 durch die Balkankrise erschüttert<br />

wurde. Nun bestimmte Kriegsangst das<br />

An legerverhalten. <strong>Die</strong> Nachfrage nach Pfandbriefen<br />

sank, 1910 gab der Durchschnittskurs nach. 127<br />

Nominell erreichte der Pfandbriefumlauf 1914 mit<br />

17,6 Millionen Kronen seinen vorläufigen Höchststand,<br />

allerdings bei fortschreitender Geldentwertung<br />

(vgl. Grafik 1). Betrug die Inflation von 1900<br />

<strong>bis</strong> 1914 insgesamt 20 Prozent, begann sie mit<br />

Ausbruch <strong>des</strong> Weltkriegs zu galoppieren. Jährlich<br />

verdoppelten sich die Verbraucherpreise. Im letzten<br />

Kriegsjahr 1918 erreichte der Lebenshaltungskostenindex<br />

(1914 = 100 Prozent) bereits über<br />

1.100 Prozent. Österreich-Ungarn finanzierte den<br />

Krieg zu drei Fünftel über Anleihen und zu zwei<br />

Fünftel über die Notenpresse. 128 „Mit Hilfe der<br />

höher verzinslichen Kriegsanleihe wurde auf den<br />

Pfandbrief wie auf ein Edelwild Jagd gemacht.“ 129<br />

Mit den Kriegsanleihen und dann mit zunehmendem<br />

Geldmangel ging die Nachfrage nach<br />

Pfandbriefen stetig zurück, <strong>bis</strong> 1917, im Rennen<br />

um die Sachwerte, die Kurse wieder anzogen.<br />

Grafik 1: Pfandbriefumlauf 1900 <strong>bis</strong> 1920<br />

in 1.000 Kronen nominell und nach Kaufkraft<br />

(1900 = 100 %)<br />

Quellen: Jahresberichte der <strong>Hypothekenbank</strong> 1900 <strong>bis</strong><br />

1920; eigene Berechnungen anhand Verbraucherpreisindex<br />

Statistik Austria Stand Jänner 2007 („Guldentabelle“).<br />

Gleichzeitig nützten die Bauern, wie in anderen<br />

Ländern auch, die Kriegsinflation zur Entschuldung.<br />

Im Unterschied zur <strong>Hypothekenbank</strong> konnten<br />

sie die Darlehensverträge vorzeitig kündigen<br />

und tilgen. Ihr Kapital war krisensicher in Grund<br />

und Boden investiert, zudem ließen sich in Hungerzeiten<br />

mit Lebensmitteln, zumin<strong>des</strong>t auf dem<br />

Schwarzmarkt, hohe Renditen erzielen. <strong>Die</strong> Bauern<br />

zählten wirtschaftlich eindeutig zu den Kriegs-<br />

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